almis personal blog

LIZVC 85

Ich habe ein Problem.

Am Freitagabend startet Starmania neu und heute lese ich, dass ORF 3 zeitgleich Professor Bernhardi von Arthur Schnitzler zeigt. Wie unfair ist das denn bitte? Die ganze Woche spielt es nichts, was ich mir im TV anschauen will und dann am Freitag zwei Sendungen parallel, und das auf Wochen hinaus, weil auf ORF 3 anscheinend jetzt jeden Freitag Theateraufführungen sind. Gut, vielleicht bin ich zu alt für Starmania, und ORF 3 will mir damit sagen, dass ich nicht die Zielgruppe bin. Vielleicht ist die Schnittmenge zwischen Leuten, die Starmania schauen wollen und solchen, die sich für Schnitzler-Aufführungen interessieren, wirklich sehr klein, aber hmpf.

Apropos Zielgruppe, heute hab ich einen Text einer Mutter gelesen, die das Zusammenleben mit einem Teenager beschreibt, und dass das eher so ein WG-Leben sei, wo man den Mitbewohner quasi nur sporadisch sieht. Auf Facebook haben dann andere Teenie-Mütter mitgetrauert und ich fühlte mich wieder einmal wie ein Alien, der es voll super findet, dass das eigene Kind jetzt ein Teenager ist und schon oft sein eigenes Leben führt. Ich bin ja ein Fan von großen Kindern.

Abschließend und zusammenhanglos noch ein Foto von spooky Floridsdorf am Wochenende….

…am Weg zum Bahnhof.

LIZVC 84

Am Freitag hatte ich meine erste Videokonferenz. Ich bin very late to the party, nach fast einem Jahr Pandemie, ich musste mir erstmal eine Webcam organisieren. Und dann gab es einen Online-Kinoabend, wo ich mit Freunden gemeinsam zuerst einen Netflix Film schaute – alle starteten damit zur gleichen Zeit – und danach trafen wir uns zu einer Online-Cocktailstunde. Der Film war Neues aus der Welt – so etwas wie Papermoon im wilden Westen und war sehr nett, die Cocktailstunde danach sowieso.

Außerdem hab ich mir angewöhnt, jetzt Bücher, die ich lesen mag, einzeln im Donauzentrum zu bestellen und sie dann per pedes – übers Donaufeld spazierend – abholen zu gehen. Das ist aus mehreren Gründen erfreulich: erstens neue Bücher, zweitens ungefähr einstündiger Spaziergang, drittens im Donauzentrum kann man auch Brötchen als Wegzehrung mitnehmen. Corona und Lockdown haben meiner generellen Verfressenheit nicht unbedingt Einhalt geboten, deshalb tun mir einstündige Spaziergänge ganz gut.

Meine letzte literarische Entdeckung ist Meg Wolitzer. Sie schreibt unheimlich gut und zu den Themen, die mich interessieren: Partnerschaft, Beziehungen, Frauen, Gesellschaft, Literatur. Vielleicht am bekanntesten hierzulande ist das Buch Die Ehefrau (The Wife), das vor einigen Jahren mit Glenn Close in der Hauptrolle verfilmt worden ist. Close war damals heiße Oscar-Anwärterin, zum siebenten Mal nominiert und noch ohne Auszeichnung, doch der Preis ging dann an Olivia Colman, die zum ersten Mal nominiert war. Aber Colman hat das eh recht lieb gemanagt und zu Glenn Close gesagt: “You have been my idol for so long and this is not how I wanted it to be.” So, jetzt ist wieder der Oscar-Nerd mit mir durchgegangen. Na ja, jedenfalls muss ich mir den Film dann auch anschauen, denk ich, wenn ich mit dem Buch fertig bin.

LIZVC 80

Jetzt war ich wieder mal im Donaufeld spazieren, bzw. bin einmal “auf die andere Seite” einkaufen gegangen; sehr mysteriöse Wetterstimmung:

Sonst tut sich nicht viel, wie sonst auch meistens im Jänner und dann noch Jänner UND Lockdown. Auf Netflix wird jetzt Dawson’s Creek angeboten und ich musste einfach reinschauen, wie diese Teenie-Serie mit den manierierten Dialogen heute auf mich wirkt. Nachdem die Serie ja immer schon ironisch rezipiert werden konnte, ist sie ganz gut gealtert.

Und ich lese gerade Sie hat Bock von Katja Lewina, die sich in vielen Essays die Frage stellt, wie sexistisch ist unser Sex. Angeregt von der #metoo Bewegung, denkt Lewina u.a. darüber nach, wie selbstbestimmt frau beim Sex sein kann, wie sehr sie sich nach (männnlichen) Bewertungsmaßstäben taxieren lassen muss, und wieviel offene Beziehung eine Partnerschaft verträgt. Laut Lewina viel. Damit tue ich mir ja schwer, also ich finde es interessant, mich damit zu beschäftigen und hab auch kein (moralisches) Problem damit, nur für mich ist es halt nichts. Aber gut, muss ja auch nicht.

Subtile Botschaft in der Bücherei-Auslage.

Gespräche mit Freunden

Jetzt habe ich Gespräche mit Freunden von Sally Rooney gelesen und ich bin hellauf begeistert.

Das Buch spielt großteils in Dublin und handelt von Frances, einer Literaturstudentin Anfang 20, die gemeinsam mit ihrer Freundin Bobbi – mit der sie früher zusammen war – als Poetry Slammerin auftritt. Im Zuge dessen lernen sie das Paar Melissa und Nick kennen. Sie ist eine arrivierte Journalistin, er Schauspieler, beide sind mehr als zehn Jahr älter. Es folgen mondäne Einladungen mit gutem Essen und viel Alkohol, intellektuellen Gesprächen und auch eine Menge an sexueller Anziehung. Die extravertierte Bobbi fühlt sich zu Melissa hingezogen, die reservierte Frances – “Frances ist bisexuell”, wie Bobbi einmal klarstellt – verliebt sich in Nick.

Der Roman ist das, was er vorgibt zu sein. Es geht um Gespräche mit Freunden, die Auseinandersetzung mit dem Leben, mit Arbeit und Berufung, mit Politik und Gesellschaft, vor allen Dingen aber mit Beziehungen. Das Mindset von Frances und ihrem Circle, was Partnerschaften angeht ist, dass Monogamie kein “sine qua non” ist. Auch in der Ehe ist sie das nicht. Also muss man fühlen und ausdefinieren, welche Art von Beziehung man mit wem führen will. Oder muss man das gar nicht? Lässt man geschehen, was passiert, ohne Bewertung und Einordnung? Um Fragen wie diese ringt der Roman. Und wie Frances nicht weiß, was sie mit ihrem Leben tun will, außer lesen und schreiben – oder wie sie einmal sagt: “Manchmal kam es mir so vor als würde ich es nicht schaffen, mich für mein eigenes Leben zu interessieren”; so weiß sie auch nicht, was sie mit ihren Gefühlen machen will, wie sie diese bewerten soll, wo Freiheit aufhört und wo Eifersucht und eine Art Besitzdenken einsetzt.

Das alles ist so spannend und diese Welt so faszinierend, dass man eigentlich immer weiterlesen will, über Frances und ihre Freunde, was sie tun, was sie denken, alles ist mit einer enormen Liebe zum Detail und einer Liebe zum Witz beschrieben, dass es wirklich eine Freude ist. Etwa als Frances Middlemarch liest und beschreibt:

Das Cover zeigte eine traurig blickende Dame aus vikorianischer Zeit, die sich an irgendwelchen Blumen zu schaffen machte. Ich bezweifelte, dass vikorianische Frauen wirklich so oft Blumen anfassten, wie es die Kunst aus dieser Zeit nahelegte.

Zwischen Gespräche mit Freunden und Normale Menschen gibt es einige Parallelen: Geheimnisvolle Beziehungen, Sinnsuche, sexuelle Grenzerfahrungen, savoir-vivre in großzügigen Villen am Meer. Die Gespräche haben mich insgesamt noch eine Spur mehr beeindruckt. Und bald soll der dritte Roman von Sally Ronney erscheinen. Das sind großartige Neuigkeiten, bitte schnell!

LIZVC 79

Was ist der Unterschied zwischen einem Kleinkind und einem Jugendlichen? Ein Kleinkind kann um 5.30 aufwachen, unausgeschlafen und grantig sein und sich dennoch strikt weigern, nochmal ein Auge zuzutun. Darunter müssen alle leiden. Mir tut jetzt noch jeder Knochen weh vor Schlafmangel, wenn ich dran denke. Ein Teenie hat um 8.55 eine kurze Videokonferenz, legt sich ins Bett und pennt eineinhalb Stunden bis zur nächsten. Faszinierend! Der Schlaf vor Mitternacht ist dafür allerdings sehr unpopulär geworden.

Ich war bei Thalia und habe mir meine vorbestellten und bezahlten Bücher aus dem Schließfach geholt, dazu muss man nur seine Abholnummer eingeben, dann öffnet sich wie von Geisterhand die Lade mit dem Buch. Ist schon sehr praktisch, quasi “kontaktlos” in Reinkultur. Und auch hier handelt es sich wieder nicht um bezahlte Werbung. Folgende Bücher habe ich erstanden, mit meinem eigenen hart verdienten Geld:

Auch ein Fall für #frauenlesen auf Twitter, merke ich gerade. Rachel Cusk und Danach hab ich schon fertig. Ich muss erst noch mehr drüber nachdenken, bevor ich mich hier näher dazu äußere, es ist auf eine sehr distanzierte Art und Weise geschrieben, dafür, dass es um ein so persönliches Thema wie Trennung geht, aber sprachlich hat es mich sehr angesprochen. Mehr dann ein andermal.

Normale Menschen, eins

Nachdem ich weniger Zeit auf sozialen Netzwerken verbringen möchte, hab ich wieder mit dem Lesen angefangen.

Als Kind und Jugendliche habe ich Bücher geliebt. Ich habe viele Wochenend-Nachmittage im Bett verbracht und habe stundenlang gelesen und war in einer ganz andere Welt. Das hatte diverse Gründe. Dann habe ich Literatur studiert. Aber das Lesen ist mir mit den Jahren mehr und mehr abhanden gekommen. Oder es hat sich transformiert, ich habe andere Dinge gelesen. Teilweise, weil mir die Ruhe für Romane gefehlt hat, teilweise, weil ich eine sehr anspruchsvolle Leserin bin. Wenn ich nicht in die Sprache und Gedankenwelt des Autors kippe, lege ich das Buch ganz schnell wieder weg. Ich bin nicht der Typ der, weil er ein Buch angefangen hat, es um jeden Preis fertig liest, nein denn: wozu? Wem will ich damit etwas beweisen? Das ist ja kein Wettbewerb in Durchhaltefähigkeit.

Gerade würde ich also gerne wieder lesen und ich habe Glück. Wie schon geschrieben, habe ich mir Normale Menschen von Sally Rooney bestellt. Ich war anfangs skeptisch, was ich mit einer Coming of Age Liebesgeschichte anfangen soll. Nur um Missverständnisse auszuschließen: ich lese am liebsten Beziehungsgeschichten. Aber ich bin fast 45 Jahre alt. Ich interessiere mich eher für Beziehungsgeschichten von Leuten in meinem Alter. Oder zumindest ab 30. Denn ich hatte die Vorstellung, dass junge Menschen, die erst an der Schwelle zum Erwachsenwerden stehen, noch wenig (Beziehungs)Erfahrungen haben, sie haben auch keine Narben, sie haben einfach sehr viele Dinge noch nicht erleben können, die Menschen später im Leben schon geprägt haben. Und die mich interessieren.

Und ja, Marianne und Conell, die Protagonisten in Normale Menschen sind jung und in gewissen Dingen unerfahren; dennoch ist ihre Geschichte von der ersten Seite an packend und tiefergehend. Und die Beobachtungsgabe von Rooney, ihre Fähigkeit, Stimmungen zu beschreiben ist faszinierend. Und für mich, die ich auch schreibe, auch sehr inspirierend.

LIZVC 77

Vor Silvester durfte ich Irene in Irland zu einer ihrer legendären Wien-Erkundigungen begleiten. Jetzt ist sie (leider) wieder in Dublin.

Aber Ende des Jahres war sie noch in Floridsdorf und da war ich dabei, Corona-konformer Ausflug, nun auf ihrem Blog nachzulesen. Es war wirklich sehr interessant und nett, sie hat mir auch alle Infos zu den beiden Standorten vorgelesen. Sowohl die Wallfahrtskirche Klein Maria Taferl, als auch die Pfarrkirche Stammersdorf stehen unter Denkmalschutz.

Außerdem hab ich mir heute u.a. Normale Menschen von Sally Rooney bestellt. Weil mich L. darauf aufmerksam gemacht hat, dass es dazu eine Serie gibt. Und weil ich dieses Jahr wieder etwas aktiver werden möchte, in Sachen Kolumnentätigkeit für Uncut.

Noch einen schönen Feiertag!

LIZVC 71

Der Frauenfragen Podcast hatte letzte Woche endlich Dirk Stermann zu Gast. Ich wusste, dass er Gast sein wird, weil er mit Host Mari Lang befreundet ist. Das Gespräch war dann auch ziemlich interessant, Stermann, Vater einer erwachsenen Tochter, hat vor vier Jahren noch einen Sohn bekommen, den er auch häufig alleine betreut, da er wegen Corona ja derzeit mehr daheim ist als seine Partnerin. Er hat etwas erstaunliches zum Thema Kinderhaben gesagt:

Die, die keine Kinder haben, können nicht begreifen wie das ist, wenn du Kinder hast. Darum ist es auch so sinnlos, Leuten ohne Kinder zu erzählen, was es bedeutet, ein Kind zu haben. die, die ein Kind haben, wissen alle wie das ist ein Kind zu haben. Die beiden Welten werden sich nie treffen.

Ich denke oder fürchte, dass das wirklich stimmt. Andererseits macht uns jede Erfahrung, die wir machen, reicher und “weiser” und wenn ich beispielsweise nie reise, dann verstehe ich auch vieles nicht, was ein Reisender erlebt. Wenn ich eine bestimmte Krankheit habe, werde ich Spezialist für eben diese Krankheit und gewinne eine Perspektive, die jemand anders eben nicht hat.

Apropos Erfahrung, die andere nicht machen, ich weiß wie es ist, ein Extremfrühchen bekommen zu haben und habe darüber ein Buch geschrieben und weil Weihnachten ist, gabs in einer Facebook Gruppe eine Buchverlosung, u.a. meines Buches Geboren in Bozen (falls noch wer ein Geschenk braucht harhar) und jemand hat mein Buch gewonnen und freut sich hoffentlich darüber.

Paul Celan. 100.

Heute wäre der 100. Geburtstag von Paul Celan – eigentlich Ancel, sein Name ist ein Anagram.

Ich habe auf der Uni ein thematisches Proseminar zu Paul Celan besucht, es hieß “Wahr spricht, wer Schatten spricht – Lyrik und Poetologie bei Paul Celan”. Und dann noch ein anderes Proseminar, das sich nicht nur um Celan drehte, aber auch einen Zitat aus einem seiner Gedicht im Titel hat: “Gelobt seist du Niemand – Psalmen im Zeitalter des Nihilismus.” Ja und genau deshalb hab ich Germanistik studiert, wegen dieser und ähnlicher abgedrehten Seminare. Ich hab auch den Briefwechsel zwischen Nelly Sachs und Paul Celan gelesen. Über ein Treffen mit ihr hat Celan das Gedicht Zürich, zum Storchen geschrieben.

Ja, jeder kennt die Todesfuge, sie wurde wahrlich genügend analysiert in den Gymnasien, aber Celan ist soviel mehr. Er ist schwer zu rezipieren, aber seine Lyrik ist unheimlich eindrucksvoll, auch wenn man ihn gar nicht zu verstehen versucht: seine Sprache ist mächtig und beklemmend zugleich. Und wunderschön-traurig.

Wie im Gedicht Sprich auch du.

Literatur-Nobelpreis

Mit dem Literatur-Nobelpreis verbinde ich lustige Erinnerungen.

2004 gewann Elfriede Jelinek den Nobelpreis, was damals noch via Zettel am Germanistikinstitut ausgehängt wurde. Ich hatte ein schönes Telefonat mit meinem Papa, den ich anrief, um ihn raten zu lassen, wer wohl den Preis gewonnen hatte. Und vor allem: um seine Reaktion zu hören. Denn ich wusste, wie er reagieren würde.

Er: “Na hoffentlich nicht der Handke.”

Ich: “Nein, DER nicht.”

Er: “Aber jemand aus Östrreich?”

Ich: “Ja.”

Er: “Oh mein Gott…”

Und weil er soviel Glück hat, hat dann bekanntermaßen Peter Handke letztes Jahr auch noch den Preis bekommen.

Heuer, bei der Verkündigung des Preises, wieder die alte Frage: Ist das noch Schwedisch oder war das schon der Name? Heuer aktueller denn je, denn als ich den Namen hörte, hab ich ihn zuerst mal falsch gegoogelt. Nämlich Klik. Tatsächlich heißt die Dame allerdings Louise Glück.

Jemand hat mal geschrieben, dass manche Literatur-Nobelpreisträger gleichsam aus der Welt gefallen sein (aka: niemand kennt sie) und das fand ich brilliant formuliert. Le Clezio etwa oder Tomas Tranströmer. Und ich denke, Louise Glück verdient dieses Prädikat auch. Denn: