almis personal blog

Textanalyse

Das Maturajahr nimmt langsam Fahrt auf. Fast jeden Tag gibt es irgendeine Wiederholung oder einen Test. Auch eine Deutschprüfung stand schon auf dem Programm. Deshalb heute aus der Rubrik Klugscheißerei, wenn deine Mutter Germanistin ist.

Die Germanistin: Du erwartest in jedem Text zu lesen, dass alle so glücklich sind wie du, aber das gilt nun eben nicht für jeden. Es gibt auch Menschen, die traurig, wütend oder zumindest unzufrieden sind. In literarischen Texten geht es deshalb nicht darum zu schildern, wie wunderschön die Welt ist. Das ist deine Sicht. Schriftsteller schreiben nicht deswegen, weil sie alles super finden. In literarischen Texten geht es auch nicht darum, dass alles einfach ist. Schriftsteller schreiben, weil in ihnen etwas brennt oder etwas schmerzt, was sie irgendwem mitteilen müssen. Weil sie Dinge nicht verstehen oder andere Menschen, weil sie etwas ändern wollen, weil sie sagen wollen, was nicht stimmt. Deshalb musst du in den Texten genau danach suchen. Am Ende schimmert vielleicht durch, dass es doch auch schön ist ist auf der Welt, trotz allem, oder es schön werden kann, dass vielleicht auch der Schmerz etwas wertvolles ist. Aber davor muss man erst durch etwas durchgehen und manchmal ist das schlimm und traurig und dunkel. Es gibt immer irgendeinen Konflikt oder eine Herausforderung. Dafür werden Texte geschrieben.

Pause.

Kind: Ok.

Harharhar. Aber die Prüfung lief dann super.

Am Konsulat

Heute war ich am italienischen Konsulat. 18 Jahre habe ich Zeit gehabt, eine Bestätigung zu beantragen, die ich bis morgen brauche, perfektes Timing also.

Als ich zum Konsulat fahre, kommen die üblichen Assoziationen und Konnotationen, die ich zu dieser Gegend habe und wahrscheinlich immer haben werde. Sie sind groß und manchmal überwältigend. Sie sind aber auch schön. Ich muss mich zwingen, mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Ich gehe die Ungargasse hinauf, wo die Behörde liegt, als eine Art verwunschener Ort. Wenn man den kleinen Hof betritt, hat man das Gefühl, die Herbstblätter, die da am Boden liegen, gehören gar nicht mehr zu Wien und die Bäume auch nicht. Das Betreten des Gebäudes ist mit einer Art Ritual verbunden und als ich drinnen bin, sage ich “Buon Giorno”, weiß aber gar nicht, ob sich Italiener untereinander tatsächlich so begrüßen oder anders. Mit “Salve” oder so, aber wenn ich “Salve” sagen würde, hätte ich das Gefühl, dass ich das Passwort eines Geheimbundes nenne, zu dem ich nicht gehöre, harhar.

Behördengänge verursachen mir ein gewisses Unwohlsein und ein Gefühl der Unzulänglichkeit. Ich habe immer den Eindruck, ein Dokument vergessen zu haben oder irgendwas nicht rechtzeitig eingereicht. Ich stelle mich prinzipiell auf unangenehme Kreuzverhöre mit anklagenden Fragen ein, und hier kommt noch die andere Sprache dazu, vor lauter Aufregung habe ich das Gefühl, nicht mal mehr zu wissen, was “Dienstag” auf Italienisch heißt. Kafka in a nutshell.

Und dann ist eh alles ganz easy. Ich erinnere mich zwar doch noch daran, was “Staatsbürgerschaftsnachweis” heißt, muss aber nur wenig Italienisch sprechen und alle sind ur lieb und bemüht. Nach einer halben Stunde bin ich fertig und komme mir vor, als hätte ich gerade den Nibelungenschatz gehoben oder so. Na ja, so kommt man auch zu seinen kleinen Alltags-Erfolgserlebnissen.

Ich gehe die Ungargasse wieder hinunter und diesmal lasse alle Gefühle zu. Sie sind groß und überwältigend. Und wirklich schön.

Zum Tag

Das Kind hat seine theoretische Fahrprüfung bestanden. Hurra.

Danach fragte er mich, ob wir gemeinsam Bio anschauen können und zwar die Proteinsynthese. Und ich: Bitte, es hat einen Grund, dass ich nichts naturwissenschaftliches studiert habe. Harhar, na wirklich. Heute habe ich den Eindruck, dass ich Mathematik, wo ich wirklich schlecht war, noch eher verstehe als so etwas wie Physik und Chemie – oder eben auch Bio, wenn es so kompliziert wird mit Genetik und so.

Jedenfalls habe ich mich eingelesen und jetzt kapiere ich zumindest schon, wie die “Codesonne” funktioniert. Und wie man DNA in mRNA “übersetzt”. Nicht, dass ich wüsste wozu ich das können muss, harhar, aber ich kann es zumindest ungefähr nachvollziehen.

Außerdem hab ich mir die Verkündigung des Literaturnobelpreises live angesehen. Ich tue jetzt als Literaturwissenschaftlerin nicht so als hätte ich schon von dem heurigen Preisträger Laszlo Krasznahorkai gehört, denn das habe ich nicht und folglich kann ich zu ihm nichts sagen.

Gestern habe ich aber btw. gehört, dass Karl Ove Knausgård, dessen Buch Träume ich gerade lese, auch zum erweiteren Favoritenkreis zählen würde. Und mein erster Gedanke: Oh Scheiße, dann kann ich mir die restlichen Bücher nicht mehr ausborgen. Die sind dann sicher für Monate in der Bücherei ausgeliehen. Sorry Karl Ove für diese egozentrische Denkweise, aber bis nächstes Jahr bin ich dann fertig damit, harhar.

Wobei ich nicht unbedingt glaube, dass Knausgård eine Chance hätte. Er ist auf eine Art unangepasst, die der Nobelpreis-Jury, denke ich, als das “falsche” unangepasst erscheint.

Soweit mein Donnerstag.

Oktoberwochenende

Das Kind hat das Wochenende auswärts verbracht. Etwas, was wohl nun die Regel werden wird.

Ich gehöre nicht zu den Eltern, die damit ein Problem haben. Ich habe den Samstag gleich mal damit begonnen, ausgiebig zu frühstücken und dann ewig am Sofa zu sitzen und zu lesen. Danach habe ich viele Zitate aus dem Roman Lieben von Karl Ove Knausgård in mein Notizbuch übertragen. Es ist für mich so entspannend und inspirierend, ich fühl mich immer ganz glücklich dabei.

Nachdem sich mein Gesundheitszustand derzeit als “One Hustenanfall after Another” beschreiben lässt, war ich anschließlich aber nicht im Kino oder unter Leuten, sondern nur eine kleine Runde spazieren. Ich habe meinen Langtext weiter überarbeitet. Manchmal geht das so gut, dass ich richtig im Flow bin und dann am besten nicht aufhöre, so lange es anhält. Später habe ich mir asiatische Nudeln und Sushi bestellt und habe mich sehr ruhig (abgesehen vom Husten) und zufrieden gefühlt.

Heute war ich im Garten, ein bisschen herumwerkeln, ein paar Dinge erledigen und das geheizte Haus genießen, das schon herbstlich-gemütlich ist. Danach habe ich, erstmals (!) Witness for the Prosecution gesehen. Von diesen Plottwists könnte selbst M. Night Shyamalan noch etwas lernen, harhar. Am Abend habe ich Suppe gemacht und mit dem Kind über sein Wochenende geplaudert. Und jetzt freue mich auf die nächsten Tage, vor allem auf das Viennale Programm, das endlich verkündet wird. Ich darf mir wieder ein paar Filme für Uncut ansehen, und welche das sein werden ist mir selbst an diesem Punkt noch nicht klar.

Die Woche beende ich mit dem letzten Punkt auf meiner Unfortunatly I Do Love Liste – wie immer.

All is well

Heute hat das Kind Geburtstag und jetzt ist er einfach so erwachsen. Krass!

In der Früh habe ich schon ein Video von der malerischen kroatischen Küste bekommen, wo seine Klasse auf hübschen Felsen sitzt und ihm ein Ständchen singt. Moi, da kommen mir ja gleich die Tränen. Diese Woche ist emotional schon echt herausfordernd.

Ich bin sehr froh, dass es es ihm so gut geht und er das Leben leicht nimmt. Es ist auch so einfach für mich als Mama, das muss ich wirklich sagen. Ich kann tatsächlich gar nichts zu Gesprächen über Pubertätsprobleme und Konflikte beitragen, es ist total unkompliziert mit ihm. Unsere Streitereien drehen sich zu 98 Prozent darum, dass er bitte eine wärmere Jacke anziehen soll oder überhaupt eine Jacke. Das mag daran liegen, dass wir alles andere schon miteinander ausgefochten, als er so zwischen drei und fünf Jahre alt war. Da flog auch mal die Ketchupflasche durch die Küche. Damit keine Missverständnisse aufkommen, ich hab sie geworfen, aus Wut harhar. Natürlich nicht auf ihn, sondern auf die Einrichtung, die ich dann selber wieder putzen musste.

Wir haben es immer lustig, ich mag sein differenziertes Denken, die Gespräche die wir führen. Alles ist gut. Und das werde ich nie als Selbstverständlichkeit empfinden. Nicht zuletzt deswegen, weil heute vor 18 Jahren niemandem zum Feiern zumuten war.

Letzter Sommertag

Gestern um sechs aufgestanden, das Kind verabschiedet – diesmal hielt sich das Mama Gluckenverhalten Gott sei Dank (!) in Grenzen – dann gearbeitet und anschließend recht spät Mittag essen gewesen, und zwar in dem bekannten schwedischen Möbelhaus, das bekannt schwedische Essen, plus Mandeltorte. Unbezahlte Werbung.

Sehr gute Köttbullar mit Püree, Erbsen und Preiselbeeren, Daim Torte

Übrigens sehr lustig, wenn man ein “Schwedenkracherl” dazu nimmt, was free refill von diversen Säften bedeutet, dann ist es ganz egal ob man Holundersaft, Zitrone, Apfel oder whatever nimmt, es ist jedesmal Mineralwasser, harhar. Ok, ich glaube nicht, dass das so gewollt ist, aber gestern wars halt so.

Danach bin ich auf die Dachterasse gefahren. Da diese Woche auch wieder Lektorat meines eigenen Textes angesagt ist, habe ich mir 40 Seiten mitgenommen und oben zwei Stunden daran gearbeitet.

Letztes Mal Rock ohne Strüpfe vermutlich

Wolkenloser Blick, außer ein paar Chemtrails (harhar), in Richtung Mariahilferstraße:

Dann bin ich zwei U6 Stationen zu Fuß gegangen, das hat gut getan. Am Abend habe ich praktisch stundenlang Wer wird Millionär geschaut und dann, gestern natürlich besonders, an jemand gedacht.

Das Kind hat geschrieben, er ist gut angekommen und hat Fotos von Cevapcici geschickt. Man kann vermuten, wo er ist, harhar.

Mein Sonntag

Patrick Modiano schrieb: “Es war ein Nachsommer, bei dem man sich sagt, er würde noch lange dauern. Für immer vielleicht.” Unser Nachsommer dauert nur noch bis Dienstag.

Ich war noch einmal im Pool. Das Hineingehen ist jetzt schon eine Überwindung und danach tun mir stundenlang die Knochen weh. Ich glaube, sowas wie dieses trendige Eisbaden im Winter ist nichts für mich, da erwärme ich mich ja niemals wieder, harhar.

Magisches Septemberlicht im Garten

Außerdem habe ich einige Fotos vom Fisolenfest in meinem Lieblingsdorf bekommen. Ich wundere mich jedes Jahr aufs neue darüber, dass dieses Fest so heißt, weil in den vielen, vielen Jahren, die ich meine Sommer dort verbracht habe, hat nie jemand dieses Gemüse wirklich “Fisolen” genannt, sondern immer “Strankalan”. Aber gut, vielleicht ist das für die Touristen. Bei der Tomobola kann man übrigens als Hauptpreis einen Stier gewinnen. Damit werden Touristen aber weniger Freude haben.

Am Nachmittag haben wir draußen am Laptop Formel 1 laufen gehabt, damit ich mich auch auskenne, wenn das Kind mich danach was dazu fragt. Gefragt hat mich aber meine Mutter etwas, nämlich wo eigentlich Aiserbaidschan genau sei. Ich so: Ja auch irgendwo da unten. Harhar. Aber falsch ist es nicht bitte. Dann haben wir uns länger über die hübsche Architektur der Altstadt von Baku unterhalten, weil sich beim Rennen nicht so viel getan hat.

Auf der Heimfahrt habe ich mir den AwardsWatch Podcast angehört, über frühe Oscar Predictions und ich schwöre 80 Prozent der Zeit ging es nur um den neuen Paul Thomas Anderson Film One Battle After Another und wie gut der nicht sei. Er hat diese Woche in Österreich Premiere hat und ich habe natürlich schon eine Karte reserviert und bin ein bisschen gehypt.

Dann mit dem Kind noch Koffer fertig gepackt, was bei der meeresbiologischen Woche bedeutet: Ein halbes Dutzend Handtücher in den Trolley werfen und schauen, wie viel Platz dann noch ist. Hint: Fast keiner mehr. Harhar.

Und jetzt ein bisschen melancholisch schlafengehen. Morgen ist ein Datum, das mir sehr viel bedeutet.

Reminiszenz

Heute vor 18 Jahren war ein schrecklicher Tag. Er gehört fix, frei nach High Fidelity, zu den fünf schlimmsten Tagen meines ganzen Lebens.

In Schwangerschaftswoche 24 plus fünf Tage kam ich ins Krankenhaus Brixen, wo mir der Arzt sagte, mein Kind würde wohl bald auf die Welt kommen und er sei “an der Grenze zur Lebensfähigkeit”. Ich war in einem solchen Schockzustand, dass ich nicht mal die Lungenreifungsspritze spürte, die man mir gab und meinte, sie wäre sehr schmerzhaft. Ich durfte nicht mehr aufstehen, “für die restliche Schwangerschaft”, wie es hieß. Die “restliche Schwangerschaft” dauerte dann immerhin noch sechs Tage.

Jemand sagte zu mir, ich müsse jetzt stark sein und ich antwortete dann so etwas wie: Das bin ich aber nicht. Ein Pfleger legte mir die Hand auf die Schulter und meinte: “Es wird alles gutgehen. Und wenn nicht, dann schaffen Sie es auch. ” Komischerweise empfinde ich das bis heute als extrem tröstlich.

Ja und dann wurde ich nach Bozen geflogen und alles weitere kann man in meinem Buch nachlesen. Spoiler: Es geht eh gut aus. Harhar.

Obwohl das nur der Anfang einer sehr schwierigen Zeit war, ist mir dieser Tag trotzdem als am ärgsten in Erinnerung, weil die Erschütterung und das nicht-begreifen-wollen so groß war. Weil sich in mir alles dagegen sträubte, zu akzeptieren, dass sich rein gar nichts mehr an dieser absoluten Sch… Situation ändern lässt, dass ich gefangen war, in einem Albtraum aus Hilflosigkeit und Verzweiflung. Oder wie John Lennon es etwas poetischer formulierte: Life is what happens to you while you’re busy making other plans.

Verantwortung

So mal wieder ein leichteres Thema, die Projektwoche des Kindes.

Wir haben von der Schule Informationsblätter bekommen, eine Einpackliste, diverse Verhaltenshinweise, auch wofür die Eltern verantwortlich sind. Nämlich eh für alles. Wenn das Kind “Blödsinn” macht, sind die Eltern dran. Es ist ein bisschen wie bei der Gebrauchsanweisung eines Medikamentes. Nachdem man es gelesen hat, hat man keinen Bock mehr drauf harhar.

Nein, das war ein Witz. Aber ganz ehrlich, in bald 18 Jahren quasi 24/7 Verantwortung in letzter Instanz – auch wenn es nie ein Problem gab – denkt man sich als Elter auch mal, bitte lassts mich in Ruhe, harhar. Ich persönlich gehöre nicht zu den Eltern, die das Erwachsenwerden ihrer Kinder betrauern, weil diese nun dem elterlichen Einflussbereich abhanden kommen und ihre eigenen Entscheidungen treffen sollen und auch werden. Ich stell mir das durchaus auch entlastend für alle Beteiligten vor.

Das Kind wird zur Mitte der Reise volljährig. Ich so zu ihm: Ich sags dir gleich, ab Donnerstag bin ich raus. Harhar.

Spätsommer, vier

Ein kurzes Zwischenresümee zum Buch Ein wenig Leben. Also es ist echt ein Miseryporn, harhar.

Und ich bin ja eher nicht so der Fan von solchen Hiob-artigen Erzählungen, wo geschildert wird, wie orsch alles war und ist und sein wird. Aber der Roman ist einfach so gut geschrieben, dass ich immer weiterlesen muss. Kurz aber, auf Seite 449, wer selbst das Buch hat kann nachschauen, habe ich mir gedacht ok, ich kann nicht mehr, ich muss jetzt aufhören, es ist zu arg. Dieser Entschluss hat etwa fünf Minuten überdauert. Aber natürlich hat die Neugier gesiegt und ich bin mittlerweile auf Seite 690, also quasi eh schon im Endspurt, und ich habe keine Ahnung wie es ausgehen wird, ich gebe mal die Prognose ab, dass es kein happy end wird. Aber ich habe es bisher geschafft, absolut gar nichts dazu zu lesen.

Dann haben das Kind und ich heute bei diversen Nachprüfungen seiner Freunde mitgefiebert. Habe ganz vergessen, wie nervös man da wird. Es ist nicht alles gut ausgegangen, aber das tut es ja nie. Das Kind meinte traurig, jetzt gehe es seinem Freund wie mir. Ich: Das ist aber auch kein Trost. Zumindest nicht unmittelbar. Irgendwann ist es eh wurscht, aber das dauert.

Anschließend war ich mit dem Kind und seiner Freundin im Cafe Monarchie Eis bzw Schokopalatschinken essen. Puh, auch da Erinnerungen. Aber es war schön, da heute im Innenhof zu sitzen. Und es war schön, an damals zu denken….