almis personal blog

Zum Tag, zwei

Keine Angst, ich werde keine Tagebuchbloggerin harhar, aber auch heute war ein sehr schöner Tag, ein perfekter Freitag vor dem Wochenende.

Am Vormittag hab ich gearbeitet, im Moment ist noch ein bisschen Ruhe vor dem Sturm. Danach war ich bei Thalia in Wien Mitte, wo ich bemerkte (und fotografierte!), wie toll, originell und farbenfroh die neuen Bücher angeordnet worden sind. Nicht, dass man nach dem Cover gehen sollte (don’t judge the book by it, wie man weiß), aber da war auch inhaltlich vieles dabei, das mich sehr angesprochen hat.

Danach hab ich mich zum Mittagessen mit L. beim Vapiano getroffen, unbezahlte Werbung, aber es war wieder so gut!

L. hatte die Pasta des Tages, Avocado, das habe ich mich nicht getraut, ich hatte Risotto mit Pilzen


Danach gabs noch, weil es ist ja schließlich bald Wochenende, Kaffee und Tiramisu.

Danke für die Einladung!

Auch sonst wars wieder ur nett, wir haben unter anderem über 25 Jahre Gilmore Girls gesprochen und L. meinte, Rory schaut jetzt älter aus als Lorelei, naja, sie hat ein Kind bekommen, ach so, na dann harhar. Vielleicht sollte ich auch mal einen vierten Rewatch machen.

Heute Abend hab ich mir dann aber erstmal – auch als Vorbereitung für den Viennale Film Novelle Vague, den ich hoffentlich sehen werden und der sich mit den Dreharbeiten zu Jean Luc Godars Film Außer Atem beschäftigt – ja genau, Außer Atem angeschaut. Godard meinte ja, alles was ein Film bräuchte, wäre “a girl and a gun” und tatsächlich kommt beides hier in den ersten fünf Minuten vor und ja. Ich verstehe jetzt, was diesen Film so kultig und richtungsweisend macht und ich werde bald davon erzählen.

Dann las ich noch in Knausgards Träume, es geht hier vor allem um sein Studium in der Akademie für Schreibkunst, super interessant und jedes Mal bekommen sie Vorgaben und müssen dazu etwas schreiben. Da hab ich mir gedacht, ich will immer nur über das eine schreiben, was meine Seele erfüllt. Und wie jeden Abend denke ich daran.

Viennale, erster Blick

Gestern wurde endlich das Programm der diesjährigen Viennale veröffentlicht und ich habe vor, mir fünf bis sechs Filme anzusehen.

Am allerallermeisten freue ich mich – und mir war gar nicht bewusst, dass dieser Film gezeigt werden könnte – auf Peter Hujar’s Day von Ira Sachs. Ich habe mich schon vor einiger Zeit in den Trailer verliebt, obwohl ich denke, die meisten, die diesen Trailer sehen, finden ihn wahrscheinlich ur fad, harhar. Aber ich mag die Stimmung und ich mag die Interaktionen von Ben Whishaw und Rebecca Hall und ich bin ein großer Fan des Vorgängerfilms von Sachs, Passages.

Dann möchte ich unbedingt After the Hunt sehen, von Luca Guadagnino. Eigentlich hatte der schon einen Starttermin zum Beispiel im Votivkino und dann war er wieder weg und als ich nachgefragt habe, hieß es plötzlich, er werde nur bei der Viennale gezeigt und kommt gar nichts ins Kino. What? Ich mein, das ist ein Guadagnino Film, dem Regisseur verdanken wir Werke wie Call me by your name und Challengers?! Ich weiß, After the Hunt hatte ein bisschen gemischte Reaktionen bei seiner Premiere in Venedig, aber es geht um Wokeness und Cancel Culture und Julia Roberts spielt mit. Also das klingt jetzt für mich wirklich nicht uninteressant.

Richard Linklater wird mit gleich zwei Filmen vertreten sein, die ich schon jetzt andauernd verwechsele. Nämlich einerseits Blue Moon, der eine Krise eines tatsächlichen Broadway Songwirters der 1940er Jahre beleuchtet und Nouvelle Vague, der über die Dreharbeiten zu Jean Luc Godards Film Außer Atem erzählt. Einen der beiden möchte ich auf jeden Fall sehen. Außerdem auf meiner Wunschliste: Father Mother Sister Brother, der neue Film von Jim Jarmusch, der in Venedig mit dem goldenen Bären ausgezeichnet wurde.

Den Film, von dem ich mir im Hinblick auf die Awards-Season am meisten erwartet habe – zumindest bevor ich One Battle After Another gesehen habe – ist der norwegische Film Sentimental Value. Dieser Film vom Team, das auch Worst Person in the World gedreht hat (den ich ziemlich gut fand, aber irgendwas hat gefehlt) und in dem wieder Renate Reinsve die Hauptrolle spielt, handelt von einer dysfunktionalen Familie. Den möchte ich auch unbedingt sehen, sofern es da Chancen auf eine Karte gibt.

Ich halte euch auf dem laufenden, harhar.

One Battle After Another

Am Wochenende habe ich den enorm gehypten neuen Film von Paul Thomas Anderson im Votivkino gesehen. Er ist lose an den Roman Vineland von Thomas Pynchon angeleht. Anderson hat schon davor mit Inherent Vice einen Pynchon Roman (sehr gut, wenn auch viel sperriger) adaptiert.

In One Battle After Another geht es um den alleinerziehenden Vater Bob Ferguson (Leonardo di Caprio), der mit seiner 16 jährigen Tochter Willa (Chase Infiniti) in einer Wüstenstadt lebt. Als (wie er) früheres Mitglied einer linksextremen Bewegung, ist seine Frau Perfidia (Teyana Taylor) nach einer Staftat der Verfolgung unter Colonel Lockjaw (Sean Penn) entkommen. Bob lebt mit seiner Tochter ein verstecktes, unauffälliges Leben, da er immer noch die Rache von Lockjaw fürchtet….

ACHTUNG WIE IMMER SPOILER

Die Prämisse hat mich ein bisschen an den Film Hanna erinnert, wo ebenfalls ein Vater mit seiner Tochter vor Verfolgung fliehen musste. Allerdings geht dieser Vater dort den Weg, dass er seine Tochter zu einer Kampfmaschine erzieht, damit sie sich verteidigen und so überleben kann. Bob hat eine andere Entscheidung getroffen. Er kümmert sich liebevoll um seine Tochter, sitzt aber sonst die meiste Zeit am Sofa, kifft, trinkt sein Bier und hofft, allem durch diese komplette Unauffälligkeit zu entgehen und für lange Zeit funktioniert das auch ganz gut.

Als Lockjar ihm allerdings auf die Schliche kommt – ich mein, das ist klar, sonst gäbe es keinen Film harhar – entwickelt sich der anfangs todernste Film zu einer ja, stellenweise erstaunlich witzigen Katz- und Maus Verfolgungsjagd. Die Schwere der Situation liegt ganz auf Willa, während Bob hier extrem gut einen warmherzigen, aber auch ziemlich patscherten Protagonisten, gekleidet im kariertem Morgenmantel, abgibt, was diCaprio eindrucksvoll macht. Ein Highlight ist die Szene, als er am Telefon einen geheimen Treffpunkt mit seinen früheren Verbündeten ausmachen soll, aber diverse Codewörter vergessen hat, es ist herrlich komisch. Ich stelle jetzt die Behauptung auf, dass diCaprio tatsächlich am besten ist, wenn er keinen strahlenden Helden spielt, sondern jemand in einem humorvollen Kontext. Sean Penn dagegen, der in den Reviews gelobt wird, hat die Aufgabe einen “White Supremacist” zu spielen, was er als extreme Karikatur anlegt. Auch die andere Seite des politischen Spektrums, die von Bobs Frau verkörpert wird, ist karikaturesk gezeichnet.

Deswegen ist der Film für mich auch nicht wirklich politisch im Sinne von, dass Anderson sich klar auf eine extreme Seite stellt (Gott sei Dank!), sondern er zeigt vielmehr, dass beide politischen und vor allem ideolgischen Ränder mit den gleichen Mitteln (Hass und Gewalt) operieren und, dass das nie zum Ziel führen kann, so zumindest meine Interpretation. Ich weiß nicht, ob ich Penn wirklich gut finde, weil ich ihn mittlerweile aufgrund seines Auftretens außerhalb eines Filmes so ärgerlich finde, dass es schwer ist, diese Gefühle von meiner objektiven Einschätzung zu trennen, harhar ich geb es zu. Das ist im übrigen genau das Problem, dass ich derzeit mit vielen Schauspielern, u.a. auch Mark Ruffalo habe. Mir fehlt in der Darstellung ein bisschen die Transzendenz über das übliche Programm, das da immer heißt “Wir sind die besseren Menschen, wir hassen Trump.”

Wie auch immer, One Battle After Another ist ein wirklich guter Film, mit einem wirklichen guten Hauptdarsteller, ich glaub, mir hat diCaprio noch nie besser gefallen, untermalt von einem ewigen Song/Geräuschebett, wie wir es von Anderson eh kennen, hier oftmals atonales Klaviergeklimper. Dieser Film hat auch eine ganz außergewöhnliche Auto-Verfolgungsjagd in der Wüste, das sage ich als jemand, der wirklich nicht für Auto-Verfolgungsjagden ins Kino geht. Aber diese ist intelligent, spannend UND hoch ästhetisch und macht einmal etwas ganz anderes, was man so noch nie gesehen hat. Auch einige der Sprüche könnten sich zu Running Gags entwickeln. Als Bob einmal aus einem fahrenden Auto springen muss und sich nicht traut, ruft ihm der Sensei (immer super: Benecio de Toro) zu, na kommt, Tom Cruise macht sowas andauernd, harhar.

Also zusammengefasst: Der Hype ist gerechtfertigt, Paul Thomas Anderson, dessen Euvre insgesamt so divers (in Genre, Thematik, Tonalität) wie sehenswert ist, wird nach seinen bisherigen 11 Oscarnominierungen hier defintiv mit einer oder eher mehreren Auszeichnungen nach Hause gehen, das prophezeihe ich jetzt einmal. Jemand hat geschrieben, das wäre “the movie-est movie I’ve seen in ages” und das ist so wahr. So sehr ich kleine Produktionen schätze, es ist auch einmal schön, wenn jemand alle Register zieht, die beim Film möglich sind – und dabei trotzdem noch so etwas wie “Arthouse” macht.

Caché

Schon wieder habe ich einen Film von Michael Haneke gesehen. Mein zweiter heuer und auch insgesamt, harhar. Langsam komme ich aber auf den Geschmack. Nachdem die Theaterversion von Caché derzeit am Volkstheater aufgeführt wird, läuft der Film gerade für eine Woche auch im Votivkino, in französischer Originalsprache mit englischen Untertiteln (warum auch immer).

In Caché, was so etwas wie “verborgen” heißt, für alle, die wie ich kein französisch sprechen, geht es um den erfolgreichen TV-Moderator Georges Laurent (Daniel Auteuil), der mit seiner Frau Anne (Juliette Binoche), einer Verlegerin, und dem 12 jährigen Sohn Pierrot ein nach außen hin angepasstes und gutbürgerliches Leben führt. Bis eines Tages eine Videokassette auf der Türschwelle liegt. Auf dem zwei Stunden Video sieht man ausschließlich die Außensicht auf das Haus der Familie. Zuerst denkt das Paar an einen irren Fan oder Stalker, doch dann kommen weitere Videos an, die den Anschein erwecken, dass etwas mehr hinter der Sache steckt…

ACHTUNG ORDENTLICHE SPOILER !!

Was ich bei diesem Film von Anfang sehr interessant fand, an mir zu beobachten: Ich hatte irgendwie kaum Empathie für Georges und seine Familie. Normalerweise würde man ja annehmen, dass man als Zuseherin irgendwie sofort auf der Seite der Protagonisten ist. Es ist ja ein unheimliches Szenario, jemand, der das eigene Haus beobachtet, der das eigene Leben ausspioniert, man kann es nachempfinden. Aber dieses Gefühl wurde bei mir sofort (Dank Hanekes Erzählweise? Dank der Darsteller?) von einem anderen überlagert, nämlich dem, dass ich die Familie wirklich sehr unangenehm fand. Das Ehepaar geht bestensfalls kühl miteinander um, auch zum Sohn herrscht kaum eine emotionale Bindung, alles ist total, ja kalt, in diesem Haus. Deshalb fällt es irgendwie auch schwer, etwas für die beiden zu empfinden.

Mit Fortschreiten der Handlung kommt man dahinter, dass der Sender der Videos möglicherweise ein Bekannter von Georges ist. Georges wuchs in einer wohlhabenden Gutbesitzer-Familie auf, die Angestellte mit einem kleinen Sohn, Majid, in Georges’ Alter hatten. Nachdem Majids Eltern tragisch ums Leben gekommen waren, haben Georges Eltern mit dem Gedanken gespielt, Majid zu adoptieren. Georges wollte das nicht und dachte sich etwas wirklich furchtbares aus, um die Eltern (mit Erfolg) davon abzubringen. Majid kam in ein Waisenhaus und wir erfahren, dass er in der Gegenwart des Filmes ein Mann (sehr beeindruckend dargestellt von Maurice Bénichou) geworden ist, der in ärmlichen Verhältnissen lebt, gebrochen durch seine Erfahrungen in der Kindheit, nachdem er den Gutshof verlassen musste. Er hat sozusagen ein Motiv.

Und hier wirft Haneke eine enorm interessante Frage auf, so finde ich, nämlich: Inwieweit kann ein sechsjähriges Kind “böse” sein? Dass es nicht schuldfähig in einem rechtlichen Sinn ist, ist klar, aber kann es “Schuld” auf sich laden? Kann es für das Schicksal eines anderen Menschen verantwortlich gemacht werden? Gebrochen sind letztendlich beide Männer, meiner Meinung nach. Georges wirkt trotz seines Erfolgs nicht glücklich, nicht einmal zufrieden. Einmal besucht er seine Mutter und es klingt an, dass die beiden eine sehr distanzierte Beziehung zueinander haben. Was irgendwie extrem ernüchternd ist, wenn man bedenkt, dass er seine Eltern “für sich haben wollte” und später das Interesse an ihnen verloren hat, polemisch formuliert. Es gibt dann noch weitere Plottwists und ein weitgehend offenes Ende, das viel Raum zu Spekulation bietet. Aber im Prinzip will Haneke uns weniger davon erzählen, als wieder mal von der Schlechtigkeit des Menschens an sich, harhar.

Caché erinnert mich ein bisschen an Lost Highway von David Lynch, wenngleich Caché wesentlich konventioneller erzählt ist ist, was im Vergleich zu einem Lynch Film auf der Hand liegt, harhar. Es ist für mich insgesamt ein sehr gut gemachter, auch sehr aufwühlender Film, über den ich noch länger nachdenken muss.

How to be normal

Gestern habe ich im Burgkino den Debüt Langfilm des österreichischen Regisseurs Florian Pochlatko gesehen, Deutsch mit englischen Untertiteln, harhar.

How to be Normal and the Oddness of the other world lautet der recht sperrige Titel des Films und es geht darin um Pia (Luisa-Celina Gaffron), Mitte 20, die gerade aus einer psychiatrischen Einrichtung entlassen wird. Ihre Herausforderung ist es nun, Nomen est Omen, sich irgendwie in die “normale” Gesellschaft einzugliedern, in der inzwischen der Lebenspartner abhandengekommen ist und sie wieder zurück zu ihren Eltern ziehen muss…

Spoiler!!!

Das alles klingt ja als Prämisse ganz interessant und auch anspruchsvoll, denn die Geschichte aus der Sicht einer Frau mit einer psychischen Störung zu erzählen ist durchaus heikel, Stichwort Klischees. Ich fange mit dem an, was meiner Ansicht nach gut gelungen ist. Pochlatko geht sehr empathisch mit seiner Hauptfigur um, und zeichnet sie durchaus differenziert. Manche Aspekte ihres Lebens und ihres Schmerzes kann man auch nachvollziehen, wenn man selbst (mehr oder weniger) “normal” ist, wie den Eindruck, einen Menschen verloren zu haben, der das eigene Zuhause war und bei den Eltern, im früheren Kinderzimmer, eben nicht mehr zugehörig zu sein. Und: Der Instagram Influencer Grindig hat zwei Auftritte, einer davon hat die meisten Lacher des gesamten Films in meinem Kinosaal gebracht.

Alles andere hat mich aber, ich sage es wirklich ungern, kaum erreicht. Zunächst mal die allgegenwärtige Klimakrise, die man in jedem Film unterbringen muss, die mit der Handlung aber nichts zu tun hat. Dann der Aufbau eines gewissen Multiversium Narrativs (hallo Everything Everywhere all at Once) – beide Komponenten kamen übrigens auch kürzlich in Life of Chuck (besser) vor. Und dann eine ordentliche Portion Kapitalismuskritik, aber von der für mich platten Sorte. Wieder einmal muss die Figur des Jokers herhalten, um im Zuschauer ein Gefühl zu erzeugen, dass Pochlatko offenbar nicht mit eigenen Ideen vermitteln will.Typisch-geschminkte Gesichter und riesige Clownsschuhe sollen wohl das Böse suggerieren.

Eher ärgerlich wird es am Schluss, denn es gibt zwei Enden (siehe Multiversum). Und beide Enden sind Zitate von anderen Werken. Und das verstehe ich persönlich überhaupt nicht. Will ich denn als Künstler dem Zuschauer nicht etwas von meinen eigenen Vorstellungen mitgeben und den Menschen etwas erzählen, was nur ich so erzählen kann? Auch wenn es vielleicht nicht hundertprozentig aufgeht, wenn es nicht gleich verstanden wird, wenn es sogar aneckt, egal, aber es ist meines. Aber einfach das wirklich beeindruckende Ende von Fight Club zu nehmen und auf fast schmerzhafte Weise zu karikieren und dann noch ein David Lynch Zitat zu verwenden, das schon Meme-Charakter hat, das ist echt schon ein doppeltes cineastisches Sakrileg für mich.

Am Montag gibt es einen FM4 Filmpodcast mit dem Regisseur. Darauf bin ich sehr gespannt, gerade weil ich mit dem Film so wenig anfangen konnte.

Redford

Gestern ist Robert Redford gestorben. Ich habe erst vorige Woche einen seiner berühmtesten Filme gesehen und auch hier besprochen.

Meine Mama hat mir geschrieben: Das ist traurig, aber er hatte ein gutes Alter, ein schönes Leben. Es ist uns immer ein Trost, wenn wir das über jemanden sagen können, zumindest wenn wir diesen Eindruck haben. Hat Redford das selbst auch so gesehen? Zumindest als Künstler schon, wenn er meint: “As an artist, I just can’t think of a better life than the one that I’ve been blessed with” Privat war es etwas anders. Er verlor seine Mutter früh, lese ich, hatte dadurch Probleme mit Alkohol. Später starben zwei seiner Kinder, eines schon als Baby, ein anderer Sohn vor einigen Jahren an Krebs.

Was auffällt, wenn man gestern und auch heute noch auf diversen Social Media Plattformen unterwegs war: es gab zwar irrsinnig viele Postings zu Redford, aber ich habe kein einziges gesehen, dass irgendwie auch nur den Hauch einer Ambivalenz vermittelte. Das kommt selten vor. Menschen quer durch alle Milieus, Kulturkreise und Überzeugungen scheinen sich auf Redfords besondere “legacy” einigen zu können. Bei Cinephilen kommt natürlich oft der Verweis auf das Sundance Filmfestival, das Redford 1981 gegründet hat, weil er Filme unterstützen wollte, die für das große Studio-System nicht attraktiv erschienen. Menschen wie Quentin Tarantino, die Coen Brüder, Richard Linklater oder Jim Jarmusch starteten ihre Karriere dort.

Robert Redford war auch “easy on the eyes”, wie man so schön sagt. Es ist natürlich wahnsinnig oberflächlich das zu schreiben, aber es stimmt halt auch, harhar. Ich finde, er war auch einer der wenigen Männer, die ohne Bart besser aussahen als mit. Und er war einer der auch recht wenigen großen männlichen Filmstars, die blond waren.

Das Gartenbaukino wird aus Anlass seines Todes eine In Memoriam Reihe starten, was ich gehofft habe und sehr begrüße. Ich habe zwar schon relativ viele Filme mit ihm gesehen, aber mir fehlt peinlicherweise zum Beispiel immer noch Out of Africa, ein Film, den sowohl meine Mutter als auch mein Vater mochten, was selten war, diese Übereinstimmung. Und vieles würde ich auch gerne einfach nochmal auf der großen Leinwand anschauen.

Noch ein Zitat habe ich gestern von ihm gelesen, das ich sehr inspirierend finde: “If you believe in something strongly enough, you just keep at it until it happens.” Bei Redford glaubt man daran, dass es mehr ist als eine hoffnungsvolle Utopie.

Die drei Tage des Condor

Aus der Rubrik: Filme, die meine Mama liebt. Etwas mit Agenten, wo aber nur ein bisschen geschossen, sondern eher “psychologisiert” wird. In diesem Fall: Die drei Tage des Condor, zu sehen auf Prime, auf dem Arthouse Kanal, den ich abonniert habe und liebe (unbezahlte Werbung)

Joseph Turner (Robert Redford), Codename Condor, ist Mitarbeiter in der Literaturabteilung (!) des CIA, die sich damit befasst, internationale Romane, Erzählungen, Artikel nach bestimmten Gesichtspunkten auszuwerten, nämlich danach, ob sie Strategien enthalten, die für den Geheimdienst von Nutzen sein können. Eines Tages geht Turner das Mittagessen für alle holen und als er an seinen Arbeitsplatz zurückkommt, macht er eine schreckliche Entdeckung…

ACHTUNG WIE IMMER EINIGE SPOILER

…seine Arbeitskollegen wurden in seiner Abwesenheit allesamt erschossen. Ich schwöre, das ist die beste Agentenfilm Prämisse, die man sich vorstellen kann. Weil als Zuschauer kriegt man sofort extreme Paranoia, die einen auch bis zum Ende nicht mehr verlässt. Denn eines ist klar, “sie” – wer auch immer “sie” sind – wollen natürlich auch Turner töten.

Und weil das ein Film von Sydney Pollak ist, ein Film des “New Hollywood”, einer filmischen Schaffensperiode, die gesellschaftskritisch ist und die bisherigen Genres modernisiert oder dekonsturiert, die ambivalente “Helden” ins Zentrum stellt, geht es hier nicht darum, dass Gut gegen Böse kämpft; sondern (vermeintlich) Gut gegen (vermeintlich) Gut, sofern man einen Geheimdienst als gut sehen möchte und da beginnen schon die Probleme. Nach ein paar Szenen und flotten Wendungen ist Turner klar; das war ein Inside Job. Weil genau er etwas aufgedeckt hat, was er nicht aufdecken sollte. Und das macht den Film natürlich auch enorm hoffnunglos, denn wohin soll sich Turner nun wenden? Von wem kann er sich Hilfe erwarten? Ist sein Überleben überhaupt noch eine Option?

Was mir bei diesem Film sofort aufgefallen ist, ist das handwerkliche Geschick von Regisseur Pollak. Denn wie er es schafft, in den wenigen Anfangszenen im Büro zu erreichen, dass man eine Verbindung zu den Angestellten dort aufbaut, die ja bald danach erschossen werden, was uns Zuschauern ja möglichst nicht wurscht sein soll, das ist schon erstklassig. Abgesehen davon wird auch Turner sofort und ganz nebenbei charakterisiert. Er kommt zu spät, “schon wieder”, trotzdem mögen ihn alle, sie lächeln nachsichtig über ihn, er ist beliebt. Turner sieht alles ein bisschen lockerer, er verlässt das Gebäude regelmäßig durch den Hintereingang, was streng verboten ist. Botschaft: Er hat ein entspanntes Verhältnis zu (für ihn sinnlosen) Regeln. In einem beiläufigen Dialog erfahren wir auch sofort, dass er Schwierigkeiten damit hat, niemand erzählen zu dürfen, was seine tatsächliche Tätigkeit ist. Das alles passiert in den ersten vielleicht zehn Minuten und zwar ohne, dass uns ein Voice Over Erzähler oder irgendwelche patscherten Monologe das vermitteln müssen. So wie es im Film auch sein sollte: Show, don’t tell.

Ich mochte auch sehr die Besetzung, ich mein Redford eh klar, aber auch Faye Dunaway, die er zu einer Komplizin wider Willen macht und Max von Sydow als Auftragsmörder mit Prinzipien. Eine Figur, die fast gar nicht fassbar ist und der man sich trotzdem (oder deswegen) kaum entziehen kann. Und: Bitte wie cool ist die Arbeit in dieser Literaturabteilung? Also abgesehen von dem extrem hohen Berufsrisiko, das damit verbunden ist. Aber den Job an sich stelle ich mir super vor, harhar.

Und weil wir hier einen New Hollywood Film sehen, bleibt das Ende vage.

Jim

Aus ganz aktuellem Anlass, meine Jim Jarmusch Collection.

Da war er noch jung. Und ich auch harhar.

Ich habe wirklich viele, viele Stunden mit den dialog- und handlungsarmen Filmen von Jim Jarmusch zugebracht, ich kenne fast alles. In einer Rezension zu seinem Film Paterson habe ich mal gelesen, es passiere “peinigend wenig” in diesem (harhar) und das charakterisiert in weiten Teilen sein Gesamtwerk.

Am meisten los war vielleicht in der Italien-Sektion von Night on Earth, das ist wahrscheinlich auch sein bekanntester Film, in dem Jarmusch nächtliche Taxifahrten in fünf verschiedenen Städten schildert, Los Angeles, New York, Paris, Rom und Helsinki. Und in Rom ist halt der Taxifahrer Roberto Benigni und wer 1999 seine Oscarrede gesehen hat, kann sich den Hyperaktivitätslevel vielleicht vorstellen.

Mit Benigni drehte Jarmusch öfter, so wie auch mit Bill Murray, Tom Waits oder in letzter Zeit Adam Driver. Jarmusch ist ein richtiger Independent Regisseur, er behält die Gesamtkontrolle an seinem Werk, jeder Film ist quasi ein Director’s Cut. Und ich mag an ihm das Sperrige, sein Interesse für Gegenkultur, dass er mal Lyriker war (bzw ist) und dass ich immer das Gefühl habe, er macht die Filme, die er will, relativ egal, wie viele Leute das sehen wollen. Das finde ich sehr sympathisch und auch ok, wenn ich selbst manchmal weniger damit anfangen kann.

Jetzt habe ich schon ziemlich lange nichts mehr von ihm gesehen, weil es auch nur alle vier, fünf Jahre einen neuen Film gibt. Ich weiß nicht, ob ich ihn noch so rezipiere wie das mit 25 oder 30 Jahren der Fall war, also bin ich umso gespannter auf Father Mother Sister Brother, den Film, mit dem er heute Abend den goldenen Löwen in Venedig gewonnen hat.

Lange Leitung

Bisher lag meine längste Leitung bei irgendwas fünfeinhalb Monate, da ging es um Bruce Willis und seine Tochter Mabel.

Bruce Willis hatte nämlich 1997 einen Gastaufritt als er selbst in der Serie Mad about you. Er ist im Krankenhaus auf der Flucht vor Paparazzi. Am WC trifft er Paul, die männliche Hauptfigur aus Mad about you, der gerade auf die Geburt seines Kindes wartet und noch keinen Namen für das Mädchen hat. Er fragt Bruce Willis aus Inspirationsgründen wie denn seine Töchter heißen und Willis antwortet: “Rumer, Scout und Tallulah-Belle”. Und daraufhin Paul: “Ok, es wird uns schon noch etwas einfallen.” Harhar. Schlussendlich nannten sie das Mädchen dann Mabel. Im Jahr 2012 wurde Bruce Willis “in echt” noch einmal Vater einer Tochter und nannte diese, richtig: Mabel. Auf diesen Zusammenhang bin ich aber eben erst fünfeinhalb Monate später gekommen und zwar out of the blue, als ich gerade kochte oder so.

Nun habe ich eine neue längste Leitung, circa von irgendwann in den 1980er jahren bis heute. Harhar.

Heute lese ich nämlich so über den neuen Film von der superen Emmerald Fennell, der Wuthering Heights heißt und eine Literaturverfilmung des gleichnamigen Romans von Emily Brontë ist. Er heißt auf deutsch Sturmhöhe, ich kenne den Roman aber nur vom Titel her. Jedenfalls lese ich dann so über den männlichen Protagonisten im Roman und Film namens Heathcliff, der von Jacob Elordi dargestellt wird.

Und dann überlege ich so und denke mir, hm, Heathcliff ist ja nicht so ein bekannter Name, zumindest nicht für uns deutschsprachige Menschen, den kenne ich doch aus einem Song. Ach ja, aus dem einem Song von Kate Bush, wie heißt der Song schnell nochmal….

….ja richtig, er heißt Wuthering Heights.

Also seit heute ist mir klar, dass Kate Bush’ Song Wuthering Heights tatsächlich von dem Roman handelt. Wer hätte das gedacht?? Nun vermutlich eh jeder außer mir, harhar, Gratulation.

Ein wenig Leben – Epilog

Noch etwas, was ein bisschen mit Ein wenig Leben zu tun hat, aber nur im Ansatz.

Das Titelbild des Romans zeigt das Foto “Orgasmic Man” von Peter Hujar. Ich finde ja eher, dass es nach Schmerz aussieht, aber Schmerz und Lust liegt ja manchmal auch nahe beieinander. Jedenfalls lese ich so den Namen Peter Hujar und plötzlich hatte ich so ein Aha-Erlebnis.

Denn: Der Regisseur Ira Sachs bringt heuer noch einen Film names Peter Hujar’s Day heraus. Sein Film Passages hat mich vor zwei Jahren so begeistert, dass ich ihn bei unserer Uncut Filmwertung auf Platz 2 des Jahres 2023 gesetzt habe (nach Oppenheimer und im kompletten Kontrast zu diesem). Ich mag Sachs’ Themen, den Look seiner Filme und ich mag seine Art, Charaktere zu porträtieren (auch den Orsch Peter Rogowski in Passages, boah ich hab ihn so gehasst harhar) Und der Trailer von Peter Hujar’s Day hat mir ur gut gefallen. Nur dachte ich bisher, das wäre eine fiktive Person, was doch eher peinlich ist und eine Bildungslücke ausweist. Aber naja.

Eigentlich sollte Peter Hujar’s Day beim Queerfestival im Votivkino laufen, aber anscheinend hat man sich das anders überlegt. Ich hoffe sehr, dass er einen normalen Kinostart bekommt, weil er beleuchtet, Nomen est Omen, einen Tag im Leben von Hujar (dargestellt von Ben Whishaw, der auch in Passages dabei war, aber als Sympathieträger) – Peter Hujar trifft die Autorin Linda Rosenkrantz in ihrem Apartment und wird von ihr gebeten, minutiös alles zu protokollieren, was er am 18. Dezember 1974 gemacht hat.

Im Trailer sagt Whishaw als Hujar: “I often have a feeling that in my day nothing much happens and I wasted it”. Und Rosenkrantz antwortet: “That’s why I’m doing this actually, to find out how people fill up their day.”

Ich finde das so interessant, ich muss diesen Film unbedingt sehen.