almis personal blog

liebesleben

apropos reich-ranicki. dieser meinte im literarischen quartett zeruya shalevs debütroman liebesleben "gehört überhaupt zum besten, was ich in den letzten jahren gelesen habe." da hat er nicht unrecht, der gute mann. bei aller qual, die dieses lesefest begleitet.

liebesleben wurde jetzt von der deutschen regisseurin maria schrader verfilmt und ich sage schon mal hut ab vor dem mut dazu. liebensleben ist ein…wie formuliere ich das jetzt am besten…sehr expliziter erotischer roman. ein gutteil der handlung spielt sich im bett oder jedenfalls horizontal bzw. an diverse einrichtungsgegenstände gelehnt ab. das liest sich sehr gut und auch nicht so derb wie es meiner beschreibung nach klingen mag, aber wie zum geier verfilmt man so etwas, ohne in die pornoschiene zu rutschen? wie fängt man die gedanken der protagonistin ein, die ja eigentlich den plot des romans ausmachen?

man darf gespannt sein.

das bin doch ich

eigentlich wollte ich schon ende september – nach meinem urlaub – zu das bin doch ich von thomas glavinic bloggen…jetzt ist es schon ein bisschen ein alter hut. aber auch für schnee von gestern ist in einem blog durchaus platz.

das bin doch ich hat es auf die shortlist des deutschen buchpreises geschafft. damit schließt glavinic einigermaßen an die popularität seines freundes daniel kehlmann an, der ein großes thema in glavinics roman ist. wie in den rezensionen schon erschöpfend breitgetreten, tritt im roman ja nicht nur der protagonist "thomas glavinic" auf, sondern auch diverse österreichische a- und b-promis. wieviel davon autobiografisch ist oder ob die berühmten namen nur versatzstücke sind, darüber kann man spekulieren, muss man aber nicht.

geht es um die identitätsproblematik, identitätsfindung im max frisch’schen sinne? wohl eher nicht, dazu kommt der roman doch etwas zu salopp daher. es ist aber auch nicht wirklich eine bauchnabelschau, sondern leicht lesbare unterhaltung mit niveau.

glavinic ist ein genauer beobachter, der bemerkt, dass "(…) die bewohner der südsteiermark die angewohnheit haben, sich ausschließlich schreiend zu unterhalten." das kapitel, in dem der protagonist seine erfahrungen auf einem flugangstseminar widergibt, könnte 1:1 von mir sein. der buch-glavinic hat bereits am morgen todesahnungen, auch wenn er sich mut zuspricht ("nicht jede maschine stürzt ab"). im flugzeug dann tippt der mann neben ihm vor dem start eine sms in sein mobiltelefon ("der mann spielt mit meinem leben").

fazit: glavinic kann schreiben. sein stil ist frisch, schnörkellos und handwerklich in ordnung. lediglich inhaltlich fehlt es vielleicht etwas an tiefgang und relevanz. mein gott, ich höre mich wahrscheinlich gerade an wie marcel reich-ranicki (dem dieses buch aber gefallen könnte).

zurück nach wien – teil zwei

wir möchten danke sagen – danke an die station terapia intensiva neonatale in bozen.

wir sind begeistert von dieser abteilung, von der freundlichkeit, ehrlichkeit und menschlichkeit, die dort eine selbstverständlichkeit ist, vom umgang mit den kleinen und großen. wir haben uns so daheim gefühlt, in einer zeit, die die schwierigste unseres bisherigen lebens war.

nun sind wir, nach transport per rettungswagen, in wien angekommen (now playing: ultravox – oh vienna, thx to l.!) und leben uns hier im spezialisierten krankenhaus ein, in dem wir schon erwartet wurden.

zurück nach wien

75 tage nonstopp in dieses spital gekommen. ein letztes mal auf die station gehen. sich von allen verabschieden. letzte fotos machen, um sich später zu erinnern, um die stimmung einzufangen.

in der finalfolge (bestes serienfinale ever, alleine die promo zur 5. staffel ist ein kleines kunstwerk!) von six feet under, ungefähr sieben minuten vor schluß, flüstert nate claire – die in gerührter stimmung, vor einem abschied, ein foto von ihrer familie machen will – ins ohr: "you can’t take a picture of this. it’s already gone."

update

nachdem adrian nun bereits etwas über zwei monate alt ist, ein kurzes update zu unserer situation.

unser kleiner mann hat gut zugelegt, wiegt nun über 1800 gramm und entwickelt langsam so etwas wie "babyspeck". gerade in den letzten tagen hat er sich sehr verändert. eine schwester, die aus dem urlaub kam, musste erstmal bei einer kollegin nachfragen, ob das tatsächlich adrian ist.

seine haarfarbe war zuerst schwarz, dann nannten die pfleger sie "blond" oder "hellbraun" und gestern meinte eine schwester, sie wären "dunkelrot". jedenfalls sind es viele!

er hat eine stimme. und was für eine! und er weiß diese zu gebrauchen. manchmal mache ich dabei die augen zu und stelle mir vor, es wäre sein erster schrei, gerade eben auf die welt geplumpst. damals war er ganz leise. jetzt wird er immer lauter. aber er ist schnell zu beruhigen und dann wieder ganz gelassen.

er trinkt fallweise schon aus dem fläschen. auch wenn es sehr anstrengend ist. nach dem känguruhen ist er meist wach und schaut die welt um ihn herum mit großen augen an. und er ist witzig. fröhlich. und lebhaft.

das anziehen haben wir schon gut im griff und auch das wickeln. wobei das wickeln deluxe ist. dabei wird nicht nur eine windel getauscht, sondern es werden gleichzeitig auch drei verschiedene kabel "verpackt", der fußsensor an den richtigen platz gebracht und nebenbei die sauerstoffsättigung im auge behalten. und natürlich findet das nach wie vor durch die türchen des brutkastens statt. fast eine zirkusnummer.

beim wickeln fällt mir immer und täglich grüßt das murmeltier ein. wo andie mac dowell bill murray aufzählt, was sie sich von ihrem zukünftigen ehemann erwarten würde: "he’ll change poopy diapers" und murray fragt: "does he have to use the word poppy?".

versteckte kamera

manchmal denke ich, das leben ist eine vorabendserie und ich sorge für die slapstickeinlagen.

gestern gab es sogar eine doppelfolge:

almi mit fünf euro schein am selecta-automaten.

almi beim öffnen der türen des neuen brutkastens.

ich kann mich des eindrucks nicht erwehren, dass das alles für die "versteckte kamera" gefimt wurde. habe ich schon mal erwähnt, dass ich eine ganz schlimme grobmotorikerin bin? aber die hauptsache ist ja der schöne schein. man kann ja zumindest so tun, als wäre man der jeweiligen situation absolut mächtig.

sog i decht = sag ich doch

hallo, oder wie man sich in südtirol begrüßt: hoi.

letztens einen neuen südtiroler begriff gelernt. als ich im laufschritt die station durchquere, um meinen bus zu erwischen (und infolgedessen meinen zug zu kriegen), ruft eine mama mir zu, ich muss mich g’schleinen. ich hatte das wort vorher noch nie gehört, aber aus dem zusammenhang heraus verstanden, dass sie "beeilen" meinte.

ich beeile mich aber eh olm (=immer), denn wenn ich magari (=vielleicht) doch einmal früher gehe, kommt der bus nicht, dai (=hoppla).

babel

gestern, vor meiner unangemeldeten, aber vorgesehenen postpartalen kontrolluntersuchung, entspann sich folgender bizarrer, bilingualer dialog zwischen mir und einer assistentin der gynäkolgin.

prego? (= bitte)

– ich würde gerne zur untersuchung bei frau doktor v. kommen.

adesso? (= jetzt)

– na nicht unbedingt jetzt, aber ich bräuchte einen termin.

devo domandare la dottoressa. (= ich muss die frau dr. fragen)

– ja bitte, sagen sie mir dann bescheid?

si. un attimo (= ja, einen moment bitte).

– ok.

die vollmondmamas

rund um den vollmond am 26. september sind eine menge babys auf der neonatologischen intensivstation eingezogen. interessanterweise fast nur buben.

im umkleideraum kennt man schon alle jacken. die bunten kühltaschen, für die milch. die aufgehängten krawatten der väter, die abends aus dem büro kommen.

wenn es gegen fünf uhr dämmert, wird es meist ruhig auf der station. in der ecke, wo man abpumpt, ist es entspannt. rundherum schlafende babys. da führt man dann schon mal lange, leise gespräche. die meisten geburten waren dramatisch. oft ging es um leben und tod. manchmal von der mama. manchmal vom baby. manchmal sogar von beiden. dennoch denken manche schon an eine zweite schwangerschaft. denn es kann beim zweiten mal ja komplett anders kommen. bewundernswert.

einige der mamas wurden schon entlassen. das ist jedesmal ein festtag. und eine hoffnung für die noch zurückbleibenden.