almis personal blog

Volle Kanne Leben

Buntraum alias Nadine Hilmar, die ich schon ewig von Twitter kenne und ihr auch auf dem Blog sehr gerne folge – manchmal haben wir auch ein bisschen privat geschrieben, weil es ein paar Parallelen in unseren Leben gab – hat sich, nun ja neu erfunden will ich nicht sagen, aber ihre Internetheimat heißt jetzt Volle Kanne Leben und ist nicht nur eine neue Blogadresse, sondern auch ein Podcast. Disclaimer: ich werde für diese Werbung nicht bezahlt.

Was ich an Nadine immer ganz toll finde, dass sie so ehrlich mit sich selbst ist. Auf Twitter und anderen Social Media Plattformen ist ja oft das Problem, dass sich Menschen so zeigen, wie sie gerne wären. In aufgeräumten Wohnungen, mit sauber gekleideten und wohlerzogenen Kindern, guten Beziehungen usw und jeder weiß wie es geht und hat die Weisheit mit Löfflen gefressen (was ein großes Problem von Social Media überhaupt ist). Nadine nicht. Sie stellt sich hin und sagt morgens um neun: der Tag ist gelaufen, nix funktioniert, ich mag nicht mehr. Aber auch: Hier seht euch diesen Himmel an, wie geil der gerade ist. Und: Gerade gehts mir richtig gut. Das gefällt mir.

Gestern hat sie gebloggt, dass ein Freund von mit dem Motorrad durch Afrika fährt und, dass sie das zuerst mal ein bisschen aus der Bahn geworfen hat. Man kennt das ja von sich selbst, diese Reaktion: Warum mache ich sowas nicht (auch ein großes Problem vom Social Media)? Permanent ist man damit konfroniert, was andere tun und es entstehen Begehrlichkeiten. Aber Nadine analysiert sich dann selbst und kommt drauf: sie will ja gar nicht mit dem Motorrad durch Afrika. Sie findet es zwar cool, aber es ist nicht ihr Traum. Und dann sagt sie wieder was zutreffendes: Aber man kann sich ja mit dem anderen freuen und das als Ausgangspunkt nehmen, um sich selbst zu fragen, wovon träume ich? Was sind meine Ziele?

Die ersten beiden Folgen ihres Podcast hab ich mir gestern beim Abendspaziergang angehört. Mag ich!

Oscars so shocking 2

Nach dem Oscar Eklat rund um Will Smith und Chris Rock haben viele Menschen an Ricky Gervais gedacht. Gervais hat die Golden Globes mehrfach gehostet (und wahrscheinlich ganz bewusst die Oscars noch nie) und er war teilweise soo arg. Irgendjemand hat dann geschrieben: Wenn der Witz von Chris Rock eine Ohrfeige wert war, müsste man Gervais schon lange erschossen haben. Harhar.

Viele fragen sich: Was hätte Gervais in der Situation getan? Was wäre bei ihm passiert? Gervais hat das dieser Tage bei einem seiner Auftritte selbst beantwortet. Was bei ihm passiert wäre, sinngemäß: nichts. Denn er hätte keinen Witz über die Haare von Jada Pinkett Smith gemacht. Er hätte einen Witz über ihren Freund gemacht. Das hätte ich allerdings auch gerne gesehen!

P.S. Die Ehefrau von Will Smith hatte eine Affäre mit einem Freund ihres Sohnes. Smith und sie labeln seitdem ihre Ehe als “offen”.

Menopausenrevolution

Ich bin ja nicht mehr gerade begeisterte ORF Konsumentin, aber letzte Woche haben sie sich eines Themas angenommen, das ich als wichtig empfinde, weil ich selber gerade 46 geworden bin. Die Menopause bzw. ihre Endtabuisierung.

Mit der Menopause ist das ja so eine Sache. Das ist ja nicht wie bei der ersten Regel, die man eines Tages bekommt und somit weiß: ok, jetzt gehts los. Die Wechseljahre heißen ja nicht grundlos so, es dauert tatsächlich Jahre, sie zu durchlaufen, man weiß weder genau, wann das alles beginnt noch, wann es endgültig vorbei ist – außer halt retrospektiv. Ich habe bereits mit 41 Jahre eine Phase gehabt, in der ich nachts stundenlang wach gelegen bin und mir gedacht hab ok, das ist neu; aber das kann auch an meinen Lebensumständen gelegen haben, denn mein Leben war damals etwas neben der Spur, und als es stabiler wurde, klappte das mit dem Schlafen auch wieder. Ungefähr zur gleichen Zeit hatte ich auch hin und wieder Hitzeausbrüche, aber das ist ebenfalls vorbei, mittlerweile friere ich wieder quasi durchgehend wie eh und je harhar.

Als eher unberechenbar hat sich das mit der Regel erwiesen. 23 Tage Zyklen hatte ich vor meinem 45. Lebensjahr nie, aber das bedeutet im Umkehrschluss auch nicht, dass es nicht dann doch auch wieder mal 28 Tage und länger dauert. Diese Unberechenbarkeit nervt ein bisschen, aber wann hat die Regel denn nicht genervt in den letzten 35 Jahren?? Auch wenn man in meinem Alter aus den fruchtbaren Jahren mehr oder weniger raus ist, Verhütung ist natürlich trotzdem wichtig. Denn entgegen dem medial oft tradierten Bild haben auch Frauen in den Wechseljahren und jenseits der 45 noch (oft eine ganze Menge) Sex. Auch wenn sich das gesellschaftlich vielleicht noch nicht ganz durchgesprochen hat, wie das auch so treffend im Last Fuckable Day Clip von Amy Schumer und Co aufgezeigt wird.

Da sitzen drei attraktive, kluge Frauen um die 50 – Patricia Arquette, Tina Fey und Julia Louis-Dreyfus und feiern den Last Fuckable Day von Letztgenannter. Denn: irgendwann um die 50 gilt man in Hollywood nicht mehr als “believably fuckable.” Die Frauen werden in den Filmen zu Omas, die vornehmlich in der Küche stehen, während die Männer quasi gar nicht altern und permanent nur Frauen um die 30 daten. Tina Fey erklärt es Schumer so: “Remember when Sally Field was Tom Hanks’ love interest in Punchline and then like 20 minutes later, she was his mom in Forest Gump?” so vollziehe sich der Wandel in Hollywood.

Sehr böse, sehr sehenswert, und gut für die Bewusstseinsbildung:

Vermischtes

Diese Woche habe ich drei Projekte gleichzeitig, die auch Spaß machen aber irgendwie bin ich auch ein bisschen erschöpft, der Jänner hat mich geschafft.

Letztes Wochenende war meine Mama bei uns, sie hat jetzt Netflix entdeckt, die letzten Male hat sie The Lost Daughter und Don’t look up gesehen, dieses mal habe ich ihr Tick Tick…Boom empfohlen, einen Film, den ich noch gar nicht kannte, aber aufgrund des Titels und des Trailers als sehenswert erachtet habe. Meine Mutter beschrieb ihn als “interessant, aber irgendwie anders” und dieser Einschätzung kann ich mich – mittlerweile hab ich ihn auch geschaut – durchaus anschließen. In Kürze werde ich vielleicht noch mehr dazu schreiben.

Diese Woche habe ich außerdem den offenen Brief von Ortwin Rosner gelesen, der meines Erachtens alles auf den Punkt bringt, was derzeit auf den Punkt gebracht werden sollte. Einen genauen Befund über den aktuellen Zustand der österreichischen Medienlandschaft (Spoiler: er ist nicht gut) plus einen Lagebericht über die Kundgebungen, die ich durch eigene Augenzeugenschaft genauso bestätigen kann:

“Ganz allgemein gilt, dass jemand, der sich nur über die Leitmedien unseres Landes informiert, eine völlig verzerrte Vorstellung der samstäglichen Corona-Demos in Wien erhalten muss (…)

Dass aber ebenso ganz linksstehende Leute ihre eigenen Kundgebungen mit ihren ganz eigenen Rednern und ihren ganz eigenen Inhalten abhalten, dass man da am Ring sehr gut dabei sein kann, ohne irgendetwas von der FPÖ zu sehen, darüber erhält er kaum irgendeine Information von Euch.

(c) Ortwin Rosner

Der Teenie hatte gerade berufspraktische Tage, die dankenswerterweise trotz C. stattfinden konnten. Jeden Tag ging er mit KollegInnen essen und er hat seinen WhatsApp Status zu “Bei der Arbeit” geändert. Das Berufsleben – er schnuppert im IT-Bereich – gefällt ihm, ich bin wirklich sehr gespannt, was er nach der Matura machen wird. Ich denke, er wird einen “pragmatischeren” weiteren Ausbildungsweg wählen als ich, die ich auch ein bisschen in meinem Elfenbeinturm oder auch Wolkenkuckucksheim gesessen bin und das ist völlig ok so harhar, aber wenn er was anderes macht, ist das genauso ok für mich.

Neustart

Normalerweise ist der Jänner ja eher ein ereignisloser Monat, das neue Jahr ist noch nicht so richtig in Schwung und man selber auch nicht. 2022 bildet da für mich eine Ausnahme. Ich habe in diesem Jahr schon einige Dinge gemacht, die mich herausgefordert, die mir Angst gemacht, die mich belastet und dann auch wieder bestärkt haben. Kaum zu glauben, was alles in gerade mal drei Wochen passiert ist.

Jedenfalls weiß ich nicht: liegt es am Alter oder an der Pandemie, an der Politik, an dem, was man mittlerweile täglich in den Medien hört, an den Wechseljahren oder was auch immer, aber erstmals in fast 46 Jahren habe ich einen Zustand einer quasi allumfassenden Wurschtigkeit erreicht. Wo ich mich jahrelang andauernd in Frage gestellt habe, mir alles zu Herzen genommen, mir Sorgen gemacht, die Schuld oft bei mir gesucht und dann auch versucht habe, es allen Recht zu machen, hat mich dieses neue Jahr und Begleitumstände gelehrt: es geht sich nicht mehr aus. Ich höre damit jetzt auf. Es ist mir egal, wer was warum über mich denkt, ich höre auf, mich permanent zu rechtfertigen und zu entschuldigen, ich leb jetzt einfach mein Leben.

Es war natürlich nicht nur dieses neue Jahr, sehr viel habe ich auch bereits im letzten Jahr reflektiert, ich habe beruflich in Access Conciousness hineingeschnuppert, ich habe angefangen aufzuschreiben, was mich glücklich macht, wie ich schnell in einen Zustand innerer Zufriedenheit komme, ich habe Youtube Videos zu Persönlichkeitsentwicklung geschaut und ich habe Menschen kennengelernt, die mir neue Perspektiven gezeigt haben. Gleichzeitig hab ich mit Twitter (das ich mal geliebt habe) und den meisten anderen sozialen Medien aufgehört, ich habe aufgehört ORF (der mich langsam aber sicher wahnsinnig gemacht hat) anzuschauen, meinen generellen Medienkonsum beschränkt und vor allem hab ich einem Menschen geglaubt, der mir sagt, dass ich richtig bin so wie ich bin, und der in der Nacht meine Hand hält, wenn ich unruhig werde.

Fast 46 Jahre hab ich für diese Erkenntnisse gebraucht, das hat so gesehen eh relativ lange gedauert und ich bin mir auch sicher, dass ich in – sagen wir – zehn Jahren noch viel mehr über mich wissen und verstehen werde. Und ich bin sehr gespannt, was das sein wird. Einstweilen mache ich einfach weiter.

Don’t look up

Gestern hab ich begonnen, mir auf Netflix die halbgare Satire Don’t look up von Adam McKay (bekannt für u.a. The Big Short) anzusehen. Zwei kurze Beobachtungen dazu.

Es spielen u.a. Leonardo di Caprio und Jonah Hill – was mich an Scorseses The Wolf of Wall Street erinnert (den ich nicht mag). Und in dem die beiden vornehmlich mit Koksen, Saufen und Vögeln beschäftigt waren (sehr redundant insgesamt, man könnte locker um eine Stunde kürzen), was mich wiederum an das Golden Globe Intro mit Tina Fey und Amy Poehler erinnert, wo Amy Poehler sagte: “If I wanted to see Jonah Hill masturbate at a pool party, I’d go to one of Jonah Hill’s pool parties.”

Meryl Streep spielt in Don’t look up die Präsidentin der Vereinigten Staaten und di Caprio eröffnet ihr, dass ein Astroid im Begriff ist, die Erde zu zerstören. Da musste ich wiederum an das Opening der Oscars 2008 denken, in dem Jon Stewart sagte: “Hillary Clinton vs. Barack Obama. Normally, when you see a black man or a woman president, an asteroid is about to hit the Statue of Liberty.”

Ob ich noch mehr und tatsächlich etwas über Don’t look up schreiben werde, weiß ich nicht. Er war bisher doch ziemlich anstrengend, aber nicht in einem guten SInn.

P.S. Aber interessant war die Szene, in der ein Veteran in einem Tarnanzug bei der Pressekonferenz der Präsidentin erscheinen soll, um zu zeigen, dass sich das Volk quasi im Krieg (gegen den Asteroiden) befindet. Diese Politik der Gefühle erinnert mich auch an etwas.

E. Taylor & R. Burton

Diese Woche hat mir jemand von der Elizabeth Taylor und Richard Burton Doku erzählt und gesagt, sie wäre etwas für mich. Ich finde es immer schön, wenn jemand etwas ansieht und dabei an mich denkt und findet, das sollte ich mir ansehen. Und noch schöner ist es, wenn er mir davon schreibt.

Jedenfalls war ich dann so neugierig, dass ich unmittelbar nach diesem Hinweis diese Doku angeschaut habe. Und ja, die beiden hatten eine echt verrückte und leider auch zerstörerische Beziehung. Elizabeth Taylor war ein Kinderstar, schon mit acht Jahren reich und berühmt und bereits zum vierten Mal verheiratet, als sie mit Burton Cleopatra drehte. Richard Burton kam aus einem armen Elternhaus und hatte sich hochgearbeitet. Beide waren anfangs nicht sehr voneinander angetan. Er fand sie nicht sonderlich sympathisch und sie wunderte sich darüber, warum er so ein Frauenheld sein konnte. Aber im Laufe der Dreharbeiten änderte sich das. Eines Tages kam er an Set und sagte: ” Ich habs getan, Jungs. Ich habe Elizabeth heute Nacht auf dem Rücksitz meines Cadillacs gevögelt.” Es war eine Bombe. Und es war ein Skandal, denn beide waren verheiratet. Selbst der Vatikan gibt eine Erklärung ab – der Papst sprach von einer unmoralischen Beziehung, einer Schande. Sowas kann man sich heute ja gar nicht mehr vorstellen.

Die beiden heirateten, obwohl Burton zuerst zögerte, sich scheiden zu lassen; seine Frau war ein sicherer Anker, der es schaffte, ihn vom Alkohl abzuhalten. Dann nahm des Schicksal seinen Lauf. Sie drehten unzählige Filme miteinander, sie gaben viel Geld aus, sie feierten wilde Partys, sie tranken viel zuviel. Im Film Wer hat Angst vor Virgina Woolfe? spielen sie sich quasi sich selbst, sie transferierten ihre tatsächlichen brutalen Streitgespräche auf den Bildschirm. Der Film brachte sie dann letztendlich auch auseinander. Burton drehte Blaubart mit einigen sehr attraktiven Schauspielerinnen. Burton kann es nicht lassen, er bleibt ein Frauenheld. Er macht anderen Avancen. Sie revanchiert sich. Dann trennen sie sich. Sie lassen sich scheiden. Dann heiraten sie wieder. Lassen sich nochmal scheiden. Sie heiraten andere, lassen sich von andren scheiden. Schließlich arbeiten sie wieder miteinander, sie spielen zusammen Theater. Er heiratet erneut – sie bricht zusammen. Dennoch kann er sie nicht loslassen. Er schreibt ihr, er will sie wiedersehen, doch dann stirbt er überraschend.

Es ist sehr traurig. Obwohl sie eine große Schauspielerin ist, schön, reich, immens erfolgreich, wird sie nicht glücklich in ihrem Leben. Es ist immer zu wenig Liebe und zu wenig Sicherheit. Das kann man sich nicht kaufen. Und Geld kann einen niemals darüber hinwegtrösten.

Die Quellenstraße

Die Quellenstraße im 10. Bezirk ist eine der wildesten Straßen der ganzen Stadt, würde ich mal sagen. Ich habe viele Jahre lang in unmittelbarer Nähe gewohnt.

Verkehrstechnisch sind dort alle Regeln der STVO außer Kraft gesetzt, es herrscht Anarchie, sowas wie Blinken oder vorausschauendes Fahren findet keine Anwendung, und das, obwohl die Straßenbahnlinie 6 (die selbst als ziemlich abenteuerlich bezeichnet werden kann) dort fährt. Aber das ist natürlich nicht alles. Es wurrelt vor Menschen in der Quellenstraße, sodass man sich augenblicklich auf eine einsame Insel wünscht, und zimperlich darf man nicht sein, wenn man dort entlanggeht. Da wird schon mal lautstark gestritten oder gerauft und es werden einem Dinge hinterher gerufen und naja. Ich stelle es mir schwierig vor, eine irgendwie objektive Doku über die Quellenstraße zu drehen. Ed Moschitz hat das versucht und sie war gestern auf ORF zu sehen. Sie trägt den Namen Die Quellenstraße – das bunte Herz von Favoriten.

Leider muss ich sagen hat sich diese Doku wenig von Elisabeth T. Spiras Alltagsgeschichten unterschieden, die ich persönlich auch nicht sehr schätze. Ich als native Favoritnerin habe bei Spiras Dokus nie irgendeinen Erkenntnisgewinn gehabt. Wenn man 37 Jahre seines Lebens im 10. Bezirk verbracht hat, braucht man sich das nicht anzusehen, man hat das täglich so oder ähnlich erlebt. Und einen Blick nach “innen” gab es nicht. Und so ähnlch geht es mir auch bei der Moschitz Doku. Ja, da gibts die Alkoholiker und die, die auf die Ausländer schimpfen, die resignierten Arbeitslosen und die Kleinkriminellen und ja, auch ein paar MigrantInnen, die sich hier mehr oder weniger wohlfühlen. Und natürlich die allgemeine Tristesse, die die Quellenstraße zu umhüllen scheint. Aber was weiter? Was ist dahinter? Wo ist der Blick hinter die Fassade? Zeigt man eine Art von Wirklichkeit oder reporduziert man bloß Klischees? Und vor allem: was macht man, um das Zusammenleben vielleicht angenehmer zu gestalten. Wie ich schon einmal hier schrieb: Favoriten braucht mehr Aufmerksamkeit und mehr Zuwendung.

Das einzige Segment der Doku, dass mich überrascht und überzeugt hat war die Passage über die Besitzer des Erotikkinos Fortuna – das sich genaugenommen nicht auf der Quellenstraße befindet, sondern auf der Favoritenstraße, etwas oberhalb vom Reumannplatz befindet, aber ok. Eine Frau und ein (ursprünglich) Mann, der sich als beidgeschlechtlich fühlt. Was die beiden zu sagen hatten, über ihre Situation und darüber, wie Intersexualität selbst von den eigenen Kinder nicht verstanden oder respektiert wird, war sehr offen und berührend. Genau dieses Fingerspitzengefühl wäre auch an anderer Ort und Stelle nötig gewesen. Aber eines muss der/die ZuschauerIn Moschitz zumindest zugute halten: Es hat niemand gesungen.

RIP Blumenau

Im Jänner hab ich ein bisschen einen Rant gegen Martin Blumenau hier am Blog veranstaltet. Er hatte damals gegen einen Sänger mit Sprachfehler geätzt und ich habe dann wiederum gegen ihn als Moderator im Jugendradio auf Lebenszeit geätzt. Jetzt ist er völlig überraschend mit nur 60 Jahren gestorben.

Ich war sehr betroffen, als ich das gelesen habe. 60 ist ja kein Alter – vor allem, wenn man selbst auch nicht mehr die Jüngste ist – und Blumenau hat zwei noch relativ kleine Kinder, und mit relativ klein meine ich, das jüngere Kind ist im Kindergarten. Alleine das ist eine ungeheuere Tragödie. Und natürlich hatte Martin Blumenau eine Qualität des Denkens und Moderierens, die jetzt auch in den Nachrufen gewürdigt wird. Er taugte nie als Säulenheiliger, er war immer kontroversiell, angriffig, streitbar und – wie ich auch damals schrieb – sehr überzeugt von sich selbst. Aber eben auch so, dass mensch ihm gern zuhörte, und wenn es deswegen war, weil einen furchtbar aufregte, was er so mitunter von sich gab.

Gestern saß ich auf einem Dachboden in Währing, wohin wir von der Dachterrasse geflüchtet waren, während draußen ein nachmittägliches Sommerunwetter tobte, und wir haben zu dritt über Martin Blumenau gesprochen. Ich habe gesagt, ich tue mir so schwer das einzuordnen, was FM4 ist und was letztendlich Blumenau bis zuletzt war. Ein Moderator in einem Jugendradio? Mit 60? Obwohl ich mit 45 mir schon lange nicht mehr zutraue, Jugendkultur zu verstehen? Da meinte A. ich solle noch einmal etwas zu Martin Blumenau auf meinem Blog schreiben. Und ich fragte ihn eben das, wie ist das alles einzuordnen. Und der meinte er: FM4 ist in dem Sinn ein Jugendradio, weil es dabei um Jugend im Kopf geht. Um Zeitlosigkeit im besten Sinne, eben um Offenheit für alles. Es geht nicht um aktuelle Jugendkultur oder darum wie es ist, jetzt ein Jugendlicher zu sein, sondern um jung im Denken sein. Und das fand ich sehr schön und deshalb schreib ich das jetzt auch gerne hier.

Ich habe gelesen, dass es in den letzten Monaten auf FM4 wohl tatsächlich Diskussionen drüber gab, wo der Sender hin will, wie er sich positionieren soll. Und vielleicht kommen sie dann auf das, war A. mir gestern gesagt hat. Martin Blumenau hätte das vielleicht auch so gesehen.

Zitti e buoni

Italien hat es also tatsächlich geschafft, den ESC zu gewinnen. Das Voting war so spannend, ich hab fast einen Herzinfarkt bekommen.

Ich freue mich sehr, nicht zuletzt deshalb, weil das 2022 vielleicht wieder einen chaotisch-liebenswerten Bewerb in Rom gibt, wie damals 1991. Aber Spaß beseite: Dass ein Song, der derart wild, unangepasst und ja, auch strange ist gewinnen kann, hätte ich mir nicht vorstellen können. Zumal in einem Genre, das nicht gerade zu den beliebtesten in der Songcontest Geschichte zählt. Aber so richtig an Genregrenzen hält sich Zitti e buoni ja jetzt auch nicht unbedingt.

Im Vorfeld haben viele Menschen gesagt: Ja, der Song ist schon gut, auch Qualitätsmusik, aber gewinnen wird das nicht. Das polarisiert zu sehr. Andererseits sagt Marco Schreuder immer wieder gerne, dass polarisierende Songs oft gute Chancen haben, weil man nur FÜR einen Song anrufen kann und nicht dagegen. Und wenn man alleine an jüngere Siegerlieder wie 1944 oder Amor pelos dois denkt (wo ich im Vorfeld gefühlt die Einzige war, die das gut fand), dann hat er vermutlich recht. Im Standard hat Schreuder einige ESC Aficionado befragt, was das Erfolgsrezept für einen Gewinn ist und da wurden schon kluge Dinge gesagt, wie, dass es um das gewisse Etwas geht, dass es nicht mal besonders perfekt vorgetragen sein muss. Ich denke persönlich, man muss auch den Zeitgeist treffen. Und der lautet wohl 2021: “Sono fuori di testa – ma diverso da loro” Was ungefähr bedeutet: “Ich bin verrückt, aber anders als die anderen.”

In diesem Sinne: See you in Rome! (or Milano)