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Corsage

Am Wochenende hab ich mir Corsage angeschaut – ein österreichischer Film von Regisseurin Marie Kreutzer über Kaiserin Elisabeth, der für den Auslandsoscar 2023 eingereicht wurde.

Einen Film über Elisabeth zu drehen ist – gerade in Österreich – nicht ungefährlich. Wir kennen alle die zuckersüßen Sissi-Filme, mit denen wir aufgewachsen sind, die natürlich Märchen waren, die wir aber trotzdem irgendwie lieben. Und wir kennen den Backlash mit u.a. dem Musical Elisabeth, im Zuge dessen man hat versucht hat, eine andere Seite zu zeigen, Stichwort: Ich gehör nur mir. Aktuell gibt es auch eine Netflix Serie, dazu natürlich unzählige Dokus und Reflexionen. Man könnte also meinen, das Feld ist schon ziemlich beackert worden. Kann Kreutzer da noch einen neuen Take finden?

Die Antwort lautet: Ja, sie kann! Auch wenn man in den ersten Szenen wirklich übermenschliche Kraftanstrengung anwenden muss, um nicht an Sofia Coppolas Marie Antoinette zu denken. Corsage hat zwar einen ähnlichen Ansatz, in dem sie die Kaiserin nicht als Kind ihrer Zeit im 19. Jahrhundert zeigt, sondern als aktuelle, moderne Figur, untermalt mit aktueller, moderner Musik (großartig zb. Soap & Skins Italy beim Abspann) und dazu artsy Bilder liefert. Aber Corsage ist nicht so flapsig und so sehr Popkultur wie Marie Antoinette es war. Es ist ein über weite Strecken recht düsterer Film – auch wenn hier und da durchaus (auch böser) Humor aufblitzt – der auch wesentlich tiefer geht und mehr hinterfragt.

Corsage reflektiert, wie sehr Elisabeth (eine umwerfende Vicky Krieps) zwar ihre Freiheit gewollt und erkämpft hat, beispielsweise das Recht zu reisen und selbstbestimmt zu sein; gleichzeitig aber niemals wirklich ihre inneren Zwänge ablegen konnte, hübsch und dünn zu erscheinen. Obwohl sie die Meinung der Gesellschaft ablehnte und als übergriffig qualifizierte, war sie dennoch bestrebt, das Bild von sich diesbezüglich zu erfüllen. Kreuzer zeigt uns die ruhelose Elisabeth, die andauernd auf Reisen ist, die raucht und flirtet und auch masturbiert. Die am liebsten mit den Pferden zusammen ist oder mit ihrer jüngsten Tochter Valerie, die sich aber ähnlich distanziert verhält wie FJ (Florian Teichtmeister) – wie er von Elisabeth genannt wird. Die praktisch nicht isst, auch nicht schläft. Die etwas sucht, das sie ausfüllt, die sich mehr sozial engagieren will, der ihre Repräsentationspflichen alleine zuwenig sind. Die Suizid versucht, die den Tod so leidenschaftlich sucht, wie sie auch das Leben empfinden möchte.

Inwieweit Corsage historische Authentizität wiedergibt (oder auch nur anstrebt) können wohl nur Elisabeth-Experten beantworten. An manchen Stellen scheint klar, dass es so nicht gewesen sein wird oder kann, aber ich finde das nicht sonderlich wichtig. Corsage ist nicht The Crown, es ist immer klar, dass es sich hierbei um ein Kunstprodukt handelt. Lobend erwähnen möchte ich noch Manuel Rubay, der mir meistens wirklich auf den Nerven geht (sorry harhar), hier aber den leicht durchgeknallten und dekadenten Ludwig den Zweiten glaubwürdig und sehr amüsant verkörpert.

Hier noch der sehenswerte Trailer:

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