Heute ist ein wunderschöner Frühsommertag – der bis dato wärmste Tag des Jahres wird das und es ist mir danach, mich an Dinge zu erinnern.
Zunächst erinnere ich mich daran, wie ich als kleines Mädchen jeden Sommer in einem kleinen Dorf im Rosental verbracht habe, gemeinsam mit meinen Großeltern und zwei anderen kleinen Mädchen, bei deren Familie wir wohnten. Es waren so unspektakuläre Wochen, die ich Jahr für Jahr dort verlebt habe und trotzdem war ich einfach glücklich. Am Vormittag gingen wir in den Wald und am Nachmittag zur Tante Anni jausnen. Tante Anni war eine liebenswert-eigensinnige Person und hatte den lauschigsten Garten, den man sich nur vorstellen kann. Wir haben soviel mit meinem Opa herum geblödelt, wir haben Schartner Bombe getrunken und Kekse gegessen, wir haben in einem Badeschaffel geplantscht, haben Himbeeren gepflückt und Holz für die Tante geschlichtet. Aber am eindrücklichsten erinnere ich mich daran, dass ich immer wieder alleine hinter ihrer Scheune gesessen und auf das angrenzende Feld geschaut habe.
Ich hatte ein großes Thema in meiner Kindheit, das mein ganzes weiteres Leben bestimmt hat, und dieses Bild – ich sitz allein hinter der Scheune – hab ich oft für mich so interpretiert, wie bedürftig ich bin, so alleine sitzend, wie falsch ich doch bin in dieser Welt und, dass ich soviel Liebe und dann auch wieder soviel Bestätigung dieser Liebe brauche und es einfach niemals genug sein wird, ganz egal wieviel ich bekomme. Oft habe ich mir gedacht, ich werde noch auf meinem Sterbebett liegen und beklagen, dass es einfach niemals genug war.
Dann hab ich mein Leben gelebt, viele schöne Dinge sind passiert und auch weniger schöne Dinge, wie das halt so ist in einem Leben und ich bin das Thema einfach nicht losgeworden. Und dann habe ich einen Menschen zum ersten Mal gesehen und fühlte mich sofort derart von ihm angezogen als wäre er die längst erwartete Antwort – ohne, dass wir überhaupt noch ein einziges Wort gewechselt hatten. Drei Jahre haben wir weiterhin praktisch nichts gesprochen, uns nur immer wieder geschrieben und dann haben wir viereinhalb Jahre ganz viel geredet und plötzlich hat sich alles verändert: Meine Sicht auf die Welt und vor allem auf mich selber. Weil er in meiner Sprache zu mir gesprochen hat und seine Botschaft hinter allem war immer: Du bist richtig. Und plötzlich konnte ich es glauben.
Jetzt haben sich die Umstände geändert und ich bin sehr traurig, aber gleichzeitig bin ich auch unglaublich dankbar für diese Zeit und ich merke, dass diese viele Liebe, die ich jetzt in mir habe, sich wie ganz viel gute Energie für mich selbst anfühlt. Und vielleicht spürt auch er ein wenig davon.