almis personal blog

ESC Griechenland 22

Griechenland schickt heuer Amanda Georgiadi Tenfjord ins Rennen, die mit Die Together eine ordentlich creepy Message an das ESC Publikum sendet. Das letzte Jahr ihrer Beziehung sei furchtbar gewesen, so zieht sie Resümee, aber anstatt daraus Schlüsse zu ziehen, wie sich zum Beispiel von seinem Partner zu trennen, hat Frau Tenfjord die Idee, man könne doch genausogut gemeinsam sterben.

Zitat:

Cause if we die together now

We will always have eachother

I won*t lose your for another

Ok na ja, so kann man es natürlich auch sehen, aber liebe Frau Tenfjord, Sie sind vermutlich noch keine 30 Jahre alt und sein Leben für die erste große Liebe wegzuwerfen, das will wohlüberlegt sein. Da kommt noch was anderes nach, ehrlich, auch wenn es sich gerade nicht so anfühlt. Aber die Protagonistin in dem Song hat überhaupt ein paar sehr na ja, psychotische Züge, wenn sie dem Freund zuerst eine Liebeserklärung abringen will, um ihn dann zu bitten im buchstäblich das Herz rauszureißen und zwar nicht im metaphorischen Sinn.

Lana del Rey wäre stolz! Und das ist in seiner Ästhetik des Grauens schon auch irgendwie faszinierend, aber halt eben auch ordentlich düster.

ESC: How to write a comedy song

Angelehnt an den 2018-er Alexander Rybak Song That’s how to write an song, stelle ich heute in den Raum: That’s how to write a comedy song. Ich habe dafür ein anschauliches Beispiel und ein Beispiel dafür, wie man es nicht macht.

Kommen wir zuerst zum Positivbeispiel. Die Band Zdob si Zdub für Moldawien. Bereits zweimal haben sie am ESC teilgenommen, 2005 wurden sie Sechster, 2011 erreichten sie Rang 12. Ihr heuriger Song heißt Trenulețul und ist ein m.E. witziger und origineller Song, der sich selbst nicht ganz ernst nimmt, dabei aber nie ein gewisses Niveau unterschreitet. Das Video ist sogar großartig. Die Musiker fahren mit dem Zug von Chișinău, der Hauptstadt von Moldawien, nach Bucharest, der Hauptstadt von Rumänien und singen über das, was die zwei Länder verbindet. Laut der Band: so einiges, Zitat: sind sie eins oder zwei? Wenn man ausssteigt, denkt man, man sei immer noch im selben Land usw. Das Video hat massive Grand Budapest Hotel Vibes und Optik.

Dem gegenüber: Die Band Citi Zeni für Lettland.

Mit dem Song Eat your salad verbinden sie in einer wahrscheinlich noch nie dagewesenen Symbiose den grünen Umweltgedanken mit extrem sexistischem Wording. Ja, ja, natürlich sind die Fridays for Future Anklänge an sich schon ironisch und im Merci Jury Podcast heißt es, dass lesbischen Frauen diesen Song auf TikTok feiern, aber die Lyrics: “Instead of meat, I eat veggies and pu***” muss man mögen. Ich mag es nicht und find es blöd und tief. “My sausage is bigger” ist auch nicht gerade der Gipfel an subtilem Witz, das ist eher Bierzelt-Schmäh. Und die Musik gefällt mir auch nicht, war noch nie ein Funk-Fan. Von mir aus muss das nicht ins Finale kommen.

P.S. Natürlich dürfen sie beim ESC nicht pu*** singen, sie singen stattdessen dann nichts. Na ja…

ESC Sweden 22

Schweden gehört zu den erfolgreichsten Nationen des ESC. Nicht nur, dass sie in den letzten zehn Jahren zweimal gewonnen haben, der Sieg von Loreen markierte quasi die Wiedergeburt des ESC oder das Ankommen in der Neuzeit, nachdem der Bewerb schon kurz davor war, sich selbst abzuschaffen. Im Merci Cherie ESC Podcast werden die Gäste immer nach ihren absoluten Lieblingsliedern des Bewerbs gefragt und wenn ich sagen würde, dass Euphoria jedes zweite Mal genannt wird, ist das eine glatte Untertreibung.

Anyway: Schwedische Songs sind sehr oft ziemlich massentauglich. Das ist aber auch gleichzeitig ihr Manko. Sie sind oft zu gut produziert, zu perfekt durchkomponiert, zu aalglatt. Oder wie Peter Schreiber in einer Merci Jury Folge 2021 gesagt hat: “Vielen ist Schweden ja zu polished und zu Baukasten. Die Schweden wissen How it’s done.” Ja, das wissen sie definitiv, das ist auch anzuerkennen, aber mögen muss man das dann nicht unbedingt (immer).

Mir geht es heuer ein bisschen so mit Cornelia Jakobs, die eine tolle Stimme hat. Der Song Hold me closer ist aber irgendwie das zu musik-gewordende Billy Regal. Nix gegen Billy-Regale, ich hab selber welche. Hübsch, solide, gute Qualität und man weiß, was man kriegt. Aber originell oder überraschend ist da jetzt halt auch nichts.

Die Buchmacher haben das derzeit auf Platz 3 (hinter Ukraine und Italien) und das wird ziemlich sicher auch in die Top 5 kommen.

Die wahren Abenteuer des Andrè Heller, zwei

Was ich so wunderbar im Andre Heller Porträt finde – dass er so schön spricht und erzählen kann. Ich könnte ihm wirklich stundenlang zuhören und oft ist er auch sehr witzig. Beispielsweise wird in der Doku ein Filmausschnitt aus den 1970er Jahren gezeigt, in dem er fordert, dass der Wiener Dialekt an Unis und Schulen gelehrt werden sollte, statt Latein und Griechisch (“völlig überflüssig”), und er kommentiert dabei aber vor allem sein damaliges Outfit: “Was ich da anhabe! Ein Duschvorhang, der eine Liasion mit einem Nachtkastl hatte, hat ein Oberteil für Herren geboren – so schaut das aus.”

Er erzählt auch, dass immer, egal was er tut, bis zum heutigen Tag Menschen aufstehen und sagen: So nicht! Auch in seiner Familie wurde er darauf hingewiesen: “Du, wenn das, was du da gerade vorhast, irgendjemand brauchen würde, dann gäbe es das schon!” Seinen vielleicht größten Dämpfer hat er bei der Premiere seines Theaterstückes King-Kong-King-Mayer-Mayer-Ling erfahren. Ein Stück, in dem seine damalige Frau Erika Pluhar und Herwig Seeböck spielten, im Publikum, laut Heller, das “stänkernde Wien”, ein “Pöbel an KünstlerInnen”. Curd Jürgens saß ebenfalls im Publikum und animierte die anderen zum Tumult und Buh-Rufen. Heller sagt, die Kunstszene hätte sich gedacht: “Also wenn er schon singt, das können wir jetzt nicht mehr verhindern, dass er Säle füllt, aber ein Theaterschriftsteller wird uns der nicht!” Die Kritik hat ihn derart entmutigt, dass er lange tatsächlich nichts mehr geschrieben hat.

Dann erzählt er auch, dass er oft unter schweren Angstzuständen leidet und die Ärzte ratlos sind. Eventuell wären da “Walk In’s” – die von ihm quasi Besitz ergreifen. Das war interessant, dass er das gesagt hat, denn von “Walk In’s” ist vornehmlich in Access Conciousness (TM) die Rede, mit dem ich mich beruflich und auch privat ein wenig beschäftige. Er meint außerdem, dass das Künstlertum vor allem zu einem gut sei, nämlich ein Schutzmantel zu sein, dass man sich einige Verrücktheiten erlauben könnte, die dem Durchschnittsmenschen nicht so leicht verziehen werden. Bei ihm hingegen heiße es: “Na ja, ist halt ein Künstler, dann soll er halt sein Geld anzünden und damit riesige Skulpturen aus Feuer machen und dazu Musik von Händel spielen”.

Die wahren Abenteuer des André Heller, eins

Ich bin gegenüber der Hellerfabrik aufgewachsen. Bis 1971 wurden dort Schokolade und Zuckerl produziert. Ich bin erst 1976 geboren, es roch also nicht mehr permanent nach Süßem, als ich dort gelebt habe, aber die Fabrik stand trotzdem noch ganz schön imposant da. Erst Jahre nachdem ich ausgezogen bin, wurde sie zu einem Pflegeheim umgebaut. Es hat ziemlich lange gedauert, bis ich draufgekommen bin, dass die Heller Zuckerl etwas mit André Heller zu tun haben. Sein Großvater war nämlich einer der beiden Gründer der Fabrik.

Wie komme ich da jetzt drauf? Am Wochenende lief auf ORF anlässlich von Hellers baldigem 75. Geburtstag eine Doku mit dem Titel Die wahren Abenteuer des Andre Heller. Meine Mama hat mir davon vorgeschwärmt und so habe ich sie mir gestern angesehen und diese Doku und natürlich der Mensch André Heller ist wirklich, wirklich faszinierend und interessant. Ich hatte ja sehr lange ein falsches Bild von André Heller oder ein Bild, das veraltet war. Ich dachte, er sei sehr arrogant und abgehoben. Das war er auch junger Mensch, er war eine “Rotzpippn” wie er selbst sagt, und auch: “Ich habe eine so grandiose Eitelkeit gehabt, jahrzehntelang, weil ich so ein armseliges Selbstwertgefühl gehabt habe.” Und die Eitelkeit, so Heller, habe das nie ausgleichen können. Man fresse, sagt er, Anerkennung und scheide sie quasi unverdaut wieder aus. Das ist natürlich auch das spannende bei Heller, wie er sich pemanent selbst hinterfragt und analysiert.

Er ist jemand, der polarisiert. Unglücklich aufgewachsen in einem Schweizer Internat, ein strenger Vater, zu dem er im Grunde keine Beziehung hatte und dessen früher Tod ihn erleichterte, eine Mutter, mit der er permanent aneinandergerät, wurde dann ein überheblicher Radiokommentator, ein Künstler, der aber auch nicht in den Wiener Kunstbetrieb passte, der austeilt und selbst auch stark angefeindet wurde – was er so umschrieb: “In Wien musst erst sterben, damit dich die Leute Leben lassen, aber dann lebst lang.” Er sagt über sich selbst, er war eine “Primadonna der Exzentrik” und wenn Leute in seine Vorstellungen kamen, dann wusste er nicht, ob sie ihn verstehen oder nur sehen wollen, wie es ihn auf die “Pappn” haut.

Man weiß ja oft gar nicht, was ist André Heller eigentlich, wofür ist er tatsächlich bekannt? Er hat eine Universalbegabung. Er ist Sänger und Liedermacher, ebenso wie Moderator, Poet und Schriftsteller, Schauspieler, Filme und Zirkusmacher (im wahrsten Sinn des Wortes), Kulturmanager – obwohl das Wort für ihn total unpassend ist, Visionär, Createur – obwohl er so stark aneckt, ist er andererseits kommerziell auch extrem erfolgreich. Wie er selbst sagt, gibt es in Europa wohl niemanden, der mehr Ticktes für Shows verkauft hat als ihn; aber Shows interessieren ihn nicht mehr, die Shows hat er ausgereizt. Ihn interessieren Preise genauso wenig wie – wie gesagt – die Aufnahme in elitäre Künstlerkreise. Eigentlich, so denke ich, nachdem ich die Doku gesehen habe, geht es ihm darum, dass das Gefühl stimmt, dass er mit sich selbst glücklich ist. Und ich denke, das ist er.

Poly

Auf Sky hab ich eigentlich nach der Doku über And Just LIke That Ausschau gehalten; die habe ich nicht gefunden, dafür eine Doku von Louis Theroux, die sich da nennt: Polyamorie – Liebe ohne Grenzen. Sowas interessiert mich ja immer sehr. Harhar.

Jedenfalls trifft Theroux, der übrigens der Cousin des sehr weirden (in a good way) Schauspielers Justin Theroux ist, in dieser Doku Menschen, die “poly” leben. Das bedeutet, sie haben nicht nur eine Liebesbeziehung, sondern mehrere, die halbwegs gleichberechtigt nebeneinander laufen. Eine gewisse hierarchische Abstufung gibt es manchmal schon, also einen Hauptpartner, aber die anderen PartnerInnen werden auch geliebt und diese Beziehungen sind nicht nur sexueller Natur. Es ist nicht ganz einfach zu beschreiben, weil Theroux verschiedene Menschen besucht und es läuft natürlich nicht überall ganz gleich ab.

Da gibt ein Paar, das verheiratet ist und wo die Frau einen zweiten Partner hat, der auch verheiratet ist, aber die anderen beiden Teile der Paare haben niemanden (auch wenn es “erlaubt” wäre). Dann gibt es Paare, wo alle Beteiligten mehrere Partner haben. Und dann gibt es eine Konstellation, wo eine Frau mit zwei Männern lebt. Sie schlafen auch zu dritt in einem Bett. Theroux fragt dann nach, wie das so wäre, ob sie zu dritt Sex haben, was sie aber verneinen, weil einer wäre immer “ziemlich schnell fertig” und der andere nicht und das wäre dann für den einen recht fad. Aber nachdem es so ist, dass sie zu unterschiedlichen Zeiten zur Arbeit gehen bzw. nachhause kommen, hat die Frau immer eine Stunde mit jedem alleine. Man merkt Theroux an, dass er sich das recht anstrengend für die Frau vorstellt. Harhar.

Prinzipiell geht es bei der Polyamorie oft darum, dass nicht ein Mensch alles für einen anderen Menschen sein kann. Also, dass nicht ein Mensch einem anderen alles bieten kann, was derjenige braucht. Das ist ganz sicher zutreffend, weil das ja auch ein Ding der Unmöglichkeit ist, aber wie Thereoux sagt, ihm ist klar, dass seine eigene Frau beispielsweise gerne mit ihren Freundinnen ausgeht und Dinge ohne ihn macht, das gehört auch für ihn zu einer Beziehung dazu, dass der andere seinen Freiraum hat. Aber in monogamen Beziehungen gibt es eben die bekannten Grenzen. Ist das nun spießig, beschneidet man sich und den Partner da selbst, ist man zu konservativ oder ist Poly doch etwas so etwas wie eine “langsame Scheidung” (so formuliert es Theroux einmal, nicht seine Worte, es ist ein Zitat)

Generell ist Theroux ideal als Chronist, weil er, wie er selbst sagt Brite ist und doch auch irgendwie zurückhaltend, dabei aber schon sehr “openminded”, was andere Beziehungsformen angeht, auch wenn er selbst niemals so leben würde – das sagt er auch ganz offen. Mir geht es da wie ihm. Ich finde es total interessant und habe da auch keine moralischen Einwände gegen solche Beziehungsformen. Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass ich das niemals aushalten würde und, dass ich mich nicht daran erfreuen kann, wenn mein Partner mit einer anderen schläft. Aber Menschen sind halt unterschiedlich.

Brividi

Also folgendes. Gestern war das Finale von San Remo und wir wissen ja: Die SiegerInnen von diesem 5 tägigen italienischen Musikfestival, das viele, viele Stunden dauert, fahren in der Regel zum Song Contest (außer sie wollen das explizit nicht). Das musikalische Niveau auf diesem Festival ist immens hoch, was ja auch das Abschneiden von Italien beim ESC belegt. In den letzten zehn Jahren war Italien beim ESC acht Mal unter den Top 10, fünfmal davon sogar unter den Top 5, ein Sieg, voriges Jahr.

Mahmood war der Sieger von San Remo 2019 mit Soldi, meiner Meinung nach einem der besten ESC Songs der jüngeren Geschichte. Er wurde letztendlich Zweiter, m.E vor allem deshalb, weil Soldi zwar ein ungeheuer toller Song ist, aber nicht unbedingt ein optimaler Song für eine Bühne. Schwer rüberzubringen, ist ihm auch leider nicht ganz gelungen beim ESC. Heuer ist Mahmood wieder in San Remo angetreten, diesmal mit einem 19jährigen Sänger namens Blanco und dem Song Brividi. Und was soll ich sagen? Ich habe das Lied vor drei, vier Tagen das erste Mal gehört – gleich “Live” also auf der San Remo Bühne und war echt begeistert. Er ist nicht unbedingt so hip wie Soldi das war, aber so ein richtiger Cantautore Song, ich finde ihn wunderschön, und er ist defiintiv ein Song für eine große Bühne. Ach ja, und sie haben gewonnen.

Jetzt ist es so, dass Mahmood im Mai eine Italientour hat. Huch. Aber interessanterweise gibt er einen Tag vorm Grand Finale in Turin ein Konzert in …. Turin. Ganz schön praktisch.

Ach ja, Brividi heißt übrigens Schüttelfrost. Ich gebe aber zu, dass mein Italienisch nicht gut genug ist, um das zu wissen, ich hab das auch googlen müssen. Ging es bei Soldi um die schlechte Beziehung Mahmoods zu seinem arabischen Vater (zumindest semi-autobiografisch) handelt Brividi von jemanden, der lieben möchte, aber das irgendwie nicht schafft: “E ti vorrei amare, ma sbaglio sempre” – ziemlich undurchsichtig ingesamt, die Lyrics, aber soo poetisch, zumindest so weit ich das verstehe – die deutschen Übersetzungen, die ich bisher gefunden habe, tun sich auch ziemlich schwer. Oder es ist halt einfach ein Text, der sehr viel Spielraum für Interpretationen lässt.

Gewinnen wird das wohl nicht – und ich glaube auch, dass Italien nicht scharf darauf ist, den ESC zweimal hintereinander auszutragen, aber in die Top 5 sollte das schon kommen. Und selbst wenn nicht, ist es (wiedereinmal) ein wunderbarer italienischer Song.

Verstörende Videos, sechs

Aus aktuellem Anlass heute – Meat Loaf, I would do anything for love.

Um Himmels Willen, wo soll man da anfangen? Zunächst mal: das Video ist von Regisseur Michael Bay, dessen Euvre nicht unbedingt für die feinen poetischen Zwischentöne bekannt ist. So ist auch das Videos zu Meat Loafs Kultsong alles andere als subtil, dezent oder auch nur ansatzweise geschmackvoll. Meat Loaf spielt die Hauptrolle als quasi entsteller Mann/Monster (Hallo Phantom der Oper!), die Ausstattung gibt alles her, was als Insignien der soften Rock-Ballade mit einem Schuss Satanismus gelten kann: Kerzen, Spiegel, ein altes Schloss, Gräber, junge Frauen, funkelnde Ringe und äh Motorräder. Alles getaucht in eine unfassbar weichgespülte B-Movie Ästhetik.

Die Bestie alias Meat Loaf wird von der Polizei gesucht und dann verfolgt, warum wird nicht klar, aber es gibt gelbes Absperrband und jede Menge Taschenlampen. In Meat Loafs Kaffeetasse spiegelt sich ein Modell, das später ein Bad in seiner Badewanne nimmt, allerdings mit einer Art Feinripp Badeanzug bekleidet. Hätte man stattdessen nicht einfach ein Vollbad mit Schaum daraus machen können? Und warum kommen dann noch zwei weitere Frauen dazu und räkeln sich auf einem King Size Bett – gibt es noch andere, nachvollziehbare Erklärungen dafür, als einfach #ausgründen? Und warum singen Meat Loaf und das Modell lieber ein Duett als die Flucht zu ergreifen, wenn die Polizei schon das Haus nach ihnen absucht. Fragen über Fragen.

Wenn man sich das Video in all seiner epischen Breite so ansieht, kann man durchaus den Eindruck gewinnen, als würde es von der tatsächlich oft angestellten Überlegung – was würde Meat Loaf nicht aus Liebe tun – ablenken wollen und stattdessen weitere Ratlosigkeit sähen. Bei mir hat diese Taktik jedenfalls sehr gut funktioniert.

Neustart

Normalerweise ist der Jänner ja eher ein ereignisloser Monat, das neue Jahr ist noch nicht so richtig in Schwung und man selber auch nicht. 2022 bildet da für mich eine Ausnahme. Ich habe in diesem Jahr schon einige Dinge gemacht, die mich herausgefordert, die mir Angst gemacht, die mich belastet und dann auch wieder bestärkt haben. Kaum zu glauben, was alles in gerade mal drei Wochen passiert ist.

Jedenfalls weiß ich nicht: liegt es am Alter oder an der Pandemie, an der Politik, an dem, was man mittlerweile täglich in den Medien hört, an den Wechseljahren oder was auch immer, aber erstmals in fast 46 Jahren habe ich einen Zustand einer quasi allumfassenden Wurschtigkeit erreicht. Wo ich mich jahrelang andauernd in Frage gestellt habe, mir alles zu Herzen genommen, mir Sorgen gemacht, die Schuld oft bei mir gesucht und dann auch versucht habe, es allen Recht zu machen, hat mich dieses neue Jahr und Begleitumstände gelehrt: es geht sich nicht mehr aus. Ich höre damit jetzt auf. Es ist mir egal, wer was warum über mich denkt, ich höre auf, mich permanent zu rechtfertigen und zu entschuldigen, ich leb jetzt einfach mein Leben.

Es war natürlich nicht nur dieses neue Jahr, sehr viel habe ich auch bereits im letzten Jahr reflektiert, ich habe beruflich in Access Conciousness hineingeschnuppert, ich habe angefangen aufzuschreiben, was mich glücklich macht, wie ich schnell in einen Zustand innerer Zufriedenheit komme, ich habe Youtube Videos zu Persönlichkeitsentwicklung geschaut und ich habe Menschen kennengelernt, die mir neue Perspektiven gezeigt haben. Gleichzeitig hab ich mit Twitter (das ich mal geliebt habe) und den meisten anderen sozialen Medien aufgehört, ich habe aufgehört ORF (der mich langsam aber sicher wahnsinnig gemacht hat) anzuschauen, meinen generellen Medienkonsum beschränkt und vor allem hab ich einem Menschen geglaubt, der mir sagt, dass ich richtig bin so wie ich bin, und der in der Nacht meine Hand hält, wenn ich unruhig werde.

Fast 46 Jahre hab ich für diese Erkenntnisse gebraucht, das hat so gesehen eh relativ lange gedauert und ich bin mir auch sicher, dass ich in – sagen wir – zehn Jahren noch viel mehr über mich wissen und verstehen werde. Und ich bin sehr gespannt, was das sein wird. Einstweilen mache ich einfach weiter.

AJLT – und weiter gehts

Nach mittlerweile fünf Folgen And Just Like That sagt die IMDB Bewertung 5,4 – was doch ziemlich schlecht ist. Ich finde aber, es wird doch besser als die ersten beiden Folgen befürchten ließen.

SPOILER!

Allerdings ist das Altersthema immer noch allgegenwärtig, die Serie umgibt nach wie vor eine leicht geriatrische Aura. Letztens war Carrie ihre Hüfte operieren. Zwar aufgrund eines angeborenes Leidens, aber wie Miranda sagt: “Hip as an adjective is young, but hip as a noun is kind of old.” Woraufhin Anthony bemerkt: “If we are being honest: hip as an adjective is knocking on the nursery door too.”

Nach der OP ist Carrie fast bewegungsunfähig und muss zur Toilette gebracht werden. Während Charlotte sie also dahin schleppt, sagt sie zu ihr – Achtung Metaebene! – “This is a very special episode of Friends – The One where they lower her to the toilet” Harhar, das war schon witzig.

Meine subtile Lieblingsszene der Folge ist aber die, in der Charlotte und Harry die Schule ihrer Tochter verlassen, wo Rose sich gerade als non-binär deklariert hat, weswegen die Goldenblatts dort ein sehr “wokes” Gespräch mit Lehrerin und Schulpsychologin hatten. Und während sie so durch die Gänge gehen, hört man eine Klasse Life on Mars von David Bowie in einer Chorversion singen: And the stars look very different, today…