almis personal blog

Versprechen?

Jetzt hat sich ein Personenkomitee bemüßigt gefühlt, von den Nationalratsabgeordneten ein “Versprechen für die Republik” einzufordern, in der der jeweilige Adressat aufgefordert wird, nach der Wahl Ende September eine Koalition mit der FPÖ im Bund zu verhindern. Originellerweise warnt der Brief schon in den erste Zeilen vor “einer Phase nie dagewesener Polarisierungen”. Ja, dagegen hilft so ein Schreiben sicher enorm.

Ich finde, man muss kein FPÖ-Fan oder Wähler sein, um das bedenklich zu finden. Dazu muss man bei dieser Forderung nur die FPÖ durch eine andere Partei ersetzen. Wäre das dann auch legitim, wenn das jemand fordern würde? Oder würden nicht gerade die Menschen, die den vorliegenden Brief unterschrieben haben, darin einen gefährlichen und höchst undemokratischen Vorgang vermuten?

Harald Schmidt hat kürzlich nach einer Wahl in Deutschland gesagt: “Das sind Ergebnisse von freien, gleichen und geheimen Wahlen. Wenn ich das nicht will: Wahlen abschaffen oder Ergebnis vorher festlegen.“ So ist es.

Die Lehren von Venedig

Im Moment laufen die Filmfestspiele in Venedig, auf Uncut kann man schon einige Reviews lesen. Dieses Jahr ist es sehr spannend, weil – zumindest für mich – sehr viel interessantes am Programm steht.

Beispielsweise der neue Film von Pedro Almodovar, The Room next door mit Tilda Swinton und Julianne Moore, sein erster Film auf Englisch gedreht; und auch ein neues Werk von Luca Guadagnino – Queer, wo Daniel Craig einen Homosexuellen spielen darf und die Kamera, wie man liest, nicht sooft “wegschwenkt” wie bei Call me by your name. Außerdem der dritte Teil der Pablo Larrain leidende Frauen-Serie, diesmal Maria mit Angelina Jolie als Callas. Auch Joker 2 – Folie a deux mit Joaquin Phoenix und Lady Gaga hat in Venedig Premiere. Einen Film, den ich mir allerdings eher nicht anschauen werde, weil ich beim ersten Teil nur etwa 20 Minuten geschafft habe, weil er mir wirklich viel zu bitter war.

Vielversprechend finde ich The Brutalist mit Adrien Brody; die Lebensgeschichte eines ungarischen Architekten, der in die USA auswandert und dessen (real existierendes) Vorbild nebenbei mal eine Michelangelo Statue zerstört hat – ich weiß nicht, ob sich der Filmtitel darauf bezieht, ob das überhaupt vorkommt, oder auf die architektonische Richtung, eventuell auch beides. Und jetzt schreibe ich etwas, was bald alle schreiben werden: Das ist vielleicht der Film, der Brody seine zweite Oscarnominierung einbringt und seinem extrem eigenartigen Karriereverlauf eine unverhoffte Wendung geben könnte.

Denn, wir erinnern uns, mit The Pianist, einem soliden Roman Polanski Film, in dem Brody aber so unheimlich gut war, dass er damals mit 29 Jahren der jüngste Oscarpreisträger in der Kategorie männliche Hauptrolle wurde – neben ihm waren Jack Nicholson, Michael Caine, Daniel Day Lewis und Nicolas Cage nominiert, I mean! Ich war echt begeistert von ihm in dieser Rolle eines jüdischen Musikers – und sein Vorname hat mir auch sehr gut gefallen. Nach diesem großen Erfolg wurde es komisch, bzw. Brody suchte sich Projekte aus, die zumindest im nachhinein betrachtet zu viele red flags enthielten; er drehte mit Peter Jackson King Kong, der eher wenig erfolgreiche Film nach Jacksons Hauptwerken Herr der Ringe; und er drehte The Village mit M. Night Shyamalan, dem auch eher weniger erfolgreichen Film nach dem Kultfilm The Sixth Sense. Dann wirkte Brody quasi komplett out of character in weiteren eher obskuren Horror- und Sci Fi B-Movies mit, bevor er dann in den letzten Jahren auf gute, aber kleine Rollen in Wes Andersons Euvre abonniert war.

Was er 20 Jahre nicht gemacht hat, war das, was ihn ursprünglich berühmt gemacht hat und was mich begeistert hat: Eine große, ernsthafte, dramatische Rolle so komplett auszufüllen, dass es alle wegbläst. Zumindest erhoffe ich mir das jetzt auch. Und falls es so sein wird, dann denkt an meine Worte! harhar.

Frühstück Sperling

Es gab auch wieder einmal ein neues Frühstückslokal zu erkunden, diesmal mit P. und zwar das Sperling im Augarten – wie immer unbezahlte Werbung.

Als ich hingefahren und dann eine Weile durch den schönen Park gegangen bin, dachte ich mir, ich bin eigentlich in einem Wien ohne Augarten aufgewachsen. Ich komme ja aus Favoriten und war manchmal in Grinzing, am Kahlenberg und in dieser Gegend, aber praktisch nie in Transdanubien oder auf der Mazzesinsel, wie sie mein Papa nannte, und auch nie im Augarten, der wurde nicht mal erwähnt. Das Wien, in dem ich aufgewachsen bin, war ein ganz anderes, man führte auch ein anderes Leben; ich finde den Gedanken immer faszinierend, wie viele verschiedene Leben man in einem führt.

Augarten am 3. September 2024

Jedenfalls kann man eben mit diversen Öffis zum Augarten fahren oder auch gleich mit dem Auto zum Lokal direkt, die haben einen eigenen Parkplatz, was P. gemacht hat.

Nachdem es so ein toller Spätsommertag war, sind wir im netten, aber auch unprätentiösen Gastgarten gesessen und es war richtig angenehm, von der Temperatur und auch so. Ich habe mich – wie eh sehr oft – für Eggs Benedict entschieden und auch die waren ideal, die Sauce Hollandaise war nämlich total leicht, dazu hervorragender Rohschinken, Pesto und Babyspinat. Wirklich sehr gut.

Eggs Benedict im Sperling

Wir haben darüber geredet, wie schnell das doch gegangen ist, mit den Söhnen, eben noch gemeinsam im Kindergarten und jetzt maturiert ihr Sohn dieses Jahr schon und will ausziehen. P. war damals meine Rettung aus einer gewissen Einsamkeit nach der Geburt des Kindes, ohne Anschluss an gleichaltrige Kinder, weil ja der Geburtsvorbereitungskurs ausfiel und das Babyschwimmen und Krabbelgruppe und einfach alles #ausGründen. P. packte uns immer alle in ihr Auto, navigierte den PKW mitsamt Kindergeschrei ganz cool durch den ärgsten Verkehr und dann landeten wir irgendwo. Zum Beispiel in Sparbach, wo wir einmal müde am Spielplatz saßen und ich zu ihr sage: Das ist jetzt die Rushhour des Lebens und irgendwann ist sie vorbei.

Na ja, bevor das zu philosophisch wird, hier das Sperling innen, auch total hübsch:

Nebenbei war das auch mein immerhin vorletzter Schulanfang, aber ich werde trotzdem auch darüberhinaus immer an den Schulanfang denken. #ausanderenGründen.

Pulp und Suede

Im Zuge der ganzen Oasis-Sache hab ich jetzt gelesen, dass Dougie Payne, der Bassist von Travis gesagt hat: “As far as I’m concerned, the Britpop wars were won by Suede and Pulp. They were the most interesting and adventurous people in the movement.”

Das entspricht auch meiner Meinung. Pulp hab ich sehr gern gehabt, weil sie so witzig und uneitel waren, weil Jarvis Cocker einfach immer von seinen Fehlern und seinem Scheitern erzählt hat und das fand ich als Teenagerin sehr tröstlich – siehe mein Sitzenbleiben. Außerdem haben sie mein eigentlich immer noch Lieblingslied geschrieben, nämlich Do you remember the first time?, veröffentlicht 1994 und irrsinnig gut gealtert. Natürlich geht Cocker auch bei diesem Thema recht selbstkritisch mit sich ins Gericht.

Und Suede haben einfach wunderschöne Musik gemacht, sehr eingängige Melodien und dazu aber recht verstörende Texte geschrieben, beispielsweise konnte man sich im Song Heroine nie sicher sein, ob eine Frau oder eine Droge besungen wird. Über ihr Herkunftsland singen sie im Song The Power sehr poetisch: “You belong to a world that’s gone, it’s the English disease” oder in We are the Pigs “Let the nuclear wind blow away my sins”. In Sleeping Pills heißt es: “Don’t take your sleeping pills, give me the time they kill.”

Beide Bands haben auch einen ähnlich Britpop-Schwanengesang erlebt. Pulp hat nach Alben wie Freaks, Different Class und This is Hardcore, dann eine Platte mit dem Titel We Love Life (2001) gemacht. Und Suede haben sich von Dog Man Star, Coming Up und Head Music zu A New Morning (2002) entwickelt. Plötzlich ging es nicht mehr um Ängste, Drogen, zerbrochene Herzen und Pornos, sondern um Wälder, Wiesen und Sonne. Das war so erschreckend unironisch normal, dass ich ganz entsetzt war. harhar. Aber irgendwie musste Britpop eben auch zu Grabe getragen werden.

Der Pragmatiker

In den letzten Tagen war ich aufgrund von einigem organisatorischem Kram und dessen Komplikationen etwas unrund, so dass ich es selber schon als störend empfunden habe.

Ich habe dann dem Kind von unterwegs eine Whatsapp geschrieben, auf die Art sorry, aber ich bin gerade etwas überfordert und nervös und es tut mir leid, dass das gerade so ist. Daraufhin er: “Oida chill, ist doch alles gut.”

Und schickt mir das:

Harhar. Da musste ich schon lachen. Mein pragmatisches Kind.

Als ich dann in die Wohnung gekommen bin, fragte er mich: “Willst du mit dem Schwein kuscheln?” Na unbedingt! Und das hat natürlich auch geholfen.