Nachdem der Fall Teichtmeister vor einigen Wochen extrem medial hochgekocht ist, herrscht nun seit einiger Zeit wieder ziemliche Stille. Zum Fall an sich möchte ich nichts sagen, aber zum (möglichen) Umgang damit, was seine Kollegen und Vorgesetzten betrifft.
Ich habe Corsage gesehen und fand den Film künstlerisch herausragend. Mir hat die Regisseurin Marie Kreutzer leidgetan und auch alle anderen Menschen, die an diesem Film in welcher Form auch immer beteiligt waren. Dann war Kreutzer in einer ORF 3 Diskussion zu Gast, wo sie gefragt wurde, ob sie etwas anders gemacht hätte, mit dem Wissen von heute. Denn Corsage wurde abgedreht, bevor besagte Hausdurchsuchung bei Teichtmeister stattgefunden hat. Aber es gab auch einen weiteren Darsteller, der bereits vor dem ersten Drehtag zu ihr gekommen wäre, und gesagt hatte, dass es gegen ihn Anschuldigen gibt (nicht in Richtung Kindesmissbrauch, sondern eine allgemeine metoo-Thematik). Kreutzer hätte das quasi auf sich beruhen lassen.
Sie rechtfertigt sich in dieser Diskussion damit, dass die Filmproduktion diverse – auch internationale – Partner hat, dass es Verträge gibt, dass sie nicht einfach einen Tag vor Drehbeginn einen Darsteller austauschen könne, aufgrund von Gerüchten, die er selbst bestreite, sie könne nicht jeden am Film beteiligten Menschen unter vorab-Verdacht stellen usw. Soweit, so für jeden auch nachvollziehbar. Aber jemand, der sich stark macht, für die Metoo-Bewegung, müsste nun reflektieren, was eine solche Aussage eigentlich bedeutet.
Denn: Wenn ich für mich all diese Dinge in Anspruch nehme (ich kann nicht jeden überwachen, ich kann nicht Urteil sprechen, wenn das kein Gericht gemacht hat etc.), dann muss ich das im Grunde auch allen anderen Produktionen zugestehen. Denn auch andere Produktionen haben diese äußerlichen Verpflichtungen, die Verantwortung für ein Ensemble, finanzielle Abhängigkeiten usw. Und im Grunde genommen kann ich dort auch nicht hineinschauen, wieviel oder wenig die Verantwortlichen anderer Produktionen gewusst haben, welche Zwänge dort bestanden haben etc, die ich dann aber von außen verurteile.
Insofern ist es etwas schwierig, anderswo: “Metoo!” zu schreien, aber vor der eigenen Türe halt dann im Zweifel nicht zu kehren. Ich habe keine Lösung dafür, es ist und bleibt schwierig und das ist eben auch eine Erkenntnis. Ich tue mir aber ein bisschen schwer mit “anderswo”-Moralisten.