Author: heidi
wer ich wirklich bin
extrazimmer mit claus peymann
für alle, die orf empfangen können, ein programmtipp: heute um 23 uhr ist claus peymann im extrazimmer zu gast.
das extrazimmer schaue ich eigentlich mittlerweile ganz gerne (mal ein gutes format des neuen orf) – es ist dort entweder ein mann des öffentlichen interesses geladen, der sich einer gesprächsrunde von vier frauen stellt oder eine frau, die mit vier männern spricht. die fragesteller sind meistens journalisten, autoren, kabarettisten, jedenfalls leute, die medial halbwegs bekannt sind. letztes mal war der "frauenflüsterer" gabriel barylli zu gast, der nach 4 gescheiterten ehen immer noch an die liebe glaubt und wie immer einen beigen anzug trug.
nun ja, heute wird es möglicherweise weniger harmonisch zugehen, ist peymann doch dafür bekannt, sich nie ein blatt vor den mund zu nehmen und gerne ordentlich anzuecken, was erstaunlicherweise immer wieder und immer noch funktioniert. gerade vor einigen tagen erst kam es zum öffentlichen disput mit gert voss, als er über diesen sagte, er würde eine "mordspension" vom burgtheater kassieren. peymann besitzt also immer noch das potential, polemiken loszutreten und auch an sich ruhige künstler dazu zu bewegen, mal ordentlich zurück zu beißen.
und wer erinnert sich nicht mehr an den theaterskandal wiens 1988, als direktor peymann thomas bernhard damit beauftragt, ein stück anlässlich 100 jahre burgtheater wien zu schreiben, das gleichzeitig auf 1938 – den anschluss österreichs an deutschland – verweist. textfragmente von heldenplatz werden schon vor der uraufführung publik, zitate werden aus dem zusammenhang gerissen – etwa österreich bestehe aus sechseinhalb millionen debilen und tobsüchtigen. namhafte politiker jeden coleurs fordern die sofortige entfernung des stücks vom spielplan, diverse zeitungen des landes tun ebenfalls ihre entrüstung kund. wien hat also mal wieder seinen sturm im wasserglas und der beweis ist erbracht, dass ein theaterskandal auch – und vielleicht besser – ohne kenntnis des textes funktioniert. der rest ist geschichte: heldenplatz wird gegen alle proteste aufgeführt, peymann und bernhard erhalten 40 minuten abschlussapplaus.
claus peymann, der insgesamt 13 jahre am burgtheater bleibt, braucht den öffentlichen diskurs und liebt die provokation. deshalb sind interviews mit ihm – egal wie man zu seiner person stehen mag – immer interessant zu lesen und seine öffentlichen auftritte spannend zu verfolgen. so hoffentlich auch heute nacht.
dieses jahr am rathausplatz oder: keine fledermaus
das programm des diesjährigen filmfestivals am rathausplatz ist online und diesmal ist die fledermaus gar nicht dabei. schnüff.
ok, es gibt dafür manon mit anna netrebko, es gibt schwanensee und sogar paul anka. aber keine melancholischen septembersongs von kurt weill, die ich vor einigen jahren besucht habe. und keine fledermaus. schnüff. ok, das hatte ich schon erwähnt.
nicht, dass ich ein besonderer operettenkenner wäre, aber die fledermaus von johann strauss begleitet mich seit frühester kindheit. jedes jahr zu silvester war sie programm – und zwar die kultversion, eine otto schenk inszenierung von 1979, mit eberhard wächter – nebenbei wurde krenfleisch gekocht. silvester hatte bei uns familienintern fast mehr rituale zu bieten als weihnachten.
der erste akt führt die protagonisten in ihrem lebensumfeld ein und erklärt die ausgangssituation. der zweite akt spielt auf einem kostümfest und bietet dem jeweiligen dramaturg viel künstlerische freiheit, welches gesicht er der feiernden gesellschaft geben will – manchmal wird etwa die figur des prinzen orlovsky mit einer frau besetzt. der 3. akt beschließt die handlung im gefängnis. im 3. akt erscheint auch die figur des "frosch", gerichtsdiener, der keinen sangespart hat und deshalb oft von bekannten schauspielern verkörpert wird – berühmteste beispiele hans moser, josef meinrad, heinz rühmann, helmut lohner und eben auch otto schenk (der die ausgangs- mit der kastentür verwechselt: "herr direktor mir san eing’mauert"). dabei bleibt es dem darsteller überlassen, ob er die rolle etwa sehr clownesk, eher nachdenklich, sportlich, angeheitert, skurill oder exaltiert interpretieren will. der frosch ist – gerade aufgrund seiner improvisationsmöglichkeiten – eine besondere herausforderung für jeden darsteller, die fallhöhe ist allerdings nicht zu unterschätzen, da der 3. akt quasi von ihm getragen wird.
also dieses jahr wieder am rathausplatz. und keine fledermaus. schnüff.
sex, lügen und video
gestern beim nachmittäglichen gewitter und starkregen wieder mal soderberghs sex, lügen und video geschaut.
wie wir ja unter anderem aus boston legal (harhar, hier ist sie wieder, die referenz) oder auch aus secretary wissen, spielt james spader sehr gerne und überzeugend etwas strange typen. in soderberghs film ist er graham, nach einer enttäuschenden beziehung offenbar impotent, der sich erleichterung dadurch verschafft, frauen zu filmen, die mit ihm offen über ihr sexleben, ihre präferenzen, wünsche und sehnsüchte sprechen. nach einem umzug in eine andere stadt, bringt er damit ungewollt das leben von drei menschen durcheinander.
eine davon ist andie mc dowell, die immer dann besonders gut ist, wenn sie leicht verklemmt und spießig sein darf – siehe groundhog day, siehe green card. ihre ehe mit john ist der ultimative alptraum. freud- und sexlos, voller konservativer rituale, eine beziehung, die sie verwelken lässt, anstatt ihre hemmungen abzubauen und sie zum leben zu erwecken. ihre begegnung mit graham, der ein alter schulfreund ihres mannes ist, lässt sie ihre situation überdenken.
der film ist von seiner aufmachung her – sowohl was die deko in den häusern betrifft, als auch von kleidung und frisuren – total eighties. dazu vollkommen dialoglastig. wer gerne im drehbuch schmökern will, hat hier gelegenheit dazu. die komplette handlung spielt sich mittels zwischenmenschlicher kommunikation, verbal und nonverbal, ab. natürlich geht es um sex, aber mehr noch um intimität und das bewusstsein, wie wichtig es ist, sich jemand anderem öffnen zu können. trotz des titels kein spekulativer, auf voyeurismus abzielender film, sondern das porträt von menschen auf der suche nach sich selbst.
sprechende namen
in den sopranos geht es namensmäßig fast so zu wie bei nestroy. nachnamen sind kein zufall, sondern sie vermitteln eine botschaft, die der geneigte seher für sich selbst interpretieren kann.
ich hatte ja im netz nach einem essay über die namensgebung in der mafiaserie gesucht, in der hoffnung, jemand könnte das besser als ich mit fünf jahren schul-italienisch, wurde aber nicht fündig. daher nun meine eigenen versuche, die man als sehr frei bezeichnen muss. anmerkungen natürlich gerne gesehen.
salvatore bonpensiero – schöngeist
christopher moltisanti – wacher geist
bobby ‘bacala‘ baccalieri -trottel
furio giunta – einsatzhelfer
benny fazio – aufwiegler
ralph cifaretto – kleine nummer
agent grasso – fettleibiger
matt bevilaqua – wassertrinker
jason la penna – schriftsteller
feech la manna – segensbringer
bruce cusamano – mit dem finger auf andere zeigender
rip sopranos
eines der serienhighlights der letzten jahre verabschiedet sich, nach sieben seasons ist schluß mit den sopranos.
ich werde den brummbären tony vermissen, erstaunlicherweise – trotz allem – sympathieträger und identifikationsfigur. hier das geniale intro. und hier sagt der standard "ciao".
picnic by the motorway
erhellend
am mittwoch in boston legal (kann es sein, dass ich mich dauernd auf bl beziehe?) bittet partner lewiston partnerin schmidt zu einem vier-augen gespräch in sein büro, wo er ihr über die schwierige situation seiner tochter berichtet und erzählt, dass er für seine enkelin da sein will.
schmidt möchte etwas zu bedenken geben und lewiston unterbricht sie schroff. darauf schmidt: "möchtest du meinen rat oder möchtest du mich nur über die lage informieren?"
genial, muss ich mir merken. ist im alltag ganz brauchbar und bewahrt vielleicht vor missverständnissen, wenn man weiß, in welcher funktion man gefordert ist.
los angelinos
gut, los angeles ist riesig groß, die straßen sind endlos, ohne auto kommt man nirgendwohin, die luft ist schlecht und die kriminalität zumindest in gewissen gegenden sehr hoch. san francisco ist sicher die weitaus ästhetischere stadt, seattle ist wohnlicher, vancouver besticht ohnedies durch enorme lebensqualität und las vegas hat mehr glamour. trotzdem: schon alleine der name "los angeles" – the city of angel, wie die red hot chili peppers sagen – lädt zum träumen ein.
ich habe mir palmen immer anders vorgestellt, irgendwie komprimierter und nicht mitten im stadtgebiet. die los angeles palmen sind bizarr hoch und zernepft. ich konnte mich tagelang nicht an den anblick gewöhnen, aber ich mochte es. genauso wie ich das viele grün mochte, zwischen den autobahnen und den hochhäusern und am mullholland drive. irgendwie unerwartet, irritierend. und vielleicht ist es genau das, was mich an l.a. fasziniert: ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie man dort leben kann, ich habe das gefühl, ich bin dieser stadt gar nicht gewachsen. und gerade das macht mich neugierig und zieht mich an.
abgesehen davon, dass hollywood für einen filmfan ein märchenland ist, voller falscher illusionen natürlich, aber doch. alleine den namen dort auf einem straßenschild zu lesen, löst eine reihe von assoziationen und phantasien aus und dieses bestimmte kribbeln. und wenn man dann plötzlich tatsächlich im kodak theatre sitzt, just married, und seine (übrigens sehr wohlschmeckende!) pasta in der california pizza kitchen isst, unter sternenhimmel, dann ist das alles schwer zu fassen.
wenn ich einen unrealistischen traum habe, dann den, ein drehbuch in hollywood zu schreiben und für den oscar nominiert zu werden. wäre dieser blog eine sitcom, würde ich jetzt das gelächter einspielen lassen. aber he, das ist mein traum und ich erwarte nicht, dass er sich erfüllt. ich würde gerne bei alan ball lernen, wie man das macht, dem mann, der für american beauty ausgezeichnet wurde und der die fernsehserie six feet under geschrieben hat. ball weiß nicht nur, wie man schreibt, er weiß auch wie menschen funktionieren, er erweckt figuren wirklich zum leben. und er schildert das leben wie es ist: wunderschön und ungerecht, schmerzvoll und berauschend, ausweglos und euphorisierend.
und l.a. schwingt irgendwie in all dem mit.