Diese Woche habe ich nicht nur Kindheitserinnerungen aufgefrischt, ich habe auch problemlos auf der Gartenliege eingeschlafen, während die Jugendlichen die Boom Box in Betrieb hatten.
Diese Woche habe ich ein Eichkatzerl verfolgt, dass sich dann regungslos so vor mir “versteckt” hat und dabei eine farbliche Symbiose mit seinem Fluchtweg eingegangen ist:
Ich wollte ihm eh nichts tun, ich wollte nur ein Foto machen.
Diese Woche gabs ein Garten-Geburtstagsfrühstück mit M und sie hat mir einen guten Rat gegeben. Dabei war es doch ihr Geburtstag. Harhar.
Diese Woche habe ich mit meiner Mutter ihre Lieblings-Schlossbesichtungs-Sendung geschaut, Herrschaftszeiten heißt die, und ich habe mir gedacht, schon arg, wie man eh immer an jemanden denkt und dann erinnert einen der Zufall noch einmal extra.
Zu Coldplay kann ich mehr sagen als zu Taylor Swift, weil ich tatsächlich ein früher Fan war, so bis zum Album X&Y von 2005. Danach habe ich die Band nur noch oberflächlich verfolgt.
In der Harald Schmidt Newsgroup, wo ich vorm Web 2.0 viel unterwegs war, wurde Clocks (Coldplay war mal in der Harald Schmidt Show) als “Klavieretüdenmüll” bezeichnet, was witzig und auch irgendwie nachvollziehbar war, dennoch war das mein erstes Lieblingslied der Band und ich mag es immer noch sehr gern. Ich habe die Zeile: “Am I a part of the cure or am I a part of the disease?” meiner Doktorarbeit vorangestellt. Böse Zungen behaupten, das wäre die geistreichste Frage der ganzen Arbeit gewesen, harhar. Nein, das hab ich jetzt erfunden, aber es ist eine geniale Zeile, weil so viel drinnensteckt – Psychosomatik, Krankheitsgewinn, Selbstreflexion.
Um die Psyche ging es auch in dem Song What If, dessen Text für mich verfasst zu sein schien, zumindest die Zeile: “Every step that you take, could be your biggest mistake.” Es gab echt eine Phase in meinem Leben, da habe ich mich dabei total angesprochen gefühlt, da war ich so voller Angstzustände, dass ich dachte, wenn ich so weitermache, kann ich irgendwann die Wohnung nicht mehr verlassen und seitdem – na ja, kämpfe ich dagegen an, ist zu viel gesagt, nach einer Therapie vor etlichen Jahren muss ich da nicht mehr kämpfen, mittlerweile lodert die Angst nicht mal mehr, sie ist höchstens noch ein Glutnest irgendwo und das finde ich sehr angenehm.
Sehr gern habe ich den Song A Message, weil er so klein und bescheiden und eigentlich komplett unspektakulär ist. Und ich mag, was Coldplay da mit den Lyrics macht, denn da heißt es: “And I’m not gonna take it back. And I’m not gonna say I don’t mean that” und bei solchen Sätzen geht man ja davon aus, dass jemand irgendwie ungut oder übergriffig oder verletztend war, aber darauf besteht, nichts vom Gesagten zurückzunehmen. Tatsächlich geht es hier aber darum, dass jemand einem anderen irgendeine Form von Liebe und Hochachtung gesteht und davon genau nichts zurücknehmen wird. Diese komplette Umdrehung der Erwartungshaltung finde ich interessant und reizvoll.
Heute wollte ich was zu Coldplay schreiben, jetzt schreibe ich aber zuerst etwas, das indirekt dazu passt. Denn Coldplay – bzw. ihr Konzert in Wien – hat mir heute ein sehr schönes Treffen ermöglicht.
K., die Freundin aus “meinem” Kärntner Dorf, das Nachbarsmädchen dort damals, war nämlich deshalb in Wien. Ich kenne seit sie ein Baby war (ich war damals vier). Wir haben uns jetzt aber schon viele Jahre nicht mehr gesehen. Sie war mit ihrem Mann hier, der einer meiner Chefs ist (keine weiteren Details, wegen Anonymität harhar). Wir haben drei Stunden unter schattigen Bäumen bei Kaffee und Co. über “unser” Dorf geredet, über Filme, gemeinsame Bekannte, Kindheitserlebnisse, wieder Filme, harhar.
Irgendwann haben wir dann auch über meine Großeltern gesprochen, weil ich ja immer sieben Wochen im Sommer mit ihnen im Rosental war, da meinte K.: “Die waren immer sehr nett, der Opa war so lustig.”
Das fand ich richtig schön, dass sie das gesagt hat, dass es Leute gibt, die sich noch an sie erinnern, obwohl sie jetzt schon 25 Jahre nicht mehr leben.
Schön ist es jetzt, ich glaube, das ist gerade überhaupt meine Lieblingszeit im Jahr. Die Tage werden oft noch sehr warm, aber die Aussicht, dass der Sommer bald vorbei ist, macht ihn noch einmal viel kostbarer als wenn er endlos lange vor einem liegt, wie am Beginn der Sommerferien. Wo der Sommer einen fast überfordert und man noch so viel falsch machen kann.
Diese gewisse Form der Vergänglichkeit, wie wenn die Sonne bald untergeht, der Zug gleich abfährt, der Kellner die Sperrstunde ankündigt, wenn alle aufbrechen, das Nutzen der kurzen, noch verbleibenden Zeit, im Aufbruch, beim Weggehen, winkend, die Türe öffnend.
Dieser Sommer war nicht wie letzte, nächstes Jahr wird es nicht mehr so wie heuer sein. Immer ist alles ein bisschen anders. Vor 17 Jahre kündigte sich eine furchtbare Zeit meines Lebens an. Vor sieben Jahren eine wunderschöne. So ist das.
Ich glaube, das Metrokino hat meinen Blog gelesen! Zwar gibt es keine Fellini Retrospektive im engeren Sinn, aber es gibt dafür Marcello Magnifico – 100 Jahre Mastroianni. Eine Filmschau von 9. September bis 16. Oktober, die im Nonstop-Kinoabo enthalten ist, anlässlich des 100. Geburtstags des italienischen Schauspielers am 28. September. Unbezahlte Werbung, ich bin wirklich so begeistert.
Diese Retrospektive beinhaltet auch drei Fellini Filme, nämlich 8 1/2 (Hurra!), La Dolce Vita und Ginger und Fred, ein wohl sehr melancholisches Fellini-Spätwerk mit Fellinis Ehefrau Giulietta Masina, das ich aber auch noch nicht gesehen habe. Außerdem die Trennungserzählung La Notte von Michelangelo Antonino, Divorzio All Italiana (Scheidung auf Italienisch), wohl auch eine Trennungserzählung, dann u.a. noch Lo Straniero von Visconti und eine filmische 194 Minuten (!) lange Autobiografie Mastroiannis, namens Mi Ricordo, Si, Io Mi Ricordo (wir erinnern uns harhar, das heißt: “Ich erinnere mich”). Über drei Stunden ist zwar echt lang, aber interessant wäre es sicher, der Film wurde von Mastroiannis langjähriger Lebensgefährtin gestaltet.
Mastroianni gehört ja zu den Menschen, die alle paar Jahre völlig anders aussahen finde ich, aber in der Phase, als er gerade 8 1/2 drehte, nicht mehr jung, mit dieser Nerdbrille und den grauen Haare, da finde ich ihn attraktiver als die allermeisten anderen “Schauspielstars”, die einem da so einfallen mögen, weil er da sowas geheimnisvolles, subversives an sich hatte. Und, was ich gar nicht wusste, er hält den Record für Oscarnominierungen als bester Schauspieler, der in einer Fremsprache spricht, nämlich drei.
Letztens wollte das Kind mit seinem Scooter vom Garten in die Wohnung zurückzufahren, hat sich dann aber doch entschlossen, irgendwann in meinen Bus zuzusteigen, um bis Bahnhof Floridsdorf Öffis zu fahren.
Kind steigt also ein, erste Frage: Hast du was zu trinken?
Ich: Du, ich freu mich sehr, wenn du mit mir fahrst, aber bitte nicht “Ich hab Durst, ich hab Hunger, ich muss aufs Klo, wie lange dauert es noch?” (lacht)
Kind: Der Moment, in dem man die Einzige ist, die lacht.
Auf dem Foto sieht es eher aus als hätte ich eine Stadionbeleuchtung installiert, so hell ist es in Wirklichkeit gar nicht. Aber das Kind war nicht da, der hätte ein neues Handy (selbst verdient), das sehr fancy Fotos macht. Meines geht aber zumindest als Kunstfoto durch.
Jedenfalls wars ein lauer Abend alleine. Keine Sternschnuppen mehr, aber immer noch, immer wieder besondere Erinnerungen und Gedanken.
Apropos alltagstaugliche Filmzitate: Eines der berühmtesten Filmzitate überhaupt ist vielleicht das aus Der weiße Hai, wo sich drei Männer per Boot auf die Jagd nach eben diesem Hai machen und als der Polizeibeamte den Hai das erste Mal entdeckt (eine tolle Szene, denn wir Zuseher sehen den Hai nicht, wer sehen nur seinen Blick) sagt er paralysiert-lakonisch zum Kapitän: “Sie werden ein größeres Boot brauchen.” Aber dieses Zitat kann man im Alltag ja eher schwer anwenden.
Es gibt allerdings noch ein paar Filmzitate, die in meinen persönlichen Sprachgebrauch übergegangen sind. Von Fight Club könnte man ja quasi jeden zweiten Satz übernehmen. Ein Film als Ettikettenschwindel, ums Kämpfen geht es ja nur peripher, vielmehr sind die Mono- und Dialoge über das Leben an sich brilliant.
Im Film treffen sich der Erzähler (Edward Norton) und Tyler Durden (Brad Pitt) im Flugzeug, reden miteinander und dann sagt der Erzähler zu Tyler, dieser sei wohl der interessanteste “portionierte Freund”, den er je gehabt hat. Tyler versteht nicht ganz und so erklärt ihm der Erzähler stolz seine Theorie, dass beim Reisen ja alles portioniert ist, die Seife, die Butter, das Cordon Bleu etc. Daraufhin fragt Tyler: “Funktioniert das gut für dich, so clever zu sein?” Der Erzähler antwortet: “Ja, sehr gut” Tyler: “Sehr schön, dann bleib dabei.” Super für den Alltagsgebrauch.
Auch gut, die Szene in Harry und Sally, als die beiden sich einige Jahre nach ihrem ersten Zusammentreffen wiedersehen. Harry sagt Sally, dass er sie bei ihrer ersten Begegnung gar nicht mochte. Sie wäre so verbissen gewesen und nun sei sie viel sanfter. Daraufhin sagt Sally, dass sie solche Kommentare hassen würde: “Es klingt wie ein Kompliment, aber in Wahrheit ist es eine Beleidigung.” Habe ich schon sehr oft verwendet.
Und schließlich der Satz, den Julia Roberts in Pretty Woman zu Richard Gere sagt, als er sie vom Hollywood Boulevard aufliest und mit ihr nach Beverly Hills fährt, aber mit der Schaltung des ausgeborgten Lotus nicht zurechtkommt: “Schönen Gruß vom Getriebe, der Gang ist drinnen.” Hab ich mir selbst oft gedacht, als ich noch Auto gefahren bin harhar.
Letztens habe ich auch High Fidelity von Regisseur Stephen Frears wiedergesehen, das war für mich ein persönlicher Kultfilm im Jahr 2000.
Ich habe damals das Buch von Nick Hornby gelesen und das ist eine der Verfilmungen, die der Romanvorlage tatsächlich gerecht werden, obwohl mindestens zwei Dinge dagegen sprechen. Zum einen wurde die Handlung von London nach Chicago (!) verlegt (und das obwohl der Regisseur selbst aus Großbritannien stammt) und obwohl Cusack permanent die vierte Wand bricht und das Publikum direkt anspricht, was auch sehr leicht schiefgehen kann, denn normalerweise sagt man bei Filmen: Nicht erklären, zeigen. Aber High Fidelity ist eben ein Roman der quasi ein langer innerer Monolog ist und das setzt der Film erstaunlich gut um.
John Cusack spielt Rob Gordon, einen Mann Anfang 30, der ein Plattengeschäft besitzt und Musik über alles liebt. Aktuell hört er aber wieder einmal traurige Songs, weil er – auch wieder einmal – verlassen wurde. Er fragt dabei: “What came first, the music or the misery? Did I listen to pop music because I was miserable or was I miserable because I listened to pop music?” Diesmal hat sich Laura (Iben Hjlje) von ihm getrennt und weil ihn das mehr schmerzt als er zugeben will, denkt er über seine “Top 5-Trennungen” nach – so wie er sonst über seine “Top 5 Songs für einen Montagmorgen” nachdenkt, und versucht herauszufinden, wieso ihm keine langfristige Beziehung gelingen will….
Obwohl das eher deprimierend klingt, ist High Fidelity eine Komödie und zwar eine ziemlich lustige. Rob hat nämlich zwei Angestellte, den introvertrierten Dick (Todd Louiso) und Jack Black – als Barry – also das komplette Gegenteil. Die Streitgespräche im Laden sind super, so gut, dass ich eine Redewendung sogar in meinem allgemeinen Sprachgebrauch übernommen habe. Sie sprechen da über einen Song, den zwei Bands gecovert haben, Dick präferiert ein anderes Cover als Barry, Barry goutiert das überhaupt nicht und als Rob vermittelnd eingreift, sagt Barry den Satz: “Since when did this shop became a fascist regime?” – In der Synchro: “Seit wann ist hier der Faschismus ausgebrochen”. Der Satz ist wirklich vielseitig einsetzbar, ich verwende ihn regelmäßig, harhar
Sehr witzig ist auch, als Rob seine Ex-Freundin Charlie (Catherine Zeta-Jones) besucht, die für ihn immer eine Liga über ihm selbst gestanden hat. Zeta-Jones ist da absolut brilliant gecastet, weil sie so eine Aura hat, die genau das vermittelt. Bob hat sie für ihre Klugheit, ihren Witz, ihre Souverenität immer bewundert. Als er sie dann gut zehn Jahre später wiedersieht merkt er, dass sie eigentlich nur oberflächlich und egozentrisch ist. Und so lernt Rob durch sehr viel Selbstreflexion, was eine Beziehung tatsächlich ausmacht und was nicht.
Am Ende des Filmes performt Barry zur Überraschung von Rob, der in ihm nie einen erfolgreichen Musiker gesehen hat (während wir im Jahr 2024 natürlich alle wissen, dass Black super singt) Let’s get it on von Marvin Gaye. Genau an solchen leichtfüßigen, aber doch intelligenten Komödien, die in den 90er und 2000er Jahren noch fast am Fließband produziert wurden, mangelt es dem Kino in der Gegenwart sehr.
Gestern wurde bekanntgegeben, dass die Ermittlungen gegen Joost Klein, der mit Europapa beim ESC für die Niederlande angetreten wäre, eingestellt worden sind.
Es gab ja Vorwürfe, er hätte beim ESC eine “angsteinflößende Bewegung” gegenüber einer Kamerafrau gemacht und die Polizei wurde eingeschaltet. In Malmö hat das ein absolutes Chaos im eh schon mehr als chaotischen diesjährigen Songcontest ausgelöst. Die EBU hat ewig lange überlegt was sie machen soll, der ganze Zeitplan wurde über den Haufen geworfen, mit einem Wort: alles war Orsch und letztendlich wurde Klein, obwohl auf Platz 2 in seinem Semifinale gelandet, disqualifiziert.
Klein gehörte zu den Favoriten auf zumindest eine Top 5 Platzierung – ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn er statt dem Franzosen Vierter geworden wäre (harhar, sorry). Bei den 16-jährigen war Klein jedenfalls irrsinnig beliebt, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, und so löste die Disqualifikation natürlich großen Frust aus. Ich fands irgendwie auch tragisch, wegen der ganzen Backstory von Klein – sein früh verstorbener Vater war ESC-Fan, Klein wollte deshalb immer schon die Niederlande vertreten etcetera. Europapa als Song selbst war reizvoll widersprüchlich: Sehr eingängiger Technopop mit erschütterndem Text.
Vor ein paar Tagen haben das Kind und sein schon seit-der-Volksschule-Freund im Garten laut Europapa gehört als sie in den Pool gesprungen sind. Und dann nochmal beim Pizza essen. Vielleicht tritt Klein ja bald nochmal an. Die Jugend hat er sicher auf seiner Seite.