Heute möchte ich etwas zum niederländischen ESC Beitrag schreiben, Joost Klein mit Europapa.
Als ich Europapa zum ersten Mal gehört habe, war ich zuerst belustigt über den Titel und dachte ok alles klar, so ein Scooter-Ding, Pop-Techno Zeugs. Performt von einem Unterhaltungskünstler mit erstaunlichem Mienenspiel in königsblauer Europauniform vor dem “Haus Europa”, einer Baustelle, nur halb fertig, etwas desolat, mit einer Windmühle am Dach. Das schon mal sehr interessant als Metapher für den Zustand Europas derzeit (oder eher der europäischen Poltik?)
Dann habe ich mir mal den Text durchgelesen. Und der Text – der Niederländisch ist, also für das Gros der Europäer nicht verständlich – hebt den Song noch einmal auf eine ganz andere Stufe. Denn dieser Text ist so dermaßen traurig, dass ich es ungeheuer faszinierend und auch kreativ finde, einen solchen Text in einer derartigen happy-Sound Melodie vorzutragen, dass viele meinen, das Ganze wäre sowieso nur ein Spaßbeitrag – und damit uns alle zu täuschen.
Denn Joost Klein singt, er reist durch ganz Europa, “auf der Flucht vor mir selbst”, er geht in Wien spazieren, er fährt nach Italien, aber “trotzdem tut es weh” und “ich hab echt alles verloren, außer Zeit” und “ich rufe um Hilfe, aber niemand hilft mir”. Puh. Klein spielt dabei wahrscheinlich auf den frühen Tod beider Elternteile an, als er noch ein Kind war. Hinter dem ganzen Showgehabe steckt eine ganz andere Botschaft.
Vielleicht sitzt deshalb im Video die Sängerin S10, die vor zwei Jahren für die Niederlande beim ESC war und einen Song über ihre Depressionen gesungen hat, am Tisch neben ihm. Und irgendwie setzt sich damit auch die Schwermütigkeit des Landes beim Songcontest fort, denn seit Jahren widmet man sich da verlorener Liebe, Trauer, Schmerz und psychischer Labilität. Diesmal halt in einem anderen Gewand.