almis personal blog

Tag 22

Tag 22 – Welcher Film enthält deine Lieblingsszene?

Tja, da lande ich dann schon wieder bei Lost in Translation. Ich liebe die Szene, in der Karaokebar. Diese Szene ist eigentlich recht unscheinbar. Eigentlich.

Charlotte (mit rosa Perücke) und Bob sind also in Tokio in dieser Bar, inmitten von Japanern. Bob verausgabt sich zunächst Peace, Love and Understanding von Nick Lowe, danach performt Charlotte tanzend Brass in Pocket von den Pretenders mit den Zeilen “I am special, so special, i gotta have some of your attention”, Bob lächelt sich an und singt teilweise mit. Dann großer Auftritt von Bob. Er soll More than this von Roxy Music interpretieren, einen Song, der zum einen nicht gerade einfach zu singen ist, zum anderen sich auch sehr passend für die Situation der beiden interpretieren lässt.

Bob sieht beim Chrous “More than this, you know there is nothing, more than this, tell me one thing, more than this” immer wieder zu Charlotte hinüber, als wollte er ihr zwischen den Zeilen etwas sagen. Charlotte lächelt zuerst, wird daraufhin ernst, später etwas verlegen. More than this könnte hier interpretiert werden, als das, was zwischen ihnen ist, mehr geht nicht. Zumindest in genau diesem Moment. Es ist etwas anderes als Flirten, was Bob und Charlotte hier tun, etwas tieferes, etwas viel verbindlicheres. Das man schwer beschreiben oder definieren kann. Aber man spürt den Gleichklang der beiden in diesem Augenblick ganz deutlich. Das Szene hat aber auch eine gewisse sexuelle Komponente, weil Charlotte und Bob anschließend im Nebenraum der Bar sitzen und gemeinsam eine Zigarette rauchen.

Sie ist jedenfalls für mich einfach so schön, weil so vielschichtig, sinnlich und stimmungsvoll. Bild, Musik und Darstellung sind eine Einheit.

Motherhood revisted

Stadt Land Mama – vom urban-suburban Mommy Talk Blog – haben kürzlich auf Facebook die Frage an ihre Leserinnen aufgeworfen, ob sie denn die Mama geworden sind, die sie ursprünglich werden wollten.

Eine nur scheinbar einfache Frage. Bevor ich ein Kind hatte, hatte ich von mir als Mutter ein idealtypisches Bild. In diesem Bild litt ich nie unter Schlafmangel, war immer gut gelaunt, hatte Geduld und Energie für Beschäftigung mit dem Kind ohne Ende, und ich lebte nebenbei mein Leben so weiter wie gewohnt. In 24 Stunden pro Tag. Ja, ich war immer schon schlecht in Mathematik.

Tatsächlich ist ein Kind die wahrscheinlich größte Herausforderung meines Lebens. Jetzt mal abgesehen von den Umständen seiner Geburt, wo mir ein naher Verwandter sagte, dass ich diesen Kind umso mehr lieben werde, weil es so ein Kampf ist, es zu behalten. Ich kann natürlich nicht mit einem Parallel-Leben vergleichen, in dem alles anders gekommen wäre, aber das, was wir sind, hat natürlich auch diese Erfahrung aus uns gemacht. Ich sehe es als Privileg an, ein gesundes Kind zu haben.

Jedenfalls ist mein Sohn ganz anders als ich. Er ist sehr sozial, aufgeschlossen, offen, sehr lebhaft und aktiv und vor allem kommunikativ. Seine Betriebstemperatur ist sehr viel höher als meine. Das ist körperlich für mich oft anstrengend. Manchmal strengt es mich auch an, dass er soviel Gespräch braucht, weil ich problemlos viele Stunden hintereinander nichts reden müsste. Ich komme an Grenzen, die ich nicht kannte und nicht erwartet hatte. Denn Ausruhen vom Mama-sein kann man nicht.

Das Muttersein nimmt ingesamt viel mehr Raum ein, als ich das vorher vermutet hatte. Er ist immer in meinen Gedanken, auch dann, wenn er nicht bei mir ist. Es erscheinen immer neue Vorstellungen davon, was ich tun muss, um eine gute Mama zu sein, was er braucht, was ihm guttut. Es ist eine permanente Reflexion und ein tägliches Dazulernen. Für ihn und für mich. Wann muss man die Zügel anziehen, wann lockerlassen. Es ist spannend und bunt und unerwartet. Und es ist mit sehr vielen Sorgen und Verdrängung von Ängsten verbunden.

Aber ich drücke mich ein bisschen um die Beantwortung der eigentlichen Frage, bin ich die Mutter, die ich sein wollte? Ich denke, hier spielen natürlich viele Erfahrungen aus der eigenen Kindheit hinein. Ich will eine Mama sein, die da ist, präsent ist. Ich will ein Fels in der Brandung sein und ein Rückhalt. Ich will mein Kind so nehmen wie es ist, ich will seine Vorstellungen und Gefühle nicht abwerten, ich will, dass es sich immer geliebt, gewünscht und geborgen fühlt. Und diese Dinge sind mir, so hoffe ich – trotzdem ich manchmal zu ungeduldig, viel zu müde, zu energielos und manchmal auch zu motzig bin – doch gelungen.

Aufschrei

Ok, an diesem Thema kam vorige Woche keiner vorbei: die Affäre Brüderle und ihre Aufdeckung (darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein) und der Twitter Hashtag #Aufschrei (darüber kann man, m.E. nicht unterschiedlicher Meinung sein).

Unter #Aufschrei twittern seit Tagen Tausende von Frauen, mitunter auch Männer, über sexuelle Übergriffe und Sexismus in den Büros, auf der Straße, in Lokalen, überall. Das ist gut und wichtig, denn es rückt dieses für Frauen tatsächlich oft sehr präsente Thema in den Vordergrund des Interesses. Obwohl ich nichts dazu getwittert habe, hätte es einiges gegeben, was ich schreiben hätte können. Anzügliche Bemerkungen. Wie auch Übergriffe körperlicher Art. Auf der Straße. Am hellichten Tag.

Mit Kind an der Hand nehmen solche Dinge ab. Aber wenn ich abends mal später alleine nachhause komme (kommt zugegebenermaßen nicht sehr oft vor), dann sehe ich mir schon im Bus die Menschen an, die mit mir fahren und ich laufe meistens von der Bushaltestelle bis zu unserer Haustür, das Handy und den Schlüssel griffbereit. Ich komme mir dabei durchaus verschroben vor und es ist irgendwie auch unwürdig, aber wohl fühle ich mich bei Dunkelheit alleine nicht und ich verbringe nicht mehr Zeit nachts draußen alleine, als das unbedingt sein muss.

Nun wurde dieses Thema bei Günter Jauch in der ARD am Sonntag diskutiert und teilweise wurde da wirklich abenteuerliche Meinungen vertreten. Zum Beispiel von Wibke Bruhns, der ersten deutschen Fernsehsprecherin, die zum Thema sexuelle Übergriffe nur sagt, Frauen sollen sich wehren, wo sei denn hier das Problem, wir sind doch keine Opfer. Worauf die Politikerin Silvana Koch-Mehrin richtigerweise anmerkte, dass es in einer gleichberechtigen Gesellschaft doch nicht darum gehen sollte, sich gegen Männer wehren zu müssen, das sollte nicht mehr unsere Realität sein.

Und hier sind wir dann auch wieder beim Hashtag #weilsimmersowar. Weil “die Männer” eben immer so waren und sind und sein müssen. Was ja erstmal eine absolut unzulässige grobe Verallgemeinerung ist. Nicht DIE Männer sind so, manche Männer sind so. Und sie müssen durchaus nicht so bleiben, nur weil derartige Machtdemonstrationen von Männern gegenüber Frauen irgendwann mal zeitgeistig war. Ich teile da übrigens die Meinung mancher Twitter User, dass den meisten Männern bewusst ist, wenn sie eine Grenzüberschreitung begehen. Das passiert nicht einfach so, ups, jetzt habe ich mich danebenbenommen, jetzt ist mir ein Übergriff passiert, zumindest nicht ab einem gewissen Intelligenzquotienten.

Frau Bruhns sieht das anders. Männer und Frauen sind unterschiedliche Spezies. Und bei ihr klingt das so, als wäre das wie bei den zwei Königskinder, die nicht zueinander kommen können. Das ist ein sehr bedenkliches und trauriges Bild. Wenn ich daran denke, wie muffig das Wien meiner Kinderheit war, wie eigenartig ich manche Beziehungen von Ehepaaren damals fand und die Beziehungen zu ihren Kindern, wie unfrei ich Menschen damals fand… The times they are changing. And people do too.