almis personal blog

San Remo

Die San Remo Woche ist zuende.

Auf Facebook schrieb jemand: “Hey, da werden heute 30 Songs präsentiert, ich schaue seit 25 Minuten zu und es lief erst ein Song.” Ja, harhar, so ging es mir beim ersten Mal zuschauen auch, das ist ganz normal. Denn San Remo ist weniger ein Musikwettbewerb als ein Volksfest und Stress hat da kein Mensch, es dauert jeden Abend so bis zwei oder drei Uhr früh. Es treten ja nicht nur die Teilnehmenden selbst auf, sondern auch Haudegen aus der Vorzeit, die dann mit den aktuellen KandidatInnen Duette singen (zum Beispiel Giannia Nannini, Umberto Tozzi etc), wie auch eine Menge anderer Promis quer durch den Gemüsegarten – heuer zum Beispiel John Travolta oder Russell Crowe. Es gibt den gespielten Witz, es wird gelabert und politisiert, fast alles nur auf Italienisch, obwohl auch viel internationales Publikum zusieht.

Jemand anderer schrieb: “Oh il Volo haben jetzt einen Stylisten!” Und das heißt meiner Meinung nach soviel wie: Sie tragen Kleidungsstücke, die sie sich selbst nie ausgesucht hätten. Mahmood trägt Sachen, die er sich ganz sicher selbst ausgesucht hat und hat mit Tuta gold schon wieder einen potentiellen Siegertitel, ein wirklich toller Song, andere Länder nähmen ihn mit Handkuss, aber Italien denkt sich wurscht, haben wir nicht notwendig; Mahmood verfehlt das Finale der Top 5 knapp. Auch Diodato – der in der Pause draußen vor der Halle einfach mal Singing in the rain vorträgt – hat einen schönen Song, Ti muovi. Auch wenn er sowas von gar kein Wettbewerbssong ist. Diodato kommt raus, fängt an zu singen und setzt sich erstmal auf die Stiege. Einen Song mit einer derartigen Energie kann man kaum zum ESC schicken, weil ESC-Songs eine gewisse Urgenz haben müssen, um irgendwie zwischen den vielen Konkurrenten zu bestehen, aber schön ist er. Disclaimer: Ich weiß natürlich, dass San Remo in erster Linie San Remo ist und kein Auswahlverfahren für den Songcontest.

Ein gewisser Geolier singt I p’me, tu p’te. Ich verstehe weder den Titel noch viel vom Text und mache mir um meine Italienischkenntnisse Sorgen, komme aber dann dahinter, dass er im sizilianischen Dialekt singt. Sowas hat Italien schon mal gebracht, als sie 1991 vermeiden wollten, den ESC zwei Jahre in Folge zu gewinnnen und extra etwas mega Sperriges auf die Bühne gestellt haben (Peppino di Capri, Comme è ddoce ‘o mare) . Und selbst mit so etwas wurden sie dann Siebenter. Der Song von Geolier wirkt extrem frisch und modern. Annalisa wiederum trägt sehr schöne Strapse (oder wie man das nennen soll) und wird mit dem ziemlich eingängigen Sinceramente als Favoritin gehandelt. Es herrscht nämlich eine gewisse Erwartungshaltung, dass eine Frau diesmal San Remo gewinnt, weil das seit 2014 nicht mehr der Fall war.

Jemand schreibt: “San Remo sending a woman, also sending a fruit”. Denn ja, gewonnen hat dann eine andere Frau, nämlich Angelina Mango mit dem mutigen Titel La noia, zu deutsch: Die Langeweile, was ja zu Kalauern geradezu einlädt. So richtig warm bin ich mit dem Song bisher allerdings noch nicht geworden, was nicht jetzt nix heißen muss, ich mochte Maneskin am Anfang auch gar nicht und die haben dann immerhin 2021 gesiegt. Mal sehen.

In der Oper

Meine Freundin und Ex-Arbeitskollegin K. hat mich gefragt, ob wir gemeinsam noch unser NÖ-Card ausnutzen wollen, die ja noch bis März gilt, für ein Event in Wien oder Umgebung und wir haben uns letztendlich für eine Führung in der Staatsoper entschieden.

Zum Mittagessen haben wir uns bei Swing Kitchen in der Operngasse getroffen (unbezahlte Werbung). Swing Kitchen habe ich während der Coronazeit entdeckt und ich habe so schöne Erinnerungen daran, nicht unbedingt was das Essen selbst angeht, sondern das Gefühl, mit jemand besonderem dort zu essen. Aber die vegetarischen Burger selbst sind auch sehr gut. Diesmal wollte ich “Bacon” probieren und es hat tatsächlich nach Speck geschmeckt. Wir haben uns sehr gut unterhalten, K. hat oft andere Perspektiven auf Dinge als ich und das ist spannend, weil ich dann auch anders zu denken beginne.

Im Zuschauerraum, Blick auf die Mittelloge, oder wie Tarek Leitner sie nennt, Führerloge hahar (deshalb moderiert er heuer vermutlich den Opernball nicht mehr)

Um 14 Uhr waren wir bei der Oper, wo gleichzeitig Führungen auf Deutsch und Englisch, aber auch Italienisch und Spanisch starteten. Erstaunlicherweise ist es, trotz der vielen Gruppen gelungen, dass wir uns nie in die Quere kamen oder uns sonst irgendwie gegenseitig störten. Ein großes Thema bei der Führung war natürlich der Opernball, der ja in einigen Tagen stattfindet und manche Teilnehmer wollten wissen, was das alles so kostet. Eine normale Karte ist ja noch leistbar (385 Euro plus freiwiliger Spnede), nur darf man sich da nirgends hinsetzen. Und es ist auch sonst nichts inkludiert. Eine Loge kostet halt schon mal 25.000 Euro aufwärts.

Im Zuschauerraum war ich erstaunt, wir groß die Bühne der Oper ist. Und tatsächlich hat unsere Führerin dann bestätigt, dass die Bühne quasi genauso groß ist wie der Zuschauerraum selbst, nur sieht man halt immer nur einen Teil davon.

Bühnenarbeiter in Aktion

Was mich auch erstaunt hat, (obwohl eh logisch, weil fast jeden Tag ein anderes Stück aufgeführt wird): Es müssen täglich Kostüme, Requisiten und so weiter zwischen Oper und zum Beispiel dem Arsenal als Hauptlager hin und her geführt werden, was mir extrem ineffzient vorkommt. Natürlich muss auch die Bühne jeden Tag neu gestaltet werden. Unsere Führerin hat dann erläutert, wieso nicht zum Beispiel ein Stück zwei Wochen durchgehend gespielt wird, weil das einerseits früher so etabliert war, weil die Reichen als Zeichen ihrer Stellung jeden Tag in die Oper gingen und die wollten natürlich nicht dauernd dasselbe sehen und zweitens, weil es der Oper so möglich ist, viel mehr Stücke insgesamt zu zeigen, auch unbekannteres.

Stiegenaufgang der Oper

Wir sahen uns dann auch noch den Teesalon und die Pausenräume an. Jeder hat seinen eigenen Charakter, es wird auch der ehemaligen Operndirektoren gedacht, die ja oft selbst Musiker waren, wie Karl Böhm, Herbert von Karajan, Lorin Maazel etcetra. Außerdem hat sie zu darauf hingewiesen, dass man täglich die Chance hat, günstige Stehplatzkarten für denselben Tag zu bekommen. Sie rät aber von Stehplätzen bei Wagner Opern ab, ja kann ich mir vorstellen. Zu unbekannteren Stücken gibt es oft auch eine gratis Werkeinführung.

Am Ende kommt man noch in den total schönen Souveniershop (bin ein Opfer von sowas) – mit Kühlschrankmagneten und Karten und Häferln, Büchern, echt total nett. Und ich habe K. erzählt, dass ich selber irrsinnig lange im Ballett war, das wusste sie gar nicht. Ich hab ihr gesagt, meine Eltern wollten mich beschäftigen, damit ich mit sechs Jahren nicht auf die schiefe Bahn gerate (harhar); ich persönlich hätte ja auch nix dagegen gehabt, die Zeit einfach bei meinen Großeltern zu verbringen, wie sonst immer. DieLänge der Ausbildung hat nicht viel mit Talent zu tun hat, ich war nicht sonderlich begabt, und das sage ich nicht aus Koketterie, sondern es ist wirklich so. Besser war ich im Jazztanz, hat mir auch mehr Spaß gemacht.

Blick auf die Bühne, hinten das Requist/Haus für eine Vorstellung von Animal Farm

Priscilla, Elvis und Co., eins

Ich muss ehrlich sagen, ich kann mit Elvis Presley nichts anfangen. Meine Großeltern, bei denen ich aufgewachsen bin, mochten ihn nicht. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass er bei meinem Musik-affinen Vater irgendwo zwischen Bob Marley, Jazz und Wagner-Opern mal aufgetaucht wäre. Und ich persönlich konnte ebenfalls gar nicht andocken, weder musikalisch noch am Phänomen Elvis.

Insofern war ich nicht allzu gespannt auf Priscilla, den neuen Film von Sofia Coppola. Denn auch wenn es in diesem Film nicht direkt um Elvis geht, sondern eben um seine Frau, dachte ich mir, wenn ich den (ziemlich faden) Trailer sehe, kenne ich die gesamte Problematik. Nämlich: Die beiden heiraten sehr jung – Priscilla war 14 als sie sich kennenlernten – und dann verräumt Elvis sie auf Graceland, während er selbst um die Welt reist und Karriere macht. Auch wenn Coppola irgendwie auf die “Sad girls” abonniert ist und die mitunter auch hervorragend porträtiert – Lost in Translation ist nach wie vor einer meiner Lieblingsfilme und da passiert jetzt plottechnisch auch wenig – war ich skeptisch, ob Coppola da wirklich viel mehr herausholen kann. Aber dennoch war ich natürlich auch neugierig, weil ich unter anderem eine tolle Besprechung im FM4 Filmpodcast gehört habe (den ich diese Woche entdeckt habe, und der ganz super ist).

Nachdem ich den Film jetzt gestern gesehen habe, muss ich leider sagen, dass er mich tatsächlich nicht überzeugen konnte. Ich habe lange gegrübelt, woran das liegt und ich glaube, dass mir das gefehlt hat, was die frühe Sofia Coppola sehr ausgezeichnet hat: Stimmungen zu transportieren, ungeheuer starke Bilder zu erzeugen und musikalisch zu untermalen. Natürlich schafft Coppola es zu vermitteln, was zwischen Priscilla und Elvis schief läuft und darzustellen, dass Graceland im Prinzip ein goldenes Gefängnis für Priscilla war. Sie zeigt einen dominanten Elvis (Jacob Elordi), der kritisiert, wenn Pricilla (Cailee Spaeny) große Blumenmuster trägt, weil sie dafür zu klein wäre und, der möchte, dass sie dauernd daheim hockt und sich von ihr wünscht “keep the home fires burning”, also sehr Steinzeit-lastig. Darüberhinaus ist Pricilla, so skurill es auch klingt, ein bisschen ein Mutterersatz für ihn, eine Vertrauensperson, auf die er sich verlassen will. Diese Vertrautheit steht hier meilenweit über der wenig relevanten sexuellen Beziehung der beiden. Das alles ist handwerklich schon tadellos erzählt und auch sehr gut gespielt, aber es geht für mich nicht darüber hinaus. Mir fehlt ein Spin, der mir irgendwas zeigt, was ich nicht erwarte, in dieser Konstellation.

Sofia Coppola hat die Rechte an den Elvis Songs nicht bekommen – im Gegensatz zu Baz Luhrmann, der ja erst im vorigen Jahr seinen Elvis Film herausgebracht hat. Was natürlich daran lag, dass sie ja die “gegnerische” Seite beleuchtet hat. Das ist aber kein allzu großes Malheur, denn Coppola ist ja dafür bekannt, dass sie Musik sehr anachronistisch einsetzt, man denke an Marie Antoinette, wo das Leben der französischen Königin durchgehend mit Indiepop untermalt wird und das einfach toll ist, weil es genau diese Brechung ist, die ein relativ bekannter biografischer Stoff braucht, um irgendwie frisch zu wirken und man das Ganze aus einer anderen Perspektive sieht. Bei Priscilla ist mir die Musik dann eigentlich zu unauffällig und zu wenig kontrastierend.

Und weil mich der Film irgendwie so leer zurückgelassen hat, habe ich mir gedacht, ich muss im Anschluss gleich den Baz Luhrmann Elvis anschauen (auf Amazon Prime zu sehen, unbezahlte Werbung), um einen direkten Vergleich zu ziehen.

To be continued…

San Remo

Vor kurzem wurden die Teilnehmer an San Remo 2024 bekannt gegeben. Das italienische Musikfesival wird von 6. bis 10. Februar stattfinden.

Und wir sehen eine ganze Menge alter ESC-Bekannter.

Da wäre einmal Diodato. Falls der euch nichts im ESC-Zusammenhang sagt, ist das verständlich. Er wäre der Kandidat 2020 gewesen… stattdessen hat er sein trauriges Liebeslied Fai Rumore (“Mach Lärm”) dann in der leeren Arena di Verona gesungen, was schon auch sehr beeindruckend anzusehen war.

Weiters tritt Emma (Marrone) an. Die kennen wir aus dem Jahr 2014. Das Kind hat ihren Song La Mia Citta (“Meine Stadt”) geliebt. Live hat er aber dann nicht so gezündet, was relativ oft bei Italien passiert, dass sich der Charme ihrer Songs nicht so gut auf die ESC-Bühne transferieren lassen. Jedenfalls wurde Emma nur 21., ein außergewöhnlich schlechtes Ergebnis für Italien. La Mia Citta war übrigens nicht durch San Remo wie üblich zum ESC gekommen, sondern durch eine interne RAI-Entscheidung.

Auch bei San Remo heuer dabei Mahmood! Dieser ist schon zweimal beim Songcontest angetreten. 2019 mit dem Song Soldi (“Geld”) der – sind wir uns ehrlich – nur durch einen Michi Tschugnall Moment damals Zweiter geworden ist, weil Duncan Laurence mit Arcade an unsere niedersten Instinkte appelliert hat. Ja, Arcade ist auch nicht schlecht, aber Soldi ist bis heute einer meiner liebsten ESC Songs überhaupt, weil er einfach so außergewöhnlich und innovativ ist. Und Mahmood singt über eine Vater/Sohn Beziehung (gone bad), was beim Songcontest relativ oft vorkommt. 2022 hat er dann gemeinsam mit Blanco erneut San Remo gewonnen, mit Brividi (“Schaudern”). Ein Song, der absolut nichts mit Soldi zu tun hat, aber mir irrsinnig unter die Haut gegangen ist: sie besingen eine Liebe, die einfach nicht funktioniert (“Ich will dich lieben, aber ich scheitere jedesmal). Speziell Mahmood hat dabei in Höhenlagen gesungen, die für ihn etwas fragil sind, aber das passt so gut zu dem Inhalt des Songs, wo man auch nicht weiß, klappt es oder geht es schief. Die beiden belegten Platz 6. Bin wirklich neugierig, was er heuer bringt.

Na und dann haben wir noch Il Volo, die 2015 in Wien ihren Schmachtfetzen Grande Amore (Ja das weiß man wohl, was das heißt, und man kann den ganzen Text erfühlen, auch wenn man nicht Italienisch spricht) geschmettert haben. Ich bin ja echt kein großer “Popera” Fan, aber ich fand Grande Amore schon irgendwie super (siehe niedere Instinkte) und das Publikum in der Stadthalle (ich war ja live dabei yeah) hat getobt. Ich verfolge ihre Karriere in letzter Zeit aber nicht mehr wirklich und die Frage ist, wie viel Opernpop der ESC im Zweifel verträgt, ich glaube eher nicht so viel, obwohl sie in Wien den 3. Platz belegten und das Publikumsvoting damals sogar gewonnen haben.

Sveriges Bästa

In der neuen Folge des Merci Cherie Podcasts geht es um die besten Songs, die Schweden zum Songcontest geschickt hat und Marco Schreuder hat auch mich gebeten, meinen Platz 1 einzusprechen.

Vorab: Ich fand es jetzt nicht allzuleicht, eine Rangliste zu erstellen, weil Schweden ehrlich gesagt nicht zu meinen Lieblingsländern beim ESC gehört, obwohl das Land so erfolgreich ist und alle paar Jahre gewinnt. Und ja, die meisten Songs sind eh okay, aber vieles ist halt auch sehr generisch und glattgebügelt und ein bisschen – wie es im Songcheck mal hieß – Plastikware. Mein absoluter Horror war 2019 John Lundvik und sein Gospelchor, ich mein, was zuviel ist, ist zuviel!

Beim Podcast Voting war ja primär die Frage, gewinnt Abba oder Loreen oder gab es etwa doch eine Überraschung? Naja, das müsst ihr euch anhören. Ich habe letztendlich Loreen auf Platz 1 gewählt, weil Euphoria doch irgendwie Groundbreaking war und die Bühnenshow sehr speziell, zudem gehört Loreen zu den Künstlern, die live auch wirklich gut sind. Außerdem ist es ihr Verdienst, dass der Songcontest nach ihrem Sieg 2012 dann doch wieder relevant wurde und auch heute junge Menschen sich dafür interessieren. Ihr könnt mich ca. bei Minute 49 irgendwas hören.

Ich spiele es dem Kind vor und frage ihn wie cringe es ist.

Kind: “Gar nicht so cringe.”

Wow, das ist praktisch ein Kompliment.

Kind: “Wie hast du das aufgenommen?”

Ich: “Sprachnachricht WhatsApp.”

Kind: “Pfff.”

Ich: “Na glaubst, ich miet mir ein Tonstudio für drei Sätze?”

Kind: “Das kann man auch am PC aufnehmen.”

Ich: “Keine Ahnung wie das geht.”

Kind: “Pfff.”

Also bin ich doch wieder cringe. Harhar.

Spotify, Rückblick

Aus der Rubrik der gläserne Musikgeschmack, wieder mal die Spotify Jahrescharts, die ich dann zugegebenermaßen doch immer recht neugierig erwarte:

Da soll noch einmal jemand sagen, dass ich nur ESC Songs höre, nein, da ist auch San Remo dabei, sogar zwei Lieder in den Top fünf.

Prinzipiell muss ich aber zugeben, dass man meine Songs aus den Top 100, die nicht aus diesem Mikrokosmos (ESC, San Remo) stammen, fast an einer Hand abzählen kann…

Promise

Normalerweise freue ich mich ja immer, wenn ich off-season etwas ESC Content aufschnappe. Es gibt aber auch Ausnahmen.

Vorige Woche mussten Voyager, die Band, die dieses Jahr für Australien mit dem Song Promise angetreten sind und eine extrem tolle Bühnenperformance abgeliefert haben, nebenbei auch noch beim deutschen ESC Songcheck in Erscheinung getreten sind und sich selbst nicht so ernst genommen haben, einfach ein sehr sympathischer Beitrag zum ESC 2023 waren, ihre geplante Europatour absagen. Der Grund ist traurig: Der Frontman Danny Estrin, eigentlich Deutscher und als Kind mit seiner Familie nach Australien ausgewandert, hat eine Krebsdiagnose erhalten und muss sich sofort in Behandlung begeben.

Als wäre das an sich noch nicht schlimm genug, hat er nach dem letzten Konzert der Band in einem Video an seine Fans am vergangenen Wochenende erklärt: “From Top Ten Eurovison to Stage 4 Cancer in four months.” Das ist wirklich dramatisch. Und am Ende singt er dann ganz optimistisch Promise – “Promise me it’s gonne be alright.” Ich bewundere solche Menschen mit einer derartigen Kraft wirklich und ich wünsche ihm das beste. Ich hoffe, die nächsten News, die wir von Voyager bekommen, sind positive.

RIP Toto

Toto Cutugno ist gestorben.

Seinen größten Hit hatte er mit L’Italiano, in dem er die italienischen Stereotype gleichzeitig persifliert, wie auch manifestiert. Da ist von Kanarienvögeln in den Fenstern die Rede, den Spagetthi al dente, der Musik aus den Autoradios, den melancholischen Augen und vor allem von ihm selbst, mit der Gitarre in der Hand, der darum bittet, singen zu dürfen, weil er sei eben ein “echter Italiener”.

Der Song ist zeitlos gut, und ich habe ihn in meiner ESC Playlist, obwohl Cutugno mit einem anderen Lied gewonnen hat und zwar, nachdem er 1990 in San Remo ursprünglich nur Zweiter wurde (mit dem Song Gli Amori). Die Sieger wollten aber nicht zum ESC nach Zagreb fahren und so kam Cutugno zum Zug, der dafür einen speziellen Song komponierte. Es war das historische Jahr 1990 und der ESC war quasi ein Themenabend zum vereinten Europa und Songs mit Titeln wie Somewhere in Europe (Irland), Frei zu leben (Deutschland), Keine Mauern mehr (Österreich) oder Brandenburger Tor (Norwegen). Und eben Insieme: 1992 von Cutugno.

Man soll ja keine Klischees verbreiten, schon gar nicht in der heutigen Zeit, wo alles potentiell irgendwen offended, aber Cutugno ist schon mit der typischen italienischen Lässig/Wurschtigkeit nach Zagreb gereist, hat sich dort einen Chor von Einheimischen zusammengestellt und kam dann in Turnschuhen (damals nannte man die noch so) auf die Bühne, als es noch nicht “salonfähig” war.

Als er dann gewonnen hatte und Rom im folgenden Jahr den Bewerb austrug, moderierte er praktisch unvorbereitet. Gigliola Cinquetti, die andere ESC Gewinnerin für Italien (von 1964), co-moderierte und rettete, was zu retten war. Der gesamte Abend war mehr oder weniger auf Italienisch, so auf die Art, ja wer die Sprache nicht kann, hat eben Pech gehabt, das ist schon sehr badass. Und bei der Punktevergabe schwamm Cutugno dann nur noch, er wusste weder, mit welchen Juroren er sprach, noch wie viele Länder auf französisch ausgesprochen werden.

Vor einiger Zeit wurde der ESC 1991 im Rahmen von #eurovisionagain wieder ausgestrahlt und ESC Aficionado Marco Schreuder twitterte damals:

Ich denke, er hätte genau das gesagt. Weil er ist eben ein echter Italiener! Harhar.

Hier nochmal seine Sieger-Performance in Zagreb. RIP.

Verlust-Gewinn?

Letztens habe ich mit jemanden gesprochen, der gerade eine schwere Zeit durchmacht und er meinte, dass Leben bestehe eigentlich nur aus Verlusten. Ich habe darüber nachgedacht und im ersten Reflex fast zugestimmt, mit dem Zusatz, dass im Laufe der Zeit sogar immer schlimmer wird, jeder Verlust wird schmerzhafter, weil da ja schon die ganzen anderen Dinge sind, die vorher passiert sind.

Aber dann hab ich die Perspektive gewechselt und mir gedacht, jeder Verlust heißt doch auch und vor allem, dass etwas da war, worüber man – manchmal sehr – trauert. Und besser ist es doch, dankbar für die Dinge zu sein, die vor dem Verlust passiert sind, denn das waren wunderschöne Dinge und Zeiten. Ich denke, dass ich lieber mit diesem Blick auf mein Leben schauen will, so auf die Art: Don’t look back in anger.

Und bevor jetzt jeder glaubt, ich bin zur Zen-Meisterin geworden, nein, es gibt auch Abende, da höre ich mir eine Stunde Lieder an, die so schön traurig sind, dass ich weinen muss und dann mache ich das auch. Oder ich nehme dafür ein Stofftier in den Arm, weil das bei mir immer dazu führt, dass ich mir selbst sehr leidtue (harhar). Das ist manchmal auch ok und gut so, denn wie Frou Frou in ihrem Song Let Go schon sang: “There is beauty in the breakdown.”

Aber: Es nicht nicht nur Schönheit im Breakdown, sondern auch in dem Moment, wo man die Tränen trocknet und das tut, was dem eigenen Leben Sinn gibt.

Jetzt red ich doch wie eine Zen-Meisterin. Sorry.

Frances Ha

Einen Tag vor Barbie habe ich einen Film gesehen, der zwar nicht von Greta Gerwig ist – Regie führte ihr Mann Noah Baumbach – aber mit ihr in der Hauptrolle, und dieser Film war in gewisser Weise das totale Gegenteil von Barbie. Schwarzweiß, sehr low key, Porträt einer Antiheldin, immens subtil. Also schon ein ganz schöner Sprung in nicht mehr 24 Stunden von diesem zu jenem.

Frances Ha hat es im de france gespielt und was wirklich witzig war: Ich habe nicht nur einen Nachbarn aus dem Haus im Kino getroffen, nein, er hatte sogar noch den Platz neben mir, ich mein, was für ein Zufall. So konnten wir mal länger plaudern, sonst sehen wir uns ja meistens nur im Stiegenhaus. Am Ende des Filmes meinte er, er sei in seinem Leben noch nicht auf sovielen Parties gewesen sie Frances in dem Film in einigen Monaten. Harhar.

Letztendlich ist Frances Ha das Porträt einer New Yorker Tänzerin, die gerne von ihrer Kunst leben würde, aber natürlich auch noch die Miete zahlen muss. Für ihr Alter “müsste” sie schon viel mehr erreicht haben, aber wie das oft so bei Baumbach/Gerwig Filmen ist, es wird doch eher ein kritisches Bild von gesellschaftlichen Erwartungshaltungen gezeichnet, was sowohl Job- als auch Partnersuche betrifft. Das Motto ist eigentlich immer: Sei du selbst, auch wenn du abgebrannt bist und aneckst, wenn du anscheinend alles “falsch” machst, bleib dir selbst treu. Und das ist doch immer eine gute Botschaft. Zumal Frances Ha – ähnlich wie auch Mistress Amerika – auch sehr komisch ist. Und die Musik ist super: David Bowie, Paul Mc Cartney, Bach, Mozart. Harhar.

Und es gibt diese legendäre Aussage im Film, als Frances Freundin erstmals ihre neue WG besucht und über die Wohnung feststellt: “This appartment is very aware of itself.” Brilliant!

Warum es übrigens Frances Ha heißt – die Protagonstin heißt eigentlich Halladay? Tja, dafür muss man sich den Film ansehen. Auch eine schöne Metapher, wie ich finde.