Wir schreiben das Jahr 1992, ich bin 16 Jahre. In Wien kommt das Musical Elisabeth zur Aufführung.
Dieses Musical – eine Weltpremiere – beendet die sehr erfolgreiche Indendanz von Peter Weck, der Wien in den achtziger Jahren zu einer Musical-Metropole gemacht hat (leider endeten damit auch die großen Erfolge des Genres). Na ja und wir waren Teenager, meine damals beste Freundin war schon vor der Premiere in Uwe Kröger verknallt. Kröger (übrigens einer der Deutschen, die wir eingemeindet haben) verkörperte, für alle, die keine Ahnung von Elisabeth haben, den Tod. Der Tod, der sich in Elisabeth verliebt und sie deshalb als Kind verschont. Der sie aber ihr Leben lang begleitet. Man sieht, so ganz authentisch ist die Geschichte von Elisabeth hierbei nicht erzählt, aber das Musical ist ansonsten schon als Gegenpol zu den kitschigen Sissi-Filmen mit Romy Schneider konzipiert. Es ist ziemlich deprimierend und fokussiert vor allem auf den gescheiterten Lebensentwurf der bekanntesten österreichischen Kaiserin. Und hierbei vor allem auf die tragische Beziehung zu ihrem Sohn Rudolf.
2012 wurde Elisabeth (erneut) im Spielplan wiederaufgenommen und gestern habe ich es mit zwei Freundinnen besucht. Uwe Kröger ist natürlich nicht mehr dabei, und auch inszenatorisch hat sich manches verändert.
Die zwei gravierendsten Dinge: bei einer Szene besteht die Kulisse aus lebensgroßen Zeichnungen von Manfred Deix (der seine Landsleute bekanntlich nicht allzu charmant porträtiert). Etwas später betritt eine (Prä-)Nazi-Truppe die Bühne, inklusive Fake-Hakenkreuzen und Hitlergruß. Die einzige Gesangsnummer, nach der niemand im Publikum klatscht. So recht mag das nicht in die Szenerie um 1870 passen.
Ansonsten aber wie gehabt: Elisabeth erscheint zu Beginn im unschuldsweißen Kleid, legt dazwischen eine Menge opulenter Gewänder an, doch als sie stirbt, zieht der Tod sie aus und sie trägt wieder das Unterhemdchen. Da musste ich kurz an die Kinderbuchfigur Heidi denken, bei der das ebenso passiert, als sie von Frankfurt wieder zurück auf die Alm kommt. Riesengroßen Applaus gibt es vor allem bei der auch post-monarchistisch sehr gut funktionierenden feministisch-selbstbestimmten Ballade Ich gehör nur mir (Gänsehaut!), bei Die Schatten werden länger und beim Song des kleinen Rudolfs an seine Mutter (Mama wo bist du) – DAS fühlt sich aber auch ganz anders an als vor 20 Jahren, als ich noch kein Kind hatte. Gestern tat jedes Wort des kleinen, verlassenen Bubens wirklich weh.
Insgesamt ein unterhaltsamer und auch bewegender Abend – wenn man Musical mag.
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