almis personal blog

Priscilla, Elvis und Co., eins

Ich muss ehrlich sagen, ich kann mit Elvis Presley nichts anfangen. Meine Großeltern, bei denen ich aufgewachsen bin, mochten ihn nicht. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass er bei meinem Musik-affinen Vater irgendwo zwischen Bob Marley, Jazz und Wagner-Opern mal aufgetaucht wäre. Und ich persönlich konnte ebenfalls gar nicht andocken, weder musikalisch noch am Phänomen Elvis.

Insofern war ich nicht allzu gespannt auf Priscilla, den neuen Film von Sofia Coppola. Denn auch wenn es in diesem Film nicht direkt um Elvis geht, sondern eben um seine Frau, dachte ich mir, wenn ich den (ziemlich faden) Trailer sehe, kenne ich die gesamte Problematik. Nämlich: Die beiden heiraten sehr jung – Priscilla war 14 als sie sich kennenlernten – und dann verräumt Elvis sie auf Graceland, während er selbst um die Welt reist und Karriere macht. Auch wenn Coppola irgendwie auf die “Sad girls” abonniert ist und die mitunter auch hervorragend porträtiert – Lost in Translation ist nach wie vor einer meiner Lieblingsfilme und da passiert jetzt plottechnisch auch wenig – war ich skeptisch, ob Coppola da wirklich viel mehr herausholen kann. Aber dennoch war ich natürlich auch neugierig, weil ich unter anderem eine tolle Besprechung im FM4 Filmpodcast gehört habe (den ich diese Woche entdeckt habe, und der ganz super ist).

Nachdem ich den Film jetzt gestern gesehen habe, muss ich leider sagen, dass er mich tatsächlich nicht überzeugen konnte. Ich habe lange gegrübelt, woran das liegt und ich glaube, dass mir das gefehlt hat, was die frühe Sofia Coppola sehr ausgezeichnet hat: Stimmungen zu transportieren, ungeheuer starke Bilder zu erzeugen und musikalisch zu untermalen. Natürlich schafft Coppola es zu vermitteln, was zwischen Priscilla und Elvis schief läuft und darzustellen, dass Graceland im Prinzip ein goldenes Gefängnis für Priscilla war. Sie zeigt einen dominanten Elvis (Jacob Elordi), der kritisiert, wenn Pricilla (Cailee Spaeny) große Blumenmuster trägt, weil sie dafür zu klein wäre und, der möchte, dass sie dauernd daheim hockt und sich von ihr wünscht “keep the home fires burning”, also sehr Steinzeit-lastig. Darüberhinaus ist Pricilla, so skurill es auch klingt, ein bisschen ein Mutterersatz für ihn, eine Vertrauensperson, auf die er sich verlassen will. Diese Vertrautheit steht hier meilenweit über der wenig relevanten sexuellen Beziehung der beiden. Das alles ist handwerklich schon tadellos erzählt und auch sehr gut gespielt, aber es geht für mich nicht darüber hinaus. Mir fehlt ein Spin, der mir irgendwas zeigt, was ich nicht erwarte, in dieser Konstellation.

Sofia Coppola hat die Rechte an den Elvis Songs nicht bekommen – im Gegensatz zu Baz Luhrmann, der ja erst im vorigen Jahr seinen Elvis Film herausgebracht hat. Was natürlich daran lag, dass sie ja die “gegnerische” Seite beleuchtet hat. Das ist aber kein allzu großes Malheur, denn Coppola ist ja dafür bekannt, dass sie Musik sehr anachronistisch einsetzt, man denke an Marie Antoinette, wo das Leben der französischen Königin durchgehend mit Indiepop untermalt wird und das einfach toll ist, weil es genau diese Brechung ist, die ein relativ bekannter biografischer Stoff braucht, um irgendwie frisch zu wirken und man das Ganze aus einer anderen Perspektive sieht. Bei Priscilla ist mir die Musik dann eigentlich zu unauffällig und zu wenig kontrastierend.

Und weil mich der Film irgendwie so leer zurückgelassen hat, habe ich mir gedacht, ich muss im Anschluss gleich den Baz Luhrmann Elvis anschauen (auf Amazon Prime zu sehen, unbezahlte Werbung), um einen direkten Vergleich zu ziehen.

To be continued…

Maksym

Ich habe aber nicht nur WWM geschaut, sondern auch gelesen, zum Beispiel Maksym von Dirk Stermann, ein Buch, das ich von meiner Freundin M. zu Weihnachten geschenkt bekommen habe.

Ich habe von Stermann schon Sechs Österreicher unter den ersten fünf gelesen, aber das war mir irgendwie zuviel Salon Helga auf einen Roman aufgeblasen. Außerdem waren einige Österreich-bezogene Fehler enthalten, die dem bundesdeutschen (?) Lektorat anscheinend nicht aufgefallen sind. Der Anfang des Romans ist ja in den 1980er Jahren angesiedelt und da hieß das Museumsquartier noch nicht so und eine Sackerl-Gackerl Kampagne gab es auch erst in den 2000er Jahren. Solche Raum/Zeit Kontinuum Ungenauigkeiten gibt es in Maksym nicht mehr.

Generell ist Maksym viel mehr ein Roman als es frühere Werke von Dirk Stermann waren, allerdings sollte man sich nicht daran stören, dass der Protagonist, der diesen Namen trägt, erst auf Seite 134 erstmals auftaucht (vorher wird nur über ihn gesprochen) und auch danach keine übertrieben große Rolle spielt, es ist eher das, wofür Maksym steht ein Thema. Stermann erzählt immer noch (ein bisschen zu) viele kleine Geschichten abseits der Haupthandlung, aber er ist immerhin nicht Javier Marias, dessen Morgen in der Schlacht denk an mich ich buchstäblich irgendwann in eine Ecke geworfen habe, weil er einfach nicht zum Punkt gekommen ist und dafür hab ich keinen Nerv. Stermanns kleine Geschichten nebenbei sind wenigstens ausgesprochen pointiert.

Aber auch wenn der Roman noch etwas konzentrierter hätte sein können, der Haupterzählstrang ist schon relativ klar herausgearbeitet, es geht um die Liebe zu Wien und die Selbstfindung einer fiktionalisierten Version von Dirk Stermann (die auch diesen Namen trägt). Es geht um dessen kleinen Sohn Hermann (der in Wirklichkeit anders heißt). Es geht um seine erwachsene Tochter Kina (die in Wirklichkeit auch anders heißt) und einige Frauen, die alle aus der Stermann-Tasse getrunken haben. Und natürlich auch um Maksym.

Oft gelingen Stermann sehr schöne, manchmal auch poetische Formulierungen, etwa wenn er über junge Frauen in Duisburg schreibt, die “ihre beste Zeit weder vor noch nach sich haben.” Wenn er über die an sich unnötige Handlung eines Suizid schreibt, nach dem Motto, warum sollte man sich umbringen, man stirbt sowieso irgendwann. Das sei “(…) wie putzen, bevor die Putzfrau kommt.” Einmal wundert sich Dirk, wieso sein Sohn am Handy scrollen könnte. “Ich dachte, wir würden unser Kind analog aufziehen”. Er erzählt über das Waldviertel, das “Schottland Österreichs”, wo sich Wiener baufällige Bauernhäuser kaufen, weil “(…) die Wiener, anders als die Waldviertler glücklich sind, wenn es romantisch durchs Gebälk zieht.”

Eine schöne Beschreibung ist mir besonders aufgefallen, weil ein sehr lieber Mensch das früher schon einmal so ähnlich beobachtet hat, der meinte fürs Kaffeetrinken bräuchte man Zeit und man dürfte das Wort Kaffee daher nicht so abgehackt aussprechen. Stermann sieht das genauso:

Er fiel in das Wort hinein, anstatt es elegant hinten offen zu lassen. Betonte nicht das e am Ende, in dem das ganze Aroma des Getränks lag, sondern knallte in das Wort, als krachte ein Boot an eine Hafenmauer, an der die abfedernden Reifen abgefallen waren.

Maksym – Seite 114.

WWM

Früher, so vor 25 Jahren ähm, habe ich gerne Wer wird Millionär gesehen. Dann quasi Jahrzehnte nicht und vor einiger Zeit hab ich mit dem Kind wieder ab und zu geschaut.

Diese Woche waren gleich fünf Sendungen. In den ersten vier wurden die Finalisten für Freitag ermittelt (alle, die mindestens 16.000 Euro gewonnen hatten) In der Finalsendung konnten sie nochmal antreten, wenn sie auf einen Teil ihres Gewinns verzichteten und dafür bis zu drei Millionen Euro gewinnen, weil jede normale Gewinnstufe wurde verdoppelt. Kann man noch folgen? Aber es ist eh nicht so wichtig.

Wichtig ist, das Kind fand einen Kandidaten auf Anhieb sympathisch, der sich später als Polizist aus schwierigen sozialen Verhältnissen und mit einem ungemein guten Allgemeinwissen herausstellte. Der hat einfach mal 125.000 Euro gewonnen, dann am Freitag alles bis auf 50.000 wieder eingesetzt und am Schluss insgesamt sogar 150.000 Euro gewonnen. Und er war wirklich so ein toller Kandidaten und so rührend, weil ihm dann auch die Tränen gekommen sind. Ich so: Ohhh. Das ganze Publikum so: Ohhh. Und Günther Jauch so: Ohhh. Und auf Twitter alle: Ohhh. Und das ist wirklich erstaunlich. Jeder Mensch hat ihm das Geld gegönnt, echt.

Das war seine 125.000 Euro Frage, wo einmal ein Papstpalast gestanden hätte, nämlich in:

A) Avignon, B) Bordeaux, C) Orleans oder D) Reims.

Sein Telefonjoker, ein Historiker, meinte, der Papst hätte vor Rom in Avignon residiert. Und der Kandidat dann so zu Jauch ja ok, aber hat er dort auch in einem Palast gewohnt. Und Jauch: Erfahrungsgemäß wohnen Päpste ja eher in so zwei bis drei Zimmer-Wohnungen. Harhar. Dann hat er sich getraut, A zu nehmen, was auch richtig war.

Außerdem mag ich die Sendung weil:

Naja und so hab ich diese Woche wirklich an jedem Abend rein gar nichts gearbeitet, was ich mir eigentlich vorgenommen hatte, aber es waren ja auch irgendwie Ferien

Poor Things

Ich weiß, wir konnten überall lesen, dass Greta Gerwigs Film Barbie das feministische Manifest des Filmjahres 2023 war. Und auch wenn ich Gerwig sehr schätze, ich “fürchte”, den tatsächlich feministischen Film des letzten Jahres hat Giorgos Lanthimos gedreht. Und er heißt Poor Things.

Poor Things wird erst im Laufe des Jänners in den österreichischen Kinos anlaufen, es gab aber vor Silvester einige Vorpremieren in Wien. Ich habe die – sehr gut besuchte – im Votiv Kino miterlebt.

Ganz ehrlich war ich skeptisch, was Poor Things betrifft. Ich hab von Lanthimos vorher nur The Lobster gekannt, aber der Film hat mich nicht wirklich abgeholt. Die Prämisse fand ich zwar super, aber mit Fortschreiten der Handlung entwickelte sich The Lobster für mich in eine sehr abgedrehte naturalistisch-triste Richtung. Und bei Poor Things fand ich schon die Prämisse eher heikel: Eine junge Frau Frau namens Bella Baxter (Emma Stone) aus hier nicht näher zu erläuternden Gründen auf dem Entwicklungsstand eines Kleinkindes, lebt bei einem Anatomieprofessor names Godwin (Wiliam Dafoe), den sie “God” nennt und wird von diesem als “Experiment” betrachtet und in ihrem Alltag und ihrer Entwicklung beforscht. Aufgrund ihrer Fortschritte gelangt sie an den Punkt, an dem sie die Welt entdecken will, an ihrer Seite der windige Anwalt Duncan Wedderburn (Mark Ruffalo)…

Bella Baxter ist wahrscheinlich schon jetzt zu den ikonischsten Protagonistinnen der Filmwelt zu zählen. Und in ihrer Darstellung kann man so viel falsch machen und es könnte so peinlich und unangenehm sein, ihr zuzusehen. Denn Bella ist am Anfang von Poor Things wie gesagt geistig kaum entwickelt. Weil sie aber eine junge und attraktive Frau ist, begegnet ihr ihre Umwelt natürlich nicht wie sie einem kleinen Kind begegnen würde; speziell Männer (wir befinden uns vermutlich so irgendwo Ende des 19. Jahrhunderts) nähern sich ihr oft recht übergriffig und sie reagiert dann auf eine unschuldig-naive, oft auch das Gegenüber entlarvende Weise. Man merkt ihr trotz ihrer generellen Unerfahrenheit in der Welt ihren Freiheitsdrang und auch den Wissensdurst an. Und so nimmt ihre Entwicklung ihren Lauf und diese Entwicklung ist eben die einer selbstbestimmten Frau, die weiß, was sie will. Und zwar als Frau – oder auch einfach Mensch – die sich nicht von irgendwas abgrenzt oder gegen irgendetwas arbeitet, sondern die für Dinge einsteht und brennt.

Im Votivkino herrschte bald eine recht ausgelassende Stimmung, weil der Film ist enorm witzig und strange und bizarr, aber auch total lebensbejahend und positiv. Ort der Handlung ist eine surreale Welt, die zwar London oder Paris heißt, aber eigentlich der Fantasie von Lanthimos entsprungen ist und es ist toll, was er sich alles hat einfallen lassen. Ähnliches gilt im Übrigen auch für die Kleidungsstücke, die Bella trägt. Irgendwie von ihrer Zeit inspiriert, aber mit einem originellen Twist. Und Emma Stone ist so glaubwürdig und liebenswert als Bella, obwohl das wirklich eine Rolle ist, für die es keinerlei Vorbilder gibt und die soviele Fallstricke beinhaltet (sehr viel sexuelles, sehr viel “allzumenschliches”).

Absolut sehenswert, wenn man unkonventionelles mag.

Der Trailer:

Helnwein in der Albertina

Wie in allen Ferien gibt es einen Oma/Kind Ausflug. Diesmal habe ich die Helnwein Ausstellung in der Albertina (unbezahlte Werbung) vorgeschlagen. Die Oma musste ich da nicht überreden, schließlich hatten wir daheim früher auch Hausner-Werke hängen – und Helnwein war ein Hausner Schüler; das Kind kriegt man mit dem Hinweis, dass die Bilder sehr arg sind. Zuerst waren wir noch beim Italiener zur Stärkung.

Gottfried Helnwein kennt man eh soweit. Ein Künstler, der schon in meiner Kindheit in Wien “umstritten” war, weshalb er heute auch großteils in L.A. und in Irland lebt; was aber auch immer für für ein interessantes Euvre spricht. Gleich am Anfang begegnen mir der Mickey Mouse, die bei Helnwein Zähne hat.

Helnwein ist ja bekannt dafür, dass er gerne mit Populärkultur spielt, alleine schon deshalb, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Er gehört nämlich nicht zu den Künstler, die glücklich darüber sind, nur eine gewisse Klientel der eh schon kunstinteressieren Bevölkerung anzusprechen, nein, er möchte am liebsten auf Titelblättern von Zeitungen zu sehen sein, also muss er auch irgendwie breitenwirksam arbeiten und wer ist breitenwirksamer als Mickey. Das Bild fand ich schon früher irgendwie gruselig, nur aufgrund von Mickeys Zähnen.

Noch besser funktioniert eine Disney Maus natürlich in Verbindung mit Adolf Hitler. Auch Donald Duck kommt vor:

Bekannt ist Helnwein aber vor allem auch für seine Darstellung von verwundeten Kindern und generell Menschen mit körperlichen Deformationen. Das folgende Bild gehört da eher zu den harmlosen Exemplaren:

Und durch Darstellung von Gewalt bzw. Kinder und Gewalt.

Ich finde dabei immer wieder faszinierend, dass die Bilder eigentlich wie Fotografien aussehen, dieser Hyperrealismus ist schon ziemlich gruselig. Das Kind fand aber die Bilder gar nicht so grausig wie versprochen, aber schon sehr verstörend (und demzufolge auch interessant). Helnwein kommt also auch bei Jugendlichen von heute an. Außerdem hat mich das Kind in der Ausstellung auch entdeckt.

Almi, wenn sie um drei Uhr früh im Kinderzimmer auftaucht, weil noch telefoniert und gezockt wird.

Am Ende durfte sich noch jeder Postkarten im Souveniershop aussuchen (leider gab es den Hasen nicht) und anschließend lud Oma auf einen Absacker ins Grand Hotel ein, was teurer klingt als es ist, man kann in der Lobby ganz normal Kaffee trinken. Ein sehr schöner Tag.

Das war’s

Was ich mich 2023 gefragt habe:

…warum Leute eigentlich draußen Maske tragen. Mein Favorit diesbezüglich: Radfahrend, während es regnet.

…warum man zuerst gesellschaftlich komplett gegen die “Rosa/Hellblau-Falle” ankämpft, dann aber ein Mädchen, das sich für Autos interessiert oder ein Junge, der mit Puppen spielt, in den Verdacht gerät, im “falschen Körper” zu stecken?

…ob man jemals wieder Skepsis an vorgegeben Standpunkten zu jeglichen Themen anmelden darf, ohne sofort als rechtsextrem eingestuft zu werden?

Was ich 2023 zu oft erlebt habe:

Begräbnisse (zwei sind zwei zuviel). Arztbesuche. Scams- sowohl privat als auch beruflich (Gott sei Dank nur halbwegs geringer finanzieller Schaden). Traurige Freundinnen (für manche Geschehnisse gibt es einfach keine passenden tröstenden Worte).

Special thanks:

Gehen an meinen Orthopäden, der mich mittels Infiltrationen und dem Tipp: “A Rua geben” plus stundenlang spazierengehen von meinen multiplen Bandscheibenvorfällen geheilt hat.

Stolz bin ich:

Auf das Kind, von dem ich in der Schule höre, dass er genauso bleiben soll wie er ist, und das nicht auf die Leistung bezogen (die eh auch passt); ich schließe mich dem an. Wir haben null Pubertätskämpfe, alles schon zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr erledigt, harhar.

Insgesamt gab es viele besondere Momente in Freundschaften, mit dem Patchwork (zum Beispiel Punschkrapfenlieferung ans Sofa wegen Bewegungsunfähigkeit meinerseits usw.) und in Kinosälen. Ich kann das Leben wieder schön finden, mit dem “aber”, dass jemand fehlt und damit Nähe und Gespräche, die nicht mehr geführt werden. Aber der Kontakt ist wieder da, das ist beruhigend, dass man sich nicht ganz verloren hat.

Zusammenfassend kann ich sagen: Ich fühle mich wie in der zweiten Zeile eines Refrains, in dem das Schlagzeug in der 3. Zeile wieder einsetzt.

Und apropos schiefe Metaphern: nächstes Jahr möchte ich dann wirklich mein Buch fertigschreiben.

In diesem Sinn: Happy 2024!

Das Filmjahr 23

Wir bei Uncut haben unsere Lieblingsfilme 2023 zusammengestellt.

Obwohl ich Oppenheimer ja schon im Sommer besprochen habe, noch ein paar Worte zu meiner Nummer 1 aus diesem Jahr. Christopher Nolan ist es hoch anzurechnen, dass er einen drei Stunden Film mit unentwegten Zeitsprüngen und teilweise in schwarz/weiß gedreht, mit schnellen und anspruchsvollen Dialogen, dessen Hauptfigur ein Quantenphysiker ist, tatsächlich als Popcornkino verkaufen konnte. Ja, Oppenheimer hat natürlich die oppulenten Bilder und Explosionen, aber es ist alles andere als ein Film zum Berieseln lassen. Und Cilian Murphy hat die m.E. relativ schwierige Aufgabe, Robert Oppenheimer überzeugend darzustellen, ist dieser doch in gewisser Weise ein Mann ohne Eigenschaften. Er ist weder heroisch, noch duckmäuserisch, nicht außergewöhnlich charismatisch, aber auch nicht uninteressant, er reflektiert seine Erfindung intensiv, kommt aber im Prinzip zu keinem wirklichen Ergebnis. Er schwankt zwischen Stolz und Zweifel. Er ist immer irgendwo dazwischen und dieses “dazwischen” zu porträtieren, ist, glaube ich, schon eine ziemliche Kunst.

Mein Platz 2 ist Passages. Ein Indie-Beziehungsfilm, der natürlich im Gegensatz zu Oppenheimer sehr “low key” ist, mich aber fasziniert hat und bei dem ich immer noch erstaunt bin, was für ein Arschloch Franz Rogowski doch darstellt. Platz 3 belegt Anatomie eines Falles, über den habe ich noch gar nicht erzählt. Sandra Hüller ist großartig als Romanautorin, die verdächtig wird, ihren Mann umgebracht zu haben. Bei diesem Film wiederum bin ich immer noch erstaunt, dass der französische Staatsanwalt im Prozess wie ein Rechtsradikaler aussieht. Mein Platz 4 ist Air. Ein intelligenter und humorvoller Crowdpleaser mit Niveau – wovon es deutlich mehr geben sollte. Platz 5 schließlich The Holdovers. Einfach ein wunderbarer kleiner Wohlfühlfilm, obwohl er menschliche Probleme nicht ausspart, ganz im Gegenteil.

Aus dem Streaming/Festivalbereich habe ich noch Saltburn empfohlen, das Review hab ich eben erst gepostet. Bin immer noch geplättet von der surealen Ästhetik dieses Films. Dazu noch Theater Camp, der hoffentlich nächstes Jahr in unsere Kinos kommen wird, voller doppelbödiger Witze und Slow, ein schöner, ganz unspektakulärer Liebesfilm, der (wieder mal) von einem Paar erzählt, das zusammensein will, aber eigentlich nicht zusammensein kann.

Für mich war das ein hervorragendes Filmjahr, ich fand auch Maestro, Past Lives, Fallen Leaves, May December, TAR, Banshees of the Inisherin und Asteroid City sehenswert, auch wenn sie nicht die Topplätze belegt haben, bei unserer Uncut-Wertung, aber ich muss ja eine Auswahl treffen. Und gerade komme ich aus dem Preview von Poor Things – in ein paar Tagen mehr.

Manche für mich noch interessante Filme für dieses Filmjahr laufen erst an, wie zum Beispiel All of us Strangers (mit dem Hot Priest aus Fleabag und Paul Mescal aus Aftersun und Normal People), American Fiction oder The Zone of Interest (nochmal Sandra Hüller). Die deutsche Schauspielerin hat somit gute Chance in zwei Oscar-Kategorien nominiert zu werden (beste Haupt- bzw. Nebendarstellerin).

Frühstücken…

Zum Jahresende noch schnell mal ein Frühstückspost, und gleichzeitig vielleicht das beste heuer neuentdeckte Frühstück. Und zwar im Cafe Cottage (unbezahlte Werbung) Versucht nicht, es auszusprechen, es ist auf alle Fälle falsch. Vorne gibt es allerdings ein Schild, das da behilflich ist, ich glaube es stand Kotäääsch.

Es befindet sich im tiefsten 19., ich hab mich alleine gar nicht reingetraut, weil das ist echt nicht mein Klientel, ich bin aus Favoriten hearst! Das Frühstück war traumhaft, habe mich mal für etwas anderes als Egg Benedict entschieden, sondern für “Das Entspannte.” Es war wirklich sehr entspannt:

Beinschinken, Brie, Ei im Glas, Müsli mit Früchten, Marmelade, Orangensaft, mhmmm.

P. und ich hatten dauernd das Gefühl, wir wären von Promis umgeben. Es war auch bummvoll. P so: “Bitte müssen die alle nichts arbeiten an einem Mittwoch?” Harhar.

In der Nähe findet sich eine kleine architektonische Kostbarkeit, die Zacherlfabrik:

Zacherlfabrik, am 13. Dezember 2023

Saltburn

Schon vor vielen Wochen habe ich über einen Film gelesen, den die Nerds ganz aufgeregt erwarteten. Eine Amazon Prime Produktion, die auch genau dort gestern veröffentlicht wurde, obwohl es eigentlich ein Film für die große Leinwand ist, die Rede ist von Saltburn, von Regisseurin Emerald Fennell, die erst vor drei Jahren mit Promising Young Women (den ich leider noch nicht gesehen habe) ihren Durchbruch gefeiert hat.

Einen so abgefahrenen, merkwürdigen, skurillen und überraschenden, den Sehererwartungen zuwiderlaufenden Film habe ich wirklich schon lange nicht mehr gesehen. Im Mittelpunkt der Handlung steht der unsichere Oliver (Barry Keoghan), der frisch auf die Uni kommt und sofort ein Außenseiter ist. Schnell bekommt Felix Catton (Jacob Elordi) seine ganze Aufmerksamkeit – ein ungeheuer populärer Aristokrat, der aber auch besonders -und das ganz authentisch- warmherzig ist. Oliver tut alles, um sich mit Felix anzufreunden und verbringt schließlich den Sommer auf dem Landsitz der Familie Catton, einem Anwesen namens Saltburn.

Über die Handlung kann man nicht allzuviel erzählen, ohne Wichtiges zu verraten. Aber es ist ungeheuer spannend, sich wie Oliver erstmals auf dem riesigen Anwesen und dem bizarren Schloss der Cattons wiederzufinden. Als Zuseher versucht man zu verstehen, was das “Mindset” der Familie ist. Einerseits sind sie extrem steif, zum Dinner muss täglich Smoking getragen werden, auf Tischmanieren wird großen Wert gelegt, auf der anderen Seiten wirken sie etwas einfältig und scheinen nicht einmal mit der Geografie ihres Landes genauer vertraut zu sein; sie geben feine Partys mit Dresscode (Black Tie), singen aber dann Karaoke zu den Pet Shop Boys.

Und genauso überraschend sind die Dialoge, die manchmal ganz erstaunliche Wendungen nehmen, ein kleines Beispiel (das nicht zur Haupthandlung gehört). Oliver fragt seine Tischdame: “Haben Sie Kinder?”, diese entgegnet “Ja zwei. Ach nein drei. Sie sind auf dem Internat, was günstig ist, weil man sie da selten sehen muss.” Der Film bewegt sich von what-the-fuck Dialog zum nächsten what-the-fuck Dialog und die Szenen entwickeln sich so ganz anders als man das erwarten würde. Aber das ist natürlich auch das reizvolle daran.

Barry Keoghan sehe ich schon das zweite Mal in diesem Jahr. Er spielte in The Banshees of Inisherin einen geistig zurückgebliebenen jungen Mann so überzeugend, dass ich mich gefragt habe, ob er vielleicht selbst auch…sorry! Und hier spielt er zwar eine ganz andere, aber wieder extrem arg-eigenartige Figur, sodass ich mich langsam frage, wie er denn privat so ist. Harhar. Auch die anderen Darsteller sind sehr glaubwürdig in ihren teilweise sehr herausfordernden Rollen, man kann kaum jemand speziell herausheben.

Manche Bilder dieses extrem ästhetischen in Szene gesetzten Filmes werden einem noch länger in Erinnerung bleiben und auch zum Nachdenken bringen. Eines sieht für mich so aus, als handele es sich um ein Porträt von Kaiser Nero, der gerade dabei zusieht, wie Rom verbrennt. Andere Einstellungen sind so Zeitgeist-poppig, dass sie mich an Fotos von Damiano David, dem Sänger von Maneskin erinnern, die er von sich selbst auf Instagram postet. Eine originelle Mischung.

Hier der Trailer, der auch nicht spoilert, aber etwas vom Flair widerspiegelt (ja, es ist auch gruselig, aber es ist kein Genrefilm, keine Angst):