Diese Woche hab The Life of Chuck im bis auf den letzten Platz besetzten Studio-Saal im Votiv gesehen und rückblickend bin ich echt froh, dass ich mich nicht für die Pressevorstellung für Uncut gemeldet habe, weil über den Film zu schreiben ist wirklich schwer. Während ich das schreibe, weiß ich selber noch nicht, wie ich das machen werde, also seid gespannt. Harhar.
Regie führte Mike Flanagan, vom dem ich nichts kenne und der Film basiert auf einer Kurzgeschichte von Stephen King, es ist aber kein Horror. Worum gehts? Irgendwie um das Leben von “Chuck”, Charles Krantz (Tom Hiddelston), das in drei Akten und rückwärts erzählt wird. Am Beginn steht Chuck vor seinem Ende und auch die Welt tut das – Naturkatastrophen scheinen der Menschheit den Garaus zu machen. Dennoch bedanken sich alle bei Chuck für 39 fabelhafte Jahre. Aber warum tun sie das und was hat Chuck mit dem drohenden Weltuntergang zu tun?
SPOILER!!!! ES GEHT NICHT ANDERS!
Ich bin ja bekannt dafür, dass ich Tanz in Filmen liebe. In meinem Haus hängt ein La La Land Poster am Stiegenaufgang. In The LIfe of Chuck tanzt Tom Hiddleston (übigens hervorragend) fast den ganzen zweiten Akt über, auch mit der mir bisher unbekannten Annalise Basso. Sonst hat Hiddleston im Film übrigens fast nichts zu tun, auch wenn er die titelgebende Figur ist, aber teilweise wird ja von Chuck als Kind und Jugendlicher erzählt, also insgesamt spielen drei oder vier andere Kinder bzw. Jugendliche ihn ebenfalls.
Ich liebe es auch, wenn in Filmen Gedichte zitiert werden und das kommt bei The Life of Chuck im ersten und im dritten Akt vor. Beide Male ist es etwas aus Walt Whitmans Gedicht Song to Myself: “Do I contradict myself? / Very well then I contradict myself, / I am large, I contain multitudes.” Ich enthalte Vielheiten. Während wir alle vielleicht ein bisschen Angst haben, vor den Widersprüchen in uns selbst, umarmt Walt Whitman sie, weil wir sind eben groß, wir verkörpern unterschiedliches. Wir dürfen auch widersprüchlich sein.
The Life of Chuck hat zwar diese durchgehende Handlung (wenn auch rückwärts erzählt) Chuck vor seinem Tod bis Chuck als Kind, aber viel mehr handelt der Film von vielen kleinen Momenten, die uns sagen, wie schön das Leben ist, wenn man auf seine Details achtet. Klingt jetzt komisch, weil ja vor allem im ersten Akt dauernd vom Weltuntergang die Rede ist, aber vielleicht auch gerade deshalb. Die Figur eines Lehres, die von Chiwitel Ejiofor dargestellt wurde, mochte ich gleich. Weil das Internet fällt aus (für immer!!!) und ein Vater kommt zu ihm, eigentlich wegen eines Elterngespräches und er sagt verzweifelt zu ihm: “Pornhub funktioniert auch nicht mehr”. Und der Lehrer könnte dann so tun als wisse er von nichts, als hätte er überhaupt noch nie von Pornhub gehört etcetera, doch er sagt so auf die Art, ja das ist mir auch schon aufgefallen, harhar. Und das fand ich irrsinnig sympathisch.
Der Film hat diese kleine Stephen King Mystik – eine Dachkammer, die man nicht besuchen soll. Das spoilere ich nicht, es ist tatsächlich ziemlich furcherregend, wenn auch nicht im Sinne von Horror. Tatsächlich aber ist meine Interpretation, dass der Film das verkörpern soll, was Chuck im Zuge seines “das Leben zieht nochmal an mir vorbei” Moments vor seinem inneren Auge sieht. Da passt nicht alles zusammen, da gibt es traumartige Sequenzen, alles ist auch ein bisschen mysteriös. Dass sich die Welt bei Chuck bedankt, interpretiere ich so, dass jeder Mensch das Zentrum seines eigenen Universums ist und, dass er sich wünscht, einen Eindruck bei anderen zu hinterlassen. Und dass die Welt untergeht? Naja, sie geht für jeden von uns in dem Moment unter, in dem wir sterben.
Soweit meine Gedanken, man kann alles aber auch anders sehen. Das ist das Schöne an diesem poetischen Film. Ach ja und am Ende hat man einen My Sharona Ohrwurm.
