Voriges Jahr huldigte man der Langweile – Angelina Mango besang La Noia, heuer ist großteils ziemlich gedrückte und melancholische Stimmung beim Festival.
Einer der Favoriten scheint Simone Cristicchi zu sein, der Abend für Abend seine persönliche via dolorosa beschreitet. Ich versuche ja immer in sehr mühevoller Kleinarbeit die Texte der Lieder selbst zu übersetzen. Christicci besingt in seinem Song Quando sarai piccola jedenfalls die Demenzerkrankung seiner Mutter, und wie er ihr dabei hilft, sich daran zu erinnern, in welcher Straße sie wohnt, was der Ring an ihrem Finger bedeutet, wie viele Kinder sie hat und wann ihr Geburtstag ist, nämlich am 20. März. Ein Song, der im Sprechgesang dargeboten wird und – wie bei diesen Themen oft der Fall – irgendwo zwischen echter Rührung, Kitsch und auch ein bisschen unangenehmer Beklemmung liegt. Das kommt anscheinend irrsinnig gut an, wäre aber auch irrsinnig untauglich als ESC Beitrag harhar, was den Italienern traditionell eher wurscht ist.
Achille Lauro ist den Nerds schon lange bekannt und wird auch diesmal mit “Achilleeee” Rufen empfangen. Lauro, noch in guter Erinnerung als Stripper – dem Song, mit dem er halbnackt vor drei Jahren für San Marino angetreten ist – gibt sich diesmal sehr seriös, als Dandy, im Frack, später im Nadelstreif. Er erzählt uns eine traurige Geschichte mit dem Titel Incoscienti giovani, die Liebe, so Lauro, sei “so ist wie Regen in der Villa Borghese.” Das Paar, das er besingt, hat im Peugeot übernachtet und er hat sie vom Autogrill aus angerufen und gedroht: “Se non mi ami muoio giovane” – wenn du mich nicht liebst, werde ich jung sterben. Okaaay. Achille Lauro mit den großen Gesten, wie wir ihn kennen. Den Song mag ich sehr!
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Brunori Sas besingt L’albero delle noci, einen Nussbaum und er möchte ohne Worte singen – das hat mich ein bisschen an Queer von William S. Buroughs erinnert. Fedez will überhaupt gleich seinen Partner(in) in Therapie schicken. Auch Willie Peytone ist unzufrieden und meint Grazie, ma no grazie (“Danke, aber nein danke”), ein schwieriger Titel, finde ich, weil er zu so vielen bösen Kalauern einlädt. Sarah Toscano hat ihren Song Amarcord genannt, vermutlich als Homage an den wunderschönen Fellini Film.
Super auch Fuorilegge (“Ungesetzlich”) von Rose Villian. Nomen est Omen. Villian mit schönen blauen Haaren besingt Bonny und Clyde und die “Nostalgia Puttana” – Nostalgie, diese ähm Prostituierte. Das Wort müsste für den ESC auf jedenfall raus, aber ich glaube nicht, dass Villian Chancen auf den Sieg hat, obwohl ihr Song schon auf meiner Playliste ist.
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