Ich habe aber nicht nur WWM geschaut, sondern auch gelesen, zum Beispiel Maksym von Dirk Stermann, ein Buch, das ich von meiner Freundin M. zu Weihnachten geschenkt bekommen habe.
Ich habe von Stermann schon Sechs Österreicher unter den ersten fünf gelesen, aber das war mir irgendwie zuviel Salon Helga auf einen Roman aufgeblasen. Außerdem waren einige Österreich-bezogene Fehler enthalten, die dem bundesdeutschen (?) Lektorat anscheinend nicht aufgefallen sind. Der Anfang des Romans ist ja in den 1980er Jahren angesiedelt und da hieß das Museumsquartier noch nicht so und eine Sackerl-Gackerl Kampagne gab es auch erst in den 2000er Jahren. Solche Raum/Zeit Kontinuum Ungenauigkeiten gibt es in Maksym nicht mehr.
Generell ist Maksym viel mehr ein Roman als es frühere Werke von Dirk Stermann waren, allerdings sollte man sich nicht daran stören, dass der Protagonist, der diesen Namen trägt, erst auf Seite 134 erstmals auftaucht (vorher wird nur über ihn gesprochen) und auch danach keine übertrieben große Rolle spielt, es ist eher das, wofür Maksym steht ein Thema. Stermann erzählt immer noch (ein bisschen zu) viele kleine Geschichten abseits der Haupthandlung, aber er ist immerhin nicht Javier Marias, dessen Morgen in der Schlacht denk an mich ich buchstäblich irgendwann in eine Ecke geworfen habe, weil er einfach nicht zum Punkt gekommen ist und dafür hab ich keinen Nerv. Stermanns kleine Geschichten nebenbei sind wenigstens ausgesprochen pointiert.
Aber auch wenn der Roman noch etwas konzentrierter hätte sein können, der Haupterzählstrang ist schon relativ klar herausgearbeitet, es geht um die Liebe zu Wien und die Selbstfindung einer fiktionalisierten Version von Dirk Stermann (die auch diesen Namen trägt). Es geht um dessen kleinen Sohn Hermann (der in Wirklichkeit anders heißt). Es geht um seine erwachsene Tochter Kina (die in Wirklichkeit auch anders heißt) und einige Frauen, die alle aus der Stermann-Tasse getrunken haben. Und natürlich auch um Maksym.
Oft gelingen Stermann sehr schöne, manchmal auch poetische Formulierungen, etwa wenn er über junge Frauen in Duisburg schreibt, die “ihre beste Zeit weder vor noch nach sich haben.” Wenn er über die an sich unnötige Handlung eines Suizid schreibt, nach dem Motto, warum sollte man sich umbringen, man stirbt sowieso irgendwann. Das sei “(…) wie putzen, bevor die Putzfrau kommt.” Einmal wundert sich Dirk, wieso sein Sohn am Handy scrollen könnte. “Ich dachte, wir würden unser Kind analog aufziehen”. Er erzählt über das Waldviertel, das “Schottland Österreichs”, wo sich Wiener baufällige Bauernhäuser kaufen, weil “(…) die Wiener, anders als die Waldviertler glücklich sind, wenn es romantisch durchs Gebälk zieht.”
Eine schöne Beschreibung ist mir besonders aufgefallen, weil ein sehr lieber Mensch das früher schon einmal so ähnlich beobachtet hat, der meinte fürs Kaffeetrinken bräuchte man Zeit und man dürfte das Wort Kaffee daher nicht so abgehackt aussprechen. Stermann sieht das genauso:
Er fiel in das Wort hinein, anstatt es elegant hinten offen zu lassen. Betonte nicht das e am Ende, in dem das ganze Aroma des Getränks lag, sondern knallte in das Wort, als krachte ein Boot an eine Hafenmauer, an der die abfedernden Reifen abgefallen waren.
Maksym – Seite 114.
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