Weil nächste Woche im fm4 Filmpodcast unter anderem über Civil War gesprochen wird, habe ich mir den Film angeschaut, weit ist es mit mir gekommen, jetzt schau ich Filme außerhalb meiner Komfortzone an, nur um dann einen Podcast dazu zu hören. Hahar. Tatsächlich schadet es aber auch nicht, mal etwas abseits der bevorzugten Genres zu sehen. Und Civil War ist sowas wie ein Arthaus Kriegsfilm. Und irgendwie wirkt es auch wie die Fortsetzung von Leave the World behind – was danach geschah quasi.
Der Film von Regisseur Alex Garland galt schon vor seinem Start alleine aufgrund des Titels als kontrovers. Denn dieses Jahr sind Wahlen in den USA und das Land ist gespalten, Trump soll wieder antreten, dazu Biden – viele befürchten ja tatsächlich eine Art Bürgerkrieg, egal wer gewinnt. Und: Garland ist Brite, würde er jetzt als quasi Außenstehender in die USA kommen den Menschen seine politische Weltsicht aufdrücken?
Zumindest insofern kann beruhigt werden, denn Civil War ist ein nahezu komplett unpolitischer Film. Wir erfahren zwar, dass sich eine Art “Western Front” (bestehend aus Texas und Kalifornien) gebildet hat, um das System in Gestalt des Präsidenten zu stürzen, der das FBI abgeschafft hat und sich zu einer dritten Amtszeit putschen will. Insgesamt ist das schwer einzuordnen, denn die Staaten Texas und Kalifornien haben doch eher wenig miteinander gemeinsam, und das Wahlverhalten der Bevölkerung ist ziemlich gegensätzlich. Aber dazu gibt es eine schöne Analogie im Film, als das (Foto)journalisten-Quartett einmal zwischen die Fronten gerät und ein Schütze ihnen sagt, er wisse gar nicht, ob der Schütze auf der anderen Seite Freund oder Feind wäre, aber der drüben habe zu schießen begonnen und nun müsse man eben zurückschießen.
Das Quartett besteht aus der prominenten Kriegsfotografin Lee (Kirsten Dunst) und dem Reporter Joel (Wagner Moura), sowie aus einem arrivierten Journalisten Sammy (Stephen McKinley Henderson), der eine Vaterfigur für Lee ist. Dazu kommt Jessie (Cailee Spaeny), die man zuerst gar nicht mitnehmen will, auf die Fahrt vom relativ ruhigen New York ins umkämpfte Washington D.C, wo der “Showdown” stattfinden soll – weil sie zu jung ist; weil es zu gefährlich ist. Aber Jessie lässt sich nicht abwimmeln, sie ist nicht nur unerschrocken, sie hat naja, Todessehnsucht wäre zuviel gesagt, aber ein gutes Foto ist ihr im Zweifel wichtiger als körperliche Unversehrheit. Und der Trip ist dann natürlich auch extrem arg, überall werden die Außmaße der Gewalt deutlich und wenn das Team dann einen Ort besucht, in dem scheinbar alles “normal” ist, wirkt gerade das auch wieder enorm creepy.
Im Grunde genommen geht es Garland, so denke ich, um das, was ich in einem Essay im ersten Semester Publizistikstudium analysieren musste: Die Fotometapher in der Reportagediskussion. Der Journalist sollte eigentlich eine Kamera sein und nur alles aufnehmen, nicht seine Meinung dazusagen. Und weil das schwer ist, sollte der Journalist zumindest seine Befangenheiten so transparent wie möglich machen. Denn absolute Wahrheiten gibt es ja nicht, auch wenn uns der Journalismus heute oft in sehr unterkomplexer Form genau das vermitteln will. Und in Civil War sagt Lee eben genau das: die Fotografien sind dafür da, Fotos zu machen, nach denen sich die Menschen ihre eigene Meinung bilden können. Wobei das natürlich auch zu kurz greift, denn auch ein Foto kann Dinge inszenieren und mit einer gewissen Absicht gemacht werden.
Mir ist der Film letztendlich dann doch zu viel Action und zu viel Blut, aber er hat tolle (wenn auch apokalyptische) Bilder, er hat ein paar wirklich sehr arge und angsteinflößende Szenen, er hat diese Thin-Red-Line-Terrence-Malick Referenzen, wenn Lee im Gras liegt und die Blumen beobachtet, während neben ihr ein Schusswechsel stattfindet; die Musikeinsätze sind brachial, aber auch sehr wirkungsvoll und ja, ich bin doch froh, ihn gesehen zu haben.
Und als nächstes habe ich Challengers angesehen, der im Podcast auch besprochen werden wird, den ich aber auch so angeschaut hätte, darüber ein andermal.