In letzter Zeit musste ich öfters an Crazy von Gnarls Barkley denken. Dieser Song war nämlich einer der wenigen, die sowohl auf alternativen Radiosendern wie FM4 als auch bei Ö3 gespielt wurden, weil er nicht ganz “einzuordnen” war. Das ist ja immer recht spannend, und so ähnlich läuft es derzeit bei Barbie – ein Film, der einerseits in den großen Cineplexx Kinos läuft – wo sich, wie ich höre, sehr viele Menschen zum Besuch pink kleiden – aber auch in den Arthouse Kinos wie Votiv und Filmcasino gezeig wird. Das liegt vornehmlich daran, dass Barbie kein Kinderfilm ist und diverse Metaebenen hat, und, dass die Regisseurin Greta Gerwig heißt.
Worum geht es? Die Barbies (und Kens) in Barbieland haben wunderbar-perfekte Tage, jede Menge Spaß, alles ist toll und knallbunt. Bis zu dem Zeitpunkt als “Sterotypical Barbie” (Margot Robbie) plötzlich von Todesgedanken gequält wird. Außerdem leidet sie unter “flat feet” – im Gegensatz zum Barbie-Zehenspitzengang und auch sonst geht plötzlich alles schief. Von “Weird Barbie” wird ihr dazu geraten, in die reale Welt zu gehen, ihre Besitzerin ausfindig zu machen und die Dinge wieder ins Lot zu bringen. Begleitet wird sie dabei von (einem) Ken (Ryan Gosling), der in Los Angeles feststellt, dass die Welt – im Gegensatz zu Barbieland – eigentlich in männlicher Hand ist, was ihm gefällt, während Barbie davon total irritiert ist…
Was ist zu diesem Film zu sagen? Er kreiert eine pastellige Zauberwelt, die Ausstattung ist liebevoll bis ins kleinste Detail (Oscar-Alarm), er hat ein paar wirklich witzige und kreative Ideen und die Schauspieler sind gut(gelaunt). Allerdings: Der Film möchte sehr viel auf einmal (sein). Eben genau diese Brücke zwischen Indie und Blockbuster, ein schrilles Musical durchsetzt mit Kapitalismuskritik, ein filmischer Aufstand gegen das Patriachat, ein Think-Piece, ein bisschen Klamauk/Parodie, gemischt mit einem Schuss Rührseligkeit. Dazu kommen Referenzen auf andere Filme wie 2001 – A Space Odysee, Matrix oder die Truman Show. Das gelingt in Teilen ganz gut, an anderer Stelle ist es einfach…viel.
Offen gestanden sehe ich ihn auch nicht unbedingt als das feministisches Manifest an, als das er gerade immens abgefeiert wird. Ja, in “Barbieland” regieren die Frauen, die Männer haben wenig bis nichts zu sagen, aber es ist ein ziemlich naiver und egozentrischer Feminismus, der hier vorgestellt wird. Ja, es gibt die Präsidentenbarbie und die Senatorin und die Nobelpreisträgerin – also rein äußerlich sind die Frauen “in charge” aber wenn die Damen Mädelsabend haben, dann ist es doch alles eher dumpfe oberflächliche Unterhaltung und der Zuseher hat nicht unbedingt das Gefühl, als wären die Frauen geistig den wirklich sehr dumpfen Kens so extrem überlegen. Zudem mangelt es ihnen auch an Empathie. Wenn man so will, dann wird hier gegen beide Geschlechter gleichermaßen ausgeteilt. Nun ja kann man sagen, das sind ja alles Karikaturen, aber das das hilft halt auch nicht wirklich, einen Identifikationspunkt zu finden, an dem man emotional wirklich anknüpfen kann.
Greta Gerwig hat in ihren bisherigen Film Lady Bird und Little Women immer die Frauen, ihre Träume, ihre Probleme, ihre Ziele ins Zentrum gestellt, aber das immer mit großem Understatement. Es waren kleine, aber starke Geschichten. Bei Barbie ist es leider ein bisschen umgekehrt: Sehr viel Getöse um relativ wenig Substanz. Fazit: Solide, aber insgesamt dann doch mehr Popcorn-Kino als Arthouse-Schmankerl.
Leave a Reply