gestern mal wieder im volkstheater gewesen. endlich ist günter franzmeier zurück in wien.
es gab clavigo, ein goethe frühwerk. clavigo ist erstaunlich leicht zu folgen, es ist kurzweilig und ausgesprochen modern. das würde man im ersten moment gar nicht glauben, ist der protagonist doch "archivarius des königs". was nicht unbedingt großes identifikationspotential für die zuschauer bedeutet. doch bei seinem ersten auftritt, im gespräch mit seinem freund carlos, treten beide wie popstars auf. jung und hip. clavigo hat karriere gemacht. und dafür seine verlobte marie verlassen, ihr das herz gebrochen. als maries bruder clavigo zur rede stellt und angibt, marie möchte ihn nie wiedersehen, kehrt er zu ihr zurück. doch nur vorübergehend. zu sehr lockt die welt draußen…
es ist das typische: die äpfel in nachbarns garten-phänomen. die klassische situation: was ich nicht haben kann, will ich, doch kaum habe ich es, interessiert es mich nicht mehr. und es wäre nicht goethe, hätte clavigos handeln keine konsequenzen. wie carlos sagt: "weh dir, dass du eine bahn betreten hast, die du nicht endigen willst." clavigo ist nicht fähig zu seinen handlungen zu stehen, und er stürzt damit marie, ihre familie und letztendlich sich selbst ins verderben. ähnlich wie hofmiller in stefan zweigs ungeduld des herzens genießt er seine rolle als umschwärmter, als geliebter, aber gleichzeitig möchte er doch viel lieber frei sein und keine verantwortung übernehmen.
buenco, ein freund des hauses, ist der einzige, der clavigo kritisch sieht, als er marie letztendlich doch die heirat verspricht: "und warum jetzt? jetzt? musste er warten, bis ein tapferer bruder käme, dessen rache er fürchten muss, um wie ein schulknabe zu kommen und abbitte zu tun? wodurch macht er all das wieder gut, was er verbrochen…?" doch buenco verbreitet letztendlich doch nur "an inconvenient truth". die niemand hören will.
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