almis personal blog

ESC Italien

Italien beim ESC ist immer ein Genuss. Laut Marco Schreuder (und mir) hätten sie viel öfter gewinnen müssen, als sie das tatsächlich haben – nämlich nur zweimal bis dato nämlich 1964 Gigliola Cinquetti mit Non ho l’eta und Toto Cutugno mit Insieme 1990. Gut, sie haben 1994 bis 1996 und dann sogar von 1998 bis 2010 auf die Teilnehme verzichtet.

Seit sie wieder zurück sind, wurden sie bereits zweimal Zweite und einmal Dritte. Außerdem zeichnen sie sich durch ein besonderes Facettenreichtum aus, was die musikalischen Genres betrifft. Von Jazz über Ballade, von Rap bis R&B, Pop sowieso, gefehlt hat eigentlich nur Rock und damit treten sie jetzt also 2021 an. Der Song heißt Zitti e buoni (ungefähr: “Still und brav”) und versteht sich als eine Art Protestsong der Jugend, die sich nicht ernstgenommen fühlt.

Ich bin noch unsicher, wie mir das gefällt. Es ist nicht ganz mein Genre. Also ich kann Rock prinzipiell schon einiges abgewinnen, aber dieser Song ist mir irgendwie doch eine Spur zu unmelodiös. Will er sicher auch gar nicht sein, denn es geht ja um Protest. Und wie kann Protest lieblich und gefällig sein? Aber Mahmood war 2019 auch schlecht gelaunt und ich hab Soldi geliebt. Ich glaub, Zitti e buoni werd ich anerkennen. Aber lieben werd ich das nicht. Leider.

ESC Belgien

Belgien im Songcontest, das bedeutet in den letzten Jahren immer sehr innovative Popsongs, etwas sperrig, sophisticated, intellektuell. In den 2010er Jahren belegten die belgischen KandidatInnen immerhin zweimal Platz 4, wobei Blanche 2017 mit City Lights auch einen formidablen Radiohit hatte, obwohl die Künstlerin extrem introvertiert war, das Gegenteil einer Rampsensau quasi.

Auch 2021 setzt sich dieser Trend vor. Hooverphonic sind eine bereits bekannte Band, voriges Jahr wären sie auch angetreten, allerdings mit einer anderen Sängerin. An den Beitrag vom letzten Jahr konnte ich mich nicht mehr erinnern. Er hat mich nicht so besonders beeindruckt. Journalistin Eva Haslinger hat im Merci Cherie Podcast gemeint, das sei das beste fade Lied des ESC 2020, das fand ich eine super Formulierung.

2021 find ich persönlich weniger fad, eher creepy und ja, ich mag es!

Es geht in The Wrong Place um einen “falschen” One Night Stand. Nicht, dass ich mich mit der Thematik auskenne harhar, aber ist das nicht irgendwie wurscht? Die Protagonistin sieht das im Video jedenfalls anders, sie ist etwas äh verhaltensauffällig oder wie William von Wiwibloggs im sehr lustigen Reaction Video sagt: “I don’t wanna be in that house.” Was der Typ tatsächlich falsch macht, man erfährt es nicht, abgesehen davon, dass er organischen Tee trinkt und der Protagonistin offenbar extrem auf die Nerven geht, denn sie insistiert: “Don’t you ever dare to wear my Johnny Cash T-Shirt!” Haha so bizarr. William meint abschließend, angesichts der Vorgänge am Morgen danach in ihrem Haus: “She is going to get a bad recommendation on Tinder.”

Also wie gesagt: Ich mag den Song, bin aber nicht sicher, ob er sehr ESC-tauglich ist. Ich hoffe stark, dass er ins Finale kommt und ich freue mich schon auf die Bühnenshow.

ESC Irland

Irland ist das erfolgreichste Land beim ESC, was die Siege angeht.

Bereits siebenmal haben sie den Songcontest gewonnen, in den 1990er Jahren sogar dreimal hintereinander und nach einer Pause von einem Jahr gleich noch einmal. Es war die Zeit, wo man sich dachte, jetzt wirds langsam fad mit Irland, weil es gewinnt niemand sonst. Diese Zeiten sind allerdings lange vorbei. Seit 1996 haben sie nicht nur nicht mehr gewonnen, sie sind auch relativ häufig gar nicht ins Finale gekomen, und wenn sie dann doch mal im Finale waren, war der Erfolg eher bescheiden. Ein kleiner Ausreißer waren Jedward, die 2011 mit Lipstick immerhin den 8. Platz belegten. Die verrückten Zwillinge fand ich damals sehr amüsant und den Song hab ich auch auf meiner ESC Playlist.

Dieses Jahr tritt Lesely Roy an, die auch schon letztes Jahr vorgesehen war. Den Song vom letzten Jahr empfand ich nicht besonders aufregend, ich musste ihn mir jetzt nochmal anhören, weil ich ihn gar nicht mehr im Kopf hatte. Der neue Song Maps dagegen gefällt mir wirklich gut.

Damit bin ich nicht alleine – Deban und William von wiwibloggs fanden ihn auch gut und wer Deban kennt weiß, der ist nicht immer so leicht zufrieden zu stellen. Schöne Lyrics: “My soul is a map, my heart is a compass, I am the road.” Kommt natürlich auch auf die Live-Performance und das Staging an, wie erfolgreich der Song performen wird, aber die Chance, damit wieder mal die Top10 zu entern, lebt auf jedenfall.

Was das Video betrifft: Schön ist dein Land, Irene in Irland!

ESC Deutschland

Deutschland hat eine durchaus wechselvolle ESC Geschichte hinter sich.

In der jüngsten Zeit ein Sieg mit Lena (2010) und mit Michael Schulte ein vierter Platz (2018), aber auch viele Platzierungen jenseits der Top 20, dazwischen gabs nicht viel. Voriges Jahr hatte Deutschland meiner bescheidenen Meinung nach einen guten und innovativ klingenden Song ausgewählt Violent Thing, interpretiert von Ben Dolic. Es war eine Symphonix Produktion, ein Komponistenkollektiv, das für viele Qualitätssongs beim Eurovision in den letzten Jahren verantwortlich zeichnet.

Dieses Jahr hat man sich für einen anderen Künstler entschieden. Jendrik Sigwart, seines Zeichens Musicaldarsteller. Dabei muss ich sofort an die Bemerkung von Grissemann 1997 denken, als er den isländischen Teilnehmer Paul Oscar vorstellte mit den Worten: “So sympathisch er hier auch scheint, er kommt hassenswerterweise vom Musical, wie so viele der heutigen Kandidaten, LEIDER.” Harhar. Ich erinnere mich deshalb so genau, weil Paul Oscar mit Minn hinsti dans bis heute eine meiner ESC All time favorits ist.

Wie auch immer: Jendrik Sigwart ist nunmal auch ein Musicaldarsteller und hat seinen Song selbst geschrieben, der da heißt I don’t feel hate. Das ist ja an sich eine begrüßenswerte Grundeinstellung. Und klingen tut das so:

Und ist quasi in jeder Beziehung ein Antipode des letztjährigen Beitrags. I feel sorry. Ok tut mir leid, aber der Kalauer liegt auf der Hand.

ESC Norwegen

Auch Norwegen hat seinen Act für den ESC 2021 bekannt gegeben und es handelt sich dabei um den Musiker Tix mit dem Song Fallen Angel.

Norwegen hat sich als eines der wenigen Länder dagegen entschieden, die Künstlerin vom letzten Jahr nochmals antreten zu lassen, und hat in einer sehr langen Qualifkationsphase, die über Wochen ging, den Teilnehmer für 2012 ermittelt. Tix konnte sich gegen KEINO durchsetzen, die bereits 2019 beim Songcontest mit dem Song Spirit in the sky angetreten waren, und als Sieger des Televotings ingesamt Platz 6 abräumten. Doch wie gesagt: diesmal wurden sie Zweite, hinter Tix.

Tix, ein eigenartiger Name, denkt man sich vielleicht, das kommt daher, dass der Künstler das Tourette-Syndrom hat und in der Schule schon mit diesem “Kosenamen” bedacht wurde. Er war bisher ein recht erfolgreicher Komponist, hat unter anderem am Hit Sweet But Psycho von Ava Max mitgearbeitet. Der Würfel mit der eins, den er auch im Video um den Hals trägt, ist den norwegischen Kritikern geschuldet, die ihn einmal als eine 1 auf einem Würfel abgeurteilt haben.

Insgesamt eine interessante Persönlichkeit, eine spannende Hintergrundgeschichte – der Song selbst hat einen gewissen 1990er Jahre Vibe – Backstreet’s back!

ESC Oscar Shortlist

Letzte Woche wurde die Shortlist für die Nominierungen der Oscar-Kategorie “Best Song” bekannt gegeben.

Auf dieser Shortlist steht auch Husavik, einer der Songs aus dem Film Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga. Husavik ist eine Stadt in Island, aus der die beiden Protagonist*innen kommen. Der Song ist eine Liebeserklärung an ebendiese Stadt.

Über den Film habe ich eh schon mal ausführlich gebloggt, ich war zuerst skeptisch, weil ich dachte, es läuft auf eine ESC-Verarsche hinaus, was sich als absolut falsch herausgestellt hat. Es ist eine erstaunlich liebevolle Hommage geworden und der Song ist richtig schön. Und nebenbei bemerkt: ich glaube tatsächlich, dass der auch beim tatsächlichen ESC gar nicht so schlechte Chancen hätte.

Und wer sich wundert, warum Will Ferrell (der übrigens seinen Part selbst singt) da mit Windjacke auf der Bühne sitzt, ja der muss sich den Film anschauen.

ESC – The return – Litauen

Ok, es geht los ESC-mäßig. Die ersten Songs für den diesjährigen Songcontest werden präsentiert.

Und heuer ist dabei etwas komplett neu: es gibt Interpreten und gar nicht mal so wenige, die letztes Jahr angetreten wären und das auch dieses Jahr wieder tun. Natürlich mit anderen Songs, so will es das Reglement. Das bedeutet aber auch, dass man nicht nur die Interpreten und die Songs beurteilt, sondern sie auch irgendwie in Relation zum Vorjahr setzt. Besonders interessant ist das natürlich bei den Kandidaten, die letztes Jahr als hohe Favoriten galten und für die die Songcontest-Absage daher besonders bitte war. Allen voran Island und Litauen. Von Island weiß man bis dato noch nichts über den neuen Song, doch Litauen haben ihren bereits veröffentlich. Er heißt Discoteque.

Erinnern wir uns kurz an 2020. Da wollte The Roop mit On Fire antreten und das war alles in allem ziemlich nerdy:

Besonders prägnant war ihr Style, die Art wie sie tanzten und wie ihre Handbewegungen. Und wie Conchita in einer ORF ESC-Sendung überrascht bemerkte, der Refrain ist ein Instrumentalteil. Abgewechselt von “La La La”. Also dadaistisch durch und durch.

Im Jahr 2021 entwickelt sie ihren Stil weiter. Sie kleiden sich jetzt gelb und gehen im Video von der Bühne runter um – pandemieverträglich – backstage alleine zu sein. Das ist im Video sehr schön inszeniert, angefangen mit den letzten Tönen von On Fire.

Ob man jetzt besonders Gefallen an dem Song selbst findet oder nicht – ich persönlich stehe diesem Song irgendwie ähnlich gegenüber wie On Fire: ich anerkenne das Gesamtkonzept, aber so richtig erreicht es mich nicht – es ist durchaus on point, im Jahr 2021 einen Text zu bringen, der lautet: “Lets discoteque here at my home, it is ok to dance alone.”

Wobei ich schon auch hoffe, dass nicht alle auf den Corona-Zug aufspringen, weil ich will zumindest beim ESC nicht andauernd an das alles beherrschende Thema erinnert werden. Aber die Ukraine ist da noch konsequenter, was das betrifft. Aber dazu ein anderes Mal.

ESC-Blind Date

Merci Cherie, der ESC-Podcast, hat ein neues Format im Format. Es nennt sich Blind Date.

Und zwar treffen sich da jetzt manchmal zwei Menschen, und stellen sich gegenseitig einen Song vor, der im weitesten Sinn etwas mit dem Songcontest zu tun haben soll. Es muss nicht unbedingt ein lupenreiner Songcontest Song sein, es kann auch einer aus den Vorausscheidungen sein, oder ein anderer Song eines ESC-Künstlers, eines Komponisten etc. Auch Marco und Alkis stellen jeweils einen Song vor, den sie auswählen. In der ersten Ausgabe des Formats waren die Autorin/Filmemacherin Barbara Kaufmann und die Podcasterin Beatrice Frasl zu Gast.

Ich werde jetzt nicht verraten, welche Songs präsentiert wurden, das würde die Spannung nehmen, kann aber schon soviel verraten, dass dieses Format sehr viel hergibt an Gesprächsstoff. Sehr lustig fand ich, dass über den ESC 2014 geredet wurde, als Conchita gewann und Marco erzählte, Conchitas Sieg hätte die Hochzeit eines befreundeten Paares etwas zerstört, weil ab einem gewissen Zeitpunkt alle nur noch vor dem TV gehangen sind. Darauf Alkis: “Ein schwules Paar, das am Tag des Song Contests eine Hochzeit macht? Also Entschuldigung.”

Marco hat dann noch was schönes gesagt, als er zum ersten Mal bei einem ESC live dabei war – Oslo 2010 – hat er gesehen, dass homosexuelle Spanier Seite an Seite mit einer albanischen Familie von Oma bis Kind getanzt haben wusste er: das ist ein guter Event. Das holt das gute in den Menschen raus. Es ist total egal, ob man jung ist oder alt, Frau oder Mann oder irgendwas dazwischen, es ist gut so wie du bist und du bist willkommen. Hach ja, schnüff. Ich glaube, das ist auch einer der Gründe, wieso ich den Songcontest so mag.

P.S. Ich habe unlängst mit einem Homosexuellen darüber geredet, ob man “schwul” sagen darf oder nicht und er meinte, innerhalb der Community sagt man das natürlich, außerhalb kann das auch despektierlich klingen. Deshalb werde ich da wohl mit den Formulierungen in Zukunft mehr aufpassen. Obwohl er zu mir gesagt hat, ich kann gerne weiter “schwul” sagen, bei mir weiß er ja, wie ich es meine. Harhar.

Austro Podkastl: ESC

Neue Woche, wieder mal staying at home.

Beim Kochen hab ich mir das Austro Podkastl angehört; ich kenne den Podcast an sich nicht, bekam aber den Tipp, dass es diesmal um den ESC gehen würde und Andi Knoll zu Gast ist. Daher musste ich es mir natürlich anhören und es war tatsächlich ein sehr interessanter Talk. Einziger kleiner Kritikpunkt: als vom Sieg von Katrina and the Waves 1997 sprechen, wird Walking on Sunshine eingespielt und wie wir Nerds wissen, haben sie mit – na – genau, Love shine a light gewonnen. Kann mich noch erinnern wie Grissemann und Stermann sie damals anmodierten: “Und jetzt kommt der Geheimtipp oder wie heißt das, wenn alle sagen, das wird Erster?” “Favorit” “Ja genau, jetzt kommt der Favorit.” Übrigens 1997 eine der besten Moderationen von den beiden ever. Ich hab die Aufnahme irgendwo noch auf VHS herumkugeln, harhar.

Aber in dem Podcast war eben Andi Knoll zu Gast, der sich zu einem formidablen ESC Moderator gemausert hat, weil 2021 ist es auch nicht mehr en vogue alles zu verblödeln, der Bewerb ist seit mindestens zehn Jahren wirklich ernstzunehmend, mit vielen guten Kandidaten. Auch die österreichischen Beiträge, wie Knoll auch feststellt. Und, dass Österreich auch ganz anders wahrgenommen wird, von der Community seit dem Sieg 2014. Knoll sagt, es war erstaunlich wie gut Conchita mit der Favoritenrolle umgegangen ist und die Nerven behalten hat, im Gegensatz zu beispielsweise Francesco Gabbani. Dem hatte Knoll – und auch sonst alle ESC Auskenner in Europa – 2017 hohe Siegeschances eingeräumt. Und dann ist er ziemlich abgestürzt. Knoll erklärt das so: “Der war wahnsinnig lustig am Red Carpet, in allen Interviews, Italiener, Schnurrbartl, feinster Zwirn, super Song – eigentlich eindeutiger Sieger. Er hat es nur nicht rüber gebracht. Er hat am Ende seine Lockerheit verloren.” Diese Einschätzung finde ich sehr spannend, weil ich Occidentalis Karma auch immer noch für einen der besten ESC-Songs insgesamt halte. Ich persönlich fand aber auch, dass es nicht der beste Song für eine Bühne war. Das war Toy von Netta aber auch nicht, und sie hat trotzdem gewonnen. Also hat die Argumentation von Knoll durchaus etwas für sich.

Die Relevanz und ungebrochene Begeisterung für den ESC erklärt Knoll so: “Es ist ganz ein wichtiger Abend. Es sitzt sitzt gefühlt ganz Europa an diesem Samstag im Mai auf dem Sofa und schaut sich diesselbe Sendung an. Und da gibt es ja nicht soviel idenitätsstiftendes, gemeinsames. Es gibt die Fußball Europameisterschaft, aber da sind aber nur noch zwei Länder im Finale. Das schauen zwar alle, aber du hast quasi keinen Spieler mehr am Feld. Zumindest als Österreicher. (…) Ich halte es viel mehr als einen Liederabend. Wir haben zum Beispiel französisch zählen gelernt – neun und elf wissen wir aber bis jetzt nicht.”