almis personal blog

Favoriten

Am Dienstag war ich mit L. im Cinecenter und wir haben uns Favoriten angeschaut. Eigentlich wollten wir ins Votivkino, doch das war ausreserviert und auch unser Saal im Cine war letztendlich ausverkauft. Ich habe das Cine Kino noch nie so voll gesehen, wie an diesem Abend.

Favoriten ist die neue Dokumentation von Ruth Beckermann. Sie portraitiert darin eine Volksschulklasse in der Quellenstraße im 10. Bezirk. Über drei Jahre hat Beckermann Klasse begleitet, von 2020 bis 2023. Das war zwar teilweise in der Coronazeit, aber von Corona merkt man in dieser Doku glücklicherweise recht wenig, außer, dass immer irgendwo Masken herumkugeln.

Ich bin bei solchen “Sozialdokus” immer etwas skeptisch. Ich muss da an die Alltagsgeschichten von Elisabeth T. Spira denken, ihre Art der Befragung und des “Framings”. Für mich hat das oft etwas paternalistisches. Spira hat auch selbst einmal gesagt, sie muss quasi die Kronen Zeitung lesen, um sich auf das Niveau ihrer Darsteller zu begeben und das fand ich eine hm, schwierige Aussage. Bei den Alltagsgeschichten hatte ich auch immer ein Gefühl der Übersättigung. Wenn man selbst in Favoriten aufgewachsen ist, hat man eher die Sehnsucht nach Geschichten, die man nicht kennt, also vom Leben in Döbling zum Beispiel, harhar.

Ich muss allerdings sagen, Favoriten hat mich beeindruckt. Zunächst ist der Film extrem lustig. Man lacht eigentlich von der ersten Minute mit den Kindern, nicht über die Kinder, weil einfach so witzige und herzerwärmende Szenen entstehen. Alle paar Minuten sagten L. und ich: “Oh” und “Moiii”. Es war einfach süß und lieb. Denn, und das rechne ich Beckermann hoch an, sie mischt sich in ihre eigene Doku auch nicht ein. Es werden den Kindern keine Fragen gestellt, es werden keine Themen “abgearbeitet”, es ist wirklich fast durchgehend ein Portrait ohne irgendeinen Kommentar und darüber bin ich sehr froh.

Natürlich kann man zurecht sagen, sobald ich etwas beobachte, verändere ich die Dynamik. Das wird natürlich auch hier in gewisser Weise der Fall sein, allerdings denke ich, dass diese Gefahr bei Kindern weniger gegeben ist, weil sie wahrscheinlich die Kamera bald einmal vergessen, so wirkt es zumindest. So sehen wir die Kinder tanzen, wir sehen sie Rechenkönig spielen, Schularbeiten schreiben und auch weinen, wenn die Noten nicht wie erwartet ausfallen. Wir sehen einen Besuch der Moschee und einen im Stephansdom, wir sehen Konflikte, die die Lehrerin sehr feinfühlig moderiert, Referate, Gespräche über Streit und Krieg und über die eigene familiäre Situation. Wir sehen einen Elternsprechtag.

Natürlich sehen wir auch die Probleme, die es gibt. Oder sagen wir so, diese Klasse bräuchte eher fünf oder sechs Pädagoginnen und Pädagogen. Die Kinder bräuchten sehr viel (mehr) Förderung und Unterstützung, die meisten sind nämlich sehr interessiert und engagiert, aber es gibt Handicaps, sowie die kulturelllen Reibepunkte. Der Film bietet keine Lösung an, das wäre auch illusorisch. Aber er entlässt einem trotzdem mit einem positiven Gefühl und auch so etwas wie einer indifferenten Hoffnung und damit hatte ich ehrlicherweise gar nicht gerechnet.

Fields of Gold

Um Mitternacht habe ich mit dem Kind diskutiert, ob er jetzt schon 17 Jahre alt ist oder es erst um kurz nach 15 Uhr wird.

Ich musste daran denken, dass damals um ungefähr 14 Uhr – es war zu diesem Zeitpunkt, wie soll ich sagen, schon recht unangenehm und es waren unglaublich viele Leute da, Hebammen, Ärzte, Schwestern – gegen 14 Uhr jedenfalls säuselte Sting Fields of Gold aus dem CD-Player-Lautsprecher im Kreißsaal. Ich konnte mir nicht verkneifen zu bemerken: “Wie gut, dass ich Sting ohnehin schon hasse.” Irgendwer von den Anwesenden hat dann dankenswerterweise den CD-Player ausgeschaltet. Harhar.

Jetzt ist das Kind jedenfalls 17 und freut sich des Lebens.

The Fountainhead, 2

Bitte, jetzt ging es mir mit dem Buch The Fountainhead, das ich mir wegen Dauererwähnung in Zusammenhang mit Filmen bestellt habe, genauso wie damals mit Portrait of a Lady.

Unser Englischprofessor hat in der sechsten oder siebenten Klasse 20 verschiedene Romane vorgestellt und jeder durfte sich einen für einen Bookreport aussuchen, was ich persönlich super fand, nicht alle in der Klasse waren so begeistert harhar. Ich habe mich jedenfalls für Portrait of a Lady von Henry James entschieden, und der Professor damals so: “Wirklich? Bist du sicher?” Klar war ich sicher, es klang interessant.

Naja und dann ging ich die Buchhandlung, bekam das Buch überreicht und es hatte an die 600 Seiten. Es war das natürlich mit Abstand das dickste Buch von allen, die anderen hatte so schmale 200 Seiten Bändchen.

So ähnlich ging es mir jetzt mit The Fountainhead auch, das hat 726 Seiten, hatte ich gar nicht erwartet, aber natürlich, deshalb wird es wohl auch Bibel (der Konservativen) genannt.

Aber gut, sowas schreckt mich nur kurz. Auf geht’s.

Vertrauen

Am Mittwoch hat das Kind Geburtstag. Sein letzter Geburtstag als Kind, nächstes Jahr ist er erwachsen.

Das ging jetzt irgendwie schnell und außerdem frage ich mich: War es das schon mit der Pubertät? Kommt da noch was? Bisher war das erstaunlich unspektakulär. Mir ist klar, das ist nicht überall so und ich weiß das auch sehr zu schätzen.

Natürlich ist er gern unterwegs. Er fährt am Wochenende um Mitternacht mit seinem Freund per Scooter auf den Kahlenberg und schickt Fotos davon. Eine Freundin hat mich daraufhin gefragt, ob ich mir da nicht Sorgen mache. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht so genau, wie ich das beantworten soll. Ich weiß, dass er geschickt und vorsichtig ist, das war er schon als kleines Kind mit seinem ersten Tretroller, obwohl er sonst in dieser Zeit ein Berserker war, harhar. Und ich weiß auch, dass trotzdem immer etwas passieren kann.

Ich habe Vertrauen. Das habe ich vielleicht auch ein bisschen auf der Intensivstation gelernt, vor 17 Jahren, da ging es gar nicht anders.

Veni Vidi Vici

Jetzt noch ein bisschen etwas zum Film Veni Vidi Vici.

In diesem Film geht es um die superreiche Familie Maynard. Viktoria, Amon und ihre drei – teils adoptierte und deshalb äh kulturell-diverse – Kinder, die auf einem Anwesen man muss schon sagen residieren – inklusive Infinity Pool im Wohnzimmer (!). Um seinen Reichtum noch weiter zu vermehren, geht Amon Bündnisse mit der Politik ein und in seiner Freizeit geht er zur Jagd. Doch er jagt keine Tiere…

Ich weiß bei dem Film eigentlich gar nicht, wo ich anfangen soll. Zunächst einmal: Er sieht nicht aus wie ein österreichischer Film und das ist positiv gemeint, er hat intensive Bilder und vermittelt interessante Stimmungen, eine Szene ziemlich am Ende hat mich sehr überrascht und den Film noch ein wenig gerettet. Auch die Schauspieler spielen gut. Aber ansonsten ist es ziemlich zum Haare raufen, was sich Regisseur und Drehbuchautor Daniel Hoesl hier einfallen hat lassen. Nach eigener Aussage beschäftigt er sich in einer gewissen Bessensheit mit reichen Menschen und das ist ja ok. Jeder hat irgendwelche Lebensthemen, an denen er sich abarbeitet. Aber wenn ich mich schon so eingehend mit einem Themenkreis auseinandersetze, wieso füge ich dem Narrativ nichts neues hinzu? Wieso bin ich maximal in die zweite Schicht unter der Oberfläche vorgedrungen?

Einen Erkenntnisgewinn gibt es bei Veni Vidi Vici nämlich nicht. Dass “böse” reiche Menschen zwar äußerlich nett auftreten und es aber fausdick hinter den Ohren haben, dass sie sich alles erlauben können, dass Reichtum oft mit Politik und Korruption verbunden ist, ja eh. Dass sie oft “davonkommen”, siehe das Ayn Rand Zitat, auch. Aber was weiter? Hoesl hat in einem Interview gesagt, er will die Menschen aufrütteln, dass sie sich wehren, so wie Michelle Obama in einer Rede gesagt hatte: “Do something!”. Ok, also wenn ein progressiver Regisseur eine Person, die die absoluten Elite der USA Gesellschaft repräsentiert zitiert, die mit einem ehemaligen US-Präsidenten verheiratet ist, und die ihrem Volk ausrichtet, dass es doch bitte irgendwas machen soll gegen Missstände in der Gesellschaft, dann weiß ich nicht, soll ich lachen oder weinen? Oder war das satirisch gemeint?

Wobei wir beim nächsten Problem sind. Satire. Sie hält einen auf Distanz, eigentlich zwangsläufig. Aber sie sollte zumindest irgendwie funktionieren. Die Figuren können sich schon komplett over the top verhalten, trotzdem sollte es in sich stimmig sein. Und das ist es in diesem Film, meines Erachtens, nicht. So komme ich den Protagonisten nicht nur nicht nahe, ich kann viele und gerade die folgenschwersten ihrer Handlungen nicht nachvollziehen. Und das nimmt dem Film irgendwie dann auch wieder die Schärfe, wenn ich mir denke, das ist eh alles mehr oder weniger Fantasy-Satire.

Außerdem ist Veni Vidi Vici voll von Zitaten und Anspielungen auf andere Filme. Die drei Kapitelstruktur Veni-Vidi-Vici erinnert stark an Triangle of Sadness, ein Film, der auch nicht gerade subtil war, aber dann doch etwas mehr um die Ecke gedacht hat. Ich habe hier auch etwas von A Clockwork Orange gesehen, von American Psycho, Parasite und Joker und der ORF Serie Tohuwabohu (nach eigener Aussage eine Lieblingsserie von Hoesl). Ehrlich gesagt musste ich auch an die Batman Verfilmungen von Christopher Nolan denken – der Butler heißt dort interessanterweise auch Alfred. Ich finde Zitate schon ganz reizvoll, wenn sie dosiert eingesetzt werden, aber wenn der Film überhaupt keinen eigenen Ton findet, dann sind sie eher kontraproduktiv.

Ich bin also mit sehr gemischten Gefühlen aus dem Kino gegangen, aber nachgedacht habe ich doch darüber. Das ist ja auch was.

The Fountainhead

Gestern hab ich Veni Vidi Vici gesehen, den österreichischen Film von Daniel Hoesl und Julia Niemann, dem das Ayn Rand Zitat “The point is, who will stop me” vorangestellt ist. Dieses Zitat stammt aus dem Roman The Fountainhead. Anscheinend die “Kapitalismusbibel” ein Lieblingsbuch von Steve Jobs und Donald Trump, die Filme Megalopolis und The Brutalist, die bald anlaufen, sehen es ebenfalls als Inspirationsquelle und der ungute Kellner in Dirty Dancing hatte das Buch angeblich öfters bei sich. Das alles habe ich den letzten Tagen erfahren.

Das erinnert mich an die Sex and the City Folge, in der Carries Mac eingeht und alle ihre Texte weg sind. Jeder spricht daraufhin auf Sicherungskopien an. Carrie hat niemals Sicherungskopien gemacht. Als sie schließlich auch noch von Miranda danach gefragt wird, sagt sie: “Du hast das Wort Sicherungskopie mir gegenüber noch nie erwähnt! Anscheinend macht die ganze Welt jede Nacht Sicherungskopien und niemand spricht darüber.”

So ähnlich fühle ich mich gerade mit The Fountainhead. Vielleicht kennt es eh jeder in und auswendig, nur ich habe bis vor einer Woche nicht einmal gewusst, dass dieser Roman existiert. Aber da habe ich Abhilfe geschaffen, ich habe es mir nämlich sofort bestellt, jetzt will ich Bescheid wissen.

EPU

Wenn man selbstständig ist, antwortet man auf die Frage: Haben Sie gerade Kapazitäten frei? Eigentlich immer mit: Aber selbstverständlich. Deshalb arbeite ich jetzt gerade quasi an drei Projekten gleichzeitig.

Schön war, dass sich ein Auftraggeber, bei dem ich mich vor 20 Jahren mal beworben habe und seitdem sporadisch immer wieder Projekte bekomme, vorige Woche wieder angerufen hat. Eine Dame dort hat mich in der Datenbank gefunden. Wir haben dann gesprochen und sie hat sich anschließend per Mail dann für das “sehr nette Telefonat” bedankt und da dachte ich mir, dabei ist gerade Telefonieren wirklich nicht meine Kernkompetenz.

Naja und deshalb schreibe ich jetzt über Kräuter und Gewürze, über Erbstreitigkeiten und über österreichische Autorinnen, was mich natürlich besonders interessiert. Oft bin ich komischerweise viel mehr im Flow, wenn ich ein bisschen zu viel zu tun habe.

Also Fazit: Ja, ich habe gerade Kapazitäten frei! Harhar.

A Few Good Men

Nachdem wir Demi Moore ja bald in ihrem neuen Film The Sustance sehen werden, habe ich mir einen sehr frühen Film von ihr angeschaut, den ich noch nicht kannte, nämlich A Few Good Men aus dem Jahr 1992. Ein Film, in dem Moore an der Seite von Tom Cruise und Jack Nicholson spielt, selbst kleinere Rollen sind mit Kalibern wie Kiefer Sutherland und Kevin Bacon besetzt.

Nach den ersten paar Szenen dachte ich mir, hier wird so viel und so schnell geredet, das ist als wäre es ein Drehbuch von Aaron Sorkin. Als ich nachschaue, komme ich drauf, dass es ein Drehbuch von Sorkin ist, huch. Es war quasi sein Durchbruch in Hollywood, davor war er Theaterautor.

Kleinere Spoiler möglich!

Worum geht es also. Zwei US Marines sollen den Tod eines Kollegen verursacht haben und werden daraufhin angeklagt. Das Militär will vertuschen, dass die Tat möglicherweise als Code Red von deren Vorgesetzten Jossep (Jack Nicholson) angeordnet wurde. “Code Red” bedeutet, dass eine interne Strafmaßnahme gesetzt wurde, was offiziell natürlich nicht erlaubt ist, schon gar nicht, wenn er zu einem Todesfall führt. JoAnne Galloway (Moore) will der Sache auf den Grund gehen, der ehrgeizigen und hartnäckigen Militäranwältin wird aber der Frischling Daniel Kaffee (Cruise) vor die Nase gesetzt; nicht, weil er ein Mann ist, sondern anscheinend in der Hoffnung, dass er mit seiner mangelnder Erfahrung und der offen zur Schau gestellten blasierten Laizzez-Faire Attitüde den Fall in den Sand setzen wird…

Erstaunlich an einem Film der 1990er, der Blütezeit der RomCom, in dem praktisch nur Männer mitspielen, aber jemand wie Demi Moore gecastet wurde, ist, dass es hier keine Liebesgeschichte gibt. Tatsächlich war so etwas in der Art geplant, wurde aber von Sorkin mit einer durchaus feministischen Argumentationslinie abgeschmettert. Jemand vom Produktionsteam fragte ihn, warum Moore dann überhaupt besetzt worden sei, worauf Sorkin sagte: “Women have purposes other than to sleep with Tom Cruise.” Natürlich hätte eine Liebesgeschichte in einem so dialoglastigen Courtroom Drama, wo über die Ethik in der Insitution des Militärs geradezu philosophisch reflektiert wird, absolut nicht gepasst, aber das ist ja für Hollywood sonst auch kein Grund harhar.

Tom Cruise ist hier in einer für ihn “typischen” Rolle zu sehen, mit dem Spleen seiner Figur, praktisch immer zu essen, sobald er eine Schauplatz betritt, was wohl seine Wurschtigkeit gegenüber seinen Aufgaben unterstreichen soll. Später läuft er aber zu großer Form auf, inklusive kleiner Sinnkrise. Was mir noch aufgfallen ist: Wenn man Jack Nicholson im Gerichtssaal erlebt, denkt man zwangsläufig: Vor Cruise, so cool er auch ist und auch wenn er in diesem Film einen kleinen Tobsuchtsanfall hat, wird sich nie jemand ernsthaft fürchten. Nicholson braucht nur schauen, und schon hat man Angst vor ihm. Das ist schon irgendwie faszinierend.

A Few Good Men ist jedenfalls intelligentes Unterhaltungskino und dabei sehr spannend.