almis personal blog

Ästhetisches in den Semesterferien, zwei

In den Semesterferien hab ich mir auch die Thomas Bernhard Doku im Kulturmontag angeschaut, ich finde Bernhard schon immer sehr faszinierend. Auch wenn ich bei ihm zuerst an ein Erlebnis im Gymniasum denken muss, als unsere Deutschprofessorin zu meiner Schulfreundin sagte: “Du schreibst wie Thomas Bernhard” und die darauf antwortete: “In welche Klasse geht der?” Harhar.

Alle anderen Österreicher denken bei Thomas Bernhard vermutlich zuerst an Heldenplatz, den größten Theaterskandal der 2. Republik, auch schon wieder ewig her. Ein Skandal übrigens, der komplett ohne Text funktionierte, weil den Skandal gab es ja bereits vor der Aufführung und das nur deswegen, weil ein Zitat aus dem Text, das die Östereicher als “sechseinhalb Millionen Debile” bezeichnete, allzu wörtlich genommen wurde. Bzw die Rollenprosa direkt als Ansichten das Autors antizipiert wurden. Heute kann man sich kaum mehr vorstellen, dass sogar Leute wie Zilk und Kreisky in die Massenempörung miteinstimmten. Oder wie der Journalist Michael Frank in der Süddeutschen Zeitung schrieb: “Im Augenblick jedenfalls müht sich Österreich, die größtmögliche Übereinstimmung der Wirklichkeit mit Bernhards grotesken Texten herbeizuführen.” Genau deswegen liebte Peymann es auch, in Wien zu inszenieren, weil sich die Wiener noch empören können, im Gegensatz zu den Deutschen. Die Premiere – übrigens Bernhards letzter öffentlicher Auftritt – war ein fulminanter Erfolg und Heldenplatz wurde 120 Mal aufgeführt und zu einer der erfolgreichsten Produktionen des Burgtheaters überhaupt. Auch das ist irgendwie wieder typisch Wien.

Bernhard wurde, meiner Ansicht nach, oft verkannt, vor allem der Witz, der seinen Texten auch innewohnt, den man aber überlesen kann. Am augenfälligsten erkennt man das vielleicht in seinem Einakter Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mir mir essen. Bernhard diagnostizierte sich selbst als einen Kranken, und sagte: “Meine Krankheit ist die Distanz”. Damit ist vielleicht zu erklären, weshalb in seinem Werk Liebe und vor allen Dingen Sex überhaupt keine Rolle spielten – wie auch in seinem Privatleben mutmaßlich nicht. Dennoch hatte Bernhard zwei Menschen, denen er quasi sein Überleben verdankte und das waren sein Großvater und eine 37 Jahre ältere Frau und Vertraute, Hedwig Stavianicek. Übrigens prägte Bernhard für die beiden den Ausdruck “Lebensmensch” – und nicht, wie manchmal angenommen Stefan Petzner (für Jörg Haider)

In meiner Doktorarbeit hab ich unter anderem Bernards Roman Das Kalkwerk analysiert, es ist ein mühsames und anstrengendes Buch und von daher perfekt für den Leitsatz “form follows function”. Denn das Leben eines alten Ehepaares im Kalkwerk – wo der Protagonist Konrad eine wissenschaftliche Studie schreiben will und seine gelähmte Frau quasi im “Dienst der Wissenschaft” zu absurden bis sadistischen Experimenten zwingt – ist ein unbarmherziges. Auch wenn hier ebenfalls Humor durchscheint, etwa, dass immer irgendwas dazwischenkommt, wenn Konrad sich endlich dazu durchringt, den ersten Satz seiner Studie zu schreiben.

Heute vor 30 Jahren ist Thomas Bernhard gestorben.

Ästhetisches in den Semesterferien

Die Semesterferien mit einem prä-pubertärden Kind, sind geprägt von Chillen und “seine Ruhe haben wollen.” Jetzt hat man sich mühsam, nach der Baby- und Kleinkind-Lehrzeit, drauf eingestellt, dauernd raus, dauernd unterwegs und für Abwechlsung sorgen zu müssen, dass das nun auch wieder etwas ungewohnt ist. Da ich aber rechtzeitig zu den Ferien auch ein dringendes Jobprojekt bekommen habe, war mir das dann nun auch nicht ganz so unrecht.

Ein bisschen was haben wir dann aber doch unternommen, wir haben uns die Koloman Moser Ausstellung im MAK angesehen. Das war ein Tipp im Ferienspiel Heft, da hätte es auch Extra Zeichen- und Malworkshops für Kinder gegeben. Nur nachdem das Kind überhaupt nicht gerne zeichnet oder malt, aber die Bruegel Schau – eine Exkursion mit der Zeichenlehrerin – gut fand, haben wir uns dafür als Programmpunkt entschieden.

Das MAK ist ja an sich schon ein sehr sehenswertes Gebäude, im Eingangsraum gibt es aktuell eine Installation mit Plastiksackerl, die sich immer wieder aufblasen, was das Kind recht faszinierend und auch hinterfragenswert gefunden hat. Ist Plastik nicht eigentlich umweltschädlich? Allerdings verwendet man es hier ja doch aus Kunstgründen, immerhin ein vernünftiger Nutzen. Sofern man l’art pour l’art als “nützlich” empfindet. Aber das ist eine philosophische Diskussion. Daran anknüpfend, fragte das Kind dann in den Ausstellungsräumen: “Mama, ist das ein richtiger Heizkörper oder ist das Kunst?”

Ich kann nicht behaupten, dass ich viel von Koloman Mosers Werk verstehe, aber ich mag den Stil und ich besuche Ausstellungen recht gerne, weil sie auf mich oft inspierend wirken. Anschließend gings dann noch zum Vapiano in Wien Mitte, wo dafür, dass gerade Ferien waren, erstaunlich viel los war.

Am Samstag war ich auf einer Geburtstagsfeier in der Villa Aurora eingeladen, hoch über Wien, auf dem Wilhelminenberg. Ich muss gestehen, ich war noch nie dort und kenne die Gegend generell sehr wenig. Bevor man sich aber nun denkt, wow, was für ein schönes Gebäude und den nächsten Besuch dort plant – leider schließt das Lokal mit 17.3. Allerdings offenbar deshalb, um zu renovieren und dann neu zu öffnen, wie jetzt in einem Zeitungsbericht zu lesen ist. Zuerst haben wir nämlich schon befürchtet, die Villa und die angrenzenden orginellen Gebäude wären abrissgefährdet, wenngleich das wegen der Bauordnungsnovelle, die im Sommer in Kraft getreten ist, nicht mehr so ohne weiteres möglich ist.

Jedenfalls wäre es schön, die Villa Aurora auch im Sommer einmal zu besuchen und den Garten zu genießen.

Genderkritisch, post-feministisch

Letztens in Willkommen Österreich haben Stermann und Grissemann Bilder von Kindern interpretiert, ich fand die Formulierung zu folgendem Bild sehr genial:

click to enlarge!

“Ist Jeff in diesem genderkritischen post-feministischen Werk anklagende Projektion einer toxischen Männlichkeit? Oder ist das ganze eine krypto-satirische Parabel auf heteronormative Gesellschaftsvorstellungen? Symbolisiert die wilde rote Fläche wirklich banal die Tomatensauce, oder sehen wir hier nicht viel mehr einer Gewalttat zu, und werden Voyeur patriachaler Unterdrückungsfantasien? Wird der Betrachter vielleicht sogar zum Mittäter? Vielleicht rückt der Künstler auch nur die weibliche Periode in den Fokus seiner Arbeit und damit das Konstrukt des Mütterlichen?”

Hyäne Fischer

Das Kunstprojekt Hyäne Fischer will 2019 mit Im Rausch der Zeit zum Song Contest fahren. Nach Tel Aviv übrigens.

Ein Freund hat dazu einen Text von Christian Schachinger gepostet, in dem er im Standard für Fischer wirbt. Ich glaube zumindest, dass das Schachingers Ziel ist, weil wie bei vielen seinen Texten, steig ich nach der zweiten Zeile aus, weil sie so verschwurbelt geschrieben ist. Ich bekomme ehrlich gesagt Kopfschmerzen von seinen Texten. Oder wie besagter Freund sehr passend schrieb: Schachinger leidet offenbar an sekundärem Analphabetismus. Harhar.

Hyäne Fischer lukriert sich anscheinend aus der Burschenschaft Hysteria, einem feministschen Projekt, dass quasi durch subversive Imitation der Gepflogenheiten von Burschenschaften über diese lustig macht und sie kritisch unterwandert. Man muss also sehr oft um die Ecke denken, wenn man Im Rausch der Zeit hört und vor allem das dazupassende Video sieht. Das Video orientiert sich – sagen wir es mal vorsichtig – an einer gewissen Leni Riefenstahl Ästehtik. Vier Frauen in Loden gekleidet, die auf einem Berg stehen, da muss man sich schon sehr anstrengen, nicht an Eva Braun und den Berghof zu denken. Was wahrscheinlich aber auch das Ziel ist. Nochmal zur Erinnerung: Der Song Contest wird in Israel stattfinden.

Ich weiß jetzt eigentlich nicht so genau, was ich von diesem Beitrag, der sich selbst recht offensiv als Kandidat anbietet, halten soll. Was ja prinzipiell bei Kunst immer interessant ist, wenn man sie nicht genau einordnen kann und etwas fragend davor steht. Aber irgendwie widerstrebt mir das ganze auch. Na ja, mal sehen.

Österreichs gefährdetes Kulturerbe

Am kommenden Donnerstag wird im alten Rathaus ein sehr interessantes Buch präsentiert (unbezahlte Werbung), das ich mir gekauft und auch schon großteils gelesen habe.

Das Buch Österreichs gefährdetes Kulturerbe – verfasst von Wolfgang Burghart und Gerhard Hertenberger, und herausgegegeben von der Initative Denkmalschutz, die 2018 ihr 10 jähriges Bestehen feiert – beschäftigt sich, Nomen est Omen, mit gefährdeten Bauten in ganz Österreich. Das Buch gliedert sich, neben ausführlichen Vor- und Nachworten, dabei in vier große Bereiche: Gerettet – Gefährdet – Verändert – Verloren.

Anhand von 70 Beispielen wird aufgezeigt, wie zuweilen mit gefährdeten baulichen Kulturgütern umgegangen wird.

Dabei geht es um Immobilienspekulation und politisches Kalkül wie auch um Überlastung der Institutionen, die sich eigentlich um das bauliche Erbe des Landes kümmern sollte, dass man nur den Kopf schütteln mag, über so viel Kurzsichtigkeit und Ignoranz. Über komplett unnötige Abbrüche wertvolle Bauten zu lesen, die dann durch gesichtslose Architektur ersetzt werden, bei der es vor allem um Gewinnmaximierung geht, hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Gerade in einem Land wie Österreich, das auch von seiner reichhaltigen Baukultur (touristisch) lebt, fasst man es kaum, wie sorglos Politik und Co. mit ihrer Verantwortung umgeht.

Thema sind allerdings auch Erfolgsgeschichten, in denen es Bürgerinitativen oder idealistischen Einzelpersonen bzw. Unternehmen gelungen ist, Abbrüche zu verhindern, oder zumindest zu minimieren, das heißt Bauten zumindest teilweise oder in (leicht) veränderter Form zu erhalten. Das sollte Motivation für die LeserInnen sein, sich selbst zu engagieren, das geht auch schon im kleinen, beispielsweise mit der Unterschrift von Petitionen – es ist nicht alles automaisch “sinnlos” und “eh schon verloren”. Manchmal muss sich die Politik bei Protesten sehr wohl beugen und ursprüngliche Pläne wieder aufgeben.

Ich bin jedenfalls gespannt auf die Präsentation des Buches, nähere Infos finden sich für alle jetzt Interessierten unter diesem Link.

In der Klimtvilla

Am Feiertag war ich abends in der Klimtvilla, beim Vortrag zum Thema “Das Drama von Immendorf”.

Dr. Andreas Lehne, früherer Leiter der Abteilung für Denkmalforschung im Bundesdenkmalamt, sprach zu diesem Thema und erzählte (mir) sehr viel neues, denn ich bin bei Klimt nicht gerade rasend gut bewandert.

Das Schloß Immendorf wurde von den Nazis 1942 als Depot zur Einlagerung von Kunstwerken – hauptsächlich beschlagnahmte Gemälde sogenannter entarteter Kunst benutzt. Durch einen gelegten Brand 1945 verbrannten 15 Werke von Klimt, darunter auch die skandalisierten Fakultätsbilder.

Mythen ranken sich um den Brand, etwa, ob die verbrannten Gemälde tatsächlich alle zu dieser Zeit noch im Schloß gelagert waren, ob manches eventuell schon vorher “mitgenommen” wurde und noch irgendwo existiert – aufgetaucht ist bisher allerdings nichts – wer den Brand tatsächlich gelegt haben könnte und ähnliches.

Nebenbei hab ich dann noch eine Enkel von Gustav Klimt kennengelernt und erfahren, dass die Klima-Villa vielleicht eventuell eher Klimt Atelier heißen sollte, weil die “Villa” eigentlich kein Repräsentationsobjekt war, sondern ein eher versteckter Arbeitsort. Außerdem war sie zu Klimts Lebzeiten ebenerdig und wurde erst später ausgebaut. Man mag sich jedenfalls kaum vorstellen, dass das Atelier einmal selbst vom Abriss bedroht war, und erst seit einigen Jahren, nach bewegter Geschichte, unter Denkmalschutz steht.

Open House Wien

Am Samstag war ich zum ersten Mal bei Open House Wien – Archtitektur zum Angreifen. Im Rahmen dieser Aktion, die zum fünften Mal stattgefunden hat, kann man diverse Gebäude in Wien gratis besichtigen und Führungen machen. Oft solche Gebäude, zu denen man vielleicht sonst nicht so einfach Zutritt hat.

Wie beispielsweise das italienische Kulturinstitut in der Ungargasse, wo wir gestartet sind.

Von außen kennt man es ja zb vom Vorbeifahren mit dem O-Wagen. Ich habe einige Jahre fast direkt daneben gearbeitet. Reingehen kann man nicht so einfach, es sei denn, man besucht einen Italienischkurs, weil das Kulturinstitut ist eigentlich gar nicht österreichischer Boden. Innen sieht es jedenfalls sehr schmuck aus:

Hinter dem Kulturinstuit ist ein kleiner Garten und so sieht es übrigens auf der Rückseite aus:

Danach sind wir zur Dominikanerbastei gefahren. Nachdem beim Kulturinstitut wenig Andrang war und wir gleich zu einer Führung dran kamen, musste man sich bei der Dominikanerbastei schon etwas länger anstellen. Angeblich gab es ja auch eine open house App, die einem die jeweiligen Wartezeiten vor den Gebäuden anzeigte, aber ich habe die leider nicht in meinem store gefunden.

Jedenfalls so sieht die Dominikanerbastei “von innen” aus, also der Innenhof:

Fresken an den Wänden des Ganges:

Anschließend an die Führung konnte man einem Dominkanermönch in Ausbildung Fragen zum geistlichen Leben im Orden stellen. Ich fand es sehr interessant, Einblick in den Alltag in dieser Bastei zu bekommen und was ich davon mitgenommen habe ist, dass die Dominikaner viel Zeit für Philosphie, Studium und Verkündigung aufbringen; und es in der Bastei nicht so streng “eremitisch” zugeht, wie in anderen Ordensgemeinschaften. Es hat mich auch dazu angeregt, mal zu googlen, was die Unterschieden zwischen den verschiedenen Orden überhaupt sind.

Nach der Führung haben wir uns noch die Kirche angesehen, die zu diesem Zweck komplett beleuchtet war, wie sonst nur zu Ostern und/oder Weihnachten.

Anschließend gingen wir zur Hollein Boutique (ja, DER Hollein) in der Tegethoffstraße, davon hab ich allerdings kein Foto gemacht, aber man kann sie auf der Open House Page anschauen. Ein Modegeschäft, ganz aus Plastik, im Pop Art Stil der 60er Jahre, irrsinnig klein und in orange gehalten.

Danach sind wir durch die gesamte Innenstadt gehatscht, um noch den Ringturm zu besichtigen, allerdings wurden wir, obwohl wir schon um 16 Uhr dort waren, nicht mehr hinaufgelassen, wegen Überfüllung – “nächstes Jahr dann”

Statt Ringturm ging es dann also zum Essen. Auch schön.

Auch für Architektur Nackerpatzerln wie mich war dieser Tag sehr interessant und sehenswert. Nächstes Jahr möchte ich auf jedenfall wieder hingehen.

Lady Madonna

Heute bin ich mit einer Freundin zufällig auf den Song Banküberfall von der EAV gestoßen, ein großer Hit in meiner Volksschulzeit und nach kurzem Nachdenken sagte ich dann: “Da warst du ja noch gar nicht auf der Welt.” Sie war sich nicht sicher und nach kurzer Google Befragung stellten wir fest, dass sie doch schon zwei Monate alt war, als das Lied erschienen ist.

Darüber wollte ich eigentlich gar nicht schreiben, sondern über die Tatsache, dass Madonna dieser Tage 60 Jahre alt geworden ist. Ein anderes Idol meiner Kinder- und Jugendzeit. Ich hab Madonna immer sehr gerne gehört, mir gefiel auch ihre Art zu provozieren, siehe Teenagerschwangerschaft, Küsse mit einem schwarzen Jesus, SM, ihr Bildband über sich selbst, Stierkampfkritik usw. kennt eh jeder, auch wenn sie natürilch manchmal über das Ziel hinausgeschossen ist, aber das gehört zu einer richtigen Provokation natürlich auch dazu.

Ihre ersten Alben waren klassischer 80ziger Jahre Pop, Like a virgin, La isla bonita und natürlich Papa don’t preach. Letzterer Song erinnert mich immer an eine Friends Folge, in der Rachel Schwieirgkeiten hat, ihrem Vater von ihrer Schwangerschaft zu erzählen und Phoebe stellt dann trocken fest: “Oh that’s oh so Papa don’t preach“. Popkulturelle Referenzen gab und gibt es zum Phänomen Madonna natürlich genug.

Nach ihren klassischen Pop-Alben und der Platte Erotica, die sich quasi nur um Sex drehte (und trotzdem oder deswegen eher fad war), kam eine neue Selbstfindungsphase, in der sie mit den Produzenten von der damals sehr erfolgreichen, dennoch widerspenstigen Bjork zusammenarbeitet. Für das Album Bedtime Stories entstanden dann Texte wie “Today is the last day that i’m using words, they’ve gone out, lost their meaning, don’t function anymore.” – Das hat mich ja total angesprochen. Harhar.

Später kam noch mal ein richtiges Hit-Album mit Ray of Light (1998) und dann hab ich ehrlicherweise ihre Karriere mit mehr gar so aufmerksam verfolgt. Mit einigen Ausnahmen, wie beispielsweise ihrer Version vom national treasure Song American Pie, ursprünglich von Don Mc Lean – den sie komplett aus seinem (sehr vielschichtigen) Kontext gerissen hat. Dazu hab ich schon mal länger gebloggt, in meiner Rubrik Original und Fälschung.

Vergessen hat man vielleicht ihre Ehe mit Sean Penn, weil das ist wirklich schon ewig her. Wahrscheinlich auch die meisten ihrer Filme, die Schauspielerei war nur begrenzt ihre Profession, natürlich mit der Ausnahme der Musicalverfilmung von Evita, bei der sie an der Seite von Antonia Banderas, für ihre Rolle als Eva Perron hat sie damals auch einen Golden Globe gewonnen. Eventuell erinnert man sich auch nicht mehr daran, dass sie einen Song zum Austin Powers Film The Spy who shagged me beigesteuert hat, immerhin auch Globe nominiert, namens Beautiful Stranger.

Einen umstrittenen Bond-Song hat Madonna auch noch geschrieben, ein eher untypisches Bond-Theme, er heißt Die Another Day. Manche Kritiker haben ihn als Anti-Bond Song bezeichnet. Wenn man mich fragt, war sie ihrer Zeit voraus und der Song hätte eher zu den Daniel Craig Bonds gepasst, die etwas moderner und subversiver waren als die Pierce Brosnan Bonds und auch die gewagteren Titelsongs hatten.

Mein ewiges Lieblingslied von Madonna ist sehr alt, wahrscheinlich eher Madonna-untypisch und heißt Live to tell. Obwohl ich sonst ihre uptempo Songs lieber mag, weil mir ihre ruhigen Sachen oft zu effektheischend sind. Aber Live to tell ist schön und schlicht, da ist alles überdrehte, skandalöse, provokante weg, aber auch nichts aufgesetztes daran. Übrigens vertreten auf dem Soundtrack des Filmes At Close Range, einem Film mit, erraten, Sean Penn.

Alles über Beziehungen

Lange hab ich mich auf den (halbwegs) neuen Roman von Doris Knecht gefreut, Alles über Beziehungen, weil: ich lese ihre Kolumnen sehr gerne, ihre Kolumnensammlungen über das Leben mit ihren Kindern finde ich sehr amüsant und klug. Und ich lese gerne über Beziehungen, das ist sogar das, was mich am meisten interessiert in der Literatur, im Film und auch sonst.

Bei Alles über Beziehungen gefällt mir der Titel also schon ziemlich gut, weil er mich einerseits neugierig macht, andererseits aber auch gleich eine gewisse Ironie transportiert, denn wie soll denn das gehen, alles über Beziehungen in einem Buch mit knapp 300 Seiten. Wirklich alles kann da nicht enthalten sein, dass es aber so wenig ist, hat mich dann doch etwas überrascht.

Es geht um Viktor, Theatermacher (bzw. seit kurzem auch Indendant) einen Mann in den besten Jahren, dh er wird demnächst 50. Er hat fünf Kinder von drei Frauen, seine aktuelle Lebensgefährtin Magda möchte ihn gerne heiraten, aber Viktor möchte eigentlich nicht. Das mit der kleinen Familie ist schon ok, er kommt gerne abends heim, vor allem, wenn er dann nicht mehr soviel mit allem zu tun hat, aber große Teile seiner Freizeit verbringt er lieber mit, erraten: anderen Frauen. Und anderen Suchtmitteln.

Nun denkt man sich ok, das ist vielleicht ein Klischee, ein Sexsüchtiger gut, aber vielleicht erfährt man ja etwas von seinem Innenleben, vielleicht erfährt man, wie er zu dem wurde, der er ist und warum er handelt wie er handelt und was er tatsächlich fühlt, aber tatsächlich erfährt man vor allem eines und das sehr ausführlich: wie er seine diversen Freundinnen, nun ja, beglückt. Es ist nicht so, dass das uninteressant wäre oder Knecht nicht gut übers Vögeln schreiben kann, um in ihrem Jargon zu bleiben, das kann sie sehr wohl und ich lese das auch gern, aber ausschließlich nur Sex, nur Kratzen an der Oberfläche, das ist doch etwas mager, man merkt sich kaum, welche Frau welche ist, so wie im Weezer-Song Tired of Sex: “Monday night i am making Jen, Tuesday night im am making Lyn usw.” Wie auch schon beim Antonia Baum Buch frage ich mich: Wo ist der Erkenntnisgewinn?

Der Plot dümpelt vor sich hin. Ich habe mal gelesen, ein Autor sollte seine Hauptperson immer in die schlimmste Situation seines Lebens bringen und dann aufzeichnen, was die Person in dieser schlimmsten Situation tut, ansonsten ist es schade um das Buch. Und das macht Knecht eben nicht oder nur zum Schein. Viktor bleibt Viktor, ein offenbar mittelmäßig attraktiver Mann, mittelmäßig gut im Bett (warum er so ein Frauenmagnet ist bleibt weitgehend unklar), mittelmäßig sympathisch, empathisch, durchschnittlich in allem, außer in seinem Narzissmus, und wirklich in die Krise, so in Richtung Karthasis kommt er auch nur peripher.

Im Buch schreibt eine seiner Geliebten, Lisbeth, Viktor einmal eine kyrptische SMS, mit nur einem Satz: “Das können wir besser”. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Tschinni

Letztens hab ich auf twitter gelesen, wer den Zusammenhang zwischen einer Musikkassette und einem Bleistift noch kennt, sollte altersmäßig bald zu einer Darmspieglung. Gestern hab ich erstmals seit Ewigkeiten wieder mal einen Plattenspieler betätigt. Weil: ich habe als Geschenk eine CD-Single bekommen, die ich seit 20 Jahren suche – die Hektiker Parodie Tschinni von Falcos Jeanny.

Ich hatte Tschinni damals auf Kassette, aber wie das so ist mit Kassetten, irgendwann sind sie verschwunden. Und ich fand die Parodie so gelungen. Jedenfalls hab ich schon total oft das Internet abgegrast, aber nirgendswo diese Version gefunden. Aber offenbar gibt es noch ein paar Sammler, die sowas verkaufen.

Wie auch immer, ich find es immer noch echt amüsant. Als ich mir das gestern angehört hab, stand das Kind mit verständnislosen Blick neben mir – so wie ich manchmal verständnislos schaue, wenn er mir irgendwas auf youtube zeigt – und war leicht verstört, aber auch fasziniert wie ich das witzig finden kann.

Gut, ich muss ihm in einer ruhigen Minute mal den ganzen Hintergrund des Originals erklären, die Falco Nummer war ja 1985/86 ein riesen Skandal, das Lied und v.a. das Video durfte ja dann auch nicht mehr ausgestrahlt werden, sogar Thomas Gottschalk äußerte sich kritisch. Die mediale Lesart war, dass der Song die Verherrlichung einer Vergewaltigung bzw. Entführung sei, obwohl Falco ja schon ziemlich früh gesagt hatte, dass es mehrere Teile geben würde, in dem das Schicksal der titelgebenden Frau weiter erläuert werden würde und, dass es eigentlich ein Liebeslied sei. Das Video hat aber jetzt nicht direkt was dazu beigetragen, Falcos angebliche Intention zu unterstützen, würd ich mal meinen. Übrigens wirft dieser Song natürlich die, auch in der Literatur oder im Film immer wieder gestellte Frage auf, was ist der Standpunkt des Autors und was ist im Gegensatz dazu Rollenprosa und wie weit darf Rollenprosa gehen, um gesellschaftliche Vorgänge deutlich zu machen? Aber das führt jetzt zu weit.

Jedenfalls haben sich die Hektiker diesem Song auf ihre Art und wie ich finde genial genähert, in dem sie ihn gelungen aufs Korn nehmen. Florian Scheubas Stimme klingt wirklich fast exakt wie die von Falco. Wenn es bei Falco heißt, “Komm wir müssen raus aus dem Wald”, heißt es bei den Hektiker, “Komm, wir müssen wieder rein in die Hitparade”, wenn Falco singt, “Wo ist dein Schuh, du hast ihn verloren, als ich dir den Weg zeigen musste”, singen die Hektiker “Wo ist deine goldene Schallplatte, du hast sie gewonnen, als man dich zensurieren musste.” Wo Falco singt, “Zuviel rot auf deinen Lippen, du hast gesagt, mach mich nicht an, doch du warst durchschaut”, singen die Hektiker: “Zuviel Schmalz auf deinen Rillen, du hast gesagt, das kauft doch keiner. Doch der Konsument war durchschaut.” Im Refrain heißt es dann: “Tschinni, was hälst du von Teil drei, bleiben wir doch dabei und dann kommt noch Teil 4, in dem heiraten wird – there’s no one who needs it.”

Dann gibt es ja im Originalsong die Passage mit dem “Newsflash”, in dem der Reporter von einem dramatischen Anstieg von vermissten Personen spricht. Die jüngste Veröffentlichung der lokalen Polizeibehörde berichtet von einem weiteren tragischen Fall. Die Polizei schließe die Möglichkeit nicht aus, dass es sich hierbei um ein Verbrechen handelt.

Die Hektiker machen aus “Newsflash”- “Reisfleisch” und da wird verkündet: die Zahl der Hansis¹ in der Hitparade sei in den letzten Wochen dramatisch angestiegen. Die jüngste Veröffentlichung der lokalen Hitwertung berichtet von einem weiteren unnötigen Fall. Es handelt sich hierbei um einen Hansi, der einen Nr. 1 Hit auf drei Teile strecken will. Experten schließen die Möglichkeit nicht aus, dass es sich hierbei um ein Selbstplagiat handelt.

Und dazwischen immer “There must be something wrong, people still like this song”, herrlich.

 


¹ Damals waren drei Hansis in der Hitparade. Neben Falco, Hans Hölzl, auch noch Hansi Orsolic mit Mei poschertes Leben und Hans Krankl mit Lonely boy.