almis personal blog

der kameramörder

ich bin eigentlich kein großer fan von krimis. aber so ein richtiger krimi ist der kameramörder von thomas glavinic auch nicht.

vielmehr ist es ein stimmungsbild einer region, in der zwei kindermorde passieren. bei der region handelt es sich um die westliche steiermark, und berichtet werden die geschehnisse von einem ich-erzähler, der gerade gemeinsam mit seiner lebensgefährtin am osterwochenende ein befreundetes paar in der gegend besucht. der mörder hat seine grausamen taten auf video aufgezeichnet, er hat zwei buben in den suizid getrieben. das video wird einem tv-sender zugespielt, der das filmmaterial veröffentlichen will…

der ich-erzähler schreibt in einer einfach, sehr nüchternen sprache über die ereignisse. darüber, wie die beiden paare eigentlich ein gemütliches wochenende verbringen wollen, dann aber doch immer wieder den fernseher einschalten, die zeitungen lesen, und kaum fünf minuten vergehen lassen, ohne das thema anzuschneiden. es ist als sittenbild der voyeuristischen gesellschaft ebenso zu lesen, wie auch als scharfe medienkritik. gerade wenn aktuell darüber diskutiert wird, wieviel medial über den breivik-fall in norwegen berichtet werden soll oder darf, um nicht emotionen in die eine oder andere richtung zu schüren, erscheint der kameramörder seiner zeit voraus.

der roman ist also auf vielfältige art und weise interessant zu lesen, vor allem ist er aber eines: unglaublich spannend. gerade im letzten drittel überschlägt man sich fast beim lesen, weil man es kaum noch aushält, weil man endlich erfahren will, wer der mörder ist und wie die geschichte aufgelöst wird – und man wird nicht enttäuscht, im gegenteil. auch noch zwei tage nach beendigung der lektüre, bin ich gefesselt.

ich lese thomas glavinic sehr gerne. manche seiner werke gefallen mir besser (das bin doch ich), andere weniger (wie man leben soll) – aber der mann kann definitiv schreiben und eine leser in den mikrokosmos seiner werke ziehen. der kamermörder ist bis dato mein lieblingswerk von ihm.

für den kindle derzeit für nicht ganz sieben euro zu erstehen.

struwwelpeter

letztens bei oma wurde der struwwelpeter vorgelesen. und das ist eigentlich saubrutal, ich konnte kaum zuhören. natürlich kenn ich das buch aus meiner kindheit, jetzt als erwachsene finde ich es aber echt schwer zu ertragen.

da gibts zum beispiel die geschichte vom suppenkaspar, der seine suppe nicht mag: “meine suppe ess ich nicht, nein, meine suppe ess ich nicht” und dann nach fünf tagen an akuter magersucht dahinscheidet. im buch ist wirklich ein grab gezeichnet.

das arme paulinchen verbrennt, weil es zündelt (die lieblingsgeschichte meiner mutter, wow wie süß mama), hans guck in die luft fällt ins wasser, überlebt aber, auch der zappelphilipp kommt glimpflich davon, er reißt nur das ganze essen vom tisch; doofer läuft es für robert, der trotz sturms nicht in der stube bleibt und dann letztendlich fortgetragen wird

die geschichte von den schwarzen buben ist ein vielleicht etwas eigenwilliger anti-rassismus text (sie verspotten den “mohren” und werden deshalb in schwarze farbe getaucht), der böse friedrich quält tiere und wird dann gebissen (ok, das fällt unter selbst schuld), der daumenlutscher schließlich – der adrian am meisten faszinierte (graus!) verliert seine daumen, der schneider bedient sich nämlich seiner schere

ich weiß, der stuwwelpeter ist ein klassiker, aber liebe pädagogen oder psychologen, die ihr hier möglicherweise mitlest, ist das wirklich irgendwie pädagogisch wertvoll? ok, bei einigen texten kann ich mir das vorstellen, aber wie ist das wirklich mit den ganz grausamen? haben die irgendeinen “sinn”?