almis personal blog

In Cannes

Diese Woche ist nicht nur ESC – es startet auch das Filmfestival in Cannes. Und es gibt dort einige, finde ich, sehr interessante Filmpremieren.

Zunächst einmal – Out of Competition – Mission Impossible Final Reckoning. Ich habe den Vorgängerteil mit dem Kind im Kino gesehen, natürlich nicht im nonstop Abo, aber er hat uns wirklich sehr gut unterhalten. Tom Cruise schafft es irgendwie, jedesmal arge Stunts, die er großteils selbst durchführt, mit extremer Selbstironie zu verbinden. Ich meine speziell die Szene mit dem Fiat 500 in Rom. Wir kennen das ja, Actionstars steigen in präperierte Autos, die sie aber noch nie zuvor gesehen haben und fahren einfach los. Nicht so hier, zuerst geht die Tür nicht zu, dann drückt Cruise auf einen Knopf und die Scheibenwischer schalten sich ein, er drückt auf einen anderen, die Scheibenwischer werden schneller, ihm ist das vor der Frau, die ihn begleitet, peinlich, er entschuldigt sich und fährt los und touchiert gleich die Mauer, herrlich. Das könnte ich sein harhar.

In Competition finden wir natürlich den neuen Wes Anderson Film mit dem fast unaussprechlichen Titel The Phoenician Scheme, den ich nächste Woche für Uncut sehen werde. Ich bin ja Anderson-affin, was seine Weirdness betrifft, würde mir aber mal wieder einen etwas “wärmeren” Film von ihm wünschen, wo man sich auch mal mit irgendjemand identifizieren kann. Interessiert bin ich auch an dem neuen Film von Richard Linklater namens Nouvelle Vague, der sich der Entstehung des Jean Luc Godard Films Außer Atem widmet. Auch Joachim Trier hat nach seinem Überraschungserfolg The Worst Person in The World einen neuen Film, der sich Sentimental Value nennt und ein Familiendrama ist; Renate Reinsve, aus vorher genanntem Werk, spielt hier wieder mit und die fand ich damals ja sehr toll.

Die Coen Brüder haben sich quasi entzweit und machen derzeit getrennt Filme, was bis jetzt nicht unbedingt als Erfolgsrezept gelten kann harhar. Jedenfalls hat auch der neue Ethan Coen Film Honey Don’t in Cannes Premiere, mit “Nepo Baby” Margaret Qualley (auch sie finde ich richtig super). Skeptisch bin ich hingegen bei Eddington von Ari Aster, dessen Filme mich irgendwie gleichermaßen faszinieren, wie auch abschrecken. Und Eddington ist auch noch ein Western, was jetzt nicht unbedingt mein Lieblingsgenre ist.

Am allermeisten freue ich mich auf The History of Sound über zwei Musikwissenschafter. Diese werden nämlich von Paul Mescal und Josh O’Connor gespielt und beide, aus UK bzw Irland stammend, sind vielleicht die interessantesten männlichen Nachwuchsschauspielstars mit Indie-Schlagseite aktuell. Mescal hat uns in Aftersun und auch All of us Strangers das Herz gebrochen, O Connor hat ähnliches in La Chimera gemacht – er war aber auch der Superstrizzi in Challengers, ich war in dieser Dreiecksgeschichte voll in seinem Team. Ein Film von beiden kann meinerseits nur zu höchsten, quasi unerreichbaren Erwartungen führen, harhar.

Bei den Dokus finde ich Orwell: 2+2=5 spannend. Der Titel spielt auf den Roman 1984 an, in der Orwell eine Welt schildert, in der die Menschen politisch und medial manipuliert werden. Immer aktuell. Eher nicht anschauen werde ich mir Bono: Stories of Surrender. Bono ist, so gesamt gesehen, eine einzige Red Flag für mich, ich halte ihn einfach nicht aus. Vor einigen Jahren ist ein Interview mit ihm auf (damals noch) Twitter diskutiert worden, das jemand als “Goldstandard für absurde Äußerungen egomanischer Altherren ohne Self-Awareness” bezeichnet hat. Obwohl ich so Aussagen a la alte weiße Männer nicht so gern mag, hier finde ich es genial formuliert.

Oslo Stories: Träume

Am Samstag habe ich mir, nach einem langen Spaziergang durch die Innenstadt und in der Sonne sitzen, den zweiten Teil der Oslo Stories von Dag Johan Haugerud angesehen und zwar im Votivkino. Dieser Teil heißt Träume und erhielt im Februar den goldenen Bären bei der Berlinale.

Träume handelt von Johanne (Ella Øverbye), einer 16 jährigen Schülerin, die sich in ihre Französischlehrerin Johanna (Selome Emnetu) verliebt. Nach einiger Zeit besucht sie die Lehrerin unvermutet zuhause, eine Art von Beziehung beginnt, über die Johanne einen – auch sexuell – expliziten Roman schreibt, um die Ereignisse festzuhalten. Sie gibt den Text ihrer Großmutter (Anne Marit Jacobsen), die eine erfolgreiche Autorin ist, um deren Meinung zu erfahren…

SPOILER WIE IMMER MÖGLICH

Ich sage bei Filmen ja manches Mal: Das wäre besser fürs Fernsehen geeignet. Oder: Das wäre eher Stoff für eine Serie. Bei Träume sage ich: Das hier ist im Prinzip ein Hörbuch. Denn fast ganze erste Hälfte des Filmes wird mit einem Voice Over von Johanne begleitet. Voice Over in Filmen: Immer etwas schwierig.

Ich zitiere den bekannten amerikanischen Filmkritiker Roger Ebert. Ebert hat einmal einem anderen Filmkritiker widersprochen, der kritisierte, dass Fellini im Film 8 1/2 die Bilder wichtiger wären als die Ideen dahinter. Ebert schrieb daraufhin: “I celebrate it. A filmmaker who prefers ideas to images will never advance above the second rank because he is fighting the nature of his art. The printed word is ideal for ideas, film is made for images”

Bei Träume hören wir Johanne endlos sprechen. Die Bilder, die wir dazu sehen, sind nicht schlecht, oft sogar beeindruckend, aber sie lenken eher davon ab, was Johanne uns erzählt, es entsteht keine Einheit der beiden Komponenten. Trotzdem muss ich sagen: Die Sätze, die Johanne sagt, sind wunderschön und voller Poesie, sie erzählen so viel von Gefühlen und Liebe (kaum über Sex by the way, auch wenn das quasi der Aufhänger des Filmes ist, wer deshalb ins Kino geht, kann es sich sparen harhar).

Träume ist stellenweise auch recht witzig, vor allem die Gespräche von Johannes Oma und Mutter. Einmal diskutieren sie über den Film Flashdance und die Oma findet diesen enttäuschend, weil die Hauptfigur am Ende dann doch Tänzerin wird. Drauf die Mutter: Ist es feministischer, eine Schweißerin zu sein als eine Tänzerin? Eine gute Frage! Schön ist auch wie Oslo gezeigt und beschrieben wird. Ein ewiges persönliches Thema für mich: Wie beschreibt man Städte? Das finde ich sehr schwer.

Was ich auch interessant fand: Einmal trifft sich Johannes Mutter mit der Lehrerin, nicht um sie zu verurteilen, sondern einfach zum Reden und diese erscheint hier komplett anders als davor, schroff, nicht wirklich zugänglich, nicht mal ein bisschen empathisch. Da fragt man sich als Zuschauerin: War die Darstellung der Lehrerin davor einfach nur die (verliebte) Projektion von Johanne? Ist die Lehrerin gar nicht so toll, wie wir sie im ersten Teil – durch die Augen von Johanne – erlebt haben?

Träume wäre vielleicht ein noch besseres Hörbuch, es ist aber auch ein sehenswerter Film, gerade wenn man vielleicht selbst gerne schreibt oder eine Trennung verarbeiten muss. Oder beides.

Hard Truths

Diese Woche habe ich Hard Truths in OV gesehen, der ausschließlich und auch nur wenige Tage im Gartenbau lief.

Regisseur Mike Leigh porträtiert darin Pansy (Marianne Jean-Baptiste), eine Frau in mittleren Jahren die vom Leben frustriert ist und ihrer Wut Luft macht. Wenn sie den Mund aufmacht, dann spricht sie nicht, sie schreit. Sie streitet mit allen Menschen, denen sie begegnet – ob es die Kassiererin im Supermarkt ist, ihre Zahnärztin und die Verkäuferin im Möbelgeschäft. Ihr Mann Curtley (David Webber) und ihr erwachsener Sohn Moses (Tuwaine Barrett) haben aufgehört, zuhause zu sprechen, sie sitzen beim Abendessen nur schweigend daneben, wenn Pansy ihre endlosen Tiraden loslässt. Einzig ihre Schwester Chantelle (Michele Austin) scheint auf die Hintergründe von Pansys Unausstehlichkeit blicken zu wollen…

SPOILER MÖGLICH

Mike Leigh, mittlerweile 81, gilt als ein Regisseur, der sich mit Vorliebe dem sogenannten Kitchen Sink Realism widmet, also den Erzählungen über die “normalen” Menschen, oft aus der Arbeiterschicht, und deren Kämpfe im Leben. Deshalb habe ich auch noch nichts von ihm gesehen harhar. Ich gehe persönlich nicht so gerne ins Kino, um dort dann reine Sozialdramen zu verfolgen. Aber Hard Truths wurde als witzigster Film von Leigh angepriesen und das hat mich neugierig gemacht. Jetzt kann ich sagen: Ich hab schon mehr gelacht.

Das ist natürlich ein Film über Depression. Denn Pansys furchtbar nervige, oft auch gemeine Art anderen gegenüber ist klarerweise ein Zeichen dafür, dass bei ihr rein gar nichts in Ordnung ist. Ihre Wut ist eigentlich Trauer, die sie nicht anders zeigen kann. Worüber sie traurig, das erfahren wir so stückchenweise, vor allem in ihrer Interaktion mit Chantelle. Der Vater der beiden hat sich früh aus dem Staub gemacht, die Mutter musste die Familie über Wasser halten; Pansy hatte als ältere Tochter viel Verantwortung zu tragen, fühlte sich gleichzeitig aber von der Mutter ungeliebt. Curtley hat sie vor allem geheiratet, um nicht allein zu bleiben. Sie mag weder ihn noch den eigenen Sohn besonders gern. Vielleicht mag sie niemanden.

Irre witzig, was? Harhar. Ich habe kein Problem mit traurigen und auch schweren Themen. Aber wenn es, wie hier, nicht den Funken irgendeines Silberstreifs am Horizont gibt (ok einen winzigen gibt es, wenn auch nicht für Pansy) und sei er noch so schwach, wenn hier nur Elend abgebildet wird, dann, denk ich, muss ich das nicht unbedingt sehen. Dazu kommt auch noch, dass Leighs Film – ich möchte nicht sagen handwerkliche Schwächen, denn er wird wissen was er tut – aber sagen wir handwerkliche Besonderheiten hat, deren Sinn ich persönlich nicht verstehe. Es kommen nämlich Figuren nur für eine einzige Szene vor, die sonst absolut nichts mit der Handlung zu tun haben, und es gibt auch einige Szenen mit Nebendarstellern, die ins Nichts führen. Ich kann nicht nachvollziehen, was Leigh uns damit sagen will.

Letztendlich muss ich auch leider sagen: Ich kann den Schmerz von Pansy zwar nachvollziehen, aber ich finde es schwer, Sympathie für sie zu haben, wenn ich sehe, wie ihr 22 jähriger Sohn aufwachsen musste, was für einen Schaden er sichtlich davongetragen hat. Ich denke mir: Egal wie viel Schmerz ich empfinde, wenn ich mich für jemanden “zusammenreiße”, dann für mein Kind. Andererseits: Hurt people hurt people. Trotzdem tut mir Moses so leid, wenn er im Bett liegt und ein Buch namens “Everything about planes” oder so liest – anscheinend ein Buch aus seiner Kindheit. Das ist so, so traurig und man würde ihn am liebsten umarmen und trösten.

Damit dieser Eintrag nicht ebenso deprimierend endet, drei Kommentare, die ich auf letterboxd gelesen habe: “This was my first Mike Leigh movie. And also my last Mike Leigh movie.” Harhar. Und: “Would rather have watched a 9 hour version of The Brutalist instead”. Sowie “Someone get Moses out of that house and onto a plane.” Genau!

Die Geschichten in uns

Mit großer Neugier habe ich begonnen, Benedict Wells Buch Die Geschichten in uns. Vom Schreiben und vom Leben, zu lesen Wells schildert darin die Anfänge seines Schaffens und auch, wie man einen Roman schreibt.

Zunächst geht es aber um seine Biografie. Benedict Wells war ein Scheidungskind und nicht nur das, er wuchs teilweise in Internaten auf, weil seine Mutter immer wieder längere Zeit in psychiatrischen Einrichtungen verbrachte. Deshalb war auch die Beziehung zu seiner Schwester als Kind relativ distanziert, weil er zu ihr, die einige Jahre älter ist, auch einfach kaum Kontakt hatte. Das änderte sich später. Für Wells gilt sicher, was die Schriftstellerin Ursula Le Guin gesagt hat: “The creative adult is the child who has survived.”

Interessant ist, dass Wells :

a) seinen tatsächlichen Namen “von Schirach” ablegte und sich Wells nannte, wie die Hauptfigur in John Irvings Gottes Werk und Teufels Beitrag. Sein Großvater Baldur von Schirach war kunstaffin, hatte Germanistik und Kunstgeschichte studiert, vor allem aber hatte er mehrere hochrangige Ämter in der NS-Zeit inne und wurde nach dem Krieg zu 20 Jahren Haft verurteilt. Wells hat sich nach längerer Überlegung entschieden, das in seinem Buch nicht zum Thema zu machen, es würde den Rahmen sprengen. Sein Vater Robert und seine Schwester Ariadne, beide ebenfalls Schriftsteller, haben ihren Geburtsnamen auch für ihre künstlerische Tätigkeit nicht abgelegt.

b) nach der Matura beschloss, Schriftsteller zu werden. Also ohne doppelten Boden. Er begann nicht zu studieren oder zu arbeiten und nebenbei zu schreiben, sondern er versuchte tatsächlich, diesen Beruf als Haupttätigkeit auszuüben. Zwar hatte er natürlich ein paar Gelegenheitsjobs, um sich sein Leben irgendwie zu finanzieren, tatsächlich lebte er aber weitgehend asketisch, aß wenig und erlaubte sich kaum Freizeitvergnügen, um Geld zu sparen und möglichst viel Zeit zum Schreiben zu haben.

Sein Traum war es, einmal bei Diogenes verlegt zu werden, “die weißen Cover hatten für mich eine fast mystische Aura”, erklärt er. Er schickte seine Manuskripte aber nie dorthin, weil er es nicht verkraftet hätte, von Diogenes abgelehnt zu werden. Er wurde stattdessen von vielen, vielen anderen Verlagen abgelehnt, bis er einen Litertauragenten von sich überzeugen konnte, der dann schließlich seinen Roman bei Diogenes vorstellte. Und so unglaublich es auch klingt: Diogenes war letztendlich der Verlag, der Wells ersten Roman Becks letzter Sommer verlegte. Wells war damals 23 Jahre alt.

Wells sagt: “Vielleicht ist auch mein Schreiben geprägt von dem unmöglichen Versuch, die Brüche im Leben meiner Eltern oder in meiner Kindheit zu reparieren. (…) von der Hoffnung (…) endlich von anderen Menschen gesehen zu werden und all die unausgesprochenen in mir schlummernden Gefühle, Ängste und Gedanken mit ihnen zu teilen.”1

Ich glaube, so ähnlich empfinden es viele Menschen, die schreiben.

1 Benedict Wells: Die Geschichten in uns, Seite 99.

Die Lichterkette

Vor bald drei Jahren, als ich den ersten Stock meines Hauses neu gestaltet habe, wusste ich, da muss eine Lichterkette her.

Es war die Zeit, als ich mir von allen möglichen Dingen irgendwie eine Lösung erwartet habe, so auch von der armen kleinen Lichterkette, so weit außerhalb ihres Kompetenzbereichs harhar. Da sollten nicht nur Fotos drangehängt werden, sondern auch Impulse, Gedanken, schöne Sätze, die ich über die Zeit hin auf Facebook und in anderen Foren gefunden und die mich angesprochen haben. Ich habe diese dann auf Fotos im Retroformat drucken lassen.

Diese Woche war es wieder soweit und ich habe mir ein paar neue bestellt. Hier eine Auswahl:

Sie machen mir eine Menge Freude und morgen werde ich ein paar davon dazuhängen.

Karwoche 2

Am Dienstag haben wir unseren tradtionellen Kultur-in-den-Ferien Ausflug mit der Oma gemacht. Diesmal ging es ins Fotoarsenal.

Davor waren wir allerdings noch Mittagessen beim Vapiano am Hauptbahnhof. Zuerst haben wir uns noch gefreut, dass Pasta-Dienstag ist – an diesem Tag kostet jede Pasta 9,90 (unbezahlte Werbung), aber nachdem wir gesehen haben, was im sehr großen Lokal los ist und, dass praktisch jeder außer dem Kind Pasta bestellt hat, war die Freude ein bisschen getrübt harhar. Hab mit dem Kind ewig auf die zwei Portionen gewartet, er hat sich geweigert, seine Pizza früher, ohne uns, zu essen. Aber sehr gut war es, wie immer.

Spagetthi Carbonara mit Parmesan, mhmmm

Danach haben wir den Bus gesucht, der ins Arsenal fährt (69A!), genauer gesagt bis zum Arsenalsteg, eine futuristisch anmutende Fußgängerbrücke, über die wir Gott sei Dank nicht gehen mussten. Wer selbst zur Fotoausstellung will: Es ist schon ein kleiner Spaziergang von der Bushaltestelle, aber es lohnt sich, finde ich. Es ist irgendwie ein “Niemandsland” – einige Firmenniederlassungen und die Probebühne von Burgtheater und Staatsoper sind dort. Ein bisschen einen spooky Atmosphäre herrscht auch, obwohl es hier eh auch Wohnungen gibt. Ich finde das interessant. So als wäre man versehentlich am Ende der Welt gelandet. Und ich habe wieder erkennt, welche Winkel der Stadt ich gar nicht so richtig kenne.

Die typischen Bauten im Arsenal – bisschen wie eine andere Welt

Die Ausstellung selbst war a) sehr günstig – für Jugendliche unter 19 gratis, für Senioren etcetera ermäßigt, aber auch für Menschen mit einer Jahreskarte (ich) hat es nur fünf Euro gekostet. Außerdem: b) sehr überschaubar und c) ziemlich ungeordnet. Am Anfang der Ausstellung sieht man das was man erwartet – ikonische Fotos, zum Beispiel von James Dean, dem Lama im Taxi, von Che Guevarra und Nixon. Ich stelle da immer gerne Fragen an das Kind, diesmal: Weißt du wer Nixon war? Und jedesmal antwortet die Oma. Harhar. Ich: Ja, ich weiß, dass du es weißt. Hier wird auch einiges zum Thema Fotografie erklärt. Diesen Teil fand ich sehr interessant.

Österreich ist frei
Das berühmte Lama im Taxi – und wie es ins Taxi hineingequetscht wurde
Dieses Bild nennt sich Köpfe im Maisfeld, und es hat mich irgendwie angesprochen

Ab der Mitte gibt es Ausstellungsräume von Einzelkünstlern, und da war mir einiges zu dings und einiges hab ich nicht verstanden. Es war so: riesiger Raum, eine Installation. Naja. Da ist man dann recht schnell durch. Aber wie die Oma meinte: Eh gut, wenn man nicht so überflutet wird mit Eindrücken. So kann man es auch sagen, hahar.

Danach gings wieder zurück zum Hauptbahnhof, Verabschiedung von Oma, ich auch schon müde, aber das Kind wollte zur Garage am Hof fahren, um fancy Autos zu schauen. Wir sind die drei Stöcke der Garage runter gegangen, aber das Kind hat sich mehr erwartet als einen Mc Laren Urus, einen Maserati und diverse Porsches. Wir sind dann noch eine Weile oben beim Ausgang gesessen, das Kind hat die Autos kommentiert, die raus und rein gefahren sind, ich die Fahrerinnen und Fahrer (a la: Botox, Midlife Crisis, die schießt gleich den Fiaker ab etc). Das Kind so: Heidi “judgt” wieder hart. Harhar, ja ich bin echt oarg Es war sehr lustig.

Die legendäre Parkgarage am Hof. Wenn man teure Autos sehen will, dann dort

Dann haben wir uns noch ein Langos am Ostermarkt gekauft und sind heimgefahren. Sehr nett war das.

Sing Sing

Sing Sing, ein Film unter der Regie des mir bisher unbekannten Greg Kwedar, behandelt das Theater-Rehablitationsprogramm im gleichnamigen Hochsicherheitsgefägnis nahe New York. Ich habe das ja sehr gerne, wenn es im Film um Kunst geht, wenn Charaktere sich wie auch immer künstlerisch betätigen.

In Sing Sing ist der Quasi-Vorstand und auch Autor der Theater AG der vermutlich zu Unrecht einsitzende John Divine G (Colman Domingo), mit einigen Mitinsassen arbeitet er an einem neuen Stück, einer vom Regisseur selbstgeschriebenen Komödie. Im Laufe der Proben und mittels der dazu erforderlichen Improvisationen lernen wir die einzelnen Teilnehmer des Programmes besser kennen und damit auch ihre problematische Vergangenheit. Vor allem der Neuzugang Clarence “Divine Eye” Maclin (als er selbst) tut sich schwer, sich in dieser für ihn komplett neuen Welt zurechtzufinden…

MÖGLICHE SPOILER

Puh, wo soll ich anfangen. Vielleicht bei meiner Befürchtung, dass der Film nicht den richtigen Ton trifft, der bei dieser Thematik zugegebenermaßen auch nicht allzu leicht zu treffen ist.

Denn natürlich kennen wir das schon, die Betrachtung einer marginalisierten – hier auch gesellschaftlich geächteten – Gruppe, die mithilfe der Kunst eine gewisse Karthasis erlebt. Erschwerend kommt bei Sing Sing noch dazu, dass die Gruppe aus (vornehmlich schwarzen) Gefägnisinsassen besteht, und somit den gängigen Gefängnisklischees Tür und Tor geöffnet sind. Und, das ist jetzt das ganz komische, diese Klischees sehen wir hier kaum und das noch merkwürdigere: Auch das finde ich irgendwie problematisch harhar. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll, natürlich bin ich irgendwie froh, dass die übliche Gefängnisgewalt, die Brutalität, die Schreierei, der Schmutz und Grind des Gefängnislebens hier kaum abgebildet wird, aber auch das wirkt eben nicht ganz glaubwürdig.

Das Wachpersonal ist ebenfalls die meiste Zeit abwesend. Die Menschen hier, die in einem Hochsicherheitsgefängnis einsitzen, also mindestens einen Mord begangen haben, streifen so locker lässig durchs Gebäude als wären sie in einer Kuranstalt. Niemand scheint besonders auf sie zu achten. Einmal wird immerhin das Zimmer von Divine durchsucht und als er zurückkommt, soll wohl eine arge Unordnung suggeriert werden, tatsächlich schaut es auf seinem Schreibtisch aber nicht viel anders aus als auf meinem eh immer, harhar. Man könnte sagen, hier geht es nicht um diese Dinge, um das Leben im Gefägnis und die Schwierigkeiten, die dieses Leben begleiten, sondern hier geht es um den quasi Ausbruch in die Welt der Kunst. Aber dann hätte ich persönlich dem ganzen Film einen anderen Look gegeben, irgendwie viel artifizieller, um ihn von “normalen” Gefängnisfilmen abzuheben.

Auch bei den Darstellern gibt es ein gewisses Problem. Colman Domingo, ein bereits vor diesem Film Oscar-nominierter Schauspieler, spielt hier fast ausschließlich mit Laien. Das ist nämlich der Clou des Films, der kein Geheimnis ist, aber erst am Ende des Films richtig offenbart wird: Die meisten Männer hier spielen sich selbst oder ein fiktionalisiertes Selbst. Es sind Straftäter, die über die Kunst wieder in ein normales Leben integriert werden konnten. Sie sind alle keine ausgebildeten Schauspieler. Ich will damit nicht sagen, dass sie schlecht spielen, gar nicht. Nur die Vibes zwischen dem zum Overacting neigenden Domingo und diesen “real Dudes” stimmen halt irgendwie nicht wirklich. Dazu gesellt sich dann gedanklich der Subtext, ein Hollywood-Schauspieler “lernt” jetzt den Knackis wie man “richtig” schauspielt.

Tatsächlich hat mir aber der Aspekt, dass Ex-Gefangene im Theaterspielen einen neuen Lebensinhalt und auch einen Weg gefunden haben, mit ihrer Schuld fertig zu werden, am besten an diesem Film gefallen. Auf eben diesen Aspekt verlässt sich dieser Film aber auch (zu) sehr und bleibt so ziemlich “middle of the road”, ohne großartige Wagnisse oder Erkenntnisse. Gelernt habe ich aber trotzdem etwas, nämlich, dass sich die Insassen nicht mit N**** ansprechen dürfen und sich stattdessen “Beloved” nennen.

The Last Showgirl, zwei

WEITERHIN SPOILER MÖGLICH!

Ich knüpfe gleich da an, wo ich gestern aufgehört habe.

Shelly bedauert also, keine größere Rolle im Leben ihrer Tochter zu spielen, aber es scheint klar, dass sie diese Entscheidung wieder genauso treffen würde, denn es ist auch ihr Leben und ihr Traum. Und das mag ich auch sehr gerne an diesem Film: Es wird nicht ge-“sugarcoated”, dass jederzeit alles möglich ist, und man sich einfach nur richtig anstrengen muss, nein: Manche Entscheidungen werden andere Optionen, die einem vielleicht ebenso wichtig sind, (nahezu) ausschließen, zumindest temporär. Und mit den Konsequenzen muss man dann leben (können). Und darüber gibts nicht zu verhandeln, so ist das nun mal. Diese realistische Abgeklärheit fand ich so wohltuend ehrlich.

Auch ansonsten funktioniert The Last Showgirl für mich hervorragend. Die Darsteller hier sind alle so passend besetzt. Anderson sowieso, auch mit ihrer ganzen Backstory, die man irgendwie mitdenkt. Aber auch Jamie Lee Curtis, die sehr uneitel die immer etwas vulgäre, immer etwas betrunkene Freundin von Shelly spielt, wäre eher in dieser Nebenrolle oscar-worthy gewesen als in Everything Everywhere all at Once. Wie sie eines Tages in dem Casino, in dem sie als Kellnerin arbeitet, einfach auf einen Roulettetisch steigt und selbstvergessen Scheiß-drauf zu Total Eclipse of the Heart von Bonnie Tyler tanzt, einem Song, der ohnehin so aufgeladen ist mit 1980er Pathos und aber auch diesen Working Class Charme hat, das ist ganz eindrucksvoll, weil es so viel zwischen den Zeilen transportiert.

Überhaupt mag ich die Bilder, die uns Gia Coppola von Vegas liefert, das wir hier erstaunlich oft bei Tageslicht sehen, wenn man so will ganz “ungeschminkt”. Sie lässt ihre Charaktere zwischen den ewigen Baustellen am Strip spazierengehen, sie zeigt uns das kleine etwas heruntergekommene Haus von Shelly samt verwildertem Garten, quasi im Schatten der riesigen Casinos, zum Beispiel The Stratosphere (da bin ich selbst mal abgestiegen. Das klingt so, als wäre ich dauernd dort, also das eine mal, wo ich in Vegas war, war ich im “Strat” harhar). Auch das alles ist Vegas. Hier ist halt gar nichts glamurös, hier ist nichts ästhetisch, aber dafür ist es echt in seiner ganzen Desolatheit. Andererseits vermittelt der Film in Momenten auch eine etwas “wildromantische” Sicht auf die Stadt, wenn Shelly in vollem Federboa-Strass Kostüm am Dach “ihres” Casinos steht und auf ihre künstliche Welt blickt, die sie in all ihrer Neon-Extravaganza aber auch so ehrlich und mit ganzem Herzen liebt.

Abgesehen davon, dass ich Jason Schwartzman (auch einer aus dem Coppola-Clan) den ich gern mag, hier, wie erst unlängst in Queer, schon wieder nicht erkannt habe harhar, möchte ich noch sagen, dass mich The Last Showgirl in seiner unsentimentalen Verletzlichkeit total abgeholt hat, mit der Botschaft: Finde etwas im Leben, dass dich wirklich begeistert und von dem du überzeugt bist, dann wirst du leichter mit allem fertig werden, auch, wenn dir dein Herz gebrochen wird oder du es dir selbst brichst. Und dieser Film braucht auch genau das verträumte-offene Ende, das er hat. Seufz.

The Last Showgirl

Wie gesagt, The Last Showgirl habe ich im Votivkino gesehen, es ist Gia Coppolas vierter Spielfilm, ich kenne aber noch keinen ihrer Vorgängerfilme.

In diesem Film geht es um Shelly (Pamela Anderson), die seit über 30 Jahren in der Las Vegas Revue “Razzle Dazzle” tanzt. Für die jüngeren Tänzerinnen Mary Ann und Jodie ist sie ein Mutterersatz, gemeinsam mit der Kellnerin Annett (Jamie Lee Curtis) bilden sie eine Art Wahlfamilie. Da offenbart ihnen der Bühnenmanager Eddie (Dave Bautista), dass die Show in Kürze abgesetzt wird, was alle, besonders aber Shelly, in eine tiefe Lebenskrise stürzt…

ACHTUNG GROSSE SPOILER!!!

Nun dachte ich mir ok, der Film ist quasi die persönliche via dolorosa der 57-jährigen Shelly, die durch den Verlust ihrer Arbeitsstelle quasi neu beginnen muss. Aber auch wenn die Situation manchmal mit der Demi Moores in The Substance verglichen wird, so ist die Ausgangslage doch genauer betrachtet eine ganz andere. Die Figur der Demi Moore wurde tatsächlich aus Altersgründen und für eine jüngere Frau gekündigt, während es hier das ganzes Ensemble betrifft. Natürlich ist es für 20-jährige Tänzerinnen einfacher, etwas neues zu finden, aber hier ist das Thema “Alter” tatsächlich nur ein untergeordnetes. Und Shelly geht auch ganz anders, nämlich selbstbewusst und recht offensiv, mit ihrer Situation um.

Außerdem bekommt der Film sehr bald eine zusätzliche und, wie ich finde, entscheidende Facette. Wir erfahren nämlich, dass es da noch Hannah (Billie Lourd) gibt, über deren Beziehung zu Shelly wir als Zuseher zunächst im Unklaren gelassen werden. Logischerweise müsste Hannah ihre Tochter sein, doch Hannah nennt Shelly immer beim Vornamen und sie geht recht kühl mit ihr um. Im Laufe der Zeit wird klar, dass Shelly als alleinerziehende Mutter Hannah zu einer Pflegefamilie gegeben hat. Das hat mich persönlich total berührt hat und damit habe ich mich auch ein stückweit identifizieren können.

Hannah besucht dann eine Show ihrer Mutter, kommt anschließend in ihre Garderobe und sagt wirklich sehr verletzende Dinge zu ihr, nämlich sinngemäß: Für diesen Dreck hast du mich aufgegeben und warst als Mutter nicht für mich da? War es das wert? Ist das besser als ich? Etwas ähnliches sagt ihr auch Eddie, der sich als Hannahs Vater herausstellt. Er fragt Shelly nämlich, warum sie nicht einfach im Supermarkt gearbeitet hat, um Hannah bei sich behalten zu können. Eddie, der überhaupt kein unguter Typ ist, im Gegenteil (auch eine sehr gute Drehbuchentscheidung), sondern sehr feinfühlig und fürsorglich, konnte sein Leben weiterleben – wir erfahren nicht, ob er das Kind wollte oder nicht etcetera – und doch urteilt er über Shelly. Wobei das auch als Kompensation eigener Unzulänglichkeiten interpretierbar wäre.

Ein anderer (uninteressanterer) Film hätte nun Shelly voller Reue gezeigt, die ihr ganzes Leben in Frage stellt, und sich eingesteht, alles falsch gemacht zu haben. Doch hier ist alles viel, viel ambivalenter, viel differenzierter. Zum einen sagt Shelly sowohl Hannah als auch Eddie die Meinung, a la: “Es ist mein Leben, ich muss mich nicht rechtfertigen”. Und wir sehen das auch. Sie tanzt manchmal wie ein kleines Kind vor dem Fernseher, als sie sich Die roten Schuhe ansieht. Und wirkt dabei fragil, dass man sie fast beschützen will, so auf der Suche nach Bestätigung, die sie einmal auch bei Eddie einfordert, bei einem gemeinsamen fast-Date fragt sie ihn: “Sehe ich gut aus?”. Sie will und muss gesehen werden, um ein erfülltes Leben führen zu können. Sie kümmert sich aber selbst darum, diese Anerkennung auch zu bekommen.

Gleichzeitig erkennen wir aber auch, wie sehr sie natürlich damit hadert, dass sie eine Entscheidung gegen ihre Tochter getroffen hat, die nicht mehr reversibel ist. Wir sehen, wie verzweifelt sie auf unbeholfene Weise an ihr hängt, wie sie ihr aber auch ihre eigene Philosophie mitgibt und sie bestärkt, im Leben ihrem Herzen zu folgen. Denn Hannah will nach dem Studium ebenfalls einen künstlerischen Weg einschlagen, Fotografin werden, während ihre Pflegemutter ihr zu einem solideren Job rät. Diese Vielschichtigkeit macht aus Shelly, die Pamela Anderson wirklich extrem glaubwürdig verkörpert, einen total faszinierenden und zutiefst menschlichen Charakter. Letztendlich ist Shelly jemand, der nie mutlos ist, auch wenn ihr sehr viele traurige Dinge passieren.

Ich kanns gar nicht glauben, dass ich schon soviel geschrieben habe und immer noch nicht fertig bin, harhar…