almis personal blog

GNTM – male

Und dann gibt es wieder andere, die brennen fürs Modeln.

Nein, es hat anders angefangen. Vor ziemlich genau 30 Jahren hat meine Cousine zuhause bei uns am Festnetztelefon angerufen. Ich kann mich noch erinnern, ich war in der Maturaklasse, es war in den Semesterferien und ich habe abgehoben. Sie hat mir daraufhin erzählt, dass ihr Baby auf die Welt gekommen ist. Und schwupps – 30 Jahre später ist das “Baby” Kandidat bei Germany’s Next Topmodell!

Weshalb ich mir jetzt nach circa 15 Jahren die Sendung wieder mal angesehen habe.

Felix S. aus W., damals noch 29 Jahre alt

Gestern waren es zuerst noch 100 Männer, die in die Endauswahl für die Sendung gekommen ist. Naomi Campbell war als Gastjurorin dabei. Ich fand erstaunlich, wie normal sie aussieht, also so un-schönheitsbehandelt oder sehr gut, dezent zumindest. Jedenfalls hat sie zu Felix. S gesagt: “Amazing walk!” Ich glaub, wenn man so ein Lob von Naomi Campbell bekommt, ist es schon mal nicht schlecht. Er ist jetzt auch in der nächsten Runde.

Lustig war, wie Heidi Klum der Campbell erzählt, dass ihre (also Heidis) Mutter auch da sei und Campbell so, ja, sie habe sie eh gesehen. Aber sie, Campbell, sei nicht sicher, ob sich die Mutter noch an sie (Campbell!) erinnern könne. Harhar, na genau, das wirds sein. Aber eh sympathisch, dass sie so reagiert als wäre sie nicht weltberühmt.

Na gut, nächste Woche geht es also weiter.

Un Mondo a Parte

Es war wieder mal Zeit für Kino und diesmal war mir wirklich nach einem Film, der mir ganz viel “fuzzy feeling” mitgibt. Also habe ich mich für Un Mondo a Parte entschieden. Das heißt eigentlich übersetzt “Eine Welt für sich”, aber die Kommission, die die deutschen Verleihtitel festlegt, hat sich für das generische “Willkommen in den Bergen” entschieden. Na ja, von mir aus. Ich habe ihn trotzdem auf Italienisch (mit Untertiteln) gesehen und das ist auch wichtig fürs Lokalkolorit.

Der Film, bei dem Riccardo Milani Regie führte und der der erfolgsreichste in Italien 2024 war, handelt vom Lehrer Michele (Antonio Albanese), der seit 35 Jahren in Rom unterrichtet und die Nase voll von den Schnöseln dort hat. Er will ein einfaches Leben, er will in die Natur und endlich ist es soweit: Er wird in die Abbruzzen versetzt, in ein Volksschule am Ende der Welt, mit sieben Schülern, immer von der Schließung bedroht. Seine Kollegin und Vize-Direktorin Agnese (Virginia Raffaele) macht ihn mit den Gepflogen- und auch den Schwierigkeiten vertraut, die im Bergdorf Rupe auf ihn warten…

SPOILER MÖGLICH !!!

Das ist jetzt natürlich nichts, was man noch nie gesehen hat. Wir kennen sowohl Culture-Clash Plots zuhauf und auch Geschichten von ambitionierten Lehrern, die zu Helden werden. Wenn man sich die Handlung durchliest und das Plakat sieht, kann man sich schon ungefähr vorstellen, was alles passieren wird. Insofern war dieser Film auch ein Risiko, weil mit ein bisschen “Erkenntnisgewinn” will man ja dann doch nach Hause gehen. Und die erfreuliche Nachricht ist, den bietet der Film absolut, denn trotzdem er diese Momente hat, in denen er auf die Knöpfe drückt, die in dieser Konstellation eben gedrückt werden, ist er wirklich sehr witzig, ideologiefrei und erstaunlich differenziert erzählt.

Sehr schön ist beispielsweise mit welcher naiven Euphorie Michele sich auf den Weg macht – und wie sehr er in seinem Auto, im Schnee steckengeblieben, vor den umherstreifenden heulenden Wölfen zittert. Er kann weder einen Ofen anheizen noch hat er das entsprechende Schuhwerk für ein Leben in den Bergen. Nachdem er den Kindern erzählt, sie müssten schon vor dem Frühstück die Welt retten, bekommt er den entsprechenden Gegenwind der Eltern, Marke: “Ach ein Wissenschaftler!” In Rupe hat man nämlich ganz andere Sorgen, vor allem die Perspektivlosigkeit der Jugend und demzufolge Dorfflucht, was die Bevölkerung ständig schrumpfen lässt, ein ewiger Teufelskreis. Aber die Dichotomie wird ohne Gesinnungskampf aufgelöst und zwar so, dass tatsächlich beide Seiten einen Schritt aufeinanderzumachen.

Wenn sich Menschen in Rupe begegnen, stoßen sie einen undefinierbaren Laut aus. Michele fragt einmal, was das für ein Geräusch sei und ihm wird erklärt, das wäre ein Gruß. Bald darauf geht er auch so Dorf, ein “Bo” hier, ein “Bo” dort; er ist angekommen. Meine Lieblingsszene ist aber die, wo die Kinder Michele erklären, wie die “Cesidio” Schule zu ihrem Namen gekommen ist. Den trug nämlich ein (natürlich sonstwo komplett unbekannter) Hirtenpoet, aber die Kinder wissen alles von ihm und wechseln sich problemlos mit der Weitergabe von Informationen über ihn ab. Michele meint dann in der Pause zu Agnese: “In Rom war ich an der Alberto Moravio Schule und kein einziges Kind und niemand von den Eltern wusste wer Alberto Moravia war.” Harhar. Regisseur Milani ist selbst Römer.

Was ich nicht auf meiner Bingokarte hatte: Es kommt der ESC Song Not the same – der Beitrag aus Australien (!) 2022 in einer Coverversion vor. Warum gerade dieser, keine Ahnung. Vielleicht ist Milani ein Songcontest Fan? Jedenfalls ist Un Mondo a Parte ein sehr gut gespielter, amüsanter, feelgood Film, der einem das Gefühl gibt, dass die Welt trotz widriger Umstände, hin und wieder, da und dort, doch auch in Ordnung ist. Und das kommt einem manchmal gerade recht.

San Remo 3

Jetzt habe natürlich nicht nur ich alleine festgestellt, dass Simone Christicchis Song nicht so ESC “tauglich” ist, das wurde auch auf Social Media diskutiert. Wobei das bei Italien eher egal ist, weil auch Lieder, die anscheinend nicht “hinpassen”, gut ankommen. 1992 hat Italien nach seinem Sieg im Vorjahr Peppino di Capri geschickt, der einen ur sperrigen Song im neapolitanischen Dialekt gesungen hat, nur, damit sie nicht wieder gewinnen und der wurde auch 7. harhar.

Bei Christicci hat jemand aber dann den guten Einwand gebracht: Er muss ja gar nicht hinfahren. Dieses Jahr mussten die Künstler schon vor dem Wettbewerb in einer Erklärung festlegen, ob sie im Falle eines Sieges zum ESC fahren möchten oder nicht. Weiters wurde bekannt, dass Simone Christicci gesagt hat, dass er im letzten Jahr – als Amadeus das Festival leitete und moderierte – abgelehnt wurde, rückblickend betrachtet, sich, laut eigener Aussage, aber eh unwohl gefühlt hätte. Carlo Conti, der dieses Jahr verantwortlich ist, hat tatsächlich einen anderen Stil, konservativer und gediegener kommt mir vor. Amadeus war sehr “divers”.

Wobei Sidestep, Amadeus hatte 2022 die Kunstfigur Drusilla zu Gast, und die meinte, sie wäre kein Fan vom Wort divers bzw. “diversità”. Weil das nämlich so ein trennendes Wort sei, das den Fokus darauf legt, wie anders jemand wäre. Ihr gefalle das Wort “unicità” besser, das “Einzigartigkeit” bedeutet. Jeder ist einzigartig, aber das wäre nicht so voneinander abgrenzend. Ich finde, die Argumentation hat schon was.

Naja, jedenfalls haben dann einige geschrieben, wenn Christicci sich schon bei Amadeus unwohl fühlt, seine Verletzlichkeit auf der Bühne zu zeigen, wie fühlt er sich dann beim Songcontest? Auch eine berechtigte Frage. Es könnte jedenfalls heute Abend (bzw. eher morgen Früh) spannend werden, falls Christicci tatsächlich gewinnen sollte und aber nicht zum ESC will. Das gabs schon länger nicht. Wer jedenfalls gar nicht abgeneigt wäre statt ihm zu fahren, ist definitiv Achille Lauro. Harhar. Wir werden sehen. Vielleicht gewinnt ja jemand ganz anderer.

Maria

Wenn ich etwas von Angelina Jolie lese, muss ich immer an Chris Rock denken. Chris Rock hat einmal für die Oscars eine Umfrage vor einem “schwarzen” Kino in Compton, einem Vorort von L.A. gemacht. Und da hat er die Leute, die aus dem Kino kamen, diverse Dinge gefragt. Unter anderem eine junge Frau: “What is your favorite white movie of the year?” Und sie antwortete: “By the Sea with Brad Pitt and Angelina Jolie.” Chris Rock daraufhin: “Wow! Not even they would say that” harhar, fand ich so witzig damals, weil er so verblüfft über die Antwort war. By the Sea war der letzte gemeinsamer Pitt/Jolie-Film vor der Trennung, es ging da auch um eine arge Beziehung und er war weder gut besucht noch gut besprochen.

Ich bin ja jetzt nicht immer restlos überzeugt von Angelina Jolie, aber bei Maria verhält es sich umgekehrt zu vielen anderen Trailern – dieser Trailer hat mich, trotz Jolie und oft auch einer gewissen Biopic Skepsis – neugierig auf den Film gemacht. Maria ist der letzte Film der “Frauen-Trilogie” vom chilenischen Regisseur Pablo Larraín. Zuvor hatte er mit Jackie und Spencer ebenfalls zwei weibliche quasi “Larger than life”-Persönlichkeiten porträtiert. Hier geht es (natürlich) um Maria Callas, genauer gesagt, um die letzten Lebenstage im September 1972 in Paris…

WIE IMMER SPOILER MÖGLICH!

Zunächst mal: Ich kenne Maria Callas als Person nur recht oberflächlich – im Gegensatz zum Beispiel zu Diana, die ja Leute meiner Generation quasi permanent miterlebt haben. Aber ich finde Jolies Darstellung an sich zumindest für mich sehr authentisch und hat mich einfach “mitgenommen”. Und es kann ja bei einer Persönlichkeit wie dieser eh immer nur eine gewisse Annährung sein. Larraín geht es auch, meines Erachtens, viel weniger um Imitation, als um das Aufzeigen von gewissen Strukturen, Stimmungen, auch um das Künstlersein an sich. Und ich finde seinen Ansatz sehr kreativ, auch sehr zurückgenommen und “Indie”. Denn auch wenn Callas die größte Sängerin war, Larraín geht es nicht darum, den plakativsten Film zu drehen, sondern vielleicht den kleinsten und intimsten.

Natürlich sehen wir die Callas auf der Bühne stehen und singen- in Erinnerungen. Aber die meiste Zeit erleben wir sie mit ihrem Diener Ferrucio (Pierfancesco Favino) und dem Hausmädchen Bruna (eben Alba Rohrwacher), die wie Freunde sind, oder wie Callas sagt: “Bruna is my mother and my sister and my daughter and my maid. Ferruccio is my father and my son and my brother and my butler. It is a terribly crowded apartment!” Solche überraschenden, interessanten Beobachtungen äußert Callas hier oft. Sie sagt Dinge wie: “There is no reason for opera” und “There is no life away from the stage”. Was auch schon die Situation erklärt, in der sie mit erst 53 Jahren eben gerade ist. Wir sehen ihren Alltag mit den Hunden und den Spaziergängen, auch den (verhassten) Arztbesuchen und den Versuchen, mit einem Dirigenten wieder an ihre frühere stimmliche Leistungsfähigkeit anzuknüpfen.

Außerdem gibt es einen Film im Film: Ein Journalist kommt mit einem Kameramann vorbei und stellt Callas viele Fragen; es scheint ihr Spaß zu machen, diese zu beantworten, obwohl sie sich reserviert gibt. Der Journalist (Kodi Smit-McPhee) heißt Mandrax – der Name eines ihre starken Medikamente. Da kommen dann schon enorme Zweifel auf, wie real dieser Charakter tatsächlich ist. Überhaupt vermischt sehr oft Phantasie und “Realität”. Die schönste diesbezügliche Szene war für mich die, wo die Callas vor einem alten Pariser Palais steht und plötzlich kommen lauter Japanerinnen mit kleinen Schirmchen und es regnet und sie singen gemeinsam etwas aus Madame Butterfly. Diese Szene ist für mich die reine filmische Poesie.

Einmal besucht Maria ihren ehemaligen Geliebten Aristoteles Onassis am Krankenbett und weicht einer Konfronation mit dessen Frau Jackie Kennedy aus – hier wäre ein kurzer Cameo von Natalie Portman sehr witzig gewesen. Aber um Witz geht es hier natürlich nicht. Ich habe jetzt aber große Lust, mir die anderen beiden Filme auch anzusehen.

Die Fotos des Regisseurs mit seinen Hauptdarstellerinnen finde ich sehr süß:

La Chimera

Wenn ich jemandem früher von einem Film erzählt habe, dann hat er immer gefragt, wer Regie geführt hat. Das fand ich so spannend, weil die allermeisten Leute sonst fragen nach den Schauspielern. Aber so waren unsere Gespräche immer, anders als andere, wunderbare Gespräche für mich, weil sie mir ganz andere Perspektiven gezeigt haben.

Bei La Chimera jedenfalls ist Alice Rohrwacher die Regisseurin. Ich denke, ihr Schwester Alba ist ein bisschen bekannter, durch viele sehr interessante Rollen in diversen (auch etwas größeren) Indie-Produktionen, aktuell gerade in Maria. Alice war vor La Chimera vielleicht noch ein bisschen unter dem Radar.

Jedenfalls geht es in La Chimera um Arthur (eben Josh O’Connor), einen Engländer, der nach einem Gefängnisaufenthalt wegen Grabraubs wieder zurück in der italienischen Provinz der 1980er Jahre ist. Er hat die magische Gabe, Kunstschätze unter der Erde orten zu können. Seine ehemaligen Komplizen wollen ihn zu weiteren Taten anstiften, weil sie ihn als “Kopf” der Bande brauchen, um die Stücke an den Kunstsammler Spartaco verkaufen zu können. Arthur will aber vor allem Flora (Isabella Rossellini) wiedersehen, die Mutter seiner verschwundenen Geliebten Beniamina….

VORSICHT SPOILER MÖGLICH!!!

Während es der Bande der “tombaroli” um das Erwirtschaften ihres Lebensunterhaltes geht, hat Arthur andere Ziele. Er lebt in einer Bruchbude ohne jeglichen Komfort und Heizung, er hat quasi nur einen Anzug, materieller Besitz scheint ihn nicht zu interessieren. Er ist traurig, er lächelt fast nie (während O’Connor in Challengers dauergerinst hat) Ihm geht es tatsächlich um die Kunst selbst und auch darum, etwas nachzujagen, was einem immer wieder entgleitet. Dieses Motiv korrespondiert mit der Suche nach seiner Geliebten, die dieselben Voraussetzungen erfüllt. Die Geliebte taucht in seinen Träumen auf, er will sie erwischen, aber beim Erwachen ist und bleibt sie verschwunden. La Chimera sagt ja genau das aus, es ist ein “Hirngespinst.”

Auch sonst geht es in dem Film viel um Sprache und Doppeldeutigkeiten. Arthur besucht mit Flora und deren Helferin Italia (Carol Duarte) einen verlassenen Bahnhof in der Nähe und Flora sagt dann: “Questa stazione non appartiene a nessuno“, also dieser Bahnhof gehört niemandem. Worauf die unterstandslose Italia sich Hoffnungen macht, vielleicht selbst hier Unterschlupf zu finden. Flora weist sie daraufhin schroff zurecht: “Questa stazione appartiene a tutti” Der Bahnhof gehört allen. Worauf sich Italia fragt ja was nun allen oder niemanden? Jedenfalls kann er niemals ihr alleine gehören, ist die Schlussfolgerung.

Ein anderes Mal bei einer Kunstauktion wendet sich Spartaco (Alba Rohrwacher) an die Bieter und meint: “It is of inestimable value. We are going to estimate the inestimable” Eine klassische contradictio in se könnte man meinen. Schön ist aber auch, wenn Arthur im Italienischen Fehler macht, die ich persönlich auch ganz genau so gemacht hätte. Einmal hält er zum Beispiel ein neues T-Shirt hoch und fragt Italias Tochter, ob er sich dieses anziehen soll. Er fragt: “Questo?” Und sie bessert ihn aus: “Questa!”. Hätte ich hundertprozentig auch gesagt! Harhar. Aber immerhin verstehe ich das Italienisch, das in diesem Film gesprochen wird halbwegs, es ist nicht so sehr mit Dialekt durchzogen.

Es sind ganz viele Dinge wunderbar in La Chimera. Der Zauber vor allem, die dieser Film vermittelt, auch wenn es ein schmutziges, kaltes, und recht abweisendes Italien zeigt, in dem schmutzige und oft schroffe Menschen leben. Einige Szenen wirken so, als hätte Federico Fellini sie gedreht. La Chimera vermittelt eine Art von magischem Realismus, mit gewissen künstlerischen Kniffen, die diesen Film so schön tragisch-komisch machen. Etwa wenn Arthur mit seiner Wünschelrute durch die Gegend wandert und plötzlich alles in dreifacher Geschwindigkeit abgespielt wird, als wäre Arthur der Road Runner. Oder wie Spartaco und die Diebesbande miteinander streiten und es wird so dargestellt, als wären sie Hunde und Katzen, die sich gegenseitig anbellen und anfauchen. Eigenartig und trotzdem irgendwie faszinierend. Und natürlich auch der seltsame Fluch, mit dem Italia Arthur und die anderen belegt, als sie merkt, dass sie “von den Toten stehlen”. Hier steht dann die Frage der Moral kurz im Fokus der Gedanken, vor allem unter dem Blickwinkel, dass Beniamina vermutlich auch bereits tot ist.

Kann das alles ein gutes Ende finden? Ist Arthur dazu überhaupt bereit, wenn ein Happy End in dieser, seiner Welt, doch jedenfalls ohne Beniamina stattfinden muss? Will er die Schimäre gegen die Realität eintauschen? Ansehen und genießen.

Josh O’Connor

Der Film von letzter Woche, der mich verändert hat, war übrigens La Chimera von der italienischen Regisseurin Alice Rohrwacher. Im Film wird auch fast ausschließlich italienisch gesprochen. Er läuft aktuell nicht in den Kinos, es gibt aber immer wieder Spezialvorführungen im Stadtkino. Bevor ich mehr dazu schreibe, muss ich etwas ausholen.

Als der Film voriges Jahr tatsächlich lief, habe ich ihn mir nicht angeschaut. Ich habe nämlich die Inhaltsangabe gelesen und wusste danach auch nicht mehr. Dann habe ich den Trailer gesehen – immer noch hatte ich kein Gefühl für diesen Film. Wieder die Inhaltsangabe gelesen, irgendwie wurde ich nicht warm damit, und vergaß ihn ein bisschen. Einige Zeit später sah ich aber Challengers vom (ebenfalls italienischen) Regisseur Luca Guadagnino, eine Dreiecksgeschichte im Tennismilieu. Das war der Film, wo mir im Votivkino von einer Zuschauerin, die aus der Vorstellung davor kam, gesagt wurde, ich könne mich schon freuen und sie hatte recht, ich war total begeistert.

Vor allem begeistert war ich von Josh O’Connor. Er war der Strizzi in der Geschichte, allerdings ist er für mich nicht “der Böse” in Challengers gewesen; jeder hatte seinen eigenen Anteil an den Geschehnissen. Ich fand ihn jedenfalls total amüsant und er hat so gut gespielt, dass ich googelte, wo er sonst noch dabei war. Und da fand ich ihn als junger Prinz Charles in The Crown – wo ich sogar mal eine Folge gesehen hatte; aber Prinz Charles ist jetzt nicht die dankbarste Rolle. Und eben als Hauptdarsteller in La Chimera. Obwohl er Engländer ist. Er spielt auch “den Engländer”. Nun war mir klar: Ich muss diesen Film sehen.

Sidestep vom Sidestep: Josh O’Connor wurde kürzlich gerüchtehalber als neuer James Bond ins Spiel gebracht. Zuerst habe ich das super gefunden. Dann hat jemand auf X geschrieben, das wäre blöd, dann wird er sieben, acht Jahren von dieser Franchise verschluckt und wir sehen keinen einzigen Arthousefilm mehr von ihm. Das ist richtig, doch lieber nicht James Bond. Harhar.

Aber durchtrainiert ist er schon, das hat man vor allem in einer Szene in der Sauna gesehen, wo Pia Reiser im Filmpodcast meinte, dass man in Challengers merkt, dass Guadagnino Frauenkörper nicht soo interessieren; Zendaya werde – pro forma – so distanziert wie ein Unterwäschemodell gefilmt, aber in der Sauna, wo Josh O’Connor und Mike Faist sitzen, da ist Guadagnino voll dabei harhar.

Na gut, in Kürze dann mehr zu La Chimera.

Ikono

In allen Ferien gibt es einen Oma-Kind-Mum Ausflug. Freunde haben kürzlich etwas zur Ikono Ausstellung gepostet, worauf ich aufmerksam geworden bin und deshalb habe ich das als Semesterferien-Ausflug angeregt, was von allen Beteiligten einstimmig angenommen wurde. Unbezahlte Werbung.

Nachdem das Ikono Areal auf der Mariahilferstraße ist, bot es sich an, davor in die Pizzeria in der Barnabitenstraße zu gehen. In dieser Pizzeria war ich als junge Erwachsene häufig, jetzt aber schon circa 20 Jahre nicht mehr. Glücklicherweise hat sich nichts geändert. Es gibt immer noch sehr gute Lasagne und dünne, große Pizza. Alle waren zufrieden. Im Sommer wollen wir wieder hingehen, um den Gastgarten zu genießen.

Um 14 Uhr war der Ikono Termin gebucht. Das sollte man schon vorher online machen, denn es werden Timeslots vergeben und oft ist dann auch schon etwas ausgebucht. Die Tickets sind nicht gerade günstig, aber wenn man eine Stadt Wien Vorteilskarte hat (oder sie dafür bestellt), bekommt man minus 20 Prozent, was sich hier sehr auszahlt. Beim Empfang kann man seine Jacken abgeben. Die ganze Ausstellung dauert ungefähr eine Stunde.

Der erste Raum verkörpert den Stress und die Hektik des Lebens (und auch den Mief offensichtlich) Man muss sich durch gelbe, merkwürdig riechende Schläuche kämpfen.

Der Kampf mit dem Alltag

Danach per Rolltreppe direkt in die 80ziger:

Im ersten Stock sind viele verschiedene Räume, die visuell spannend und anregend gestaltet sind. Alte Medien wie Tamagochis oder Plattenspieler – ich zum Kind: “Kennst du eigentlich noch Kassetten?” Harhar. Und es gibt alte Spielkonsolen.

Das Schöne im Leben

Es gibt Räume mit hübschen Lampen, in denen man sich an das Schöne in seinem Leben erinnern soll. Räume, an denen man über seine Ziele reflektiert. Und Räume, in denen man mit silbernen Plastikdingern Ball spielen kann: ein Highlight für Oma und Kind! Ein Zimmer, in dem man einen Umhang anlegt und dann optisch mit der Tapete verschmilzt. Ein Zimmer mit Labyrinth – das hätte irgendwie noch klaustrophobischer sein können, finde ich, das hat mir zu wenig Angst gemacht. Harhar.

Und vielleicht das Hightlight: Ein Bällebad. Ich war zum ersten Mal in einem solchen und verstehe jetzt, wieso mein damals Kleinkind es gehasst hat. Wenn man drinnen liegt, ist es zwar entspannend, aber man kommt kaum wieder raus, es ist bisschen wie Treibsand. Aber schon auch irgendwie cool.

Das Bällebad

Jedenfalls wars ur lustig für alle Beteiligten. Und das beste: Man kann seine “Struggles” wirklich mal für eine Stunde vor der Türe lassen.

Queer, nochmal

Im FM4 Filmpodcast hat sich Christian Fuchs ein bisschen über Queer mockiert, bzw den Zugang des Regisseurs Luca Guadagnino zu diesem Werk vom William S. Burroughs. Er kritisierte, dass der Queer Protagonist William Lee jüngere Männer aufreißt und eine Waffe trägt. Das werde “kritiklos gezeigt”, das “Toxische werde verklärt” und William Lee “verherrlicht.”

Hm. Ich schätze die cineastische Expertise von Fuchs zwar durchaus, bin da aber anderer Meinung. Zum einen hab ich das gar nicht so empfunden, dass der Protagonist William Lee, dargestellt von Daniel Craig, irgendwie “verklärt” wird, eher im Gegenteil. Man braucht sich nur den Trailer anzusehen, um zu merken, dass Lee eine zutiefst verunsicherte und fragile Persönlichkeit ist, die zwar souverän auftreten möchte, es aber nie wirklich schafft und tatsächlich aber vor allem auf der Suche nach Liebe und Verbindung ist.

Außerdem frage ich mich, sind wir jetzt schon so weit, dass nun auch schon Kunst irgendwie “eingeordnet” werden muss? Wieso ist es ein Problem, wenn “kritiklos” gezeigt wird, dass Lee jüngere Männer aufreißt (die aber zumindest im Film nie minderjährig jung sind). Ich glaube, das ist jetzt nichts, was in der wirklichen Welt nie passiert – und wir sind ja umzingelt von der Wirklichkeit, wie Deutschlands Minister Habeck auch einmal stauend festgestellt hat. Ich dachte ja bisher, dass sich die Zuseherin, der Zuseher selbst ein Bild darüber machen kann oder sollte, was sie von einem Protagonisten hält. Nicht jede Hauptfigur eines Romans oder Filmes muss (oder sollte!) ein Ausbund an political correctness sein. Er muss auch kein guter Mensch sein.

Ich habe oft das Gefühl, wir haben mehr und mehr Angst davor, dass Menschen das “falsche” denken oder fühlen könnten, wir trauen dem Publikum nicht mehr zu, seine eigene Interpretationsarbeit zu leisten. Und es geht oft mehr darum, Menschen zu erziehen, als sie künstlerisch auch herauszufordern oder sie einfach alleine zu lassen mit ihrer Rezeption. Auf die Spitze getrieben hat das ja vergangenes Jahr Regisseur Todd Philipps, der von Teilen seiner Fans des ersten Joker so entsetzt war, dass er im zweiten Teil des Filmes diese Fans ja quasi wegstößt. Nur kann man sich seine Fans nicht aussuchen. Und als Künstler sollte man im Idealfall nicht in eine Abhängigkeit zum Publikum begegeben, aber eben auch nicht in eine Kontradependenz. Beides verhindert, dass ich als Künstler, Künstlerin das tue, was ich tatsächlich machen will. Stichwort: Schere im Kopf.

Jedenfalls liegt Queer, das Buch, endlich auf meinem Nachtkasterl und ich werde nach der Lektüre noch einmal was dazu sagen.

Best Film

Gestern wurden die Oscarnominierungen bekannt gegeben und neben relativ offensichtlichen Kandidaten gab es dann doch auch einige Überraschungen. Das führt jetzt leider dazu, dass ich von den zehn als “besten Film” nominierten Filmen erst fünf (5!) gesehen habe! Voriges Jahr habe ich es geschafft, alle hier nominierten Filme vor der Oscarverleihung zu sehen, was heuer schwierig bis unmöglich wird.

Gesehen habe ich bereits: Anora, The Brutalist, Emilia Perez, Conclave und The Substance.

Nicht gesehen habe ich bisher:

  • Wicked – eine Musicalverfilmung, die zwar aktuell im Kino zu sehen, aber nicht im Nonstop Abo enthalten ist, und zu der ich so ein bisschen eine ambivalente Haltung habe, obwohl ich bekanntlich ja durchaus für das Genre zu haben bin.

  • A Complete Unknown – das Bob Dylan Biopic, zu dem ich ebenfalls ambivalent bin, harhar. Ich fand zwar Walk the Line, die Biografie über Johnny Cash, ebenfalls von Regisseur James Mangold gut, aber A Complete Unknow sieht jetzt nicht aus als wäre es das Biopic to end all Biopics, sondern wirkt recht konventionell. Allerdings ist Timothee Chalamet an sich immer einen Kinobesuch wert. Läuft ab Ende Februar und ich werde mir dann eine Meinung bilden.

  • I’m Still Here – recht verwechselbarer Filmtitel, weil es den so oder so ähnlich schon öfter gab. Klingt aber interessant, eine vorher unpolitische Politikergattin in Brasilien, deren Mann wegen Kritik am Regime entführt wird, wird zur Menschenrechtsanwältin. Die Hauptdarstellerin Fernanda Torres wurde für die Hauptrolle ebenfalls nominiert und hat damit unter anderem Angelina Jolie und Nicole Kidman aus dem Feld geschlagen. Läuft bei uns aber erst im März nach der Oscarverleihung.

  • Nickel Boys – vielgelobt, ein Film über zwei junge Afroamerikaner in einer Besserungsanstalt. Puuuh… naja, also… Starttermin gibt es in Österreich offensichtlich noch gar keinen.

und jetzt das wirkliche Drama:

  • Dune Part 2 – ich habe von Dune Part 1 ungefähr 25 Minuten gesehen und habe festgestellt, dass Science Fiction in der Wüste leider wirklich gar nichts für mich ist. Dune Part 2 lief hierzulande sogar mal kurz im Nonstop Abo, aber ich konnte mich echt nicht aufraffen. Obwohl Timothee Chalamet an sich immer einen Kinobesuch wert ist harhar.

Ich werde es heuer also vermutlich nicht schaffen, alle Kandidaten zu sehen. Mehr zu diesen und weiteren Luxusproblemen dann in Kürze.

D. Lynch

Vorige Woche ist David Lynch gestorben. Ich habe zufällig gerade Facebook gecheckt, als seine Familie das mit in einem schlichten, aber auch poetischen Posting – “It’s a beautiful day with golden sunshine and blue skies all the way” – der Welt mitgeteilt hat. Ganz überraschend kam es ja nicht, da sein gesundheitlicher Zustand bekannt war und wie in einem surrealen Albtraum musste er erst ein paar Tage vor seinem Tod sein Haus im brennenden Los Angeles verlassen.

Erstmals bin ich als Jugendliche mit seinem Werk in Berührung gekommen. Ich hatte eine sehr gute Freundin, die in Sachen Film einen komplett anderen Geschmack als ich hatte und sie sah mit Begeisterung die “Murder Mystery” Serie Twin Peaks. Weil es ihr so gefiel, fühlte ich mich darin bestätigt, dass das wohl nichts für mich wäre. Letztendlich habe ich mich sehr getäuscht, wie ich mit Mitte 30, als ich Twin Peaks nachholte, feststellte. Ein Journalist schrieb über die Serie: “They turned prime-time TV into a giant indie art-house theater” Auf gut Deutsch: Lynch hat es geschafft, Menschen für etwas zu begeistern, was sie sich unter normalen Umständen vermutlich nie angesehen hätte und: was sie dann aber liebten.

Der Falter schreibt heute in seinem Nachruf: “Mit dem furiosen Roadmovie Wild at Heart (…) setze David Lynch (…) sein Projekt der Zertrümmerung jeglicher Handlungskohärenz auch im Kino fort.” Seine Filme waren tatsächlich “overwhelming”. Ich liebe Lost Highway, alleine schon wegen des Intros mit der Straße und dem David Bowie Song I am Derangend; aber ich habe ganz viel daran nicht verstanden. Ich habe auch Mullholland Drive nicht wirklich verstanden und von Inland Empire brauchen wir gar nicht erst anfangen.

Wenn man einen Film von David Lynch sehen will, dem man komplett folgen kann – was aber nicht unbedingt notwendig ist, um von seinen Werken fasziniert zu sein – dann sollte man sich The Straight Story ansehen. Offiziell heißt dieser Film so nach der Hauptfigur Alvin Straight, tatsächlich aber ist es ein genialer Titel, der besagt, dass das der einzige wohl streng konventionell erzählte Film von Lynch ist, in dem ein alter Mann auf einem Rasenmähertraktor 400 Kilometer zurücklegt, um sich mit seinem Bruder zu versöhnen.

David Lynch sagte: “Life is very, very complicated, and so films should be allowed to be, too.” Er sagte auch: “I’m wearing dark glasses today because I’m seeing the future and it’s looking very bright” Er ließ die Log Lady in Twin Peaks sagen: “One day the sadness will end. But today it’s not that day.” Was mich erstaunlicherweise immer in eine hoffnungsvolle Stimmung versetzt.

Kyle MacLachlan, sein Hauptdarsteller in mehreren Produktionen, schrieb zu seinem Tod einige berührende Zeilen über Lynch, und an einem Teil bin ich hängen geblieben:

Aus dem Beitrag von Kyle McLachlan auf Instagram

Da hatte ich so ein Wow-Erlebnis. Weil ich mir immer wieder denke, ich habe so viele Fragen in meinem Leben, so viel, was ich nicht verstehe. Und ich habe das oft als einen Makel gesehen, als etwas, das es aufzulösen gilt. Tatsächlich aber gäbe es wohl keine Kunst und Kreativität, wenn wir immer über alles Bescheid wüssten und sofort Antworten hätten. Auch danke dafür, David Lynch.