almis personal blog

Blink Twice, zwei

ACHTUNG SPOILER! ACHTUNG SPOILER! ACHTUNG SPOILER!

Zoe Kravitz wollte ihren Film ursprünglich Pussy Island nennen, einen Titel, den sie nicht durchgebracht hat, worüber sie eigentlich froh sein sollte, denn auch dieser Titel verrät im Grunde viel. So sympathisch Slater King auch erscheint – er erzählt gleich zu Anfang Frida recht freimütig, dass er an seinen Defiziten arbeitet, dass er in Therapie ist usw. – wir sollten uns eher daran orientieren, dass wir zu Anfang erfahren haben, dass er Probleme wegen Machtmissbrauch hatte und uns nicht von seiner Entschuldigung einlullen lassen. Auch wenn nie klar wird, was genau er getan hat. Natürlich spielt Kravitz hier auf Epstein Island an und an Figuren wie Harvey Weinstein, es ist ihr aber zugute zu halten, dass sie keinen schnarchigen Konzept-#metoo-Bewegungs-Film gemacht hat. In erster Linie will sie ganz offensichtlich unterhalten, in zweiter Linie hat dieser Film aber so viele Schichten, dass er eben doch anders ist als der herkömmliche 08/15 Blockbuster.

Denn wir haben gleich zu Anfang eine wunderschöne Aschenputtel Anspielung – ein Stöckel von Frida Schuh bricht ab und ihr “Prinz” eilt zur Hilfe. Wir haben pittorske Bilder: die stylische Inselwelt, kristallklares Wasser, idyllische Kerzenmeere, wunderbare Drinks und Speisen. Wir haben ein Spiel mit Farben: das gelbe Feuerzeug von Jess, das immer wieder hin und her geworfen wird und später noch eine weitere Bedeutungsebene gewinnt, die gelben Schlangen; die blutroten Blumen auf Kings Insel, blutrote Himbeeren, die blutroten Willkommensackerl, die weiße Kleidung von allen, die später auch blutrot – na lassen wir das. Harhar. Wir haben das Thema “Macht und Geld korrumpiert” – und das nicht nur in der offensichtlichen Weise, nämlich bezogen auf Slater selbst, sondern auch hier gibt es noch einige interessante Twists und wir haben einen super-eigenartigen Cast.

Der Cast besteht nämlich auf männlicher Seite vor allem aus 1990er Jahren has-beens, die da wären Christian Slater (Robin Hood, Interview mit einem Vampir), Kyle MacLachlan (Twin Peaks) und erinnert sich noch jemand an das kleine Kind aus Sixth Sense, Haley Joel Osment? Der hat jetzt einen Vollbart. Harhar. Die weibliche Hauptdarstellerin kannte ich noch nicht, aber hier trifft man auch wieder auf Adria Arjona, die gerade eben eine eher eindimensionale Rolle in Hit Man hatte und hier viel mehr zeigen kann, was tatsächlich in ihr steckt. Und wir haben Geena Davis – lange nicht gesehen und hier irgendwie ultra-schrullig.

Leichte Schwächen sehe ich bei den Dialogen, hier hätte es noch mehr Raum für Tiefgründigkeit und Charakterzeichnung sein können, aber das ist ein Debütfilm, auch ein quasi Drehbuch-Debüt. Kravitz ist ein Auteur, von der man hoffentlich noch viel mehr sehen wird. Insgesamt macht der Film, wie gesagt, viel Spaß trotz des argen Themas und hinterlässt einen damit, darüber zu grübeln, wie genau das alles Sinn ergibt, was man in den vergangenen 100 Minuten gesehen hat, und das ist mehr als man über die meisten Sommer-Blockbuster sagen kann.

Und eigentlich habe ich jetzt gar nicht so viel verraten wie ich verraten hätte können.

Blink Twice, eins

Ich kenne das schon, wenn ich dem Kind einen Film vorschlage, den wir uns gemeinsam im Kino anschauen könnten, dann kommt nie die Frage: “Worum geht es?” Oder “Wer spielt mit?”, sondern immer: “Ab wie vielen Jahren ist der?” Je höher die Altersgrenze angesetzt, desto besser natürlich. Harhar. Insofern war Blink Twice, der Debütfilm von Zoe Kravitz, ja, Tochter von Lenny) für ihn ein Deal, denn der ist ab 16 Jahre freigegeben (im Burgenland sogar erst ab 18, warum auch immer).

Wie öfters muss ich hier eine SPOILERWARNUNG setzen. Wenn man nichts über den Film erfahren will, sollte man sich aber auch den Trailer nicht anschauen, der viel verrät – ich habe ihn erst nach dem Film angesehen. Ich kann den Film jedenfalls empfehlen, das Kind auch; es ist ein erstaunliches unterhaltsames, auch ambitioniertes Debüt, wenn man Lust auf ein Sommer Popcorn-Movie hat.

Die Tagline: “Zweimal Blinzeln, wenn ich in Gefahr bin”, verrät uns aber trotzdem, dass das keine beschwingte Komödie ist, auch wenn sie wie eine beginnt. Disclaimer: Es ist aber auch kein Horrorfilm im klassischen Sinne, das sage ich gleich dazu, weil das ein Genre ist, das ich nicht besonders gerne mag, weil ich immer den Eindruck habe, es ist verschenktes Potential. Und weil es mir auch zu grauslich ist.

Die Ausgangslage: Die Kellnerin Frida (Naomie Ackie) himmelt aus der Ferne den Tech-Milliardär Slater King (Channing Tatum) an, der gerade öffentlich sehr charmant um Verzeihung für einen nicht näher definierten “Machtmissbrauch” in seinem Unternehmen bittet. Frida schleicht sich mit ihrer Freundin Jess (Alia Shawkat) an ihrem Feierabend zu der Charityveranstaltung von King und erregt seine Aufmerksamkeit in der Art und Weise, dass er sie und Jess einlädt, mit ihm und seinem Freundeskreis auf seine (sehr einsame) Insel zu fliegen. Jess ist skeptisch und zögerlich, aber Frida ist richtig euphorisch. Sie sagt sogar zu Kings Therapeuten, er solle zweimal blinzeln, sollten sie in Gefahr sein; dieser nimmt seine Brille ab, und tut es tatsächlich, aber Frida hält das für einen Scherz. Sie fliegen mit. Der Urlaub auf der Insel besteht aus: Am Pool liegen, sich nächtelang an diversen Substanzen berauschen und der schönen Seite des Leben zu fröhnen. Oder…?

Dieser Film ist zunächst mal eine eindringliche Warnung: Nicht mit Fremden mitgehen oder -fliegen! Die jüngere Filmgeschichte vermittelt uns auch immer wieder (siehe The Menu, siehe Triangle of Sadness): Wenn du mit einem Boot irgendwohin fährst und es zum Abendessen keine Speisekarte gibt, sondern der Koch dir irgendwelche Gaga Haute-Cuisine Gerichte aufzählt und vielleicht auch noch schildert, wie er diese zubereitet hat, dann nimm deine Beine in die Hand und renne! Anscheinend ist das eine Art neuer filmischer Trope für “Gefahr im Verzug”.

Auch ein schlechtes Zeichen für mich persönlich: auf der Insel werden alle weiß eingekleidet, als wären sie Mitglieder einer Sekte. Und schließlich (das kennen wir auch aus Shutter Island und Get Out): Wenn du irgendwo hinkommst, wo du noch nie warst und niemanden kennst, und das Personal schaut dich extrem komisch an, dann hat das einen triftigen Grund.

/ to be continued.

Zu Oasis

Gestern haben Oasis also offziell verkündet, dass sie sich wieder zusammentun und nächstes Jahr ein paar (riesige) Konzerte spielen werden, Wembley und so. Sofern sie sich nicht vorher wieder zerstreiten, im Gefängnis landen oder sowas in der Art.

Es gibt ja jetzt irrsinnig viele Memes und Kommentare dazu, das ist mein Lieblingstweet:

Ich hab ja selbst nicht so die innige Beziehung zu Oasis, sie haben ihre Fans ja m.E. auch immer bewusst auf Distanz gehalten, aber als sie vor 30 Jahren Definitely Maybe (super Albumtitel, spiegelt auch die leichte Abgehobenheit der Band wieder) herausbrachten, habe ich mich im Song Live Forever wiedergefunden. Mit diesem Song wollte Noel Gallagher sich eigentlich als Antipode zu Kurt Cobain stilisieren, ein bisschen eine Chuzpe, da dieser damals schon verstorben war, aber ich hatte da meine eigene Assoziation.

Ich habe nämlich 1993 meine Mathematik Nachprüfung verhaut und musste dann die 7. Klasse wiederholen. Heute ist das ja nur mehr ein Schwank aus meinem Leben, damals war es aber richtig schlimm und in Live Forever heißt es ja: “Maybe I will never be, all the things that I want to be, now it’s not a time to cry, now’s a time to find out why.” Das hab ich mir damals groß auf mein Federpenal geschrieben, nur, dass ich ja schon wusste, wieso ich nichts erreichen werde, weil ich eben so schlecht in Mathematik war, harhar. Da war natürlich auch eine ordentliche Portion Selbstmitleid dabei, schließlich hatte ich es im Herbst 1994, spät aber doch noch, ja bereits in die achte Klasse geschafft.

Und damit verbinde ich Oasis bis heute.

How to have Sex, zwei

SPOILERWARNUNG

Im zweiten Teil wird es düster. Plötzlich herrscht eine unheimliche Stille. Es ist früher Morgen, wir sehen eine menschenleere Straße voller Müll, die Spuren der letzten Nacht. Diese Szene könnte auch aus einem Horrorfilm sein, weil sie so bedrohlich wirkt, obwohl eigentlich nichts passiert. Etwas später ist Tara, die von ihren Freundinnen schon vermisst wird – von Em allerdings deutlich mehr als von Skye – auf dem Weg ins Hotel. Sie hat eine falsche Entscheidung getroffen. Bzw. trägt sie die Verantwortung für das, was geschehen ist? Wer trägt Verantwortung? Und jetzt wird der Film sehr vielschichtig interpretierbar, auch die transportierte Botschaft kann und wird jeder Zuseher anders beurteilen.

Was allerdings klar wird: Die mehr oder weniger unbeschweren Ferien sind entzaubert, die Oberflächlichkeit des eigenen Lebens oder vielmehr der Gruppendruck wird nur sehr kritisch betrachtet und stark hinterfragt. Auch die Bindung zu den Freundinnen, ihrem Charakter. Was man als Zuseher schon geahnt hat: Skye meint es nicht so gut mit Tara. Etwas, was vorher in kurzen Momenten nur angedeutet wurde – dem aufmerksamen Publikum aber nicht verborgen geblieben ist – manifestiert sich nun, wenn auch ebenfalls sehr subtil. Müsste man sich als Frau entscheiden, man sollte immer Em als Freundin wählen.

Mia McKenna-Bruce ist genial in ihrer Darstellung, denn geredet wird kaum über das, was geschehen ist. Das meiste spielt sich in ihrem Gesicht ab, in ihren Augen, den Gesten, der Art, wie sie sich bewegt. Der Wandel wird auch äußerlich vollzogen, als Tara alleine mit einem der Hotelnachbarn ist, der – vorher auch ein hedonistischer Partymensch – sich als erstaunlich integer und empathisch herausstellt. Sie zieht ihr enges Kleid aus, schlüpft in ein übergroßes Shirt, sie schminkt sich ab, der Schmuck wird weggelegt; schließlich schläft sie an seine Schulter gelehnt ein: die Party ist für lange Zeit vorbei.

Was soll man nun mitnehmen aus How to have Sex? Auf letterboxd habe ich gelesen, dass für manche User klar ist: So sind die Männer, deshalb hassen wir sie, etcetera. Aber ich hoffe nicht, dass uns das die Regisseurin vermitteln will, dazu ist alles auch viel zu ambivalent geschildert. Vielleicht möchte sie uns mitgeben, dass sie den Kampf kennt, als Jugendliche dazugehören zu wollen, dass es aber in erster Linie wichtig ist, zu entscheiden, was will ich wirklich selbst, wenn niemand zuschaut, was ist mir als Mensch, als Frau wichtig. Die Selbstermächtigung, authentisch zu sein, wenn man so sagen will.

Jedenfalls hat mir an How to have Sex genau das gefallen, dass es ein Film ist, der den Sehererwartungen zuwiderläuft und keine einfachen Lösungen anbietet.

How to have Sex, eins

Kürzlich habe ich den Film How to Have Sex von Molly Manning Walker nachgeholt, der in Cannes 2023 uraufgeführt wurde und dort den Un Certain Regard Award gewonnen hat. Ich habe ihn im Kino nicht angeschaut, weil ich ehrlich gesagt nichts damit anzufangen wusste. Ich habe in letzter Zeit nämlich ein paar Coming of Age Filme, die sich vor allem mit Party-machenden Jugendlichen beschäftigen – Booksmart und Bottoms – begonnen anzusehen, aber bald wieder abgebrochen. Let’s face it: Ich bin zu alt dafür. Meine Befürchtung war, dass How to have Sex ein ähnlich gelagerter Film ist, das ist er aber in keiner Weise.

MILDE SPOILERWARNUNG

How to Have Sex wirkt zwar, als wäre er eine typische Jugendliche-haben-Sex Komödie, doch erstens ist der Film absolut keine Komödie, und zweitens geht es nicht einmal wirklich um Sex. Zumindest wenn man Sex als etwas anderes empfindet als den rein mechanischen Akt. Die Freundinnen Tara (Mia McKenna-Bruce), Em (Enva Lewis) und Skye (Lara Peake) reisen von England nach Kreta, um dort sowas wie ein (ursprünglich amerikanisches) Spring-Break zu feiern. Während Skye und die lesbische Em schon Erfahrungen gesammelt haben, will Tara dort ihr erstes Mal erleben. Alle drei freuen sich auf “den besten Sommer ihres Lebens”, wozu auch Party und viel Alkohol gehört…

Bereits die erste Szene setzt die Segel für die Ambivalenz des Filmes. Die drei jungen Frauen wollen nachts im Meer baden, das haben sie sich wie das ultimative Auskosten der Freiheit vorgestellt, aber wie sie übereinstimmend feststellen: Das Meer ist eiskalt. Ihre Zigaretten werden nass. Überall an ihnen klebt Sand. Die drei kommen mit überzogenen Ideen und jede Menge Illusionen auf eine südliche Insel und sollten schon anhand des ersten Eindrucks erkennen und in weiterer Folge auch gewarnt sein: Idealvorstellung und Wirklichkeit liegen fast immer ganz schön weit auseinander.

Bald darauf hören wir I am the One and Only von Chesney Hawkes, die Mädels versuchen sich in Karaoke, und für einen Moment frage ich mich, ob der Film wohl in den 1990er Jahren spielen soll, denn ich erinnere mich daran, wie meine Freundin, die sehr gut singen konnte, das Lied früher auch gern gesungen hat als wir im Alter der Protagonistinnen waren. Aber schon werden die Smartphones gezückt – mit langen, hippen Ketten verziert – und wir sehen, der Film spielt doch in unserer Gegenwart. Gleichzeitig erinnert die Szene aber auch daran, dass die Art und Weise wie Jugendliche konzertiert “ausbrechen” wollen, sich über die Jahrzehnte zwar an aktuelle Technologien adaptiert, aber sonst anscheinend nicht großartig geändert hat. Zumindest empfindet es die Regisseurin wohl so.

Der Film besteht im Grunde genommen aus zwei Teilen. Der erste Teil ist für jeden, der keine 20 mehr ist, sehr anstrengend. Hektik, Lärm, Besäufnis, Übelkeit, aggressive Fröhlichkeit, zu wenig Schlaf, Geschrei, wieder Lärm etcetera. In fast dokumentarischem Stil gelingt es Manning Walker hier, die Atmosphäre eines durch und durch kommerzialisierten Feriendorfes, das von konsumorientierten jungen Menschen frequentiert wird, beklemmend anschaulich zu schildern. Alkohol, Zigaretten, Musik, Sex, Party – alles ist hier ist bedeutungslose Ware, zum reinen Gebrauch bereitstehend, ohne tieferen Sinn und im Grunde genommen auch ohne besonderes Genuss.

Der zweite Teil – nun ja, das schreibe ich morgen. Cliffhanger!

Cool?

Diese Woche waren, wie erwähnt, öfters Freunde vom Kind auf Besuch im Garten. Ich hörte dann einige Male von anderen Menschen: “Du bist eine coole Mama, wenn die Jugendlichen zu dir kommen wollen.” Naja, ich würde eher sagen, es war heiß und ich habe einen Pool. Harhar.

Mit dem Freund vom Kind W. habe ich mich um die widerspenstigte Pool Pumpe gekümmert, die immer wieder streikte. Bzw. hat dieser mit mir Kabel und Anschlüsse und Strom gecheckt, da er sich technisch wesentlich besser auskennt als ich. Er hat mir dabei einiges erklärt, es war fast nicht peinlich.

Und J., unser früheres Nachbarskind, hat auch schon so manche Sternstunde meiner Mutterschaft miterlebt. Etwa vor sieben, acht Jahren, als das Kind die Phase hatte, sich unmotiviert eine halbe Stunde lang im Bad einzusperren und sich zu weigern, wieder hinaus zu kommen. Vorzugsweise dann, wenn gerade die halbe Nachbarschaft auf Besuch war. Da standen dann drei, vier Kinder um mich herum und schauten mich ganz erwartungsvoll an: Was wird sie jetzt machen? Und ich stand auch da, erwartungsvoll, was ich wohl machen würde. Harhar.

Also von Coolness wenig Spur, aber es war lustig und am Ende sagte J. dann sogar: “Bis zum nächsten Mal!”

Diese Woche

Diese Woche habe ich nicht nur Kindheitserinnerungen aufgefrischt, ich habe auch problemlos auf der Gartenliege eingeschlafen, während die Jugendlichen die Boom Box in Betrieb hatten.

Diese Woche habe ich ein Eichkatzerl verfolgt, dass sich dann regungslos so vor mir “versteckt” hat und dabei eine farbliche Symbiose mit seinem Fluchtweg eingegangen ist:

Ich wollte ihm eh nichts tun, ich wollte nur ein Foto machen.

Diese Woche gabs ein Garten-Geburtstagsfrühstück mit M und sie hat mir einen guten Rat gegeben. Dabei war es doch ihr Geburtstag. Harhar.

Diese Woche habe ich mit meiner Mutter ihre Lieblings-Schlossbesichtungs-Sendung geschaut, Herrschaftszeiten heißt die, und ich habe mir gedacht, schon arg, wie man eh immer an jemanden denkt und dann erinnert einen der Zufall noch einmal extra.

Eine gute Woche.

Coldplay, dann doch

Zu Coldplay kann ich mehr sagen als zu Taylor Swift, weil ich tatsächlich ein früher Fan war, so bis zum Album X&Y von 2005. Danach habe ich die Band nur noch oberflächlich verfolgt.

In der Harald Schmidt Newsgroup, wo ich vorm Web 2.0 viel unterwegs war, wurde Clocks (Coldplay war mal in der Harald Schmidt Show) als “Klavieretüdenmüll” bezeichnet, was witzig und auch irgendwie nachvollziehbar war, dennoch war das mein erstes Lieblingslied der Band und ich mag es immer noch sehr gern. Ich habe die Zeile: “Am I a part of the cure or am I a part of the disease?” meiner Doktorarbeit vorangestellt. Böse Zungen behaupten, das wäre die geistreichste Frage der ganzen Arbeit gewesen, harhar. Nein, das hab ich jetzt erfunden, aber es ist eine geniale Zeile, weil so viel drinnensteckt – Psychosomatik, Krankheitsgewinn, Selbstreflexion.

Um die Psyche ging es auch in dem Song What If, dessen Text für mich verfasst zu sein schien, zumindest die Zeile: “Every step that you take, could be your biggest mistake.” Es gab echt eine Phase in meinem Leben, da habe ich mich dabei total angesprochen gefühlt, da war ich so voller Angstzustände, dass ich dachte, wenn ich so weitermache, kann ich irgendwann die Wohnung nicht mehr verlassen und seitdem – na ja, kämpfe ich dagegen an, ist zu viel gesagt, nach einer Therapie vor etlichen Jahren muss ich da nicht mehr kämpfen, mittlerweile lodert die Angst nicht mal mehr, sie ist höchstens noch ein Glutnest irgendwo und das finde ich sehr angenehm.

Sehr gern habe ich den Song A Message, weil er so klein und bescheiden und eigentlich komplett unspektakulär ist. Und ich mag, was Coldplay da mit den Lyrics macht, denn da heißt es: “And I’m not gonna take it back. And I’m not gonna say I don’t mean that” und bei solchen Sätzen geht man ja davon aus, dass jemand irgendwie ungut oder übergriffig oder verletztend war, aber darauf besteht, nichts vom Gesagten zurückzunehmen. Tatsächlich geht es hier aber darum, dass jemand einem anderen irgendeine Form von Liebe und Hochachtung gesteht und davon genau nichts zurücknehmen wird. Diese komplette Umdrehung der Erwartungshaltung finde ich interessant und reizvoll.

Coldplay, beinahe

Heute wollte ich was zu Coldplay schreiben, jetzt schreibe ich aber zuerst etwas, das indirekt dazu passt. Denn Coldplay – bzw. ihr Konzert in Wien – hat mir heute ein sehr schönes Treffen ermöglicht.

K., die Freundin aus “meinem” Kärntner Dorf, das Nachbarsmädchen dort damals, war nämlich deshalb in Wien. Ich kenne seit sie ein Baby war (ich war damals vier). Wir haben uns jetzt aber schon viele Jahre nicht mehr gesehen. Sie war mit ihrem Mann hier, der einer meiner Chefs ist (keine weiteren Details, wegen Anonymität harhar). Wir haben drei Stunden unter schattigen Bäumen bei Kaffee und Co. über “unser” Dorf geredet, über Filme, gemeinsame Bekannte, Kindheitserlebnisse, wieder Filme, harhar.

Irgendwann haben wir dann auch über meine Großeltern gesprochen, weil ich ja immer sieben Wochen im Sommer mit ihnen im Rosental war, da meinte K.: “Die waren immer sehr nett, der Opa war so lustig.”

Das fand ich richtig schön, dass sie das gesagt hat, dass es Leute gibt, die sich noch an sie erinnern, obwohl sie jetzt schon 25 Jahre nicht mehr leben.

Die letzten Sommertage

Schön ist es jetzt, ich glaube, das ist gerade überhaupt meine Lieblingszeit im Jahr. Die Tage werden oft noch sehr warm, aber die Aussicht, dass der Sommer bald vorbei ist, macht ihn noch einmal viel kostbarer als wenn er endlos lange vor einem liegt, wie am Beginn der Sommerferien. Wo der Sommer einen fast überfordert und man noch so viel falsch machen kann.

Diese gewisse Form der Vergänglichkeit, wie wenn die Sonne bald untergeht, der Zug gleich abfährt, der Kellner die Sperrstunde ankündigt, wenn alle aufbrechen, das Nutzen der kurzen, noch verbleibenden Zeit, im Aufbruch, beim Weggehen, winkend, die Türe öffnend.

Dieser Sommer war nicht wie letzte, nächstes Jahr wird es nicht mehr so wie heuer sein. Immer ist alles ein bisschen anders. Vor 17 Jahre kündigte sich eine furchtbare Zeit meines Lebens an. Vor sieben Jahren eine wunderschöne. So ist das.