almis personal blog

Ricky G.

Zur US-Präsidentschaftswahl möchte ich Ricky Gervais zitieren, der vor einigen Tagen ein Video von sich selbst in der Badewanne gedreht hat, in dem er sagte:

“Hi guys, Ricky G. here. Wellness und Beauty Influencer. As a celebrity I know all about stuff, like science and politics. So trust me when I tell you who you should vote for. If you don’t vote the right way, that’s a hate crime and it makes me sad and angry and I have to leave the country. And you don’t want that.”

Harhar.

The Brutalist, zwei

Kleine Spoiler möglich

The Brutalist rechnet in gewisser Weise mit dem amerikanischen Traum als solchem ab, er lässt aber auch László Tóth nicht als makellosen Helden erscheinen. Als Tóth die Frau seines Cousins kennenlernt, fragt er ihn bald einmal “Is she a Schickse?” Dass sein Cousin eine Katholikin geheiratet hat, behagt ihm nicht. Es ist natürlich so, dass Tóth jede Menge Gegenwind erfährt, auch aufgrund seiner Herkunft, aber auch er selbst hat Vorurteile. Und er macht genausowenig Zugeständnisse, er will mit dem Kopf durch die Wand, und letztendlich sind wir hier wieder bei der Frage der Trennung von Werk und Künstler. Denn ist Tóth eine Art Genie? Wahrscheinlich. Ist er eine angenehme Persönlichkeit? Eher nicht.

Wie ich ja schon vor einigen Wochen geschrieben habe, ist The Brutalist sowas wie der Comebackfilm von Adrien Brody, auch wenn er ja nie wirklich weg war. Aber so etwas hat er tatsächlich seit The Pianist nicht mehr gemacht. So eine große Performance, die so viel an emotionaler Bandbreite zeigt – Weinen aus Freude, Weinen aus purer Verzweiflung, verschiedene Phasen des körperlichen Verfalls, verschiedene Phasen großer psychischer Probleme – da ist einfach alles dabei. Und hinzu kommt noch, dass er eine Person spielt, die kaum zugänglich erscheint, trotzdem aber faszinierend ist und interessante Dinge – auch über Architektur – sagt.

Guy Pearce als Antagonist sieht manchmal Brad Pitt erstaunlich ähnlich und legt seinen Selfmade-Millionär irgendwo zwischen jovialem Gönner und größenwahnsinnigem Irren an, der aber phasenweise wirklich amüsant und auch fürsorglich erscheint. Selbstverständlich trägt Pearce als Van Buren allerhand Masken. Einzig Felicity Jones als Tóths Ehefrau hat mich nicht restlos überzeugt. Sie war mir zu spröde, wobei das natürlich eh genau passt, in diesem durch und durch spröden Film (ich habe aber leider gelesen, dass Marion Cotillard zuerst diese Rolle hätte spielen soll und die mag ich sehr, insofern natürlich etwas unfair von mir, die beiden jetzt zu vergleichen)

Dass dieser Film nur zehn Millionen Dollar gekostet hat mag man kaum glauben, zu monumental erscheint hier alles, vor allem die Großbaustelle des Projekts von Tóth, die auch irgendwie wie die Wotrubakirche mal fünfzig wirkt, harhar. Aber auch das gesamte Set-Design, die Kameraführung, die Musik, die Ausstattung und Kostüme, das hat alles sowas “epochales” und genau das wird vermutlich auch alles bald Oscar nominiert sein harhar.

Bis dahin kann man sich überlegen, wie man die Aussage “It’s not about the journey, it’s about the destination”, die im Film postuliert wird, interpretieren würde. Einer von sehr vielen spannenden Denkanstößen. The Brutalist wird dann Ende Jänner im Kino zu sehen sein.

The Brutalist, eins

Kurz zum Inhalt, von The Brutalist, Regie Brady Corbet.

László Tóth, (Adrien Brody) ein ungarischer Jude und Holocaust-Überlebender, wandert 1947 in die USA aus. Seine Frau Erzsébet (Felicity Jones) und die Nichte Zsófia, die von ihm getrennt wurden, haben ebenfalls überlebt, dürfen aber noch nicht ausreisen. Tóth kommt bei seinem Cousin und dessen Frau in Philadelphia unter. Attila ist schon vor langer Zeit in die USA gezogen und komplett assimiliert, er hat ein Möbelgeschäft. Obwohl ihm Attila seine erste Arbeit als Innenarchitekt verschafft, kommt es bald zu Spannungen. Bis der Selfmademillionar Harrison Van Buren (Guy Pearce) auf Tóth aufmerksam wird und ihm mit einem Großprojekt beauftragt…

Milde Spoiler möglich

Wir kennen das Bild, wenn Einwanderer erstmals die USA betreten, und die ikonische Freiheitsstatue sehen, die mit so vielen Assoziationen verknüpft ist. Es ist meist der Beginn einer schwierigen, aber doch erfolgreichen Heldenreise, die in der Regel dem vielzitierten “American Dream” huldigt. Nun Corbet machte es anders. Als wir die Statue erstmal sehen, steht sie unerklärlicherweise auf dem Kopf, wie auch auf dem Filmplakat. Und das ist schon das erste deutliche Zeichen, dass hier etwas nicht stimmt, dass etwas “verkehrt” ist und, dass das vermutlich kein klassisches amerikanisches Epos wird, obwohl es formal so wirkt; es ist streng in große Kapitel unterteilt (inklusive einer 15 minütigen Intermission) und beleuchtet einen Zeitrahmen von 1946 bis 1980.

Dazu hören wir von Anfang an den atonalen, aber auch kraftvollen Soundtrack von Daniel Blumberg, mit einem zentralen musikalischen Motiv, das Tóth begleitet und immer wieder, vor allem in kritischen Situationen auftaucht. Wie der architektonische Stil, den Tóth vertritt – er sagt einmal, er hat “Bauhaus” studiert – wie sein eigenwilliger Charakter, seine Vergangenheit, seine Familie und seine Gegenwart, ist auch an dieser Musik absolut nichts einfach, lieblich oder einnehmend. Denn Tóth widersetzt sich dem amerikanischen Traum in gewisser Weise. Oder sagen wir so: Was muss man tun, um diesen zu erleben? Wie sehr muss man sich anpassen? Wie stark von seinen eigenen Idealen abrücken? Und wie “dankbar” muss man sein? Als Tóth einmal zu jemanden “Welcome to America” sagt, klingt es ein bisschen wie eine Drohung.

Und hier kommen wir wieder zum Buch The Fountainhead (harhar, ja sorry, ich hab die ganzen 726 Seiten gelesen, ich muss es erwähnen). Weil dieser Film hat tatsächlich sehr viel von dieser vielzitierten “Bibel”, vor allem Tóth selbst ist in gewisser Weise Horward Roarke nachempfunden; wie Roarke ist Tóth ein kompromissloser Architekt, wie Roarke sehr streitbar bis eigensinnig und jetzt nicht übertrieben liebenswert. Und: Roarke wird ja beauftragt, eine Sozialeinrichtung zu bauen und womit wird Tóth in The Brutalist betraut? Richtig.

to be continued…

The Brutalist, Overtüre

Es ist kein Spoiler, dass die Protagonisten von The Brutalist, László Tóth (Adrien Brody) und Harrison van Buren (Guy Pearce) einmal nach Carrara fahren, um Marmor zu kaufen, weil es kommt auch im Trailer vor.

Und dann sitzen sie, Kaffee trinkend, quasi dort, wo ich auch mal gesessen bin. Das Kind war damals vier Jahre alt, und fand die Lastautos, die da enorm waghalsig in den Steinbrüchen hin und her fuhren, natürlich toll.

Steinbrüche von Carrara im Juli 2012

Jedenfalls warten die beiden auf einen Geschäftspartner, der mit ihnen ein Marmor-Deal machen will und sie warten. Und warten.

Achtung Witz-Spoiler.

Irgendwann sagt Van Buren zu Tóth: “That is why I don’t wanna do business with italiens. They are the mexicans of Europe”.

Harhar. Und das war dann eigentlich schon das einzige lustige an diesem Film. Morgen dann mehr dazu.

Allerheiligen

Slow morning mit Kaffee, Ei, Toast mit Erdbeermarmelade, Wordle und Zeitungen lesen

Am Kräuter- und Gewürze Skriptum für einen Auftraggeber weiterarbeiten

Darüber informiert werden, dass wird endlich neue (und nette!) Gartennachbarn haben

Eine große Runde durchs Donaufeld machen

Allerheiligen im Donaufeld, 1. November 2024

Mit dem Kind und dessen Freund auf ein spätes Mittagessen zu Vapiano gehen

Diverse Herbsturlaubsthreads auf diversen Social Media Kanälen durchscrollen

Formel 1 Sprint Quali mit der Patchworkfamilie schauen

Diesen Blogeintrag schreiben, wie immer an jemanden denken, in Frieden mit allem sein

Feiertag fertig.

Happy Halloween

Ich hab mit Halloween ja nicht so viel am Hut, aber…

Und Süßes gibts auch:

Schon etwas geplündertes Süßigkeiten-Arsenal

Es waren Vierjährige da, die ich leider anlügen musste und ihnen sagen, wie ur gruselig sie sind – in Wahrheit waren sie total süß, harhar. Aber die Jugendlichen sind wirklich sehr scary.

Jetzt lege ich mich wieder aufs Sofa und lese (heute sehr) stilecht American Psycho weiter!

Vorlesen

Ich hab es ja nicht so mit “Erziehungsideologien”, aber gestern berichtete orf.on, dass Vorlesen wohl gut für Kinder ist (No shit, Sherlock!) und dem kann ich jetzt nicht widersprechen. Obwohl das beim Kind erst mit der Volksschule angefangen hat. Davor, so mit drei, vier Jahren, ist er einfach aus dem Zimmer gegangen, wenn ich zu lesen angefangen habe.

Dann aber, mit Schulstart, haben wir abends immer eine Stunde gelesen, also ich, in der Hoffnung, dass er einschläft, was aber nie passiert ist. Wir haben den ganzen Kanon gelesen, Astrid Lindgren, Christine Nöstlinger (ich habe wirklich viele Bücher von beiden), Momo, Die unendliche Geschichte, Die fünf Freunde, diverses von Erich Kästner, Mira Lobe und Märchen und Sagen und einiges aus der Bücherei, es war ein sehr schönes Ritual, dass eher meiner mütterlichen Kernkompetenz entsprach, als einem Kleinkind nachzulaufen harhar.

Einmal, da war das Kind krank und hat hoch gefiebert, habe ich ihm die halbe Nacht vorgelesen, mit seinem Kopf an meinem Oberarm. Da ist er dann aber tatsächlich irgendwann eingeschlafen und weil das Buch so spannend war – ich erinnere mich leider nicht mehr daran, welches es war – habe ich einfach noch eine Weile weiter laut vor mich hingelesen und das war trotz allem dann gemütlich und heimelig.

Lesen kann schon sehr glücklich machen. (No shit, Sherlock!)

Viennale, 4

Nachdem ich von Anora also recht enttäuscht war, hatte ich am Samstagabend, meinem letzten Viennale-Tag, schon Bedenken, dass mir etwas ähnliches bei The Brutalist passieren könnte. Die Vorstellung war ausverkauft und meine einzige wirkliche Abendvorstellung.

Vorm Gartenbaukino zur Viennale Zeit

Erfreulicherweise gab es keinen Grund dazu. The Brutalist ist ein großartiger, wenn auch durchaus recht sperriger Film, mit einem überragenden Adrien Brody, der hier eine sehr ambivalente Persönlichkeit verkörpert, keinen so klaren Sympathieträger wie in The Pianist. Dennoch gibt es viele Parallelen zwischen Lazlo Toth und Wladyslaw Sziplman. Beide sind Osteuropäer, beide sind jüdischer Abstammung und Genies auf ihrem Gebiet. Beide arbeiten mit den Händen und gehen durch Phasen großer Verzweiflung und auch körperlicher Transformation (vor allem dramatische Gewichtsabnahme). Es sind Rollen, die sehr zum Method Acting einladen, ich denke, Brody hat das zumindest bei The Pianist gemacht. Wird er wieder für den Oscar nominiert werden? Das ist nicht mehr die Frage, die Frage ist nur noch, ob er nochmal gewinnen wird.

Ich werde noch mehr zum Film schreiben, aber jetzt muss ich mich erstmal für heuer von der Viennale verabschieden. Ich bereue fast, nicht noch mehr Filme gesehen zu haben, aber irgendwann muss man ja auch arbeiten und kochen (und zum Zahnarzt hmpf). Schön finde ich, dass bei der Viennale am Ende des jeweiligen Films immer geklatscht wird, auch wenn es ungefähr so sinnvoll ist wie das Klatschen nach der Landung eines Flugzeugs. Aber trotzdem hat es was.

The Brutalist war übrigens um 0.15 Uhr aus, das Kind hat mich um 0.45 Uhr mit seinem Freund vom Bahnhof Floridsdorf abgeholt und nach Haus begleitet. Die zwei sind dann noch weiter herumgefahren. Habe mich mit “Danke ihr Mäuse” verabschiedet – ich war schon sehr müde, harhar.

Die gesammelten Uncut-Kritiken kann man übrigens hier lesen.

Es ist wie es ist

Heute hab ich auf X etwas gelesen, was mich sehr berührt hat.

Eine Frau, der ich schon seit längerer Zeit folge, weil sie so poetisch über Beziehungen schreibt, schrieb heute etwas über ihren Ex, von dem sie jetzt ein Jahr getrennt ist.

Nämlich, dass es eine Tatsache wäre, dass die Liebe für diesen Menschen einfach immer da ist und sie diese nicht wegzaubern kann. Und, dass sie mit diesem Wissen zwar nichts weiter machen kann, aber es ok ist; dass sie aber auch nicht so tun will als wäre es anders.

Das kann ich so gut nachvollziehen. Und noch mehr: Mir ist es mittlerweile egal, was andere Menschen darüber – oder über mein Leben insgesamt – denken. Was jetzt aber nicht trotzig klingen soll, nur bestimmt.

Viennale 2

Stell dir vor, du bist ein Filmproduzent und jemand pitcht dir folgende Film-Idee:

Ein mexikanischer Kartellboss, Familienvater, einflussreich und gefürchtet, von kräftiger Statur, der dutzende Menschen auf seinem Gewissen hat, sucht sich eine versierte Anwältin und beauftragt sie damit, eine Klinik im Ausland zu suchen, die eine Geschlechtsumwandlung bei ihm durchführen soll, denn er fühlt sich als Frau. Gleichzeitig soll sich diese Anwältin um seine Familie kümmern, die er zu diesem Zweck verlassen wird. Und dazwischen wird aus dem nichts heraus gesungen und zwar Sätze wie “Du riechst nach Cola Zero mit Zitrone”; außerdem wird geschossen und es ist phasenweise blutig. Ach ja und alle sprechen vorwiegend spanisch.

Die meisten Filmproduzenten würden sagen: Na genau, dafür stell ich 20 Millionen auf. Für einen Plot, der gefühlt keine Zielgruppe hat. Denn Menschen, die Musicals mögen, sind oft eher zartbesaitet und nicht so Bandenkrieg-affin und Menschen, die wegen Action und Thrill ins Kino gehen, wollen garantiert nicht, dass Schusswechsel durch gefühlsbetonte Musikeinlagen unterbrochen werden. Dazu die heikle Trans-Thematik.

Nun dennoch wurde genau dieser Film gemacht, er nennt sich Emilia Pérez und er ist – und das ist die eigentliche Sensation – brilliant.

Das könnte uns alle daran erinnern, dass wir die Sachen machen sollten, an die wir glauben, auch wenn es komplett bizarr und aussichtslos erscheint. Brennt man dafür und gibt alles für seine Vision, dann kann man damit, gegen alle Gesetze der Logik, Erfolg haben und ein kleines Kunstwerk schaffen.