Eigentlich sollte man aus Protest nichts über die Will Smith Aktion letzte Nacht schreiben, weil die natürlich alles andere überstrahlt oder verdunkelt, je nachdem. Weil alle nur noch darüber schreiben und nicht zb über den doch etwas überraschenden (ok, ich hab drauf getippt, aber trotzdem) bester Film Gewinner CODA oder über die beste Haupdarstellerin Jessica Chastain oder, oder, oder.
Aber natürlich schafft man das dann quasi nicht. Deshalb ein kurzes Brainstorming meinerseits. Nachdem ich mir das Video vom Vorfall angesehen habe, bin ich mir nicht sicher, ob es echt oder fake ist. Für fake spräche, dass die Oscarverleihung, die in den letzten Jahren immer mehr ZuseherInnen einbüßte, wieder (deutlich) mehr Publicity bekäme. Für echt spräche, dass Will Smith rein gar nichts davon hätte, so etwas zu faken. Ich mein, er hat den Oscar gewonnen und sich selbst mit diesem Ausraster die Show gestohlen.
Zu Chris Rock ist zu sagen: Der Witz war nicht besonders gut, Rock war auch noch nie dafür bekannt, besonders subtile oder angebrachte Witze zu machen – er hatte ja bereits 2005 einen Wickel mit Sean Penn bezüglich einer Aussage über Jude Law. Penn hat ihn halt nicht geschlagen, was auch sehr blöd rübergekommen wäre, auf ziemlich vielen Ebenen. Andererseits ist der Grat, wo ein Witz noch gut ist und wo geschmacklos auch oft sehr schmal. Und jemand tätlich anzugreifen, kann man mit nichts rechtfertigen.
Fazit: Das ist alles ziemlich unglücklich. Da war ja die La La Land bester Filmoscar Verwechslung vor fünf Jahren noch Gold dagegen.
Der Film Eiskalte Engel/Cruel Intentions entstand 1999, also gut zehn Jahre nach den anderen beiden Filmen und hat sich entschlossen, die Handlung in die Gegenwart zu versetzen. Die Idee ist nicht schlecht, wenn man sich das Euvre des Regisseurs Roger Kumble aber ansieht, das offenbar eher auf die allzu seichte Unterhaltung abzielt, könnte man ein bisschen Bauchweh bekommen. Gerade bei diesem Thema. Das hätte auch ein American Pie Verschnitt für die Upperclass werden können.
Um gleich zu beruhigen: Eiskalte Engel ist durchaus gelungen und unterhaltsam, mit Niveau, wenn auch ziemlich explizit. Ryan Phillipe übernimmt die Rolle die vor ihm Firth und Malkovich spielten, Sarah Michelle Gellar die von Benning/Close. Reese Witherspoon spielt auch mit, und zwar die “Unberührbare” Annette, hat also einen anderen – amerikanischen – Namen bekommen.
Was ist im ausgehnenden 20. Jahrhundert ein schockierender Wetteinsatz?
MAYBE SPOILERS
Kathryn schlägt Sebastian vor, dass er sie bekommt, wenn er Annette verführt; sollte es ihm nicht gelingen, bekommt sie sein Auto. Sebastian: “Wie kommst du darauf, dass ich darauf eingehe! Das ist ein 56 Jaguar Roadster.” Daraufhin Kathryn: “Du darfst ihn reinstecken, wo du willst.” Das überzeugt ihn und er nimmt die Wette an. Also wir halten fest: im Jahr 1999 muss man, wenn man die Menschen halbwegs schocken will, Analverkehr ins Spiel bringen. Dann hat man ungefähr das Skandalniveau, dass die LeserInnen der Urversion im Frankreich des 18. Jahrhunderts hatten. Zumindest denkt sich das offenbar der Regisseur/Drehbuchautor.
Während in den vorigen Verfilmungen klassisch die Musik der damaligen Zeit quasi als Hintergrund-Stimmungsbild vorkommt – Spinettmusik, Händel Vivaldi et al, setzt Kumble natürlich auf (Indie-angehauchte)-Musik der damaligen Gegenwart, allen voran Placebo und The Verve, wie Fatboy Slim und Skunk Anansie. Natürlich kleiden sich Phlippe und Co. wie Jugendliche der 1990er aber zitieren durchaus die Mode des 18. Jahrhunderts, speziell in der Figur von Gellar wird das deutlich, die oft lange Kleider und miederartige Oberteile trägt, in denen ihr Busen hervorquillt, wie das auch in der Rokoko Mode oft der Fall war.
Interessanterweise ist Eiskalte Engel der Film – uns das weiß ich erst, seit ich die anderen Verfilmungen kenne – der tatsächlich Liebe ins Spiel bringt. Während man in den anderen Verfilmungen nicht weiß, ob Valmont wirklich zu Liebe fähig ist oder sie auch nur anstrebt, alles bleibt sehr vage und nebulös, wird hier schon suggeriert, dass Sebastian zumindest sehr viel für Annette empfindet. Und das ändert natürlich auch den Grundton der Erzählung. Wenn man so will ist die – oberflächlich betrachtet – hippste Verfilmung diejenige, die andererseits aber auch den meisten Anspruch an Moral hat und im Endeffekt eine recht klassische Liebesgeschichte erzählt. Eine Interpretation, die die beiden andere Filme nicht teilen.
Kurz vor Valmont hat 1988 Stephen Frears seine Version von Gefährliche Liebschaften (Dangerous Liasions ) veröffentlicht. Das war natürlich so nicht geplant, und den Regisseuren damals nicht so recht, denk ich mir, erscheint im Rückblick aber reizvoll, weil man die beiden Adaptionen damals quasi recht zeitnah direkt miteinander vergleichen konnte.
Die Rolle des Valmont, die Colin Firth verkörpert hat, spielt hier John Malkovich und die von Madame Merteuil – bei Forman Annette Benning – übernimmt hier Glenn Close. In einem Review der renommierten amerikanischen Kritikerin Pauline Kael schreibt sie sehr pointiert: “Using American actors (instead of following the Hollywood tradition of casting British actors as French aristocrats) gives the film a directness, an emotional immediacy.”
MAYBE SPOILERS
Die Stimmung von Gefährliche Liebschaften ist tatsächlich eine andere als der bei Valmont. Zwar herrscht auch hier ein ironischer bis zynischer Unterton, allerdings ist alles von Beginn an weitaus düsterer und bedrohlicher. Malkovich hat nicht den kindlich-verspielten Charme, den Firth hatte, er wirkt eher wie ein leicht verhaltensgestörtes Raubtier auf Beutezug. Und Close erscheint intriganter als Benning das war, nicht so herzlich, eigentlich eine ziemliche Eigenbrödlerin. Dennoch (oder deshalb?) wirkt es so, als würde sie mehr an Valmont zu hängen, zwischen ihnen ist deutlich mehr Leiden- als Freundschaft.
Michelle Pfeiffer hat hier die eher undankbare (weil farblose) Rolle der Madame de Tourvel, wurde dafür aber sogar für den Oscar nominiert; überzeugender ist eine blutjunge Uma Thurman als Cecile. Auch Keanu Reeves spielt mit und ich weiß nicht ob es daran liegt, dass meine Generation ihn eher mit Matrix verbindet, aber er wirkt auch in einem Historienfilm aus dem Frankreich des 18. Jahrhunderts wie jemand aus der ganz fernen Zukunft. Und von einem anderen Stern.
Gefährliche Liebschaften ist ähnlich direkt wie Valmont – etwa wenn der Vicomte Cecile im Bett sagt: “Ich denke, wir beginnen jetzt mit ein oder zwei lateinischen Fachbegriffen” harhar – erlaubt sich schließlich aber doch mehr Moral und Urteil als die Forman Version, wo ja sogar noch Begräbnisfeierlichkeiten etwas zumindest unterschwellig Fideles hatten. Am Ende ist hier gar nichts mehr lustig, sondern bitterer Ernst. Und den ZuseherInnen wird durchaus eine vielleicht etwas platte, offensichtliche Botschaft mit auf den Weg gegeben.
Morgen dann, die wahrscheinlich hippste Version von de Laclos Vorlage: Eiskalte Engel.
Jemand kennt mich außerordentlich gut und hat mich auf die ARTE Doku Skandalöse Liebschaften hingewiesen, die sich mit dem Briefroman von Choderlos de Laclos, Gefährliche Liebschaften, beschäftigt.
Die Hauptfiguren sind Madame Marteuil und Vicomte Valmont, die sich den Zwängen ihrer Zeit – vor allem den sexuellen – entziehen und den ganzen Tag auf der Jagd sind, nach dem nächsten amourösen Abenteuer, nach der nächsten erotischen Herausforderung, nach Spaß und Nervenkitzel. Sie gehen eine (erotische) Wette miteinander ein, die einen unvorhersehbaren Verlauf nimmt.
Ich habe mir gedacht, ich schau mir drei Verfilmungen an, bevor ich mir die Doku ansehe und habe gestern mit Valmont gestartet.
Valmot ist ein Film aus dem Jahre 1989 vom Milos Forman, in den Hauptrollen Colin Firth und Annette Benning. Forman hat einen meiner absoluten Hassfilme gedreht – und damit meine ich natürlich nicht qualitativ, denn Einer flog übers Kuckucksnest ist an sich ein sehr guter Film – aber ich hasse seine Botschaft und seinen “Spirit” und hätte ich nochmal die Wahl, würde ich ihn mir nicht mehr anschauen, anyway er ist auch bekannt für Hair und vor allem Amadeus, der zahlreiche Oscars bekommen hat.
MAYBE SPOILER
Gefährliche Liebschaften kann man sehr unterschiedlich interpretieren. Man könnte daraus beispielsweise ein echtes Drama machen, aber Forman hat sich offenbar gedacht: Na ja, wenn Einer flog über das Kuckucksnest schon so schlimm war, dann mach ich aus Gefährliche Liebschaften eine Art Lustspiel. Harhar. Na ja, ganz so extrem ist es vielleicht nicht, aber speziell die erste Hälfte von Valmont ist wirklich sehr amüsant, beschwingt-frivol, irgendwie alles wie ein großer Spaß, jede*r bumst quasi jede*n und was ist schon dabei.
Colin Firth als Valmont hat langes, wehendes Haar und tut so als wäre er auf der Suche nach der ganz großen Liebe; wenn der Film in eine andere Richtung abbiegen würde, könnte man aus ihm den verklärten Helden einer Romanze machen. So ist er aber eher mehr ein Strizzi mit zuviel Tagesfreizeit. Annette Benning als Madame Marteuil ist eine durch und durch feministische Figur, die sich nimmt, was sie will – nach außen hin sehr verbindlich und freundlich, geht es ihr in Wahrheit nur um ihre eigene Befriedigung und noch mehr um ihre Freiheit. Eine Witwe, die nie mehr heiraten will, denn das würde Unterwerfung bedeuten und das ist wirklich nicht das, was sie sucht.
Forman hält den ironischen Unterton der Erzählung tatsächlich während der ganzen Laufzeit des Filmes durch. Für ihn sind die beiden zwei wohlstandsverwahrloste Bohemians, die die Liebe als etwas sehen, mit dem sie sich die Zeit vertreiben. Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens ist offenbar niemand, mehr als Spaß sucht keiner. Ob man nun ein Herz bricht oder zum Duell gefordert wird, nichts scheint wirklich ernst zu sein. Und das verleiht dem Film letztendlich auch, bei aller Spielfreude – ich liebe die Szenen mit der alten Tante von Valmont, die permanent einschläft, es in ihrer Jugend aber offenkundig ziemlich krachen ließ – vielleicht ein bisschen zuviel Unverbindlichkeit und damit auch eine gewisse Blutleere.
Valmont ist also mehr Travestie als Sittenbild oder gar kartharsische Offenbarung, aber als solche sehr gelungen. Ich bin nun gespannt, was Stephen Frears mit dem Stoff angestellt hat, seinen Film sehe ich als nächstes.
Nach über zehn Jahren hab ich mir mal wieder Last Night angesehen, ein Film, der mich schon beim ersten Mal ziemlich erwischt hat. Oft ist es ja so, dass man Filme dann in einer anderen Lebensphase sieht und sie wirken ganz anders auf einen. Last Night gehört nicht dazu, er hat mich auch diesmal ganz genauso erwischt.
Maybe SPOILER
Worum geht es also? Joanna (Keira Knightley) und Michael (Sam Worthington) sind seit drei Jahren verheiratet. An diesem Abend begleitet sie ihn zu einer Firmenfeier, wo sie seine attraktive Kollegin Laura (Eva Mendes) kennenlernt. Joanna wird sofort klar, dass Laura ihren Mann auf nicht gerade subtile Art und Weise anbaggert, und dass ihm das zu gefallen scheint. Wieder zuhause angekommen macht Joanna ihm eine dementsprechende Szene. Er behauptet allerdings, Laura wäre ihm nur sympathisch, sonst nichts. Am nächsten Tag bricht Michael mit Laura und einem Kollegen zu einer Geschäftsreise auf. Joanna wiederum trifft beim Gang zum Bäcker ihre alte Liebe Alex (Guillaume Canet) wieder, einem Franzosen, von dem sie Michael nie erzählt hat, der abends mit ihr ausgehen will.
Beide Ehepartner verbringen die Nacht also mit anderen und werden dabei auf unterschiedliche Art und Weise in Versuchung geführt. Als Zuseherin sitzt man nun davor und denkt sich: wer wird hier wen betrügen und – weitergedacht – wo fängt Betrug eigentlich an? Michael und Laura trinken zusammen in einer Bar, im Hotel, am Pool und sprechen über das, was vielleicht zwischen ihnen passieren wird. Jedem Zuseher ist klar: das ist ein Spiel mit dem Feuer. Joanna und Alex treffen ein mit Alex befreundetes Ehepaar zum Abendessen – eine der besten Szenen des Films – und Alex’ Freund durchschaut sofort alles. Er stellt Joanna indiskrete, dabei aber auch sehr richtige Fragen zu ihrem Gefühlsleben. Nach ein paar Minuten hat er ihren inneren Kampf mit sich erfasst – und der Zuseher mit ihm.
Meine Sympthie gilt immer noch der Paarung Joanna/Alex. Die beiden sind Schriftsteller – mehr oder weniger erfolgreich, jedenfalls sind sie beide auf die gemeinsamen Wellenlänge, sehr künstlerisch-bohmemianhaft. Ich bin sehr dankbar, dass man Alex keinen unerträglichen französzischen Akzent in der deutschen Fassung gegeben hat (so wie das letztens bei Untreu der Fall war). Und ich frage mich immer noch, was Joanna und Michael eigentlich verbindet – er wirkt sehr sachlich und distanziert, etwas unterkühlt sogar. Die beiden scheinen gar nichts gemeinsam zu haben. Die offensive Art von Laura stößt mich persönlich sogar regelrecht ab und macht mich wütend. Was vielleicht ein bisschen unfair ist, weil man dasselbe Alex auf einer anderen Ebene genauso vorwerfen könnte. Aber ich gehe die Wette ein, dass sich jeder Zuschauer auf die Seite eines Paares schlägt. Und ohne den “Response” des jeweilgen Partners würden das Eindringen in eine bestehende Ehe sowieso nicht funktionieren, das ist auch klar. Und sobald so ein EIndringen möglich ist, ist in der Ehe selbst schon etwas oder vieles nicht mehr in Ordnung. Banale Erkenntnis? Ja, aber doch zutreffend.
Jedenfalls ein atmosphärisch dichtes und sehr spannendes Kammerspiel, zu sehen derzeit auf Sky. Hier der Trailer:
Der amerikanische Schauspieler und Komponist Lin Manuel Miranda, der für sein Musical Hamilton unter anderem mit acht Tony Awards ausgezeichnet wurde, war ein Fan von Jonathan Larson. Jonathan Larson hat das Musical Rent geschrieben, das derzeit Rang 8 der am längsten ununterbrochen laufenden Broadwaymusicals belegt. Am Tag vor dessen Uraufführung ist Larson 35-jährig gestorben. Lin Manuel Mirandas Film ist die filmische Adaption des gleichnamigen, teils autobiografischen Musicals, dass sich wiederum mit der Entstehung von Larsons Musicals Superbia beschäftigt. Schon ein großes Fragezeichen über dem Kopf?
Jedenfalls: Jonathan (Andrew Garfield) steht in Tick, Tick…Boom kurz vor seinem 30. Geburtstag. Seit acht Jahren arbeitet er an seinem Debütmusical, mit dem er endlich seinen Durchbruch erreichen will. Entweder das, oder er wird sein Leben ändern. Jonathan lebt das typische Künstler-Boheme Leben – Kellnern in einem Diner, immer knapp bei Kasse, dafür einen schrillen und, nebenbei bemerkt, äußerst diversen Freundeskreis, eine Liebesbeziehung die zu kurz kommt, permanent Musik im Kopf. Bis 30, so meint er, wäre es ok, so ein Leben zu führen, dann muss er es „zu etwas bringen“. Doch eine Woche vor der Uraufführung von Superbia fehlt ihm noch der Hauptsong…
Biopics von KünstlerInnen sind gang und gäbe in Hollywood, man denke nur an Walk the line und Ray, Bohemian Rhapsody oder Rocket Man, um nur einige zu nennen. Die Herausforderung dabei ist es, einen anderen Zugang zu finden als den üblichen, die Sehererwartungen zu unterlaufen, sonst lauert die Gefahr, das übliche Schema abzuspulen, das da wäre: Verzweifelter Jungkünstler muss verschiedenste Hindernisse überwinden, um endlich der zu werden als den sie/ihn die Welt kennt. Bei Tick, Tick…Boom ist eine Abweichung schon insofern gegeben, als Jonathan Larsons Musical Rent zwar weltberühmt, er selbst aber niemals ein Star geworden ist, da er seinen Erfolg nicht mehr erlebt hat. Bei ihm ergeben Eminems Lyrics „Superstardom is close to post mortem” einen neuen Sinn.
Zwar gibt es auch in Tick Tick, …Boom den üblichen Moment, in welchem dem Künstler ein entscheidender Tipp für sein musikalisches Fortkommen gegeben wird, hier: “Schreibe über das, was du kennst” – aber es kommt von seiner schrulligen Agentin, die in diesem Augenblick nur loswerden will, weil sie einen andren Anruf erwartet. Und das tut Larson dann, er schreibt statt Science-Fiction über das was er kennt, das Künstlerleben, seine Angst, nicht genug Zeit zu haben, weil neben ihm Bekannte reihenweise an Aids sterben, seine Liebe zur Musik, dem Gefühl nicht zu genügen – und dabei trägt er Converse und einen dicken Schal, wie der typische Mensch von nebenan. Was er letztendlich auch immer geblieben ist.
Andrew Garfield ist als Jonathan besetzt und diese Rolle scheint für ihn gemacht. Wir kennen Larson nicht, wir haben keine Vorstellung von ihm, aber wir haben das Gefühl, Garfield ist Larson. Er ist besessen von Musik. Garfield singt gut, wenn auch nicht perfekt, tatsächlich ist er als Larson in diesem Film der Conferencier seines eigenen Lebens. Er steht auf einer Bühne und bricht mit der vierten Wand im Theater, was insofern interessant ist, als wir ja einen Spielfilm sehen. Er erzählt dem Publikum sein Leben und die einleitenden Worte sind Programm: “Everything you’re about to see is true – exept for the parts Jonathan made up”.
Das ist so schön und märchenhaft, und bringt dem Publikum diese prickelnde Ungewissheit, nach der es in Wirklichkeit sucht; der Film ist, obwohl wirklich viel gesungen und performt wird – doch auch irgendwie sowas wie Off-Broadway, um in der Theaterszene und Sprache zu bleiben, etwas seltsam, etwas kantig, etwas um die Ecke gedacht, keine glattgebügelte Gewinner-Story. Manchmal denkt man an La La Land, das thematisch relativ ähnlich war und auch keine perfekten Gesangs- und Tanzeinlagen zu bieten hatte, dafür aber ganz viel Charme und Herz
Ganz so sehr wie La La Land hat mich dieser Film jetzt nicht gepackt – dort habe ich monatelang den Soundtrack gehört und konnte die Choreografien auswendig – aber ich mag ihn, besonders seinen Zugang, so ein Film im Film im Film zu sein.
Diese Woche habe ich drei Projekte gleichzeitig, die auch Spaß machen aber irgendwie bin ich auch ein bisschen erschöpft, der Jänner hat mich geschafft.
Letztes Wochenende war meine Mama bei uns, sie hat jetzt Netflix entdeckt, die letzten Male hat sie The Lost Daughter und Don’t look up gesehen, dieses mal habe ich ihr Tick Tick…Boom empfohlen, einen Film, den ich noch gar nicht kannte, aber aufgrund des Titels und des Trailers als sehenswert erachtet habe. Meine Mutter beschrieb ihn als “interessant, aber irgendwie anders” und dieser Einschätzung kann ich mich – mittlerweile hab ich ihn auch geschaut – durchaus anschließen. In Kürze werde ich vielleicht noch mehr dazu schreiben.
Diese Woche habe ich außerdem den offenen Brief von Ortwin Rosner gelesen, der meines Erachtens alles auf den Punkt bringt, was derzeit auf den Punkt gebracht werden sollte. Einen genauen Befund über den aktuellen Zustand der österreichischen Medienlandschaft (Spoiler: er ist nicht gut) plus einen Lagebericht über die Kundgebungen, die ich durch eigene Augenzeugenschaft genauso bestätigen kann:
“Ganz allgemein gilt, dass jemand, der sich nur über die Leitmedien unseres Landes informiert, eine völlig verzerrte Vorstellung der samstäglichen Corona-Demos in Wien erhalten muss (…)
Dass aber ebenso ganz linksstehende Leute ihre eigenen Kundgebungen mit ihren ganz eigenen Rednern und ihren ganz eigenen Inhalten abhalten, dass man da am Ring sehr gut dabei sein kann, ohne irgendetwas von der FPÖ zu sehen, darüber erhält er kaum irgendeine Information von Euch.
(c) Ortwin Rosner
Der Teenie hatte gerade berufspraktische Tage, die dankenswerterweise trotz C. stattfinden konnten. Jeden Tag ging er mit KollegInnen essen und er hat seinen WhatsApp Status zu “Bei der Arbeit” geändert. Das Berufsleben – er schnuppert im IT-Bereich – gefällt ihm, ich bin wirklich sehr gespannt, was er nach der Matura machen wird. Ich denke, er wird einen “pragmatischeren” weiteren Ausbildungsweg wählen als ich, die ich auch ein bisschen in meinem Elfenbeinturm oder auch Wolkenkuckucksheim gesessen bin und das ist völlig ok so harhar, aber wenn er was anderes macht, ist das genauso ok für mich.
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als ich diesen Film im Kino gesehen habe – und mit welchem mulmigen, fast panischen Gefühl ich damals den Saal verlassen habe. Untreu ist für mich Lynes gefährlichster und auch irgendwie abstoßenster Film – auch wenn er gut ist.
Die Ausgangslage kommt uns wieder bekannt vor. Connie Sumner (Diane Lane) und ihr Mann Edward (Richard Gere) leben mit ihrem Sohn und Hund (!) in einem Vorort von New York.. Sie haben weder finanzielle noch sonstige Sorgen wie es scheint. Edward verdient gutes Geld, während Connie ehrenamtlich arbeitet und sich um Sohn Charlie kümmert. Und nun eine ketzerische Aussage von mir: wenn man oder in dem Fall frau zuviel Tagesfreizeit und zuwenig Pläne hat, was man mit dieser anstellen soll, kommt man/frau zwangsläufig auf sehr dumme Gedanken. Eines Tages fährt Connie also nach New York, um Besorgungen zu machen, und lernt dort – es ist ein stürmischer Tag – Paul (Olivier Martinez) kennen, der sie buchstäblich vom Boden aufklaubt, vom Winde verweht.
Meine absolut subejktive Meinung: Paul ist Franzose, signifikant jünger als sie und sieht wie der prototypische Frauenverführer aus, so auf die Art, dass es in seinem Klischee schon wieder komplett uninteressant ist. Ich kann es absolut nicht nachvollziehen, wenn man einen Mann wie Richard Gere zuhause hat, dass das auch nur ansatzweise attraktiv auf einen wirken kann, aber Connie ist da anderer Ansicht oder wie es Robert Ebert in seinem Review herrlich ausdrückt: “Connie Sumner’s heart and other organs have their reasons for straying outside a happy marriage” harhar ja. Auch wenn ich es nicht verstehe, ist es wohl so. Jedenfalls beginnt Connie eine Affäre mit dem Franzosen und Edward – natürlich nicht blöd oder gefühllos – spürt das, obwohl sie vorsichtig ist.
Eines Nachmittags sitzt Connie mit zwei Freundinnen im einem Cafe und sie sprechen über Affären, was als frivol-harmloses Gedankenexperiment beginnt, in dem die eine mit einem “Techtelmechtel” liebäugelt, von dem niemand zu wissen braucht, entgegnet die andere pötzlich: “Etwas passiert, es kommt raus oder jemand verliebt sich und es endet in einer einzigen Katastrophe.Es endet immer in einer Katastrophe.” Und wir ZuseherInnen merken, da spricht jemand aus Erfahrung; und wir denken uns ok, nun wird Connie aufwachen und nachdenken und sie wird sich überlegen, ob sie den Preis zahlen will, den offenbar ihre Freundin gezahlt hat, doch nichts dergleichen passiert. Und wir ZuseherInnen wissen nun – es wird passieren, es wird definitiv in einer Katastrophe enden. Auch wenn wir die Ausmaße noch nicht erahnen können, aber ab diesem Moment haben wir große Angst. Und das zu Recht!
Fazit: Ich mag die Lyne Filme und kann so einen Lyne-Filmmarathon auf alle Fälle empfehlen.
Film zwei, den ich mir angesehen habe, ist Ein unmoralisches Angebot. Die Prämisse, als er 1993 erschien, war in aller Munde: Würde man für eine Million Dollar seinen Partner für eine Nacht “verkaufen”?
SPOILERSPACE
Diana (Demi Moore) und David (Woody Harrleson) sind ein junges, glückliches Ehepaar in ihren 20-ern mit Geldproblemen. Sie drohen ihr Grundstück und Traumhaus – David hat es als Architekt selbst entworfen – zu verlieren. Also machen sie sich auf nach Vegas, um dort die notwendigen 50.000 Dollar für die Gläubiger zu gewinnen. Wäre das gelungen, wäre der Film nach einer halben Stunde zuende. So fängt er erst richtig an, als sie den Milliardär John Gage (Robert Redford) kennenlernen, der sofort von Diana angezogen ist. In einer zunächst theoretischen Diskussion darüber, ob Menschen käuflich sind oder nicht, macht er ihnen besagtes Angebot. Hätten sie es nicht angenommen, wäre der Film nach einer dreiviertel Stunde zuende.
Das ist nun der Punkt, an dem man selbst – wohl oder übel – zu denken beginnt, ob man auf so eine Vorschlag eingehen würde. Man kann sich die üblichen Lügen erzählen, wenn man das Angebot annimmt: Es ist nur für eine Nacht, es ist nur Sex, wenn genug Zeit vergeht, wird man es sogar ganz vergessen. Das tun Diana und David. Und Lyne ist clever genug, dem Zuseher nichts von den Ereignissen dieser Nacht zu zeigen. So befinden wir uns in der Position von David, der versucht nachzuspüren, was genau zwischen Diana und Gage passiert ist und was das nun wirklich bedeutet. Er ist rasend eifersüchtig und misstrauisch und Diana ist nicht ganz so abgestossen von Gage wie sie es gerne wäre.
In einer beeindruckenden Szene voller Angst und Wut – die zumindest ich hundertprozentig nachvollziehen kann – versucht David Details von Diana zu erfahren, was in der wiederholten Frage: “War es gut?” gipfelt, die Diana schließlich mit “Ja” beantwortet. Was folgt ist psychologische Kriegsführung seitens Gage, die in dieser SItuation auf fruchtbaren Boden fällt. Doch wieder ist Lyne clever genung, aus Gage keinen skrupellosen Lebemann zu machen, der seine Interessen über die von Diana stellt, sondern arbeitet seine weiche und verletzliche Seite heraus und natürlich auch die Frage: wieso ist ein derart reicher und attraktiver Mann immer noch alleine, wenn er das offenbar nicht sein will?
Ein unmoralisches Angebot und seine Prämisse funktionieren auch 30 Jahre später noch. Wozu nicht nur die drei Hauptdarsteller und ein spannendes Drehbuch beitragen – auch die Nebenrollen sind mit Oliver Platt als Anwalt von David und quasi comic relief und Seymoure Cassel als Mann fürs Grobe von Redford sehr eindrucksvoll besetzt.
In meiner Jänner Kolumne für Uncut schreibe ich – wie schon berichtet – über den Film The Lost Daughter, bei dem die von mir sehr geschätzte Maggie Gyllenhaal erstmals Regie geführt hat.
Was ich von dem Film halte, könnt ihr bei Uncut nachlesen.
Wer Ed Harris wie einen 17jährigen tanzen sehen will, sollte ihn sich nicht entgehen lassen. Und alle anderen am besten auch nicht.