almis personal blog

Annie Ernaux

Ich habe jetzt bereits drei Bücher von Annie Ernaux gelesen und bin wirklich sehr begeistert von ihrer Literatur.

Ernaux wird 1940 in der Normandie als Kind von Arbeitern geboren, die später ein kleines Geschäft haben. Ihre größere Schwester ist bereits vor ihrer Geburt gestorben, was sie nur zufällig erfährt, da ist sie schon zehn Jahre alt. Ernaux studiert nach der Schule in Bordeaux und will eigentlich Journalistin werden, ist dann aber vor allem als Lehrerin und schließlich als Schriftstellerin tätig. Sie hat zwei Söhne und lebt heute in der Nähe von Paris. 2022 erhält sie den Nobelpreis: ” (…) für den Mut und die klinische Schärfe, mit der sie die Wurzeln, Entfremdungen und kollektiven Fesseln der persönlichen Erinnerung aufdeckt”

Wobei das fast etwas zu prätentiös formuliert ist, für den Stil, den Ernaux selbst verfolgt. Sie bezeichnet ihre Arbeiten auch als “Autosoziobiografien”, was wiederum etwas zu sachlich klingt. Denn ja, ihre Bücher sind leicht lesbar, sie verzichtet darauf, ihre Gedanken zu verkomplizieren, da ist nichts maniertes oder eitles in ihren Texten. Aber da ist, für mich, doch auch eine Menge an Poesie, die immer mitschwingt.

Ernaux empfindet sich als Archäolgin ihrer selbst, was ich eine sehr spannende Beschreibung finde. Ähnlich wie der Autor Stewart O’Nan, der auf die Frage, ob er nicht manchmal davor zurückschreckt, dieses oder jenes zu schreiben, weil es zu persönlich ist, geantwortet hat: “Natürlich gibt es diesen Widerstand, aber genau der ist auch das Indiz dafür, dass man etwas Gefährliches gefunden hat, etwas, was die Leser bewegen wird”, scheint Ernauxs Maxime die absolute Ehrlichkeit sich selbst gegenüber zu sein.

Gleichzeitig versucht sie aber auch immer, ihr Erinnerungen, ihr Schreiben zu reflektieren:

Ich spüre, wie die Erzählung mich mitreißt und gegen meinen Willen einen Sinn erzeugt, den eines unaufhaltsam seinen Lauf nehmenden Unglücks. Ich zwinge mich dazu, dem Drang zu widerstehen, durch Tage und Wochen zu hasten, und versuche mit allen Mitteln (…) die endlose Langsamkeit einer Zeit wiederzugeben, die sich verdichtete, ohne voranzuschreiten (…)

Das Ereignis, S. 40

Ich weiß nicht, in welcher Reihenfolge man ihre Bücher lesen “sollte”. Ich habe mich für die unkonventionelle Vorgehensweise entschieden, das bedeutet, ich lese, was gerade in der Bücherei verfügbar ist harhar. Und so kam es, dass ich ihr letztes Buch von 2022, Der junge Mann, als erstes gelesen habe. Aber weil irgendwie eh alles mit allem verbunden ist und eines ins andere greift, ist es kein Problem.

Zu den einzelnen Werken werde ich dann in Zukunft immer wieder einmal berichten.

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