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Heumarkt neu

Um den “Heumarkt neu” gibt es jetzt schon seit zehn Jahren Diskussionen und Proteste. Ich habe diese phasenweise sehr nah miterlebt und war auch auf einigen Demos. Die Intiative Denkmalschutz hat sich immer wieder sehr intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt.

Kurz umrissen: Das Hotel Intercontinental soll ja abgerissen werden, in einem Wettbewerb zur Neugestaltung hat 2014 der Architekt Isay Weinfeld mit seinem Projekt “Scheibe Turm Konfiguration” gewonnen. Das Problem ist nur, dass sich das Areal in der UNESCO Welterbezone befindet und deshalb nicht höher als Bestand (ca 39 Meter) neu gebaut werden darf. Das wusste die Stadt Wien als Auftraggeber natürlich, dennoch war der Turm im Siegerprojekt 66 Meter hoch. Schon das verstehe ich ehrlich gesagt nicht, wie ein Projekt, das viel zu hoch ist, überhaupt jemals gewinnen konnte.

Nach Einspruch der UNESCO hat man herumlaviert, den Turm gestrichen und das Projekt verkleinert auf 55 Meter. Was ja, wie nicht besonders schwer verständlich, immer noch viel zu hoch ist. Die Stadt Wien und der Investor Tojner tun aber so, als wäre man der UNESCO schon so weit entgegengekommen und diese trotzt einfach nur, um die Stadt Wien zu ärgern. Von Journalisten würde ich mir erwarten, dass sie diese Haltung hinterfragen.

Deshalb habe ich vor kurzem ziemlich entgeistert die Kolumne von Christoph Schwarz mit dem Titel Schluss mit der UNESCO-Frozzelei gelesen. In diesem Kommentar mokiert sich Schwarz darüber, dass sich Wien von der UNESCO gängeln lässt, er spricht von Kompromisslosigkeit und: “Mit ihrem erpresserischen Nein behindern sie eine zeitgemäße Innenstadtentwicklung”.

Ähm. Also erstens hat ja niemand die Stadt gezwungen, den Welterbestatus beantragen. Wenn man das aber tut, muss man sich zweitens eben an die Vorgaben der UNESCO halten, das hat nichts mit Erpressung zu tun. Diese wurden auch drittens nicht irgendwann geändert, die Stadt Wien hat sich nur von Anfang an in diesem Projekt darüber hinweggesetzt. Und viertens bedeutet der Welterbestatus, den Schwarz so gerne loswerden will, auch eine gewisse Sicherung unseres kulturellen Erbes vor Investoren und Spekulanten. Die Welterbezone in Wien ist überschaubar und wird nicht zuletzt wegen ihrer Architektur jährlich von Millionen von Touristen besucht; im Rest der Stadt kann eh entwickelt und gebaut werden (und wird ja auch nicht zu knapp, darüber könnte ich mich auch auslassen, aber anderes Thema)

Immerhin hat der Kurier Sabine Haag, ehemalige Direktorin des KHM, darauf replizieren lassen. Mir ist aber trotzdem unbegreiflich, wie ein Journalist einen derartigen Kommentar schreiben kann, ohne sich offenbar vorher ausreichend mit der Materie zu beschäftigten.


Wenn man für den Einsatz zur Erhaltung des Weltkulturerbes Wien spenden möchte, findet man hier nähere Informationen.

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