almis personal blog

Gatsch

Heute was aus der Rubrik: welche Fragen mir mein Kind zu Plakatwerbung stellt (und durch diese Kinderfragen merkt man erst, wie kompliziert es ist, manche Werbephilosophie zu erklären – um es mal bewusst positiv zu formulieren).

Und zwar handelt es sich aktuell um dieses Plakat:

dreckstecker

Und die Fragen von Adrian dazu waren:

“Warum zeigt der uns den Gatsch? Glaubt der, wir haben noch nie einen Gatsch gesehen? Was soll dieser Gatsch?”

Ich glaube, er wird mal ein kritischer Medienkonsument.

Sundaynews

So, kurz zur Erklärung, was das stumme Interview am Mittwoch war: ich wurde  zum Thema Kinder und neue Technologien für die Presse am Sonntag interviewt.

Ich hab dazu meine Meinung gesagt, grob zusammengefasst: Smartphones und Tablets etc gehören zum heutigen Leben dazu. Meiner Ansicht nach bringt es nichts, Kindern die Benutzung generell zu verbieten – es sei denn, man selbst verwendet als Erwachsener keines dieser modernen Hilfsmittel. Dann wächst das Kind – zumindest im eigenen Haushalt – nicht damit auf. Aber was Kinder bei den Eltern sehen, das interessiert sie irgendwann automatisch.

Ansonsten gilt für mich ähnliches wie für Fernsehen, in gewissen Dosen empfinde ich es bei Kindern als nichts schlechtes oder verwerfliches. Wobei Adrian zb. Fernsehen kaum interessiert, er bevorzugt immer Beschäftigungen, bei denen er selbst aktiv werden kann, ein Computer hat eine viel größere Anziehungskraft für ihn.

02.06.13 - 1

Danach wurde noch vereinbart, dass ein Fotograf vorbeikommt und ein paar Fotos von uns schießt. Adrian hat dann bei uns in der Küche dafür ein bisschen Angry Birds gespielt. Das war für natürlich aufregend, aber dank des netten Fotografen auch sehr easy und witzig. Und daher konnten wir uns heute im Blattinneren der Presse am Sonntag finden. War auch interessant, sich selbst einmal in der Zeitung zu lesen.

Rezept für Österreich

Gestern hatte eine neue Polit-kulinarische Talkshow auf Puls 4 Premiere: Rezept für Österreich.

Das Konzept ist, dass die Spitzenkandidaten aller Parteien ins Studio kommen und zunächst mal ihr Lieblingsgericht kochen. Dabei werden sie von Moderatorin Johanna Setzer interviewt und ein Starkoch steht ihnen zur Seite. Nach dem Kochteil übernimmt Corinna Milborn mit einem prominenten Journalisten an ihrer Seite und nun unterhält man sich über die Lage der Nation (und das Rezept des Politikers für ebendiese). Im Schlußteil wird gegessen.

Ich war mir von Anfang an nicht ganz sicher, was ich von der Idee halten sollte, habs mir aus Neugier dann aber angesehen. Meine Bilanz ist durchgewachsen. Zunächst mal finde ich es nicht passend, den Politiker beim Kochen schon über Politisches zu befragen. Das führt nur dazu, dass dieser minutenlang dasteht und redet, anstatt Zwiebel zu schneiden (das muss dann der Starkoch machen). Und es ist auch eher eigenartig, wenn wie gestern Josef Bucher gerade die Hühnerbrust mit Rohschinken ummantelt, die Moderatorin fragen zum Tod Jörg Haiders stellt. Wenn schon, dann würde ich diesen Teil des Talks wirklich nur für persönliche Fragen und Gespräche über das Rezept nutzen.

Der eigentliche Polittalk danach war in Ordnung. Ein bisschen nervig war es, dass die Fragenstellerinnen immer wieder die kulinarik-affinen Vokabel Rezept, einkochen, grillen, Zutaten, garen in politischen Zusammenhängen usw. einfließen ließen. Das ist ja einmal ganz nett, über zwanzig Minuten hinweg nervt es ein bisschen. Ich musste dabei an die Schreinemarkers Show Big Diet von vor ewigen Zeit denken, die Harald Schmidt einmal aufs Korn genommen hat und den Medien vorschlug, wie passend sie die Show beschreiben könnten: Dicke Quoten, Dünne Quoten, sie hat ihr Fett weg, abnehmendes Zuschauerinteresse, zunehmende Qual usw. Genauso kam mir das hier auch vor.

Der letzte Teil war überhaupt seltsam, es durfte nur der Starkoch kosten – die beiden Politikmoderatorinnen kamen gar nicht mehr vor. Wenn schon, dann sollte am Ende doch alle essen (müssen), oder? Dazu Corinna Milborn:

Nächste Woche geb ich dem Format trotzdem noch eine Chance, da die Grünen-Chefin Eva Glawischnig zu Gast ist, die mich interessiert. Und was H.C. Strache kocht, wäre vielleicht auch noch wissenswert, gibt es rechtslastige Gerichte?

Aufschrei

Ok, an diesem Thema kam vorige Woche keiner vorbei: die Affäre Brüderle und ihre Aufdeckung (darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein) und der Twitter Hashtag #Aufschrei (darüber kann man, m.E. nicht unterschiedlicher Meinung sein).

Unter #Aufschrei twittern seit Tagen Tausende von Frauen, mitunter auch Männer, über sexuelle Übergriffe und Sexismus in den Büros, auf der Straße, in Lokalen, überall. Das ist gut und wichtig, denn es rückt dieses für Frauen tatsächlich oft sehr präsente Thema in den Vordergrund des Interesses. Obwohl ich nichts dazu getwittert habe, hätte es einiges gegeben, was ich schreiben hätte können. Anzügliche Bemerkungen. Wie auch Übergriffe körperlicher Art. Auf der Straße. Am hellichten Tag.

Mit Kind an der Hand nehmen solche Dinge ab. Aber wenn ich abends mal später alleine nachhause komme (kommt zugegebenermaßen nicht sehr oft vor), dann sehe ich mir schon im Bus die Menschen an, die mit mir fahren und ich laufe meistens von der Bushaltestelle bis zu unserer Haustür, das Handy und den Schlüssel griffbereit. Ich komme mir dabei durchaus verschroben vor und es ist irgendwie auch unwürdig, aber wohl fühle ich mich bei Dunkelheit alleine nicht und ich verbringe nicht mehr Zeit nachts draußen alleine, als das unbedingt sein muss.

Nun wurde dieses Thema bei Günter Jauch in der ARD am Sonntag diskutiert und teilweise wurde da wirklich abenteuerliche Meinungen vertreten. Zum Beispiel von Wibke Bruhns, der ersten deutschen Fernsehsprecherin, die zum Thema sexuelle Übergriffe nur sagt, Frauen sollen sich wehren, wo sei denn hier das Problem, wir sind doch keine Opfer. Worauf die Politikerin Silvana Koch-Mehrin richtigerweise anmerkte, dass es in einer gleichberechtigen Gesellschaft doch nicht darum gehen sollte, sich gegen Männer wehren zu müssen, das sollte nicht mehr unsere Realität sein.

Und hier sind wir dann auch wieder beim Hashtag #weilsimmersowar. Weil “die Männer” eben immer so waren und sind und sein müssen. Was ja erstmal eine absolut unzulässige grobe Verallgemeinerung ist. Nicht DIE Männer sind so, manche Männer sind so. Und sie müssen durchaus nicht so bleiben, nur weil derartige Machtdemonstrationen von Männern gegenüber Frauen irgendwann mal zeitgeistig war. Ich teile da übrigens die Meinung mancher Twitter User, dass den meisten Männern bewusst ist, wenn sie eine Grenzüberschreitung begehen. Das passiert nicht einfach so, ups, jetzt habe ich mich danebenbenommen, jetzt ist mir ein Übergriff passiert, zumindest nicht ab einem gewissen Intelligenzquotienten.

Frau Bruhns sieht das anders. Männer und Frauen sind unterschiedliche Spezies. Und bei ihr klingt das so, als wäre das wie bei den zwei Königskinder, die nicht zueinander kommen können. Das ist ein sehr bedenkliches und trauriges Bild. Wenn ich daran denke, wie muffig das Wien meiner Kinderheit war, wie eigenartig ich manche Beziehungen von Ehepaaren damals fand und die Beziehungen zu ihren Kindern, wie unfrei ich Menschen damals fand… The times they are changing. And people do too.

Das N-Wort

Nachdem sich Österreich im Zuge einer Volksbefragung am Sonntag für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht ausgesprochen hat (lediglich in Wien waren die Berufsheer-Befürworter in der Mehrzahlt) und Vizekanzler Spindelegger in der ZIB2 gefragt wurde, ob man jetzt daran denke, das Zivildienst auf 6 Monate zu verkürzen (und dem Wehrdienst anzugleichen), da lehnte dieser ab und auf die Frage warum, antwortete er mit dem schönen und nicht nur später auf Twitter viel diskutierten Satz: “Weil es immer so war”.

Unter dem Hashtag #weilsimmersowar machten sich dann zahlreiche Twitterati darüber lustig, welche Dinge man noch mit #weilsimmersowar “argumentieren” könnte, da kamen dann so Sätze wie “Die Erde ist eine Scheibe #weilsimmersowar”, oder “Hände falten, Goschn halten #weilsimmersowar”.

Heute ist mir aufgefallen, dass man die Diskussion über Wortänderungen in Büchern, die ja auch schon seit einiger Zeit durch die Medien geistert und man manches, was da geäußert wird, auch unter diesem Hashtag subsummieren könnte. Warum zb. das N-Wort ausgetauscht werden soll, weil es eben nun mittlerweile als “offensive” gilt. Ich möchte mich jetzt gar nicht bezüglich politcal correctness überschlagen; es wird sicher manches Mal über das Ziel hinausgeschossen und ja auch ich finde, man kann es zuweilen übertreiben, aber ein Kommentar der von mir an sich sehr geschätzen Autorin Christine Nöstlinge zum Thema “Der Neger bleibt ein Neger” lässt mich dann doch etwas kopfschüttelnd zurück.

Nöstlinger empfindet es nämlich als Zensur an ihrem Werk, wenn der “Neger” nun zum Schwarzen würde, denn Kinder würde das nicht stören und eigentlich wäre das nur eine verkopfte Erwachsenenidee. Als Beispiel bringt sie, dass “erotische Abschnitte” ihrer Bücher in Italien zb. wegstrichen werden. Was das betrifft, stimme ich zu, das ist Zensur und abzulehnen. Ein Wort allerdings, über das man sich gesellschaftlich geeinigt hat, es nicht mehr zu verwenden (aus gutem Grund), gegen ein anderes (mit gleicher Bedeutung) auszutauschen, das ist für mich nicht Zensur sondern der Wandel der Zeit und der Fortschritt. Sprache ändert sich, Begriffe werden durch andere ersetzt, fragwürdige und diskriminierende Ausdrücke verschwinden. Und wieso sollte das nicht so sein? Nur weils #immersowar? Wir sprechen heute auch nicht mehr mittelhochdeutsch, weil es immer so war.

Auf Twitter hat heute jemand auch ein gutes Argument dafür gebracht, warum der Ausdruck Neger ersetzt werden sollte: Als Nöstlinger über Neger schrieb, war das ein ganz normaler, unverdächtiger Begriff, den jeder ohne böse Absicht benutzt hat. Wenn eine Figur in ihren Büchern das zu einer anderen sagte, so meinte diese Figur das nicht beleidigend. Wenn Kinder heute das Wort in einem Buch lesen, dann ist der Kontext ein völlig anderer, dann wirkt es so, als würde eine Figur die andere verletzen wollen oder absichtlich diskreditieren. So komisch das klingt, gerade die Beibehaltung dieses Wortes würde den Kontext verändern.

Man kann und soll darüber diskutieren, ob PC immer und überall ihren Zweck erfüllt oder nicht und auch intensiv darüber, welche Begriffe man in Büchern ändert, aber gerade was das N-Wort betrifft, kann ich mich Nöstlingers Ansicht hier nicht anschließen.

Globes 2013

Gestern also wurden die Globes vergeben, mit doch recht vielen Überraschungen – heuer kann man sich wirklich nicht beschweren, dass die Sieger quasi schon vorher in Stein gemeißelt sind.

Ich hatte zum Beispiel nicht mit einer Auszeichnung von Christoph Waltz gerechnet, genausowenig war vorauszusehen, dass Argo von Ben Affleck den favorisierten Lincoln als besten Film schlagen würde. Und, dass Affleck selbst als bester Regisseur ausgezeichnet wurde, der bei den Oscarnominierungen in der Sparte Regie übergangen wurde. Das wird auch sehr spannend in Anbetracht der nahenden Oscars.

Aufsehen hat bei der Gala die sehr offene Rede von Jodie Foster erregt, die quasi ihr Coming out enthielt. Auch wenn das ein offenes Geheimnis war, finde ich es positiv, dass sie es auch einmal – gerade in diesem Rahmen – öffentlich aussprach, und sehr persönliche Worte fand, auch unter anderem über die Dauerbeobachtung der Medien, unter der Schauspieler in Hollywood stehen.

Sehr witzig war der Standup am Anfang von Tina Fey und Amy Poehler. Die beiden sind echte “Düsen”, wie man in Wien sagen würde. Poehler: “Kathryn Bigelow is nominated tonight. I have not really been following the controversy about Zero dark thirty, but when it comes to torture, i trust the lady, that spent three years married to James Cameron.” Ein Witz, über den sich Daniel Craig sichtlich hervorragend amüsierte, während die Darsteller in Bigelows Film nicht sicher waren, ob sie jetzt lachen dürfen. Sehr amüsant zu beobachten.

Aber es ging noch weiter, Fey: “The beautiful Anne Hathaway is here tonight. You gave a stunning performance in Les miserable. I have not seen someone so totally alone and abandoned like that since you were on stage with James Franco at the Oscars.” Auch hier tauchte bei Hathaway die Frage auf: darf ich darüber lachen oder nicht. So peinlich das damals war würde ich sagen: ja unbedingt! Und zum Abschluß: “Meryl Streep is not here – she has the flu and I hear, she is amazing in it.”

Best of böse 012

Wie jedes Jahr erfreut uns die Wochenzeitung Falter mit ihrer best-of-böse Liste. Best of Böse sind Prominente, die in Österreich in den vergangenen zwölf Monaten irgendwie genervt haben, um es mal salopp auszudrücken und natürlich auch solche, die der Nation gröberen Schaden zugefügt haben.

Wie zu erwarten führt der Austro-kanadische Unternehmer Frank Stronch die Liste an, der mit seinem Vorhaben, eine neue Partei in Österreich zu gründen, in der zweiten Jahreshälfte praktisch permanent in den Medien aufgetaucht ist. Legendär sind seine TV Interviews, im Rahmen derer er eigentlich nichts gefragt werden, sondern ausschließlich Monologe halten möchte, was sein Gegenüber natürlich verhindern möchte und was dem TV-Ereignis an sich oft etwas Dadaistisches gibt. Seine Kandidaten (oft Abgeordnete anderer Parteien) für das Team Stronach kennt er nicht namentlich, die Redaktion meint aber, er wäre sehr begabt im “olympischen Fünfkauf”. Der Falter schreibt über ihn:  “Wissenschaftler sind für ihn Volltrotteln, Journalisten Rotzbuben, Politiker Regalware.” Auf Platz 2 folgt “Agent 0,07 Ernst Stasser”, auf Platz 3 Mensdorff- Pouilly. Beide übrigens Lobbyisten.

Relativ weit vorne tummelt sich auch Stratos-Springer Felix Baumgartner (4. Platz), sowie Sido (8. Platz). Interessant wie der Falter Vizekanzler Spindelegger als “Schlaftablette aus der Hinterbrühl” charakterisiert, der Freund und Feind mit “inhaltslosen Geschwurbel sediert”. Österreich-Chefredakteur Wolfgang Fellner wird treffend als “Mundwinkelexzentriker” bezeichnet. Zu Neu-Operndirektor Wolfgang Meyer meint die Redaktion, dass er angenehmere Umgangsformen als sein Vorgänger hätte, inhaltlich aber wie ein Museumsdirektor aufträte “Zeitgenössische Musik ist in der Staatsoper nur dann zu hören, wenn im Parkett ein Handy klingelt”. Das Problem der Song-Contest Starter Trackshittaz (“Woki mit dem Popo”) wiederum sieht der Falter darin begründet, dass ihre Zielgruppe – Kinder in der analen Phase – nicht mitvoten konnten.

Ein Highlight ist auch der 100. und letzte Platz: Stefan Petzner. Der Falter: “Der Mode-Rebell und Ex-Lebensmensch von Jörg Haider hat mehrere Institute durch Dauerabusus nachhaltig beschädigt: das Solarium. Die Bräunungscreme. Das SMS. Den Tweet. Den parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Das ZIB2-Interview.”

Wie jedes Jahr eine echte Pflichtlektüre.

Die natuerliche Familie

Letztens gabs auf Twitter eine Diskussion über eine neue Sexualaufklärungsbroschüre des Ministeriums für Unterricht und Kunst. Und zwar, weil in den Ganz schön Intim genannten Materalien das klassische österreichische Familienbild diskreditiert wird.

Öhm ja. Da sind also Personen zu sehen, deren Geschlecht nicht exakt definiert zu sein scheint (m.E. mit Absicht) und die sich küssen oder miteinander im Bett liegen. Und dann gibts wirklich Menschen, die finden, das bilde die Realität nicht ab, weil es nicht 60 Prozent lesbische und schwule Paare gäbe (das Geschlecht der Personen sind, wie gesagt, nicht exakt definiert). Und das ist…äh wieso genau schlimm? Ich dachte ja naiverweise, es ginge in der Broschüre um Beziehungen, Liebe und Sexualität und nicht um Normen. Sondern um Gleichberechtigung. Aber andererseits wundert es mich auch wieder nicht, wenn man bei Diskussionen in diversen Foren über zb. das Familienbild liest, dass bereits 1-Kind Familien gar keine “richtigen” Familien seien.

Meiner Ansicht nach ist das ein Anachronismus in einer Zeit, wo es nicht nur homosexuellen Menschen endlich möglich wird, ihre Beziehungen offen zu leben, sondern es auch immer mehr Alleinerziehende, Patchworkfamilien, Singles und andere Lebensformen gibt. Und auch immer mehr Menschen mit Empfängnisproblemen. Menschen, die adoptieren oder Pflegeeltern werden. Die gesellschaftliche “Normfamilie” gibt es so nicht mehr, dafür Vielfältigkeit und Buntheit und Platz für neue Realitäten.

Daher ist diese Broschüre für mich kein Angriff auf die “herkömmlichen” Familien und ihre Werte, sondern einfach eine Erweiterung des Spektrums in einer offenen Gesellschaft.

TV-schauen, drei

So, ich komm gerade eigentlich nicht zum Bloggen, es ist wirklich Herbst derzeit, das Kind ist krank und ich hab natürlich jetzt auch noch eine wichtige Deadline und kochen, bügeln, waschen und aufräumen sollt ich auch noch.

Aber trotzdem kurz: also wie man wahrscheinlich aus Funk und Fernsehen weiß, ist Felix Baumgartner tatsächlich gesprungen. Und es war so geil! Ehrlich. Es sah am Sonntag ja schon wieder ein bisschen so aus, als würde die Aktion erneut verschoben werden, aber tatsächlich überschlugen sich dann die Ereignisse, der Balllon wurde gefüllt und früher als erwartet, hob Baumgartner dann auch wirklich ab. Er grinste, seine Mutter weinte. Ich konnte mich so gut in sie hineinversetzen. Wenn man da so unten steht und nicht weiß, ob man sein Kind nochmal wiedersehen wird… Erst letztens erzählte mir eine Mama, dass ihre Hebamme gesagt hat, das Loslassen des Kindes beginnt mit dem Durchtrennen der Nabelschnur und das ist auch wahr, aber hier Loslassen zu können, bedarf schon einer gewaltigen Anstrengung, denke ich mir.

Nun gut, dann dauerte es sehr lange, bis der Ballon die richtige Höhe erreicht hat.Die Nervosität nahm etwas ab denn ab einer gewissen Höhe ist die Gefahr dann wieder geringer als bis ca. 3000 m, wo man keinen Notausstieg machen kann. Richtig spannend wurde es, als Baumgartner bei 38.000/39.000m Anstalten machte, jetzt doch wirklich auszusteigen. “Fast wie zu Silvester” twitterte ich und jemand antwortete: “Silvester ist ein Schaß dagegen”. Als er sich so hinausbeugte und man ganz klein unten die Erde sah… Mann, Mann.

Der Absprung verlief gut, und dann wurde es haarig. Es passierte genau das, was eigentlich nicht passieren sollte, Baumgartner geriet ins Trudeln, ein schnelles Drehen um die Achse (später gab er an, er wäre dabei fast ohnmächtig geworden, bin nicht sicher, was dann passiert wäre, hätte sich der Fallschirm geöffnet?). Da war man sich dann kurz nicht sicher, ob das jetzt nicht ziemlich tragisch enden wird und man das lieber nicht mitansehen will… aber er fing sich wieder und der Rest der “Fahrt” verlief überraschend easy-aussehend, bis er schließlich wieder am Boden landete (beim Absprung hatte er gesagt: “I’m coming home”). Adrian möchte das übrigens auch mal machen, ins All und so. Ähem…

Ein fazinierendes TV-Ereignis und erstaunlicherweise war es auf Twitter plötzlich ganz still, was die nörgelnden Aussagen betraf. Viele räumten auch ein, dass es dann doch recht beeindruckend gewesen wäre…

TV-schauen, zwei

Gestern ist mir mein neues Lieblingsmedium Twitter das erste Mal so richtig auf die Nerven gegangen. Und es lag am geplanten Felix Baumgartner Sprung aus 36km Höhe mit dem Plan, im freien Fall die Schallmauer zu durchbrechen. Denn von den knapp 400 Menschen, denen ich folge, suderten gefühlte 90 Prozent über die Aktion. Warum?

Viele beklagten, es sei eine Dauerwerbesendung für Red Bull, die auf ORF übertragen wird. Das ist natürlich zum Teil richtig, allerdings war ja geplant, dass die Aktion gegen 13 Uhr losgeht, leider verzögerte sich der (geplante) Start um viele Stunden. Was wieder Grund zum Klagen gab: wieso dauert das so lange, das interessiert mich jetzt aber nicht mehr, das ist doch alles nur taktisches Geplänkel… dass es sich um eine lebensgefährliche Aktion handelt, die mit höchster Vorsicht durchgeführt werden muss, wurde anscheinend komplett ausgeblendet.

Dann wurde geklagt, wieso Red Bull Chef-Mateschitz sein Geld nicht lieber “sinnvoll” anlegt und es spendet. Diesen Einwand möchte ich mal bei Milliardären hören, die ihr Geld in Luxusjachten, Traumvillen und Champagner anlegen. Oder mit 80 eine Partei gründen. Auch wenn es uns nicht passt, Milliardäre machen mit ihrem Geld die meiste Zeit das, was sie auch selbst damit tun wollen. Und man kann sagen was man will: dieses Projekt passt zur Marke und Mateschitz unterstützt immerhin einen Menschen mit einer Vision, an den er offenbar glaubt.

Am meisten regten sich die User dann über die Sinnhaftigkeit der Mission auf. Ok, ich war auch skeptisch. Aber doch vor allem deshalb, weil mir schon schlecht wird, wenn ich im böhmischen Prater mit dem dortigen Riesenrad fahren muss. Wenn es schwachsinnig ist, so einen Sprung zu wagen, ist es dann auch nicht schwachsinnig, zum Mond zu fahren (wem bringt das was?) oder generell zu fliegen (der Meinung bin ich schon lang, harhar)? Ob eine Aktion Schwachsinn oder eine beeindruckende Ponierleistung ist, weiß man oft erst Jahre später. Dann wird meistens die Redewendung benutzt: “Er war seiner Zeit voraus.”

Und generell: da macht mal ein Österreicher etwas, das die ganze Welt interessiert und das von zahlreichen Menschen rund um den Globus verfolgt wird, endlich rückt “Austria” mal ins globale Bewusstsein und was macht der gelernte Österreicher? Er macht sich schlecht. Ich versteh es wirklich nicht.