almis personal blog

fidel verspiessern, zwei

ich mag an knechts kolumnen deren differenzierte haltung. sie betont, dass kinder nicht an allen gesellschaftlichen ereignissen teilnehmen sollen – abends gehören sie nicht in restaurants, nachtclubs oder auf partys – sie erläutert aber ganz genauso, dass es müttern im alltag oft nicht leicht haben und es ihnen zusätzlich oft schwer gemacht wird – stichwort: freiräume für frauen und kids, verständnis oder zumindest akzeptanz. toleranz. von gleichem lohn bei gleicher arbeit der frauen/mütter ganz zu schweigen. das ist nicht immer witzig, wirkt aber an keiner stelle verbittert oder resignativ. mit humor betont knecht, dass sie alles will, wie die männer auch und lässt ihre leser wissen, wie sie sich das vorstellt.

eine der amüsantesten geschichten in der an amüsanten geschichten nicht gerade armen sammlung, ist die, in der knecht und "der lange" einen freien samstagabend haben und darüber diskutieren, welchen film sie im kino ansehen sollen. knecht wäre ja für brokeback mountain. (der lange: kommt nicht infrage.) good night and good luck (der lange: schwarzweiß? ts). matchpoint (der lange: chick flick. ich: woody allen. der lange: sag ich ja). elementarteilchen (der lange: ulmen beim pudern zuschauen? bittgarschön1)…schließlich sehen sie syriana und danach noch eine ganze staffel sopranos zuhause und am nächsten tag reiben sie sich die augen rot und besprühen sich mit bier, um den anschein zu erwecken, sie haben die sau rausgelassen, wenn die kinder schon mal anderweitig versorgt sind. wobei knecht das schon auch ab und zu mal tut, wenn sie nicht gerade vorm tatort einschläft.

knechts texte verklären das leben mit nachwuchs nicht: "meine kinder gingen mir diese woche wieder unbeschreiblich auf den zeiger" – sie berichten von einer frau, die "morgens an der tür hinuntertropft" als mann und kinder endlich aus der wohnung raus sind, nachdem ein mimi zweihundertmal nach dem im auto verloren gegangenen eisbären gefragt hat. sie beschreibt eine frau, die ihrem kind beim trotzen vor einer bäckerei zusieht und hofft, dass bald ein hund vorbeikommt, den das kind entweder süß findet oder fürchtet, der jedenfalls die situation beendet. und sie erzählt von einer frau, die mit hohen stöckelschuhen zum ein kilometer entfernten spielplatz trottet und innerlich flucht.

trotzdem sind sie doch immer familienlebensbejahend. knecht kann die frauen in ihrem umfeld irgendwie verstehen, die sich gegen kinder entscheiden und lieber weiterhin "faule, verlesene und vervögelte" wochenenden genießen. knecht vermisst das manchmal, aber dafür gibt es ja die großeltern, die babysitten können. ihr altes leben möchte sie deshalb nicht zurück, denn es gibt da diesen mehrwert: "mir war zum beispiel nicht klar, dass man sich so oft freuen kann". die zeit, in der ihr die kinder auf den zeiger gingen, war "unterbrochen von zärtlichster verliebtheit und rasender glückseligkeit". schön gesagt und so wahr. 

1 diese formulierung – brüll!!!

fidel verspiessern, eins

die journalistin doris knecht (u.a. kurier und falter) legt mit so geht das – wie man fidel verspießert eine kolumensammlung vor, die sich um das urbane leben mit kleinkindern dreht und wie man dieses mit "nebenschausplätzen" wie partnerschaft, beruf, freundschaften und (trotzdem! jetzt erst recht!) hedonismus vereinbaren kann. ich verrate sicher nicht zuviel, wenn ich sage, dass sehr viel autobiografisches in knechts kolumen miteinfließt. 

doris knecht hat zwillingstöchter – in den kolumen "mimis" genannt – findet stillen überbewertet, hasst kinderspielplätze und das jahreszeitliche pendant weihnachtsmärkte (von ihr das "winterliche purgatorium" genannt), hat oft dünne nerven und schon lange resigniert, was den zustand ihrer wohnung betrifft. sie muss aber gleich zu beginn des buchs feststellen (manche ihrer leser zweifeln das nämlich an), dass sie ihre kinder liebt und sie sogar früher aus der pension oma abholt, weil "ich es ja gar nicht mehr aushalte, wenn ich nicht ohne unterlass zugebrabbelt, herumkommandiert, vollgejammert, niedergekichert, angesungen und versklavt werde. dennoch: bin ich für mutterschaftsverklärung nicht zuständig. wenn sie das wollen, lesen sie bitte eine papst enzyklika oder das övp-parteiprogramm."

wofür knecht allerdings zuständig ist, ist die pointierte betrachtung des (all)tags mit seinen zu wenigen stunden, mit dem spagat zwischen job und familie, persönlicher quality time und tatsachen, denen man sich zu stellen hat. knecht erzählt von ihren freundinnen, die kinder haben, denen, die keine wollen und denen, die gerade im begriff sind, mütter zu werden. mit ersteren kichert sie gerne über letztere, etwa als die schwangere lotte sie fragt, wie lange es nach einem kaiserschnitt dauert, bis sie wieder ausreiten und mountainbiken kann. knecht daraufhin: "äh, du wirst ein baby haben. lotte sagt, ‘nein wie lange dauert es, bis ich nach dem kaiserschnitt wieder reiten und mountainbiken kann, drei, vier wochen?’ und das erzähle ich später am küchentisch den horvaths. und weil alle eltern, diese hier nicht ausgenommen, arrogante besserwisser sind, ist unsere heiterkeit nicht enden wollend."

lotte denkt auch, dass sie in der karenz endlich wieder zeit für sich selbst haben wird, es kann ja nicht so schwer sein, mit so einem "kleinen gemüse" fertig zu werden, sie hat schließlich eine gute ausbildung und langjährige lebens- und berufserfahrung. und knecht: "jahahaha. Haha. Hahahahahaha." ich weiß nicht, ob menschen, die keine kinder haben, das auch so witzig finde, ich jedenfalls tue es.

the reacher and the settler

wir sind bereits in der 5. how i met your mother staffel (keine plotspoiler hier) angekommen und abgesehen davon, dass die serie immer noch enorm witzig ist, liefert sie auch diskussionsstoff, falls man sie gemeinsam mit einem partner konsumiert. 

letztes mal stellten ted und robin fest, dass es in jeder partnerschaft einen "reacher" gibt und einen "settler": "one person reaches for someone out of their league, the other
one settles for someone below."

try this at home, am besten mit der aufgezeichneten folge, denn in den meisten fällen ist man sich wahrscheinlich nicht gleich einig, wer wer ist und versäumt sonst die nachfolgenden szenen. harhar.

eyjafjallajökull

es wäre vielleicht interessant für einen blogger, unter den ersten menschen zu sein, die – nach der totalen flugsperre aufgrund der "aschewolke" – wieder in einem flieger sitzen und berichten wie das so war.

ich zähle da auf i., die gerade in dublin festsitzt, obwohl sie dringend nach wien muss. keeping my fingers crossed. 

sandalenfilme

billy wilder (ja, ich lese immer noch mit begeisterung) wollte nie einen sandalenfilm a la ben hur drehen: 

"(…) weil ich mir überhaupt nicht vorstellen konnte, wie es damals im alltag zuging, wie man miteinander gesprochen hat. hat man ‘hey baby’ zu seiner frau gesagt, bevor man mit seiner legion nach gallien ging? und hat sie geantwortet ‘pass auf dich auf! denk an die löwen’ bevor man das haus verließ. (…) ich konnte mir das nicht vorstellen, dieses paradoxe nebeneinander von alten gewändern und heutigen schauspielern."

das kann ich gut nachvollziehen und ich muss sofort an mel gibsons the passion of the christ denken. der standard schrieb damals in einer rezension: "die dialoge sind in aramäisch und latein, zwei toten sprachen, die von lebenden akzenten schwer entstellt werden." das city-stadtmagazin (mittlerweile über den jordan gegangen): "gibsons glaubensbekenntnis ist quasi eine eins-zu-eins verfilmung des religionsbuchs der 4. klasse."

wilder nochmal: "wenn ich jemanden verkleiden wollte, dann nur jack lemmon und tony curtis als frauen."

my life, according to me

ich bin ein durchaus von selbstzweifeln geplagter mensch – en detail: da mache ich mir gedanken darüber, was anzuziehen, was zu sagen und wie aufzutreten. da plagt mich mein gewissen wegen nichts, da grüble ich lange über dinge nach, die kaum von belang sind. en gros dagegen bin ich von einer fast schon skurill anmutenden blauäugigkeit und unbekümmertheit, und war das schon immer.

mit 19 begann ich damit, germanistik zu studieren. während eine menge schulkollegen noch zwei minuten vor der inskription nicht wussten womit sie sich in den kommenden jahren befassen würden, stand ich mit leuchtenden augen vor einer unfreundlichen beamtin und übernahm mit stolz meine matrikelnummer. mein studium gilt als brotlos und am ende würde kein beruf stehen, das war mir klar, aber gleichzeitig war ich begierig darauf, alles was möglich war über neuere deutsche literatur zu erfahren. ich wollte mehr als alles andere schreiben; ich wollte wahlfächer wie jiddisch für anfänger besuchen und in seminaren sitzen, die titel wie wahr spricht, wer schatten spricht – lyrik und poetologie bei paul celan tragen, belegen. das studium war für mich eine offenbarung.

am tag vor meiner hochzeit fuhr ich eine staubige straße entlang, die straße von st. george nach las vegas. ich war nicht nervös, ich fragte mich nicht, ob ich das richtige tue oder ob das alles ein leben lang halten würde, ich hatte nichts altes, blaues, neues oder geborgtes – ja ich wusste noch nicht einmal sicher, dass ich am nächsten tag tatsächlich verheiratet sein würde. wir entschieden das spontan und machten es vom wetter abhängig und von unserer stimmung. auf dem standesamt war ich dann ergriffener als ich es erwartet hatte – und nachher fühlte ich mich federleicht und euphorisch, denn wir hatten so geheiratet wie wir das wollten (was mich betraf: nicht als prinzessin) und ich empfand keine ängste jedweder art.

als ich mein baby das erste mal auf dem ultraschall betrachtete und sein herz pochen sah, da dachte ich nicht an anstrengende nächte und an geschrei, da dachte ich nicht an windelwechseln und fläschengeben und schon gar nicht dachte ich an die verantwortung und die sorgen die man als kleinen (oder auch größeren) rucksack mitbekommt, wenn man elter wird. ich war nur glücklich und freute mich darauf, unseren sohn kennenzulernen. zu hören, dass mein kind vielleicht nicht überleben würde, ließ mich abstürzen, brachte mich auf den boden der tatsachen zurück. plötzlich war nichts mehr selbstverständlich und spielerisch und einfach. ich dachte, dass ich mich von nun an nicht mehr mit belanglosigkeiten beschäftigen und meinem instinkt vielleicht nie wieder trauen würde.

heute weiß ich, dass sich menschen nicht von grund auf ändern. natürlich habe ich erneut angefangen, mir diesen oder jenen gedanken zu banalitäten zu machen. ich verliere mein herz wieder an die schönen dinge des lebens. und träume immer noch davon, irgendwann nur vom schreiben leben zu können. nachdem meine dissertation fertig geworden ist, werde ich noch intensiver an meinen zielen arbeiten. es ist auch ganz gut so, dass sich mein leben nicht dauerhaft verändert hat. aber vielleicht habe ich mehr zu sagen und mehr zu schreiben, nachdem meine welt auf den kopf gestellt und alles, woran ich glaubte, ich frage gestellt worden ist.

hollywood gossip

derzeit lese ich die ausgesprochen interessante und pointiert geschriebene billy wilder biographie von hellmuth karasek. 

im kapitel ein skandal in hollywood erfährt man u.a. von folgenden gepflogenheiten (wir schreiben das jahr 1940!) im nachtclub ciro’s: "hierher kam man um gesehen zu werden und andere zu sehen. vor allem aber wollte man hier fotografiert werden: die studios schickten schauspieler, die sie unter vertrag hatten, paarweise hin. war das foto geschossen, verschwanden die ‘paare’ durch den hintereingang und gingen getrennt ihrer wege in die nacht. in solchen lokalen wurden aus stars die gewünschten romantischen verhältnisse gemacht – für die fan-presse."

wer also denkt, dass das, was man aktuell zum beispiel andauernd von jennifer aniston und vince vaugh/john mayer/gerald butler hört, etwas neues sei, der irrt.

satellite

lena meyer-landruth sieht aus wie nora tschirner und wird deutschland ende mai beim songcontest vertreten. ihr song satellite wurde im rahmen der castingshow unser star für oslo – nach einer idee von stefan raab – als singertitel ermittelt. 

zum ersten mal gehört, vermutete ich dahinter einen neuen amy macdonald song, meyer-landruths akzent hört sich nicht unbedingt wie der einer deutschen an, die englisch singt. satellite ist ein knackiger ohrwurm – ob er mir besser gefällt als 2006 texas lighnings no no never weiß ich noch nicht. da konnte man richtig für deutschland daumen drücken. leider nur platz 15 geworden.

österreich hat sich ja vom songcontest zurückgezogen – wie übrigens auch von der fußball wm 2010 in südafrika. aber das ist eine andere geschichte.