Spoiler! Wenn jemand den Roman gar nicht kennt und/oder von ihm überrascht werden will, nicht weiterlesen, man kann kaum etwas dazu sagen, ohne Dinge zum Inhalt zu schreiben
Als ich American Psycho jetzt noch einmal gelesen habe, habe ich mir gedacht, dass das wirklich ein typischer 90er Jahre Roman ist, wo es ja auch bei anderen Autoren wie Frederic Beigbeder, Benjamin von Stuckrad-Barre oder Michel Houellebecq sehr viel um Kritik an der Konsumgesellschaft ging, das aber auf sehr hippe und fast affirmative Art und Weise (siehe Popliteratur). Ich fand das damals sehr ansprechend, heute fehlt mir irgendwie ein bisschen der Tiefgang. Denn tatsächlich ist American Psycho eine Abfolge der Schilderung von Restaurant- und Clubbesuch, Drogengebrauch, Sex, Fitness, Mode und dazwischen immer wieder sehr drastisch geschilderte Morde. Über den Beruf erfahren wir nichts. Dem Protagonisten kommt man dabei nur in einem gewissen Ausmaß nahe, nie aber vollständig.
Was mir schon damals am besten an dem Roman gefiel und auch jetzt wieder, waren die Passagen, in denen Patrick Bateman über Musik schreibt. Ich kaufe mir selbst ja auch hin und wieder überteuerte Musikmagazine, nicht, weil ich mich so gut mit Musik auskenne, sondern weil ich diese Albumerläuterungsprosa so gerne mag. Und so etwas liest man bei Bateman ebenfalls, etwa über Huey Lewis, Whitney Houston und über Genesis/Phil Collins. Es ist halt auch sehr überraschend, wenn man gerade noch verfolgt hat, wie Bateman einen Obdachlosen richtiggehend schlachtet und im nächsten Kapitel geht es um das Euvre eines massentauglichen Popstars.
Über Collins etwa schreibt er: “Phil Collins’ solo efforts seem to be more commercial and therefore more satisfying in a narrower way (…) His remake of You Can’t Hurry Love which I’m not alone in thinking is better than the Supremes’ original. But I also think that Phil Collins works better within the confines of the group than as a solo artist – and I stress the word artist.”
Letztendlich, und das ist quasi auch das große Geheimnis von American Psycho, weiß man ja nie, hat Bateman wirklich gemordet? Oder bildet er sich das alles nur ein? Ist American Psycho eine Satire? Im Roman und auch in der ersten Verfilmung gibt es Hinweise auf beide Lesarten. Dazu kann sich jeder selbst eine Meinung bilden.
Jedenfalls weiß ich nicht, wieso gerade der eher lyrische Regisseur Guadagnino dieses Werk adaptieren möchte, was ja wieder auch ganz spannend ist. Als ich den ersten Film jetzt nochmal gesehen habe, habe ich mir gedacht, man hat durch die ganzen Nolan Batman-Verfilmungen, in denen Christian Bale die Hauptfigur spielte, ganz vergessen wie durch und durch böse Bale auch sein kann. Guadganinos Casting seiner Hauptfigur, die den Film auch fast alleine trägt, wird also auf jedenfall maßgeblich sein.