almis personal blog

zweitausendsechsundvierzig

endlich 2046 gesehen. den film von wong kar wai. die lose fortsetzung eines der besten filme des letzten jahrzehnts, in the mood for love

während in the mood for love die geschichte eines paares erzählt, deren große liebe am vollzug scheitert, ist 2046 die geschichte eines mannes, der der liebe abschwört. obwohl chow (tony leungh) seine freizeit in gesellschaft vieler frauen verbringt, mit ihnen tanzt, mit ihnen trinkt und jede nacht mit einer anderen schläft, weist er die liebe zurück, wo sie ihm begegnet, ihm sich quasi aufdrängt, er sagt: "in love you can’t bring on a substitute." das klingt zugegebenermaßen etwas nach gabriel barylli oder nach olivers story (der fortsetzung von love story), 2046 ist aber meilenweit davon entfernt, einfache lösungen anzubieten oder bestimmte klischees zu bedienen.

das liegt auch daran, dass 2046 ein film ist, der auf verschiedenen ebenen gleichzeitig abläuft. der film spielt in den 1960er jahren, 2046 ist die nummer eines hotelzimmers, das jahr in dem hongkong der sonderstatus von china abgesprochen wird, der titel eines romans, den chow schreibt und der name der stadt, von der dieser roman handelt. verwirrt? so fühlt man sich beim genuß des filmes sehr oft. gleichzeitig betören wong kar wais unverkennbar ästhetisch und detailverliebte bilder.

fast immer liegt die die stadt im dunklen, opernmusik ist zu hören, die protagonisten sind elegant gekleidet, gehen aus. als zuschauer fühlt man sich einerseits hautnah dabei, in den mondänen bars und restaurants, als wäre die flirrende luft zum greifen nahe. andererseits wird man von den kalten sci-fi artigen einschüben – quasi metaphern auf chows lebensphilosophie – auf distanz gehalten, nur um sich ein paar minuten später wieder als voyeur zu fühlen, wenn sich chow und eine seiner frauen im bett eines hotelzimmers hin und her wälzen. auch wenn die gefahr groß scheint: nie verkommen die bilder zu reinen manierismen.

erinnerung – so chow – ist immer in tränen gebadet. bei wong kar wai ist jede einzelne davon bittersüß und wunderschön anzusehen, wie schon der trailer verheißt.

das waren die oscars, zwei

nun also zu den gewinnern.

die schauspieloscars gehen 2010 allesamt an die favoriten in der jeweiligen kategorie. das klingt unspannend, ist es in diesem fall allerdings nicht unbedingt. mit christoph waltz gewinnt erstmals seit maximilllian schell 1962 ein österreicher einen schauspielaward. waltz war der große favorit für seine rolle als hans landa in inglorious basterds, doch: it aint’ over till it’s over. auch brokeback mountan war 2005 der larger than life favorit und musste sich letztendlich crash geschlagen geben – jack nicholson ist beim verlesen fast die brille aus dem gesicht gefallen, vor schreck. waltz jedenfalls schafft es, seine rede ist kurz, schlicht und dennoch charmant. jubel! hochverdiente sache. auch die beste nebendarstellerin, mo’nique für precious war angesagt. selbstbewusst meint sie, ihre auszeichnung bedeutet: "it can be about the performance – and not about the politics".

sandra bullock, die beste hauptdarstellerin (the blind side) hatte am abend zuvor die goldene himbeere entgegen genommen (natürlich für einen anderen film, harhar). sich den razzie persönlich abzuholen, zeugt von viel humor und selbstironie. alexander horwath mutmaßte, dass der preis auch für den typus stehen kann, den bullock verkörpert. sie sei keine virtuosin, aber sie verkörpert gekonnt selbstständige frauen, die doch liebesbedürftig sind. vielleicht, so horwath, wollte man auch ihre trademark ehren. bullocks acceptance speech war emotional, witzig und sympathisch. immer wieder verwies sie auf ihre mitkonkurrentinnen und deren leistungen. der oscar für jeff bridges schlußendlich war überfällig oder wie horwath meinte, es handelt sich um einen "akkumulativen" preis (alias lebenswerk, aber horwaths formulierung ist hübscher). bridges war zum fünften mal nominiert und hat sich in der vergangenheit als äußerst wandlungsfähiger darstelller bewiesen. für viele ist und bleibt er zwar der dude (the big lebowski), er überzeugte aber auch schon früher als im prämierten film crazy heart als musiker, etwa in the fabulous baker boys. eine seiner sensibelsten rollen ist vielleicht die als "verwaister" vater in the door in the floor.

die kategorien beste regie und bester film dominierte das kopf an kopf rennen zwischen james cameron (avatar) und seiner ex-frau kathryn bigelow (the hurt locker). avatar hatte sein momentum im dezember, der enorme hype um den film war seinen oscarchancen vermutlich eher abträglich. in den letzten wochen wurde bei awards daily und in anderen film-insiderforen von einer trendwende hin zu the hurt locker gesprochen. alexander horwath hat zum film die exakt selbe meinung wie ich (die technischen preise gehen in ordnung, die story ist aber ziemlich dünn geraten) und vermutet außerdem, dass cameron aufgrund seiner selbstgefälligkeit nach dem titanic sieg viele sympathien bei der academy verspielt haben könnte. tatsächlich gewann bigelow beide preise und obwohl ich kein faible für "kriegsfilme" habe, werde ich diesen wohl sehen, um mir selbst ein urteil bilden zu können.

das waren die oscars

das größte erfolgsrezept der jährlichen oscarverleihung sind die unterschiedlichen "lesarten", in denen man die academy award show genießen kann. abgesehen von auf der hand liegenden grund, der neugier auf die gewinner, kann man die oscarverleihung auch als fashion show rezipieren, als promi-spotting event, als großes unterhaltungsformat mit gesang und tanz; man kann sich auf insiderjokes freuen oder auf die zuspielungen, die das alte hollywood ehren; auf die neuen sternchen oder auf die alten haudegen. interessant ist auch immer die leistung des hosts. die oscarshow ändert sich von jahr zu jahr, wenn auch nur in details.

2010 hat man sich entschieden, die moderation einem komikerduo zu überlassen: steve martin und alec baldwin. eine hervorragende idee, an die die ausführung leider nicht ganz heranreichte. zum einen wurde den hosts des abends zu wenig zeit gegeben. abgesehen vom standup am anfang der show, tauchen martin und baldwin später kaum mehr auf. zuviele andere stars werden zu "presentern", die eigentlichen moderatoren treten in den hintergrund. wenn man heuer schon zehn (statt fünf) filme für "best picture" nominiert hat, wieso lässt man nicht die hosts selbst diese filme präsentieren? zum anderen sind martin und baldwin zwar witzig, aber lange nicht so spritzig wie beispielswese hugh jackman im vergangenen jahr. seine musical-artige interpretation der moderatorenrolle habe ich als ambivalent erlebt, sein enthusiasmus war allerdings in jedem fall mitreißend. martin und baldwin wirkten schon am anfang des abends irgendwie erschöpft. höhepunkt ihrer performance: die paranormal acitvity parodie. mehr davon wäre schön gewesen. mein hightlight bleibt also weiterhin jon stewart 2006.

erfreulich war, dass sich die produzenten der show heuer wieder dazu entschließen konnten, mehr ausschnitte aus den nominierten filmen zu zeigen und die besten nebendarsteller filmisch vorzustellen. die für die beste hauptrolle nominierten wurden mittels mini-laudatio von kollegen präsentiert. was irgendwie eine spur zu pathetisch rüberkommt. wie immer wurde den im vergangenen jahr verstorbenen kollegen aus dem filmbusiness gedacht – und hierbei waren zwei dinge auffällig: wenn man michael jackson heißt, hat man keine berufsbezeichnung (wie bei den anderen "writer", "director" oder "producer") und farah fawcett wurde – wie mittlerweile bekannt ist – mit absicht ausgelassen. begründung: fawcett wäre eher eine tv-darstellerin gewesen. und welchen beitrag hat der am gleichen tag verstorbene michael jackson speziell fürs filmbusiness geleistet? fawcett war immerhin golden globe nominiert (1986 für extremities) und hatte in ihren letzten monaten die mediale aufmerksamkeit auf ihrer seite. es war klar, dass ihr fehlen protest, auch beim publikum, auslösen würde.

to be continued…

der tag danach

bin dabei, die aufgezeichnete oscar-show anzuschauen. 

das dauert wohl noch ein paar tage. alexander horwarth hat wieder einiges interessantes zu erzählen und auch sonst mache ich mir viele notizen beim ansehen. 

dabei werde ich allerdings von host steve martin ertappt, der bemerkt: "if you would like a transcript of tonight’s show" (pause) "you should really think about getting a life!"

 jaja…

boogie woogie

adrian spricht ja seit gut einem monat und nun ist es so als wäre es nie anders gewesen.

beim eltern/kind turnen singen wir anfangs immer den boogie woogie song. dieser song geht so: "leute habt ihr schon probiert, einen boogie woogie, der uns alle amüsiert, ja der boogie woogie. wir hüpfen hin und hüpfen her, bei dem boogie woogie. wir hüpfen alle noch viel mehr…bei dem boogie woogie." extatisches hin und her gehüpfe von eltern und kids.

tja und seit letzter woche singt adrian den song nun mit. was zu großem staunen führte: "er singt mit? er kann ja den text!" ich stehe ja wahnsinnig gerne im mittelpunkt (vorsicht: ironie), aber was will man machen, adrian hat damit kein problem. und ich bin froh, dass er es mit singen tut und nicht mit andere kinder beißen. harhar.

go ask alice

in kürze läuft alice im wunderland in den wiener kinos an und im falter findet sich heute eine nicht unbedingt wohlwollende besprechung. und obwohl der falter nicht für seine überschwänglichen rezensionen bekannt ist, glaube ich ihm diesmal.

das problem bei tim burton filmen meines erachtens ist, dass sie teilweise wunderschön fotografiert sind, es einem aber bei plot und dialogen die schuhe auszieht. big fish etwa. grandiose ideen, aber grottenschlechte, fast spießige umsetzung. und weshalb albert finney wirklich immer den netten großvater/onkel spielen darf, obwohl er wie ein grantiger lustgreis wirkt, erschließt sich mir auch nicht. in charlie und die schokoladenfabrik liefert johnny depp eine meisterleistung – aber der rest? uaaahhh.

der falter meint zu alice, es käme einem vor, als verfolge man eine ariel color werbung. sehr schön formuliert und wahrscheinlich zutreffend. abgesehen davon gruselte es mich schon als kind ein bisschen vor alice mit ihrer phaaantaaasiiiiiie. 

das leben der wuensche

das leben der wünsche ist der dritte thomas glavinic roman, den ich gelesen habe, und von der ersten seite an merkt man diesem buch an: da wollte der autor sein opus magnum verfassen. anders als das popliterarisch anmutende werk wie man leben soll und die künstler- und mediensatire das bin doch ist, ist es glavinic mit das leben der wünsche sehr ernst. und so ist das buch dann auch: ernst, dunkel, fast apokalyptisch.

ähnlich wie beim glavinic werk die arbeit der nacht – das ich als nächstes lesen möchte – steht am beginn des romans ein, vor allem aus märchen, bekannter topos: ein mysteriöser fremder taucht auf und offeriert dem protagonisten des romans, jonas, die erfüllung dreier wünsche. nun befinden wir uns nicht im mittelalter, sondern im 21. jahrhundert und das erscheinen dieser ominösen gestalt und sein prophetentum wirkt wie ein fremdkörper in einem text, in dem es von globalisierung und web 2.0 nur so wimmelt. jonas stellt ein foto von sich zur bewertung auf die webseite amisexy.com. er schreibt seiner geliebten zu jeder tages- und nachtzeit sms. in seinem büro läuft der nachrichtenkanal und seine kollegen sind so abgebrüht, dass sie auch noch so schlimme news weitgehend ignorieren. nicht so jonas: er ist sensationsgeil. was sich auch auf seine wünsche auswirkt. dennoch: das erscheinen dieser märchenhaften gestalt ist zu real, zu plastisch geschildert. wie man eigenartige vorkommnisse und bizarre situationen zeitgemäßer gestaltet, könnte glavinic bei paul auster lernen. auster verzichtet oft auf erklärungen, die für die leser hilfreich wären, und vermittel gerade dadurch eine höhere authentizität.

abgesehen davon kippe ich jedesmal sehr schnell in glavinics kosmos und kann nicht aufhören zu lesen – auch wenn das leseerlebnis wenig befriedigend ist wie bei wie man leben soll. das ist bei das leben der wünsche anders, hier gibt es viele großartige passagen. vor allem wenn glavinic in der gegenwart bleibt, seinen protagonisten vorstellt, sein leben, seine familie, sein umfeld, seine gedanken, hoffnung und – ja natürlich – wünsche, ist der roman stark und lesenswert. weniger gut gelungen sind die passagen, die wie der beginn des romans ins märchenhaft-geheimnisvolle abdriften. oder ins verschlüsselt historische. der dan brown hype ist ja auch schon wieder am abflauen. ein paar selbstgefällige stellen muss es wohl bei glavnic immer geben, in denen er sich als geistreicher mensch beweist. wenn er in die vergangenheit reisen könnte, wohin würde jonas reisen wollen. 1889 nach braunnau am inn. um das kindlein am größer werden zu hindern. ja ja, schon recht. aber: seufz.

alles in allem ist das leben der wünsche aber ein fesselndes und spannendes werk mit viel tiefgang geworden. und es macht leselust auf mehr.