almis personal blog

ESC Semi 1

Was, heute erstes ESC Semi und Almi hat noch nichts dazu gebloggt!?? Ich hab einen neuen Auftraggeber und grad echt viel zu arbeiten, aber das lass ich mir selbstverständlich last minute dann doch nicht entgehen, zumal bei orfon wieder mal Kalaueralarm herrscht (Nagelprobe für Schweden)

Also gut, heute sind die großen Favoriten dran. Das erste Semi ist das um Welten stärkere als das am Donnerstag sein wird. Schweden, Finnland, Norwegen und Israel kommen problemlos weiter, die sind auch bei den Wettquoten in den Top 10. Zu Schweden und Finnland hab ich eh schon was gesagt, Norwegen hat die typische ESC-Powernummer, die mich persönlich aber nicht sehr begeistert. Alessandra wird gern mit Keiino (Norwegen 2019) verglichen, nur fehlt ihrem Song Queen of Kings dieses typische Zwinkern, die Portion Selbstironie, die Spirit in the Sky damals so liebenswert gemacht hat. Queen of Kings ist gut gesungen, aber irgendwie seelenlos. Und Noa Kirel mit Unicorn für Israel hält sich ans Motto: Mehr ist mehr. Muss man mögen, aber ich glaub dafür bin ich zu alt.

Ich wünsche mir, dass Vesna mit My Sister’s Crown (Tschechische Republik) weiterkommen, schon wieder ein royales Thema, und dieses Jahr mein Lieblingssong. Ich habe aber ein bisschen Angst vor der Umsetzung auf der Bühne, die eventuell diesen starken artsy Vibe, den das Video verbreitet, nicht transportieren wird können. Ich mag auch auch Lettland, Aija mit Sudden Lights, aber let’s face it, diese Nummer ist vermutlich um mehrere Schichten zu sophisticated für den Bewerb. Der Song Samo mi se spava von Luke Black aus Serbien wäre super, wenn er nicht singen würde. Böse Zungen behaupten, dass er das auch nicht tut oder wie Jane Comerford im Songcheck gesagt hat: “Für den European Songcontest ist da erstaunlich wenig Gesang in dem Song.” Hat aber aufgrund der strangen Performance gute Chancen für den Finaleinzug.

Was gibt es sonst noch zu sagen: Ich wär für Niederlande statt Kroatien und Aserbaidschan find ich auch sehr süß, aber das wird leider nichts werden. Aufregend wirds aber bestimmt so oder so:

Happy first Semi!

Freitagabend im Mai

Freitagabend hatten L. und ich Karten fürs Burgtheater. Es war einer der ersten richtig warmen Tage des Jahres und wir beschlossen, vorher ins Landtmann zu gehen, draußen zu sitzen, Suppe zu essen und uns mit Aperol abzufüllen. Harhar. Der Aperol war sehr stark, praktisch oder auch tatsächlich ohne Soda, wir torkelten dann ein bisschen ins Theater, was eh nicht so schlimm war, weil das direkt neben dem Landmann liegt.

Suppen im Landtmann, den Aperol hab ich vergessen zu fotografieren

Wir sahen Die Ärztin von Robert Icke. “Sehr frei”, wie es hieß “nach Professor Bernhardi von Arthur Schnitzler”. Professor Bernhardi aus dem Jahr 1912 ist eines der wenigen Werke von Schnitzler, das sich nicht mit der Psychologie von menschlichen Beziehungen (plus Duellen etc) beschäftigt, sondern mit Religion, Antisemitismus und Diskriminierung. Der jüdische Arzt Bernhardi verweigert einem katholischen Priester den Besuch einer (aufgrund einer missglückten Abtreibung) sterbenden jungen Frau, weil er sie in ihren letzten Minuten nicht in Panik vor dem Tod versetzen will. Die ganze Situation wird nach dem Ableben der Frau von Konkurrenten und Politik instrumentalisiert, die Motive von Bernhardi werden als religiös motiviert kritisiert, während er seine Entscheidung als rein humanistisch begründet rechtfertigt.

Burgtheater Wien, 5. Mai 2023

Bei Icke ist Bernhardi eine jüdische lesbische Frau, die Ärzteschaft ist divers, wobei die POC im Ensemble die Weißen spielen und die Weißen die POC, ein männlicher Darsteller ist eigentlich eine Frau und insofern könnte das Stück ja nicht zeitgenössischer sein, weil das Spiel mit den Identäten und die Wahl solcher ja der letzte heiße Scheiß ist. Ich bin ja nicht so ein Fan der Idee von 72 verschiedenen Geschlechtern, die man im Zweifel jährlich wechseln kann, aber im Stück funktioniert dieses Spiel schon ganz gut, weil es irritiert und zum Nachdenken anregt. Ich mag außerdem an dem Stück, dass es letztendlich wesentlich unplaktiver daherkommt, als man vermuten könnte und weil es sich eindeutiger Antworten verweigert.

Denn: Hat die Ärztin wirklich nur aus Empathie mit einer Sterbenden so gehandelt wie sie gehandelt hat? Oder hat sie, weil selbst säkulare Jüdin, zwar nicht dem Priester aufgrund der anderen Religion den Einlass verweigert, wohl aber deshalb, weil sie Religion insgesamt als unbedeutend im Leben ansieht? Und weil sie selbst, wäre sie an der Stelle des Mädchens gewesen, jegliche religöse Begleitung während ihrer letzten Minuten zutiefst verabscheut hätte? Ist sie wirklich nur und primär Ärztin, wie sie selbst sagt? Und: Geht es ihren Gegnern wirklich um das Schicksal des Mädchens oder ist der Vorfall nicht eher eine willkommene Gelegenheit für ihre Konkurrenten, ihre Karriere und ihren Einfluss zu beschneiden und sich selbst eine bessere Position zu verschaffen? Viel Stoff zum Nachdenken.

Buntes Rathaus am 5. Mai 2023

Im Juni nochmal am Burgtheater zu sehen (unbezahlte Werbung).

Coronation

Kind steht um 14 Uhr auf.

Ich: “Schau, die Krönung von Charles!”

Kind schaut. Will wieder gehen.

Ich: “Bitte du hast jetzt höchstens zwei Minuten gesehen. Und sowas wirst du in deinem Leben nicht oft sehen. Ich seh das auch zum ersten Mal.”

Kind: “Es ist langweilig.”

Ich: “Was soll ich sagen? Ich schau das seit vier Stunden.”

Tatsächlich hab ich dabei: Gebügelt, Mittagessen gekocht, einen Text korrekturgelesen, kurzes Powernap gemacht, aufgeräumt. Mich über die jovial-gossipy-unreflektiert-kaistertreuen Aussagen der Royal-Experten gewundert. Den Tipp bekommen, auf BBC zu schauen. BBC gesucht, aber in der Programmliste nicht gefunden, usw. So ging es dann eigentlich.

ESC Slowenien

Die slowenische Band Joker Out (mit dem Bandnamen hatten sie mich gleich, den find ich super) bringt das in den ESC, was wir von den Niederlanden nicht bekommen: Lebensfreude. Zwar verstehe ich den Text nicht, aber ich unterstelle einem Song, der eine derartige Fröhlichkeit und Ausgelassenheit ausstrahlt und dann noch den Titel Carpe Diem trägt, dass er uns etwas lebensbejahendes mitteilen will.

Ich kann mich noch gut erinnern, dass Grissemann und Stermann 1997 den Auftritt der Gruppe V.I.P folgendermaßen kommentierten: “Eine Boygroup aus Ungarn? Das ist doch ein Widerspruch in sich, das ist klar, dass das nichts wird” Böse, aber auch harhar. Nun 26 Jahre später (*hust*) haben wir eine slowenische Boyband und das funktioniert für mich erstaunlich gut.

Zwar sind die Vocals vielleicht nicht die überzeugendsten in diesem ESC, aber ich mag den Vibe und ich mag auch das Video, das ein bisschen was von Grand Budapest Hotel hat und gleichzeitig auch was vom Beitrag aus Moldau voriges Jahr. Was insofern witzig ist, weil Moldau letztes Jahr mit Trenuletul mich auch schon an Wes Andersons Film erinnert hat. Und das Element: Eine Autoritätsperson kommt ursprünglich vorbei, um die Party zu beenden, lässt sich dann aber mitreißen und macht mit, ist auch übernommen. Aber vielleicht bin ich auch viel nerdiger als Joker Out und die kennen das Video von Zdob si Zdub gar nicht. Harhar.

Jedenfalls mag ich das.

AIR

Gestern habe ich Air gesehen, den neuen Film von Ben Affleck. Ben Affleck als Schauspieler ist ja ein bisschen “umstritten”, aber als Regisseur hat er wirklich schon sehr gelungene Filme verantwortet wie etwa Argo und The Town oder Gone Baby Gone. Und er hat, nicht zu vergessen, einen Drehbuchoscar gemeinsam mit seinem Freund Matt Damon für Good Will Hunting erhalten; Damon spielt auch immer wieder in Affleck Filmen mit und in Air hat er die Hauptrolle.

Matt Damon verkörpert Sonny Vaccaro, den Brandmanager von Nike im Jahr 1984. Nike liegt als Unternehmen weit hinter Adidas und Converse zurück und vor allem im Basketball-Bereich sind sie nicht konkurrenzfähig. Nike CEO Phil Knight (Affleck selbst) und alle anderen Verantwortlichen wollen mehrere aussichtsreiche Spieler als Werbeträger verpflichten – Vaccaro ist dagegen. Er möchte das gesamte Budget für einen einzigen verwenden: Michael Jordan, den er als mit Abstand größtes Talent sieht. Man darf nicht vergessen: Der Name Michael Jordan bedeutet 1984 nicht das was er 2023 bedeutet. Jordan war damals nicht mehr als ein Hoffnungsträger. Er hätte sich im nächsten Spiel verletzen und seine Laufbahn beenden können; oder einfach ein ewiges Talent bleiben. Niemand wusste damals, dass er zum besten Basketballspieler aller Zeiten werden würde. Air zeichnet also den Weg bis zum Vertragsabschluss nach – denn wir wissen ja alle, wie es ausgegangen ist, der Überraschungsfaktor hält sich also in Grenzen.

Aber: Affleck hat mit Air einen wirklich unterhaltsamen Crowdpleaser geschaffenen, der auch für Cineasten sehenswert ist. Und das ist bei weitem nicht so einfach wie es klingt. Denn man muss es erstmal schaffen, Spannung in einem Plot zu erzeugen, wenn ohnehin schon jeder Zuseher weiß, wie die Sache ausgeht. Das gelingt Affleck vor allem damit, Vaccaro die Macht zu geben, das ganze Unternehmen Nike, und damit vor allem Vaccaros gute (nicht nur Geschäfts)Freunde, direkt mit in den Abgrund zu reißen, wenn er sich irrt. Denn alle wissen, wenn sie Vaccaro vertrauen und es geht schief, ist jeder seinen Job los. Eine Menge Verantwortung, eine Menge Nervenkitzel.

Man muss es auch erstmal schaffen, wirklich amüsante Dialoge zu schreiben – bereits in den ersten Minuten haben die Leute in meiner Vorstellung mehrmals gelacht, auch ich – und gleichzeitig dabei niemals auf billiges Amüsement zu setzen, sondern auf kluge und sehr schnelle Wortwechsel, die den Zuseher fordern, auch wirklich zuzuhören. Und man muss es außerdem schaffen, praktisch jede Rolle so zu besetzen, dass man sich keine andere Person in eben dieser Rolle vorstellen könnte. Schön, speziell Jason Bateman und Chris Messina (der einen wirklich interessanten Typen in Six Feet Under gespielt hat) wiederzusehen.

Dazu kommt, dass Affleck alle Menschen mit einem 80ziger-Faible erfreut (mich!), weil er den Film mit Money for Nothing von den Dire Straits eröffnet, und es ihm dabei gelingt, sich noch während der Opening Credits, quasi im Vorbeigehen, an allen 80ziger Jahre Klischees abzuarbeiten – Rubik’s Cube, Knightrider, Aerobic, Dauerwelle, Slinkys, Ronald Reagen, Trivial Pursuit et al – sodass man beim Beginn der ersten Szene wirklich das Gefühl hat, man befindet sich direkt im Jahr 1984.

Air ist kein Sportfilm, auch kein Film über Michael Jordan, der übrigens nie direkt gezeigt wird und kein Wort spricht, es reden immer nur seine Eltern (die Mutter: Viola Davis), ja es ist nicht einmal ein Film über Sneakers. Am ehesten ist es ein Workplace-Movie, der Menschen porträtiert, die an eine Sache glauben und dafür Risken eingehen. Aber dabei – und das gefält mir am besten an Air – sich selbst niemals tierisch ernst nimmt. Die großen Inspirationsreden werden zwar gehalten, aber auch ironisch kommentiert, was ihren Wert nicht schmälert, dabei aber das Pathos beseitelässt, das allzu oft amerikanische Filme vergiftet.

OV (aber sicher anstrengend ob der vielen Informationen) und OmU ist empfehlenswert:

P.S Danke an Benjamin für den Hinweis, dass Affleck NICHT bei Gone Girl Regie geführt hat, wie hier zuerst angegeben – das war nämlich David Fincher. Mea culpa!

ESC Niederlande

Die Niederlande haben sich seit ihrem Sieg 2019 mit Arcade von Duncan Laurence praktisch ununterbrochen der (fehlenden) psychischen Gesundheit von Menschen gewidmet. Arcade hat m.E. weniger wegen dem Song an sich gewonnen, sondern wegen dem Gefühl, das er transporiert hat “Loving you is a losing game” – ja, das fühlt man/frau. Grow – der Lost Song 2020 von Jeangu Macrooy hatte im Video ohnehin gleich eine Gruppentherapie und S10 letztes Jahr mit De Diepte war, laut Interpretin, eine Ode an die Traurigkeit – und so klang es auch.

Auch heuer bleibt es in dieser Tonalität, denn Mia Nicolai und Dion Cooper singen Burning Daylight, und es geht gleich folgendermaßen los: “I don’t find any joy anymore, from the same old cycle. I don’t know what made me happy before. From all to zero” Ja, das klingt schon mal verdächtig nach Feelgood Song des Jahres.

Ich denke, die Songcheckerinnen werden sagen, dass der Song natürlich viel zu unauffällig für den ESC ist. Denn wenn man schon was balladeskes bringt, dann sollte es so eher in Richtung Halo-Beyonce Hymne gehen, sodass jeder den Atem anhält; sonst ist die Gefahr groß, dass es zwischen den anderen 24, 25 Songs einfach untergeht, in seiner ganzen niedergeschlagenen Tristesse

Interessanterweise war ich vorige Woche im Donauzentrum und am Weg dorthin hab ich eben Burning Daylight gehört und dann, als ich ins erste Geschäft gehe, welchen Song spielt es? Genau. Womit wir dann beim Thema Radiotauglichkeit wären, auch immer eine heiß diskutierte Kategorie. Denn ein radiotauglicher Song muss nicht zwangsläufig gut auf der ESC-Bühne abschneiden.

Die Niederlande treten im Semifinale 1 an, im stärkeren der beiden Semifinali und sind im Moment Wackelkandidaten. Ich fände es aber schön, wenn sie weiterkommen.

ESC Tschechische Republik

Jetzt sind ja bereits alle ESC Songs für 2023 veröffentlicht und es erschöpft mich zugegebenermaßen jedes Jahr ein bisschen, mich da durchzuhören, es sind einfach soviele auf einmal — so lang bis ich letztendlich alle habe und sie dann für den Rest des Jahres in Dauerschleife höre, harhar.

Heute möchte ich über Vesna aus der Tschechischen Republik berichten, die mit My Sister’s Crown antreten.

Zuerst kriegt man ja ein bisschen Prinz Harry Vibes bei dem Titel – gut es wäre My Brother’s Crown, aber ihr wisst was ich meine. Aber so ist es dann nicht, es geht mehr um so eine allgemeine “Sisterhood”, ich glaub, es geht auch irgenwie gegen Männer oder so, jedenfalls handelt es von Female Empowerment und wir sind alle stark und selbstbestimmt. Das Video ist ziemlich schräg, aber in a good way mit der unappetitlichen Rote Rüben-Suppe (Blut?) und den gleichgeschalteten aber irgendwie queeren Männern und wer kennt es nicht, Computermonitoren als Köpfen? Man kann da alles mögliche hineininterpretieren, was ja immer spannend ist.

Ein bisschen erinnert mich Vesna mit ihrem kleinen Frauenchor an Tulia (Polen 2019), nur dass Vesna wesentlich eingängiger und damit einfacher zu konsumieren ist als der weiße Gesang, den Tulia damals gebracht hat. Überhaupt muss ich sagen bin ich ziemlich begeistert von Vesnas modern-folkloristischem Style, dem artsy Anspruch, dem Ohrwurm-Refrain, dem Sprachenmix und der allgemeinen Weirdness dieses Beitrags. Gehört zu meinen Favoriten dieses Jahr.

Hosen

Person: Ich gehe morgen in die Josefstadt

Ich: Was schaust du dir an?

Person : Was von Bernhard.

Ich: Und was?

Person: Lass die Hosen runter oder so.

Ich: Das klingt eher wie Löwinger Bühne.

Person: Aber es war etwas mit einer Hose.

Ich: “Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen?”

Person: Jaa!

Wer braucht schon Alexa.

ESC – die Wettquoten

Gestern wurden erstmals die Wettquoten für das Semifinale 1 und Semifinale 2 des diesjährigen Songcontests veröffentlich. Und was soll man sagen:

Das ist doch mal ein eher ungewohntes, aber erfreuliches Bild. Gut, es schadet nix, dass das erste Semi das stärkere ist, mit Schweden, Finnland und Norwegen, alle drei richtige Banger, dazu Tschechien und Israel – aber trotzdem, Platz eins derzeit ist schon sehr super.

Wir dürfen halt das Staging nicht vergurken – wobei das Staging von Österreich in den letzten Jahren, als wir uns nicht qualifiziert haben, nie das Problem war; und die zwei sollten live singen können, aber nachdem Salena Livemusik in der U6 Station Westbahnhof zum besten gibt, wie ich auf Insta verfolgen konnte, und das gut klang, geh ich mal davon aus, dass das passen wird.

Ach es ist schon schön, wenn wir wieder mal einen konkurrenzfähigen Beitrag haben. Heute, am 21.März, sag ich Platz fünf insgesamt voraus, wobei ich selber denke, dass das zu optimistisch ist, aber bisschen Enthusiasmus ist schon erlaubt, heuer.

Akademikerkinder und andere

Es wird wieder mal eine Sau durchs Twitterdorf getrieben – und diese heißt: Ist es für Arbeiterkinder schwieriger zu studieren als für Kinder aus Akademikerkreisen? Wird ihnen gar das Studieren selbst aufgrund ihrer Herkunft erschwert?

Diese kühne These hat zumindest Barbara Blaha, ihres Zeichens Mitbegründerin des Monumentum Instituts – ein sogenannter Think Tank – aufgestellt, in einem Artikel erläutert sie jetzt, wie sie erstens mal kaum ins Gymnasium gekommen ist (man muss als Arbeiterkind schon super sein, um eine Empfehlung dafür zu bekommen, laut ihr), und zweitens, wie schlimm es nicht auf der Uni war, wie sie verwirrt war und sich nicht zurecht gefunden hat, sich immer falsch gefühlt hat, die Sprache nicht beherrscht hat, eben wegen ihrer nicht-akademischen Herkunft.

Also entweder ich bin mit einem wirklich enormen Selbstbewusstsein ausgestattet, was ich eher nicht glaube, oder ich habe zu Zeiten meines Studiums (ab 1995) in einer Traumwelt gelebt (was schon eher möglich ist). Denn ich komme aus keinem Akademikerhaushalt und war in der Schule nicht gut. Ich hatte bereits in der Volksschule Probleme mit Mathematik – eine beliebte Anekdode ist, dass ich gerechnet habe 1 Maroni kostet 4 Schilling, also kosten 5 Maroni 80 Groschen. Auf die Frage meines Vaters, ob mir nicht klar ist, dass 5 Maroni mehr kosten müssen als eine, war ich nicht vorbereitet. Was hatte das mit meiner Rechnung zu tun, bei der ich keinerlei Praxisbezug verortete? Also so ungefähr, als Illustration. Ich hab es aber ohne Aufnahmeprüfung ins Gymnasium geschafft, wo mein Leidensweg in Mathematik weiterging. Bis dann in der 7. Klasse vorläufig Endstation war. Ich musste die Klasse wiederholen, war auch beim Wiederholen schlecht und hatte wirklich Sorge, dass ich niemals eine Uni von innen sehen würde, niemals das studieren würde können, was mir alles bedeutet hat, nämlich Germanistik – insbesondere Literaturwissenschaft. Nur diesem Wunsch ist es zu verdanken – und vieler, vieler Stunden Erklärarbeit von lieben Menschen, bezahlt und unbezahlt – dass ich es trotzdem bis zur Matura geschafft habe und da sogar einen 3er in Mathematik bekommen habe. Um einen Punkt am 2er vorbei. Das war mein größter Erfolg der gesamten Schulzeit

Alles, was danach kam, war Peanuts für mich. Ja, ich fand mich auf der Uni auch nicht zurecht, der Studienführer war mir ein Rätsel, ich hatte keine Ahnung, wie ich (m)einen Stundenplan erstellen sollte, meine erste Uniarbeitsaufgabe verstand ich nicht etc. Aber niemals hab ich gedacht, dass ich da nicht hingehöre. Im Gegenteil, ich war vollends überzeugt davon, dass ich genau da war, wo ich sein sollte. Endlich konnte ich all das lernen, was mich am meisten interessierte! Und alles war zwar neu und verwirrend, aber auch aufregend. Ich erkannte da keinen Unterschied zu Menschen, die aus Akademikerfamilien stammten. Die waren genauso planlos und überfordert zu Beginn. Manche brachen ihr Studium ab – sowohl diese als auch jene. Und letztendlich fragt dich kein Professor jemals, ob deine Eltern studiert haben oder nicht, du musst zeigen was du kannst. So ist zumindest meine Erfahrung. Aber Barbara Blaha beschreibt ja auch nur ihre eigene und setzt sie ein bisschen (zu) absolut.

Was aber vermutlich schon eine Rolle gespielt hat und das sage ich trotz meiner nicht unproblematischen Familiensituation – meine Eltern haben mir die Aneignung von Wissen immer als etwas erstrebenswertes vermittelt und sie haben mich völlig frei entscheiden lassen, was ich nach der Matura machen will. Dass es ein quasi Orchideenfach ist, war nie ein Thema. Und dafür bin ich dankbar.