Seit Wochen freue ich mich auf den neuen Film von Noah Baumbach Marriage Story, der leider erst Ende November in die Kinos kommt, bevor er auf Netflix zu sehen ist.
Auf der Viennale gab es drei Vorstellungen, aber ich wusste nicht, wann ich Zeit habe und habe daher nicht rechtzeitig Karten bestellt. Und dann, als ich wusste, wann ich Zeit habe, war alles ausverkauft. Aber thank god, es gibt eine Viennale Tickettauschbörse auf Facebook. Und obwohl ich nichts zu tauschen hatte, hatte ich einfach Glück, genau 5 Sekunden, nachdem jemand zwei Karten zu verkaufen hatte, zu antworten. Und somit diese Karten zu meinen zu machen.
In Marriage Story geht es um das Künstlerehepaar Nicole (Scarlett Johansson) und Charlie (Adam Driver), die in New York leben und arbeiten, sowie einen achtjährigen Sohn, Henry, haben. Die Ehe ist schon lange nicht mehr glücklich, aber Charlie will es “aussitzen”. Die treibende Kraft für die Scheidung ist Nicole, die das Gefühl hat, ihre Eigenständigkeit für Charlie aufgegeben zu haben und außerdem zurück nach Los Angeles, zu ihrer Familie, ziehen will, was für Charlie immer ein no go war. Beide wollen sich in Frieden trennen, doch nachdem Anwälte (herrlich: Laura Dern und Ray Liotta) eingeschaltet werden, scheint dieses Ziel in weite Ferne zu rücken.
Es gibt viele Dinge, die an Marriage Story faszinieren. Zum einen: es gibt hier keine Schuldigen. Weder Nicole noch Charlie sind dafür verantwortlich, dass diese Ehe nicht (mehr) funktioniert. Beide sind vernünftigte, durchaus sympathische und mitfühlende Menschen. Keiner der beiden ist ein egostisches Arschloch. Trotzdem passen ihre Vorstellungen eines Tages nicht mehr zusammen. Sowas kommt vor, sowas gibt es, und man muss sich deswegen nicht zwangsläufig anschreien und schlagen und hassen, wenn das passiert. Man kann Freunde bleiben, was aber nicht heißt, dass das immer einfach ist. Und, dass es einem nicht trotzdem das Herz zerreißt, gerade wenn ein Kind im Spiel ist, das beide lieben, das in beider Leben auch die Hauptrolle spielt.
Am Anfang des Filmes hört man Nicoles positive Gedanken zu Charlie – und vice versa – eine Aufgabe innerhalb der Ehemediation. Es sind große Dinge und scheinbar Alltägliches, Talente und Schrullen gleichermaßen, die sie mit dem anderen verbinden. Beide haben eine ganze Menge positive Gedanken zum anderen, sowas ist nicht weggewischt im Moment einer Trennung. Der Film schafft es auch sehr schön, die Charaktereigenschaften, die sie am anderen bewundern dann auch im Laufe der Handlung zu “zeigen”, man muss nur aufmerksam genug sein, es ist teilweise sehr subtil. Aber etwas, was den Film so authentisch und wahrhaftig macht, meiner Meinung nach.
Die schauspielerischen Leistungen sind hervorragend, hier sind wirklich viele Oscar Nominierungen drinnen, sowohl in den Haupt-wie auch Nebenrollenkategroien, denn jeder Einzelne hier ist auf dem richtigen Platz. Driver und Johansson sowieso, aber auch die Anwälte, die hinzugezogen werden. Beide eigentlich nahe an einer Karikatur: auf der einen Seite die überkandidelte feministische, female empowerment- West Coast Anwältin, auf der anderen Seite der von sich selbst sehr eingenommene Macho-Verteidiger, der gefühlt schon alles an menschlichen Abgründen gesehen hat, und dabei selbst ein kleiner Strizzi ist; und dennoch glaubt man beiden jedes Wort und auch hier fällt es schwer, wirklich Antipathien zu entwickeln.
Wie Marriage Story ausgeht, werde ich natürlich nicht verraten. Es sei nur gesagt, dass es eine Kunst ist, bei so einem schwierigen und schmerzvollen Thema nicht auf die Tränedrüse zu drücken und dabei aber doch alles andere als einen nüchtern-sachlichen Film gedreht zu haben. Anschauen, ab 22. November im Kino und etwas später auf Netflix. Hier der Trailer:
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