almis personal blog

9 1/2 Wochen

Wer kennt den Film 9 1/2 Wochen nicht – zumindest vom Hörensagen. Und da speziell diese eine Szene als ER SIE mit allen möglichen Nahrungsmittel füttern, und dabei eine ganz schöne Sauerei veranstaltet.

Er, das ist John (Mickey Rourke) und sie ist Liz (Kim Basinger). Liz arbeitet in einer Kunstgalerie und ist gerade recht frisch geschieden, eine selbstbewusste Frau mit einem intellektuellen Freundeskreis. John ist Banker und offenbar sehr gut situiert. Er hat eine Wohnung für die das Wort steril noch untertrieben ist. Viel mehr weiß man nicht von ihm – und das ändert sich im Laufe des Films auch nicht. Die beiden begegnen sich mehrmals zufällig, und beginnen schließlich eine Affäre, die sich schon ganz am Anfang wohl stark von “normalen” Affären unterscheidet. Denn gerade wenn man sich erst kennengelernt hat und sowieso alles neu und aufregend ist, braucht ein Paar sexuell häufig keine besonderen “Kicks”, um nicht aus dem Bett zu kommen.

Bei John und Liz ist das eindeutig anders. Die legen sich nicht einfach ins Bett, da gibts Cross-Dressing, diverse sado-masochistische Spiele, Anrufe mit Befehlen aus Telefonzellen, Drohungen als spezieller Kink und vieles mehr. Wenn man bedenkt, dass sich das alles in nur neuneinhalb Wochen abspielt, fragt man sich, wie man das rein physisch durchsteht, wenn man nebenbei noch einen normalen Alltag hat, aber ok. Das spannende an dem Film ist, dass er einen durchaus feministischen Approach hat. Auch wenn John derjenige ist, der den Ton angibt, der bestimmt, was passiert, ist Liz nicht die passive Nebendarstellerin, die er sich vielleicht vorgestellt hat. Sie geht zwar an ihre Grenzen und auch etwas darüber hinaus, weil es sie ebenso erregt wie ihn, sie weiß aber genau, was sie nicht will.

9 1/2 Wochen ist in keiner Weise ein Schmuddelfilm. Er ist erotisch, zeigt aber erheblich weniger, als der von mir erst vor kurzem hier besprochene Werk Intimacy. Vieles wird in 9 1/2 Wochen nur angedeutet. Ich bin nicht sicher, woher er sein doch eher derbes Image hat. Dieses wird dem Film wirklich nicht gerecht. Das liegt wohl einerseits am Regisseur Adrian Lyne, der sich mit Vorliebe solchen Stoffen widmet – andere Werke von ihm sind Ein unmoralisches Angebot, Eine verhängnisvolle Affäre oder Untreu – und auch an den Hauptdarstellern. Es ist kein Zufall, dass sowohl Basinger als auch Rourke im weiteren Verlauf ihrer Karriere mit jeweils einem Oscar ausgezeichnet wurden. Sie verleihen den Figuren Tiefe und Ambivalenz. Und sie haben eine enorme (sexuelle) Chemie miteinander. Das ist bei dieser Art von Film auch unerlässlich, er lebt davon, dass man dem Paar dort auf der Leinwand abnimmt, dass es sich hier tatsächlich um zwei Menschen handelt, die einander begehren.

Ferien, zwei

Am Freitag habe ich mit der Initiative Denkmalschutz ein Beispiel einer “erfreulichen Restauration” besichtigt, das Haus Gaudenzdorfer Gürtel 47. Hier wohnte Georg Danzer und er hat darüber das gleichnamige Lied geschrieben. Beim Eingang wurden wir sehr freundlich begrüßt:

Weil ich beim Empfang der Führungsgäste dabei war und erklärte, wo denn die Führung startet, kam ich in den Genuß einer sehr hübschen Pointe. Nämlich auf die Erklärung: “Die Stiegen rauf und dann gleich links” antwortete mir ein Teilnehmer: “Jeder nur ein Kreuz!” Wer sich jetzt nicht auskennt, muss sich Das Leben des Brian von Monty Python anschauen. Ich fand es jedenfalls sehr witzig.

Ein paar Impressionen von der Führung – click to enlarge:

Das “Objekt” von außen, und ein paar Fotos von “innen” und “oben” – irritierende Anführungszeichen for the win

Zum Abschluss waren wir noch im lauschigen Gastgarten eines in der Nähe befindlichen Lokals (keine Namen hier!) abendessen. Schön wars!

TDDL, eins

Für solche Jurorenkommentare liebe ich die Tage der deutschsprachigen Literatur:

“Der Text führt alles aus, es bleibt kein Raum mehr, es bleibt keine intellektuelle Manövriermasse.”

Michael Wiederstein über den Text Die andere Frau von Magda Woitzuck

Ich finde, Wiederstein hat mit seinem Befund recht, was aber nicht heißt, dass der Text nicht seine Geheimnisse hat. Ich habe am Ende etwas vermutet, was keiner der JurorInnen angesprochen hat und jetzt weiß ich nicht, ob ich komplett auf dem Holzweg bin oder die anderen.

Vent’ anni

Apropos kein ESC Content mehr: K. will mit mir aufs Maneskin Konzert gehen, wenn sie mal nach Wien kommen.

Ist wohl so ein MittvierzigerInnen Ding. Wir hören uns jetzt an, wie die Zwanzigjährigen die Welt sehen, unsere Söhne sind ja auch (halbwegs) bald zwanzig, also vent’ anni. Anscheinend sind die Zwanzigjährigen von heute viel weiter als wir damals waren oder zumindest als ich war. Sie sagen, sorry, dass wir Drama machen, aber wir sind halt gerade 20. Und wir wollen, dass mehr von uns überbleibt als nur Geld. Sie entschuldigen sich für alles mögliche im voraus, und wollen denen die Farben zeigen, die nur schwarz und weiß sehen. Sie sagen: Wähle Liebe oder Diamanten, wähle Dämonen oder Heilige! Und sie haben jetzt schon einen ausgewachsenen Weltschmerz, dafür musste ich erst vierzig werden, ehrlich.

K. will ihr Italienisch auffrischen. Die anderen wollen Italienisch lernen. Ich habe sogar in Italienisch maturiert, aber komplizierte Texte strengen mich ziemlich an. Ach ja und ich mag diese Tupfenbluse, die der Schlagzeuger im Video trägt.

Before Trilogie

An diesem langen Wochenende habe ich mir die Before Trilogie wieder angesehen bzw. ich habe mir Teil 1 und 3 wieder angesehen, den 2. Teil habe ich überhaupt erstmals gesehen.

ACHTUNG SPOILER

Wir erinnern uns: Celine (Julie Delpy) und Jesse (Ethan Hawke) haben sich damals 1995 im Zug kennengelernt, sind dann gemeinsam in Wien ausgestiegen und haben den restlichen Tag und die Nacht miteinander verbracht. Sie haben sich geschworen, sich ein halbes Jahr später am Westbahnhof wiederzutreffen. In Film 2 treffen sich sich tatsächlich wieder, aber es sind neun Jahre vergangen und eigentlich passen ihre Leben nicht mehr zueinander. Und dann, in Film 3 sind sie endlich verheiratet und haben Kinder. Und nun?

Wenn man alle drei Filme so knapp hintereinander sieht, kann man die Entzauberung einer Beziehung quasi in Echtzeit miterleben. Jeder, der so um die Mitte 40 ist, wird verstehen können, was ich meine. Mit 20 wirkt alles federleicht und als Paar sieht man alles mit einer romantischen Brille, mit 30 ist man schon abgeklärter und mehr im Leben angekommen, ist aber bereit, noch an den Zauber von damals zu glauben. Na ja und dann mit 40 steht man mitten in einem mühsamen Alltag angekommen und alle Leichtigkeit ist dahin. Und bevor jetzt jemand meint, ich sehe das zu negativ: Es kann auch wieder besser werden. Auf verschiedenen Wegen.

Beim Wiedersehen fällt mir noch mehr auf, wie bitter der dritte Teil, Before Midnight, tatsächlich ist. Während Before Sunrise zuckersüß-naiv war, ist Before Midnight tatsächlich Resignation pur. Der Glaube, dass Celine und Jesse füreinander geschaffen sind, wird nur durch die Erinnerung an die Nacht in Wien gespeist und ein paar leidenschaftliche Nächte, die sie wohl nach dem zweiten Teil miteinander verbracht haben. Before Midnight handelt von Scheidungskrieg und brüllenden Kleinkindern, vom unaufhörlichen etwas-zu-erledigen haben, aber keine Zeit mehr für die Beziehung finden, von Seitensprüngen und passiver Agression, davon, dass man nur noch etwas Funktionelles ist, für die Kinder, für die betagten Eltern, für den Arbeitgeber, für die Gesellschaft, aber sich selbst plus Partner komplett verloren hat.

Celine hat die Ehe eigentlich aufgegeben. Ist das pessimistisch oder realistisch? Sie tut etwas, das ich wirklich hasse – nicht nur als mögliche Beteiligte, sondern auch als Zeugin: den Partner in geselligem Beisammensein mit anderen Paare diskredieren. Da ist soviel Häme und Verachtung – das kann nicht als harmlose Stichelei dem anderen gegenüber aufgefasst werden. Wie man die Frage nach dem Fortbestand der Ehe beantwortet, hängt wohl maßgeblich davon ab, wo man selbst im Leben steht und welche Erfahrungen man gemacht hat. Mich jedenfalls überzeugt das halbgare Ende nicht bzw. ich ziehe meine Schlüsse daraus. Ein Teil 4 wäre wohl interessant, ich wüsste wie ich ihn gestalten würde. Für mich wären Celine und Jesse wahrscheinlich aber kein Paar mehr.

LIZVC 75

Zunächst mal: Happy 2021. Laut meinen empirischen Erfahrungen sind die ungeraden Jahre immer die besseren – also…

Gestern hab ich einen gemütlichen Silvesterabend verbracht, unter anderem habe ich die Fledermaus live aus der Wiener Staatsoper gesehen. Ohne Publikum versteht sich. Die Fledermaus ist meine Lieblingsoperette, ich kann fast mitsprechen, weil ich früher mit meinem Papa immer die Ausgabe mit Otto Schenk als Frosch gesehen habe. Der Gerichtsdiener Frosch ist ja keine Gesangsrolle, sondern tritt nur im 3. Akt auf und wird immer von einem meist bekannten Schauspieler, mit zumindest Hang zur Komik verkörpert. Gestern war das Peter Simonischek. Der aus dem Frosch einen Steirer macht.

Der Frosch bietet auch immer wieder Raum für Improvisation, neben den althergebrachten Dialogen. Am besten hat mir diesbezüglich gefallen, als der Protagonist aus seiner Zelle heraussingt: “Sing mit mir, sing mit mir, sing, sing!” Und Frosch antwortet: “Ich singe nicht mit dir, ich habe eine Sprechrolle.” Ich mag ja so Metaebene-Sachen.

Geknallt wurde auch heuer, trotz Verbot, aber hier an der alten Donau doch lange nicht soviel wie in den vergangenen Jahren. Feuerwerk hab ich kein einziges gesehen, es war aber um Mitternacht auch sehr, sehr neblig. Und in der Schnellbahn war es dann sehr, sehr leer. Um genau zu sein war ich um halb eins der einzige Fahrgast. Letztes Jahr am Praterstern war der gesamte Zug überfüllt…

Paul Celan. 100.

Heute wäre der 100. Geburtstag von Paul Celan – eigentlich Ancel, sein Name ist ein Anagram.

Ich habe auf der Uni ein thematisches Proseminar zu Paul Celan besucht, es hieß “Wahr spricht, wer Schatten spricht – Lyrik und Poetologie bei Paul Celan”. Und dann noch ein anderes Proseminar, das sich nicht nur um Celan drehte, aber auch einen Zitat aus einem seiner Gedicht im Titel hat: “Gelobt seist du Niemand – Psalmen im Zeitalter des Nihilismus.” Ja und genau deshalb hab ich Germanistik studiert, wegen dieser und ähnlicher abgedrehten Seminare. Ich hab auch den Briefwechsel zwischen Nelly Sachs und Paul Celan gelesen. Über ein Treffen mit ihr hat Celan das Gedicht Zürich, zum Storchen geschrieben.

Ja, jeder kennt die Todesfuge, sie wurde wahrlich genügend analysiert in den Gymnasien, aber Celan ist soviel mehr. Er ist schwer zu rezipieren, aber seine Lyrik ist unheimlich eindrucksvoll, auch wenn man ihn gar nicht zu verstehen versucht: seine Sprache ist mächtig und beklemmend zugleich. Und wunderschön-traurig.

Wie im Gedicht Sprich auch du.

LIZVC 53

Kommt tatsächlich ein neuer Lockdown oder wieso schau ich schon wieder dauernd ORF3?

Letztens hab ich sogar die Helmut Qualtinger Doku von Andre Heller wiedergesehen, die es schon im März gespielt hat. Dieses Mal aber fast in voller Länge und sie hat mich wieder sehr begeistert. Jetzt fehlt noch eine Doku über Andre Heller, dem ich irgendwie stundenlang zuhören könnte.

Und dann hab ich Der Unbestechliche gesehen. Mit Otto Schenk als Diener Theodor. Und das ist schon irgendwie ein Sakrileg. Denn so gut wie Josef Meinrad in ebendieser Rolle kann wohl niemand sein. Das mag daran liegen, dass man Meinrad viel eher seine humanistisch-moralische Entrüstung über einen fortgesetzten Ehebruch abnimmt, als Schenk, der irgendwie so eine allumfassende Wurschtigkeit ausstrahlt. Schenk möchte ganz sicher, dass man ihn witzig findet und irgendwie ist er das auch, aber das, was darunterliegt, in diesem Stück von Hugo von Hoffmannsthal, das transportiert er für mich nicht mit.

Übrigens hatte ich ein Hoffmannsthal-induziertes Blackout bei meiner Diplomprüfung anno 2001. Ich wurde nach seinem Stück gefragt, das jährlich aufgeführt wird und mir ist es nicht eingefallen. Erst als das Buzzwort Salzburg fiel, da fiel auch bei mir der Groschen.

LIZVC 52

Was hab ich also gebacken? Punschkrapferl.

Mir wäre ja nie eingefallen, Punschkrapferl selbst herzustellen, wenn der Geburtstagsmensch diese nicht lieben würde, aber so… Na jedenfalls ist es nicht so schwierig wie man denken könnte. Oder sagen wir so: wenn man ungefähr 30 Rezepte von Punschkrapferl gegoogelt hat, findet man so ca. bei Nummer 31 auch eines, das einfach zu verstehen und nachvollziehbar ist.

Dieses Punschkrapferl Foto hab ich auf Instagram gepostet #fürmehrrealitätaufinstagram Harhar. Geschmeckt haben sie übrigens wirklich gut, wenn ich mich loben darf.

Geburtstag gefeiert wurde dann im sehr kleinen Kreis outdoor. Auf der Libelle, wie man das in Coronazeiten eben macht. Die Libelle ist ein Dachaufbau am Leopold Museum und wurde – auch Corona-bedingt – statt im März im September eröffnet. Man hat einen wunderschönen Rundblick auf die Museen und das Museumsquartier.

Wenn man übrigens 49 Jahre alt wird, dann redet niemand darüber, dass man gerade 49 geworden ist, sondern alle reden vom 50er. O-Ton: “Jetzt haben wir gerade erst deinen 40er gefeiert und jetzt bist schon 50.” “Ich bin nicht 50.” Harhar.

Caution!

Die Killers haben unlängst ihr sechstes Album veröffentlicht. Es heißt Imploding the Mirage. Ich habe eine lange durchaus leidenschaftliche Liebesbeziehung zu den Songs der Killers.

Weil. Nun ich mag die Stimme von Frontman Brandon Flowers sehr gern. Und ich mag die Sentimentalität, die ihren Songs anhaftet. Ihre Songs sagen: Das Leben ist fürchterlich schmerzhaft, aber auch wunderschön. Und oft beides gleichzeitig. Das habe ich früher gefühlt und jetzt, wo ich Mitte 40 bin, fühle ich es noch viel stärker. Vielleicht sind es die Wechseljahre, vielleicht das Leben, das sich so verwirrend-verwandelt hat in den letzten Jahren, das Größerwerden des Kindes und ja, jetzt haben wir auch noch eine weltweite Pandemie. Vielleicht ist es auch alles zusammen. Jedenfalls können die Killers diese Gefühle wunderbar in Worte und Melodien transformieren.

Die Single Caution vermittelt wieder alles, was man von den Killers vermittelt bekommen will. Zuerst mal: Caution! Vorsicht! Da weht der Wind der Veränderung und das in der Wüste. Da hat eine Frau Hollywood-Eyes – in die hoffentlich nichts vom Sand gelangt. Egal, sie will die Stadt – Las Vegas natürlich – verlassen. Da ist jede Menge Bitterkeit, oder wie Flowers singt: “”If I don’t get out of this town, I just might be the one who finally burns it down.”Flowers hat in einem Interview den autobiografischen Hintergrund des Songs eingestanden: seiner Familie zuliebe ist er aus Vegas weggezogen.

Das neue Album ist nach dem ersten Durchhören vielleicht weniger poppig als die früheren, aber die typischen Killers-Signature Riffs sind geblieben, die uns oder zumindest mir sagen: Wir wissen immer noch nicht genau Bescheid, wir versuchen Dinge, vielleicht scheitern wir, aber das alles ist ok. Es ist in Ordung, zu fühlen, was immer wir fühlen.