almis personal blog

LIZVC 96

Am Samstag sprach ich zum Teenie den denkwürdigen Satz: “Es ist gänzlich unmöglich, dass die österreichische Manschaft das Spiel gegen Italien gewinnt.” Ihm kanns ja wurscht sein, er hat beide Staatsbürgerschaften harhar. Nun ja, ich sag mal, das hätte doch ins Auge gehen können und ich hätte nicht gedacht, dass das in diesem Raum/Zeit Kontinuum irgendwie eine doch waghalsige Aussage war. Aber letztendlich hat es eh so geendet, wie es zu vorauszusehen war. Aber niemand braucht sich genieren, es war ein tolles Match.

Nur noch vier Schultage, dann sind Ferien. Neun Wochen Ferien sind jedes Jahr eine Herausforderung und jedes Jahr anders. Einerseits super, man muss nicht um halb sieben aufstehen, andererseits gibts eben dann auch absolut keine Tagesstruktur, und man entscheidet von Tag zu Tag, was man unternimmt oder nicht, was man wo kocht oder isst, und wann man (in dem Fall frau, also ich) seine Lohnarbeit verrichtet. Ich bin gerade dabei, ein größeres Projekt noch abzuschließen, weil das wird in den nächsten Wochen nicht leicher werden, wobei ich denke, bis tief in die Nacht arbeiten wird gehen, wenn ich mir den Teenagerrhytmus so ansehe.

Heuer darf man noch zusätzlich planen, wann man einen Coronatest macht, um hier oder dort Zutritt zu bekommen, so ist das leider, wenn man nicht in Italien oder Griechenland oder an irgendeinem anderen Ort auf der Welt seinen Sommer verbringt, sondern in Wien bleibt. Nicht wirklich ein Sommer wie damals, aber andererseits gibts den Garten und den Pool und einen Billa gibts jetzt auch direkt gegenüber, womit die Nahversorgung fürs eigene Essen machen auch gesichert wäre.

LIZVC 95

Das war wirklich das erste Sommerwochenende mit allen dazugehörigen Ingredienzen

Ich war mehrfach im Wasser und habe den nassen Bikini nicht ausgezogen, solange bis er trocken war. Ich weiß natürlich, dass speziell Frauen immer sofort das nasse Badezeug nach dem Schwimmen ausziehen sollten,aber das ist meine geheime Superkraft, dass mich das nicht krank macht, wenn ich es nicht tue. Ich habe wenig anarchistische Züge, aber ich werde den nassen Bikini niemals ausziehen, solange ich nicht mindestens einmal davon Blasenentzündung bekomme. Das könnte ein Absatz aus einem Bachmann-Wettbewerbstext sein.

Ich habe Palatschinken gemacht und währenddessen das EM Match Deutschland gegen Portugal im Radio verfolgt, was ja ziemlich anachronistisch ist. Ich weiß nicht, wie man mit zwei Fernbedienungen den TV im Garten einschaltet, und es ist ja auch egal, weil man beim Palatschinken machen sowieso nicht gleichzeitig in einem anderen Raum fernsehen kann, sondern maximal den Ton hören und dafür reicht das Radio auch. Die Portugiesen haben, während ich Palatschinken machte, drei Tore geschossen und zur Pause stand es also 2:1 für Deutschland (sic!). Harhar.

Wir haben zum ersten Mal in meinem neuen Bett geschlafen und ich habe vergessen mir zu merken, was ich dabei geträumt habe, weil die Träume in der ersten Nacht in einem neuen Bett, die gehen in Erfüllung. Aber das ist gerade gar nicht so wichtig, wenn man eh irgendwie wunschlos ist, obwohl die Zeiten so aufreibend sind, im Außen. Aber das habe ich auch gelernt, dass wenn es “Außen” so laut und wirr ist, dann sollte man unbedingt bei sich bleiben und drauf hören, was in einem selbst gerade vorgeht.

Ah doch ich wünsche mir was: noch ein paar weitere solcher Wochenenden.

TDDL, zwei

Michael Wiederstein war on fire und hat auch am zweiten Lesetag ein schönes Zitat gebracht, als er über den Text von Leander Steinkopf Ein Fest am See sprach:

In der neueren deutschen Literatur, wenn jemand mit dem Boot zur Mitte eines Sees fährt, dann hat er vor sich umzubringen oder er taucht 25 Jahre später wieder auf und fährt mit seiner Mutter durch die Alpen.

Michael Wiederstein sagt auch noch, dass er in dieser Diskussion im Team Dingler/Kaiser ist, was der durchaus sperrige Juror Philipp Dingler mit den Worten kommentiert: “Es gibt kein Team Dingler/Kaiser!” Das wird im weiteren noch unterstrichen, als Jurorin Vea Kaiser betont, dass sie den Text wirklich zum Lachen findet. Das erzürnt Dingler, er maßregelt sie: “Es gibt eine emotionale Ebene und eine diskursive Ebene und wir haben hier den Anspruch, dass wir diskursiv Texte verhandeln.” Klaus Kastberger: “Dieses humorvolle, satirische, das hat schon eine Qualität, die man sehen kann, das darf sich auch ein Bachmann-Text einmal leisten, finde ich und das kann man auch benennen.” Dingler: “Es geht mir darum, dass man die Qualität von Texten nicht damit begründen kann, dass man herzlich gelacht hat.” Mara Delius: “Das möchte ich absolut unterstreichen, denn wir sind hier in einer Jury, die natürlich auch in einer gewissen ästhetischen-kritischen Tradition steht, die können Sie natürlich ablehnen, wenn Sie das wollen, aber sie müssen sie zumindest zu Kenntnis nehmen, das wäre schon mal ein Anfang, deshalb wollte ich Ihren ästhetisch-kritischen Punkt unterstützen, Herr Dingler, ohne mich zugleich in ihr Team einzureihen.”

Es ist so herrlich. Die Jury Diskussionen sind noch viel besser als die Texte.

LIZVC 94

Ich möchte auf den verschiedenen Social Media Plattformen wieder mehr Schwangerschaftstests sehen als Coronatests. Mehr offene Speisekarten als offene Impfpässe. Mehr leicht gebräunte Oberarme ohne Pflaster als solche mit.

Ich möchte, dass in diesem Sommer jeder glücklich wird, mit den Dingen, die ihm wichtig sind. Dass wir uns auf die Dinge konzentrieren, die uns verbinden und weniger auf die, die uns auseinderbringen. Wir sind nicht mehr dieselben, die wir vor 15 Monaten waren, wir alle haben uns verändert. Wir haben über unsere Leben nachgedacht, über das, was gut ist, und das, was schlecht ist. Über das, was wir wirklich vermissen und das, was uns erstaunlicherweise gar nicht abgegangen ist.

Ich selbst habe soviel ausgemustert in den letzten Monaten, an Dingen, an Gedanken, an Ansprüchen, an “Glaubenssätzen”. Ich bin draufgekommen, dass ich viel mehr loslassen muss und, dass ich nicht viele Dinge brauche. In den nächsten Wochen reichen mir barfuß gehen im Garten, ein paar Bücher, meine Spotify Playlist, meine zahlreichen Notizblöcke, ein kaltes Cola, und jemand, der mich manchmal die ganze Nacht im Arm hält.

Heute sah ich ein Foto von der Moderatorin Paula Lambert auf Instagram im Bikini, die sagt, ihr wisst schon wie das ist mit Bikini und Figur, ihr braucht einfach einen Körper und dann zieht ihr einen Bikini an. Genau das werde ich machen! Schönes Wochenende!

TDDL, eins

Für solche Jurorenkommentare liebe ich die Tage der deutschsprachigen Literatur:

“Der Text führt alles aus, es bleibt kein Raum mehr, es bleibt keine intellektuelle Manövriermasse.”

Michael Wiederstein über den Text Die andere Frau von Magda Woitzuck

Ich finde, Wiederstein hat mit seinem Befund recht, was aber nicht heißt, dass der Text nicht seine Geheimnisse hat. Ich habe am Ende etwas vermutet, was keiner der JurorInnen angesprochen hat und jetzt weiß ich nicht, ob ich komplett auf dem Holzweg bin oder die anderen.

Parallelen

Heute bin ich ganz früh einkaufen gegangen, weil ich mir dachte, noch schnell den kühlen Morgen ausnutzen, an dem der Tag noch frisch ist, vor der Hitze und der stickigen Luft und der Bewegungslosigkeit, später dann.

Und dann habe ich so nachgedacht, das ist so wie wenn an jemanden kennenlernt und ihm richtig nahe kommt, man aber nicht mehr 18 ist oder 23, sondern Anfang, Mitte 40. Da sind beide schon ein bisschen mitgenommen und erschöpft und nicht mehr ganz unbelastet. Da ist das Leben mitunter schon mal in ganz viele Einzelteile gebrochen und nur notdürftig wieder zusammengesetzt worden.

Einerseits wünscht man sich da vielleicht einen eigenen Anfang, wo alles noch unbeschwerter wäre, vielleicht, einfacher, selbstverständlicher ohne diese Ambivalenzen, und andererseits ahnt man, dass dann wirklich alles anders wäre und man sich vielleicht niemals auf die Art und Weise begegnet wären, wie das nun eben passiert ist. Weil man jetzt ein anderer Mensch ist.

Das schöne ist, nach so einem heißen und anstrengenden, endlosen Tag kommt immer das beste am Sommer: der Sommerabend. Wo man wieder einen klaren Kopf bekommt und alles ganz in Ordnung ist, genauso wie es ist.

Schicksal, zwei

Die leichten Themen sind nicht die Sache der israelischen Autorin Zeruya Shalev. Wenn sie ein Buch schreibt, dann geht es immer ans Eingemachte, um das “Liebesleben” um “Mann und Frau”, um “(Späte) Familie”, den “Rest des Lebens” und “Schmerz” und jetzt eben um Schicksal.

Obwohl Israel nicht wegzudenken ist als Schauplatz ihrer Texte, wird Shalev diesmal erstmals so richtig politisch. Ihre Protagonistin Atara geht auf Spurensuche. Kein Wunder, ist sie doch Architektin mit Hang zum Denkmalschutz, es liegt ihr im Blut, Vergangenes ergründen und bewahren zu wollen. Ihr Vater war bei den Lechi, einer radikalen Untergrundorganisation, er hat selbst Anschläge vorbereitet und ausgeführt. Damals war er erstmals verheiratet, mit Rachel, über die während seiner zweite Ehe, bei seiner Familie nie geredet werden durfte. Nach dem Tod ihres Vaters sucht Atara Rachel auf, um etwas über seine “Vorgeschichte” zu erfahren. Sie selbst, beinahe fünfzig Jahre alt, befindet sich mit ihrem zweiten Mann Alex und den erwachsenen Kindern, die in einer Patchwork-Situation aufgewachsen sind, in einer gefühlten Sackgasse. Ihr Leben ist festgefahren.

Wie schon beim Vorgängerroman Schmerz, hat Schicksal also zwei Handlungsebenen, die miteinander verknüpft sind. Einerseits die Achse Atara/Rachel/Widerstandskampf, andererseits Atara/ihre Ehe/ihre Kinder. Und wie schon bei Schmerz interessiert mich ein Handlungsstrang wesentlich mehr, hier nämlich der Plot rund um die Gegenwart, auch wenn sich der gesamte Roman fabelhaft liest wie immer. Aber eigentlich wären es zwei Romane, weil es (zu) große Themen sind, die Shalev da halbwegs gleichwertig verhandeln möchte. Ich bin überzeugt, dass der Beziehungsroman auch für sich alleine stehen könnte. Denn Shalev schreibt über etwas, was tatsächlich enorm spannend ist: wieviel Hypothek lastet auf einer zweiten Familie? Also wenn ein Mann und eine Frau ihre jeweiligen Lebenspartner (und Kinder) verlassen, um gemeinsam neu anzufangen., wie groß muss da die Liebe, wie glücklich das neue gemeinsame Leben sein, damit es das “wert” war? Beinahe trotzig nennen sie den gemeinsamen Sohn Eden, wie zum Beweis, dass sie jetzt im Paradies leben. Tatsächlich ist die Beziehung aber relativ weit davon entfernt, paradiesisch zu sein.

Shalev ist meisterhaft darin, die Seele ihrer Protagonisten zu erkunden. Sie kennt die Leidenschaften und die Abgründe, die Menschlichkeit, die sich gerade auch in den schwachen Momenten zeigt. Und alles wird bei ihr Hochliteratur. Bei Shalev ist ein eigentlich extrem langweilige Stau auf einer Autobahn Nervenkitzel pur, die Besichtung eines historischen Hauses eine beeindruckende Offenbarung, die Zubereitung einer simplen Mahlzeit etwas Erotisches. Dennoch: etwas wenig Sex beinhaltet Schicksal im Gegensatz zu den früheren Romanen, das muss ich leider etwas bekritteln. Harhar. Aber sonst wie immer ein wunderbar poetischer Roman, und trotz der oft schwerverdaulichen Erkenntnisse doch letztendlich lebensbejahend bleibt.

Mr. Gallagher

Noel Gallagher ist eine ziemlich Arschgeige. Das bedeutet nicht, dass ich im Team Liam bin, denn der ist genauso eine ziemliche Arschgeige. Die zwei schenken sich da nichts. Und deshalb sprechen sie offenbar auch schon seit zehn Jahre nicht miteinander, weil sie sich gegenseitig nicht aushalten. Ich verstehe das schon ganz gut.

Wie ich hier schon schrieb (und der Falter von mir abkupferte) bei der Wahl Oasis versus Blur würd ich mich immer für Pulp entscheiden. Es gab schon ein paar Songs, die ich von Oasis mochte. Allen voran Live Forever, wo das Video aber eindeutig belegt, wie wenig Bock sie auf prinzipiell alles hatten. Aber die Zeilen: “Maybe I will never be, all the things that I want to be. But now is not the time to cry, now’s the time to find out why” hatte ich auf mein Federpenal im Gymnasium geschrieben. Ich war gerade in der 7. Klasse sitzengeblieben. Vermutlich war die Antwort auf die Frage: Wegen Mathematik.

Noel Gallagher hat dem Standard ein angepisstes Interview gegeben und thank god haben wir endlich mal wieder was anderes zu lesen, als über Corona, und wenns angepisste Interviews von Mr. Gallagher sind. Er regt sich auf, dass ihn jemand im Pub für Liam Gallagher gehalten hat. Darauf er, Noel, er sei der andere. Darauf wieder der Typ im Pub: “Es gab einen anderen?” Eines der Probleme zwischen den beiden, würd ich mal sagen. Ach ja und auf Phil Collins ist er auch sauer, weil der habe gefühlt 147 Wochen Platz 1 der Charts mit You can’t hurry love belegt. Sad life würden die Teenies dazu sagen.

Vent’ anni

Apropos kein ESC Content mehr: K. will mit mir aufs Maneskin Konzert gehen, wenn sie mal nach Wien kommen.

Ist wohl so ein MittvierzigerInnen Ding. Wir hören uns jetzt an, wie die Zwanzigjährigen die Welt sehen, unsere Söhne sind ja auch (halbwegs) bald zwanzig, also vent’ anni. Anscheinend sind die Zwanzigjährigen von heute viel weiter als wir damals waren oder zumindest als ich war. Sie sagen, sorry, dass wir Drama machen, aber wir sind halt gerade 20. Und wir wollen, dass mehr von uns überbleibt als nur Geld. Sie entschuldigen sich für alles mögliche im voraus, und wollen denen die Farben zeigen, die nur schwarz und weiß sehen. Sie sagen: Wähle Liebe oder Diamanten, wähle Dämonen oder Heilige! Und sie haben jetzt schon einen ausgewachsenen Weltschmerz, dafür musste ich erst vierzig werden, ehrlich.

K. will ihr Italienisch auffrischen. Die anderen wollen Italienisch lernen. Ich habe sogar in Italienisch maturiert, aber komplizierte Texte strengen mich ziemlich an. Ach ja und ich mag diese Tupfenbluse, die der Schlagzeuger im Video trägt.