almis personal blog

ESC auf Discord

Aus der Rubrik: Mein Kind erklärt mir das Internet. Plus: Die ESC Vorausscheidungs Saison kommt in volle Blüte.

Gestern hab ich mir Discord installiert bzw. habe meinen Sohn um Hilfe gebeten. Eigentlich brauche ich Discord nur, weil dort die ESC-Vorentscheide gestreamt werden bzw. Links zu den Streams online gestellt werden und das wollte ich nutzen. Das Kind: “Bitte wie machst du das, das geht ganz anders.” Ja, glaub ich sofort. Na jedenfalls öffnen sich bei Discord gefühlt 25 Fenster und es ist alles mega unübersichtlich für eine ältere Person wie mich, aber ich habe es dann geschafft, mir den belgischen Vorentscheid Eurosong anzusehen. Gewonnen hat ein gewisser Gustaph mit Because of you. Das tut jetzt niemandem weh und ist ganz unterhaltsam, wird den ESC aber nicht gewinnen, da lehn ich mich mal weit aus dem Fenster. Harhar.

Es ist jetzt aber auch nicht das artsy Bond-Lied, das Belgien in den letzten Jahren gern zum ESC geschickt hat. Sehr lustig fand ich in dem Zusammenhang die Besprechung des Lost Songs von 2020 im Songcheck, damals wollten Hooverphonic mit Release me antreten:

Marcel Stober mit der Analyse: “Ja. Bei Belgien hatte ich große Angst, als Hooverphonic als erster Act überhaupt für 2020 bekannt gegeben worden, weil ich befürchtet habe, uhh, es wird Belgien wie Belgien immer ist, es wird eine Bond Nummer, die ist irgendwie ganz nett, aber sie bleibt nicht genug hängen, um ins Finale zu kommen, und es ist genau so geworden! Es ist exakt so.”

Als Hooverphonic dann 2021 mit einer anderen Sängerin tatsächlich angetreten sind, sind sie ins Finale gekommen, letztendlich aber auf Platz 19 gelandet. Ich fand The Wrong Place aber super und habe ihn in meiner verstörende Videos Rubrik gefeatured.

The Banshees of Inisherin

Es ist schon eine Weile her, dass ich die Übersetzung eines Filmtitels nachgeschlagen habe, weil ich ihn nicht verstanden habe, aber nun war es mal wieder soweit. Nun “Banshee” ist eine Todesfee und Inisherin ist eine fiktive kleine Irland vorgelagerte Insel.

The Banshees of Inisherin ist – ja was eigentlich? Es läuft unter Komödie, wurde auch bei den diesjährigen Golden Globes in der Sparte “Best Comedy” nominiert, aber ganz ehrlich: Um diesen Film als Komödie zu bezeichnen, da muss man selbst schon ziemlich kaputt sein harhar. Nein. Es gibt eine Lesart, in der das alles witzig ist, was passiert, aber ich hatte diese Brille nicht auf. Für mich war der Film bestenfalls eine Tragikkomödie, aber eigentlich fand ich ihn ziemlich hart und auch traurig.

Pádraic Súilleabháin (Colin Ferell) und Colm Doherty (Brendon Gleeson) sind schon ein Leben lang miteinander befreundet, als Colm Pádraic eines Tages mitteilt, dass er ihn nicht mehr sehen will. Er möchte an einer Musik arbeiten und sich durch Kompositionen unsterblich machen. Er fühlt das Alter und hat keine Zeit mehr für belanglose Gespräche. Pádraic glaubt zunächst an einen Aprilscherz und versucht sich immer wieder, sich Colm anzunähern. Bis Colm voller Zorn ankündigt: Sollte Pádraic ihn nur einmal auch nur ansprechen, würde er sich einen Finger abschneiden. Wäre das jetzt ein amerikanischer Film würde man grinsen, und zur Tagesordnung übergehen, nun aber das ist ein irischer Film und diese funktionieren anders.

Was folgt, ist eine Eskalation, die gar nicht einmal so überraschend kommt, auf dieser gottverlassenen Insel. Inisherin ist wunderschön und rauh, und so sind es die Menschen auch. Menschen, die nicht viel zu tun haben, außer Vieh hüten, in die Kirche und ins Pub zu gehen und darauf zu warten, dass sich endlich einmal irgendetwas aufregendes tut, damit sie neue Gesprächsthemen haben. Die Sätze wiederholen sich, werden immer wieder auf die gleiche Art und Weise gesagt, stellenweise hat mich das sogar ein bisschen an Thomas Bernhard Prosa erinnert. Jeder hat seine zugeteilte Rolle, hier der “Dorftrottel”, dessen Vater ein gewaltbereiter Polizist ist; da eine neugierige Besitzerin des Gemischtwarenhandels, dort eine alte “Seherin”, die Tode vorhersagt. Pádraic selbst ist ein herzensgüter Mensch, dem dieses kleine Leben genügt. Er ist zufrieden, wenn er Colm trifft, mit seiner Schwester Siobhán die Mahlzeiten einnimmt, und sich um seinen kleinen Esel Jenny kümmert. Aber so leicht nimmt Colm das Leben nunmal nicht.

Die schauspielerischen Leistungen sind meisterlich, in diesem Film. Ich war sehr beeindruckt von Colin Farell, der ja irgendwie die undankbarste Rolle hat, mit dem “lieben Typen von nebenan”, der aber so eindrucksvoll zwischen Verzweiflung und Hoffnung schwankt und im Laufe der Zeit eine enorme Entwicklung durchlebt, ohne dabei seinen Charakter zu ändern. Sehr berührend ist, als seine Schwester Siobhán (Kerry Cordon) ihn zum wiederholten Mal zurechtweist, den Esel nicht immer ins Haus zu lassen, sagt Pádraic: “Ich lasse meinen Esel nicht draußen, wenn mir das Herz schwer ist.” Auch Barry Keoghan als Dominic – ein offensichtlich zurückgebliebener junger Mann – spielt so überzeugend, dass ich mich, politisch unkorrekt auf diversen Ebenen, gefragt habe, ob er tatsächlich, nun ja, ein gewisses intellektuelles Handicap hat. Ja, ich schäme mich eh dafür. Und Brendan Gleeson ist mir im Grunde genommen völlig unsympathisch und er möchte auch ganz offensichtlich völlig unsympathisch sein.

Hier noch der sehr locker-flockige Trailer, nicht davon in die Irre führen lassen, der Film hat dann doch (noch) eine andere Tonalität:

Im Original ist der Film sicher noch beeindruckender und authentischer, aber ich glaube auch ziemlich unverständlich. OmU hat mir diesmal zeitlich/örtlich nicht gepasst, wäre aber sicher am sinnvollsten.

Hi 2023

Jetzt wären die Weihnachtsferien auch wieder vorbei, das Kind ist “begeistert”. Ich bin aber schon irgendwie froh darüber, dass es wieder eine Pause von diesen Nächten gibt, in denen er um 2.30 in mein Zimmer kommt und mich nach meinem Paypal-Code fragt, so als wäre hellichter Tag und ich putzmunter.

Ich habe schon Angst gehabt vor Weihnachten diesen Jahr und vor allem vor dem Jahreswechsel. Das Jahr 2022 war ja nicht unbedingt mein allerbestes Jahr. Aber ich habe dann doch sehr viele schöne Dinge in den Ferien erlebt, ich war in der Ingeborg Bachmann Ausstellung im Literaturmuseum, wir waren in der Remise/Verkehrsmuseum, Steak essen und beim Asiaten, ich habe The Banshees of Inisherin gesehen und war in einer Klaviermatinee im Leopoldmuseum mit L. und anschließend noch im Cafe dort lunchen. Ach ja und ich wurde auf den Cobenzl eingeladen, im Zuge eines Arbeitsprojekts, in das neue Rondell Lokal, und auch am Cobenzl hab ich Erinnerungen, ach diese Erinnerungen.

Später waren wir dann noch am Kahlenberg und haben über Wien geschaut und das sollte man vermutlich an jedem Jahresanfang machen, um neu zu beginnen, auch wenn Wien im Jänner zerprackt vor einem liegt, ganz farblos und erschöpft, aber so fühlt man sich ja selbst auch manchmal.

Kahlenberg, 3. Jänner 2023

Hi 2023! Und: Die ungeraden Jahre sind immer die besseren.

Triangle of Sadness

Triangle of Sadness vom schwedischen Regisseur Ruben Östlund wurde 2022 mit der goldenen Palme in Cannes ausgezeichnet, außerdem bekam der Film den europäischen Filmpreis und das nicht unverdient.

Der Film ist auf verschiedenen Ebenen erstaunlich und verstörend. Und er hat einen äußerst diversen deutsch-us-dänisch-kroatisch-britisch-luxemburgisch-südafrikanischen-philippinischen Cast. Der bekannteste Darsteller ist sicher der Amerikaner Woody Harrelson, der bereits dreimal für den Oscar nominiert war. Hierzulande aber auch Iris Berben, die eine Deutsche spielt, die nach einem Schlaganfall nur einen Satz sagen kann. Und Sunnyi Melles.

Worum geht es also? Nun der Film gliedert sich in drei Teile. Jeder dieser Teile könnte eigenständig weitergeführt werden und zu einem Film werden. Ich persönlich fand den ersten Teil am interessantesten, als man die Modells/Influencer Carl und Yaya dabei beobachten konnte, wie sie über Geld streiten, und über die Rollenerwartungen, die an Mann und Frau dabei gestellt werden. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich einen solchen oder ähnlichen Dialog schon jemals einem Film verfolgt hätte. Der zweite Teil spielt auf einer Luxusjacht, auf die wir Carl und Yaya begleiten – und weitere reiche, exaltierte Personen kennenlernen. Der Schauplatz des dritten Teils ist eine verlassene Insel. Ich will nicht zuviel verraten, aber der Trailer enthüllt ja bereits, dass auf dem Schiff einiges passiert, was zum Stranden auf der Insel führt.

Der 2. Akt ist der mit Slapstick bis zum Erbrechen (im wahrsten Sinn des Wortes). Wer sich bei Monty Python vor der Szene mit dem Pfefferminz Blättchen geekelt hat (ich!), der wird hier relativ viele Szenen mit über den Augen gehaltener Hand über sich ergehen lassen (ich!). Es ist schon sehr arg, was Östlund dem Zuseher zumutet. Ich glaube, er liebt die Provokation und seine Hemmungslosigkeit verfehlt seine Wirkung nicht, aber ja, mir persönlich sind die Dialogpassagen des Filmes dann doch um einiges lieber. Aber ich mag auch diesen Anarchismus, die sich Östlund hier erlaubt und den diese Szenen vermitteln. Es ist eine beißende Kritik an Dekadenz und Gesellschaftsdünkel, einfach komplett over the top. Dem kann man sich schwer entziehen, auch wenn es jetzt kein Film ist, an den man sein Herz verlieren kann, ein Film in dem man sich richtig verlieren kann, wie Aftersun, dafür ist er zu sehr Theater und absurder Klamauk.

Gelernt hab ich durch Triangle of Sadness, dass teure Modemarken immer von Modells mit griesgrämigem Blick repräsentiert werden, während Werbung für billige Modemarken sich dadurch auszeichnet, dass die Modells immer sehr gut gelaunt sind und lachen. Ja und nicht zuletzt: Triangle of Sadness bezeichnet den Bereich der Sorgenfalte.

Hier noch der Trailer (aber Achtung, auch recht grauslich):

Bye Xmas

Der letzte Rest von Weihnachten. Rotenturmstraße, 26. Dezember

Ja, ich habe ein neues Handy mit einer besseren Kamera. Auch, damit ich hier am Blog bessere Fotos zeigen kann.

Die Weihnachtstage waren schön und ruhig, ich habe jetzt eine Duftöllampe, neben der ich viele Bücher lese (zb Die Wut, die bleibt, Fazit: mäh), ich war im Kino (Triangle of Sadness, nice), in der Bücherei (weitere Werke von Fallwickl und Ferrante ausborgen) und im Kriminalmuseum (Der Fall Hofrichter); ich habe versucht, mir Bardo anzusehen, über den der Falter schreibt, es wäre Iñárritus 8 1/2. Was ich dazu sage? Nein. Einfach nein! Ich habe den Film aber noch nicht ganz gesehen, weil ich nur schaffe, mir jeweils immer zehn Minuten anzuschauen, so anstrengend und bemüht surreal ist das. Und 8 1/2 ist einer meiner Lieblingsfilme, ich mein!

In den nächsten Tagen mehr.

Aftersun

Wie schon erwähnt, habe ich vor kurzem Aftersun gesehen. In dem Debütfilm der schottischen Regisseurin Charlotte Wells geht es zurück in die 1990er Jahre. Anhand der Songs, die am Strand gespielt werden, kann man feststellen, dass es sich eher um die End-Neunziger handelt, denn aus den Lautsprechern tönt zum Beispiel Tubthumping von Chumbawamba: meiner Meinung zurecht ein One Hit Wonder. Da gefällt mir Losing my religion und Under Pressure natürlich um Universen besser.

Jedenfalls geht es in Aftersun darum, dass ein sehr junger Vater, Calum (Paul Mescal), der im Laufe des Filmes noch seinen 31. Geburtstag feiern wird, einen Sommerurlaub mit seiner Tochter Sophie (Frankie Corio) verbringt. Wo die beiden sind, das weiß man am Anfang nicht so genau, es könnte an vielen Orten in Südeuropa sein, man sieht nur ein billiges Hotel mit Pool und Menschen um den Pool und am Meer. Es wird immer wieder Torremolinos erwähnt, weswegen ich vermutet habe, sie wären in Spanien, aber die Quellen sagen türkische Riveria hm. Es soll nicht das einzige rätselhafte an diesem Film bleiben.

Der Titel spielt auf einer Ebene auf die Produkte an, die man nach dem Sonnenbaden auf die Haut aufträgt, auf einer zweiten Ebene auf die Abende, nach den Sommertagen und auf noch einer weiteren Ebene auf die Zeit “nach der Sonne”, also im übertragenen Sinn eine Zeit nach der “guten” Zeit. Aftersun stellt auch eine Verbindung zum “danach” her, nämlich dem Tag als Sophie selbst 31. wird. Was Aftersun sehr gut praktiziert, das show-not tell Prinzip. Es wird nichts erklärt, die Charaktere werden nicht vorgestellt, man muss sie sich selbst zusammensetzen, in dem man beobachtet, was sie tun, wie sie in gewissen Situationen reagieren oder auch nicht reagieren, was sie sagen und was sie nicht sagen. Ich finde sowas sehr spannend.

Gleich von Beginn an vermittelt Aftersun das Gefühl dieser satten-trägen Sommertage, an denen man irgendwie matt und doch auch überdreht ist und die Dinge tut, die man in so einer Ferienanlage eben tut: Wasserball, Spielhalle, Billard, Karaoke usw; gleichzeitig schwingt aber auch sofort etwas bedrohliches mit. Die Zuseherin (zumindest ich), rechnet in jeder Szene damit, dass irgendwas Schlimmes passieren wird. Ich werde hier natürlich nicht spoilern. Nur soviel: Man hat nach dem Film genug damit zu tun, die Puzzlesteine zusammenzusetzen. Das Ende ist sehr offen und lässt wirklich sehr viel Interpretationspielraum, was da zwischen 31. Geburtstag des Vater und 31. Geburtstag der Tochter geschehen ist.

Mescal und Corio haben eine unglaublich gute Chemie miteinander, das ist in dieser Art von Film, der so sehr auf seine Protagonisten zugeschnitten ist, auch enorm wichtig. Der Film ist lustig und melancholisch, beängstigend, hoffnungsvoll, voller Leben und voller Zweifel. Und er überzeugt in all diesen Schattierungen.

Hier der Trailer, der vielleicht mehr vermittelt, was ich meine harhar:

Karaoke!

Gestern hab ich mir im Stadtkino Aftersun angeschaut. Empfehlung! Wirklich gut und der Film mit dem offensten Ende, den ich seit langer Zeit gesehen habe. Näheres folgt noch.

Heute aber erstmal soviel – es geht ja in Aftersun um den Urlaub eines jungen Vaters Anfang 30 mit seiner 11 jährigen Tochter, Sophie. In einer Szene singt Sophie Karaoke zu Losing my religion und es ist so gut. Außer die deutsche Übersetzung – ich hab OmU geschaut. Losing my religion heißt nämlich nicht den Glauben verlieren. Sondern: Die Nerven verlieren. Von mir aus: Auszucken. Das sollte man als Ersteller von Untertiteln schon wissen, zumal es auch in jedem Artikel zu dem Song steht. Es ist ein Ausdruck aus den Südstaaten. Na wenigstens haben sie es nicht mit: “Die Religion verlieren” übersetzt harhar.

Aber wie auch immer, diese Szene war sehr berührend und ich musste gleich an eine ähnliche (Karaoke)szene aus Lost in Translation denken, in der Bill Murray More than this singt. Murray hat gesagt, das Lied sei so schwer zu singen, selbst Bryan Ferry wisse nicht so genau, wann er welchen Ton singen würde.

Bachmann Werke

Zum Nikolo hab ich mir das hier selbst geschenkt:

Nachdem ich jetzt den Briefwechsel Bachmann/Frisch fertig habe, ist es passend. Ich habe davon natürlich manches gelesen, aber es ist eine schöne, ansprechenede Zusammenstellung und ein guter Zeitpunkt alles (nochmal) zu lesen. Unter anderem mein Lieblingsgedicht von Bachmann.


Enigma

Für Hans Werner Henze aus der Zeit der Ariosi

Nichts mehr wird kommen.

Frühling wird nicht mehr werden.
Tausendjährige Kalender sagen es jedem voraus.

Aber auch Sommer und weiterhin, was so gute Namen
wie „sommerlich“ hat –
es wird nichts mehr kommen.

Du sollst ja nicht weinen,
sagt eine Musik.

Sonst
sagt
etwas
niemand
etwas.

Ingeborg Bachmann, Werke 1, Seite 171

Redbubble

Neues aus der Rubrik: Werbung für die ich nicht bezahlt werde.

Nachdem Weihnachten naht und sich manch einer vielleicht Gedanken über originelle und liebenswerte Geschenke macht, möchte ich hier auf die Seite Redbubble aufmerksam machen. Redbubble ist ein online Marktplatz, wo Künstler ihre Werke hochladen können, die dann auf verschiedene Produkte wie Poster, Häferl, Polster, Notizblöcke, Pickerl u.v.m. gedruckt werden. Natürlich ist die Qualität unterschiedlich. Aber es ist eine wahre Fundgrube für (pop)kulturelles artsy Klimsbims. Man sucht zum Beispiel nach La La Land – wie komme ich nur darauf – und es erscheinen dann hunderte bis tausende passende Artikel. So bin ich zu meiner Einkaufstasche gekommen:

Oder zu dem Poster beim Stiegenaufgang von meinem Haus:

Ich hab aber auch schon eine Menge Pickerl bestellt (nicht nur La La Land) und Notzblöcke und auch Häferl.

Corsage

Am Wochenende hab ich mir Corsage angeschaut – ein österreichischer Film von Regisseurin Marie Kreutzer über Kaiserin Elisabeth, der für den Auslandsoscar 2023 eingereicht wurde.

Einen Film über Elisabeth zu drehen ist – gerade in Österreich – nicht ungefährlich. Wir kennen alle die zuckersüßen Sissi-Filme, mit denen wir aufgewachsen sind, die natürlich Märchen waren, die wir aber trotzdem irgendwie lieben. Und wir kennen den Backlash mit u.a. dem Musical Elisabeth, im Zuge dessen man hat versucht hat, eine andere Seite zu zeigen, Stichwort: Ich gehör nur mir. Aktuell gibt es auch eine Netflix Serie, dazu natürlich unzählige Dokus und Reflexionen. Man könnte also meinen, das Feld ist schon ziemlich beackert worden. Kann Kreutzer da noch einen neuen Take finden?

Die Antwort lautet: Ja, sie kann! Auch wenn man in den ersten Szenen wirklich übermenschliche Kraftanstrengung anwenden muss, um nicht an Sofia Coppolas Marie Antoinette zu denken. Corsage hat zwar einen ähnlichen Ansatz, in dem sie die Kaiserin nicht als Kind ihrer Zeit im 19. Jahrhundert zeigt, sondern als aktuelle, moderne Figur, untermalt mit aktueller, moderner Musik (großartig zb. Soap & Skins Italy beim Abspann) und dazu artsy Bilder liefert. Aber Corsage ist nicht so flapsig und so sehr Popkultur wie Marie Antoinette es war. Es ist ein über weite Strecken recht düsterer Film – auch wenn hier und da durchaus (auch böser) Humor aufblitzt – der auch wesentlich tiefer geht und mehr hinterfragt.

Corsage reflektiert, wie sehr Elisabeth (eine umwerfende Vicky Krieps) zwar ihre Freiheit gewollt und erkämpft hat, beispielsweise das Recht zu reisen und selbstbestimmt zu sein; gleichzeitig aber niemals wirklich ihre inneren Zwänge ablegen konnte, hübsch und dünn zu erscheinen. Obwohl sie die Meinung der Gesellschaft ablehnte und als übergriffig qualifizierte, war sie dennoch bestrebt, das Bild von sich diesbezüglich zu erfüllen. Kreuzer zeigt uns die ruhelose Elisabeth, die andauernd auf Reisen ist, die raucht und flirtet und auch masturbiert. Die am liebsten mit den Pferden zusammen ist oder mit ihrer jüngsten Tochter Valerie, die sich aber ähnlich distanziert verhält wie FJ (Florian Teichtmeister) – wie er von Elisabeth genannt wird. Die praktisch nicht isst, auch nicht schläft. Die etwas sucht, das sie ausfüllt, die sich mehr sozial engagieren will, der ihre Repräsentationspflichen alleine zuwenig sind. Die Suizid versucht, die den Tod so leidenschaftlich sucht, wie sie auch das Leben empfinden möchte.

Inwieweit Corsage historische Authentizität wiedergibt (oder auch nur anstrebt) können wohl nur Elisabeth-Experten beantworten. An manchen Stellen scheint klar, dass es so nicht gewesen sein wird oder kann, aber ich finde das nicht sonderlich wichtig. Corsage ist nicht The Crown, es ist immer klar, dass es sich hierbei um ein Kunstprodukt handelt. Lobend erwähnen möchte ich noch Manuel Rubay, der mir meistens wirklich auf den Nerven geht (sorry harhar), hier aber den leicht durchgeknallten und dekadenten Ludwig den Zweiten glaubwürdig und sehr amüsant verkörpert.

Hier noch der sehenswerte Trailer: