almis personal blog

Tag 2

Nenne deinen Lieblingsfilm.

Ähm ja. Doch so eine einfache Frage gleich zu Beginn. Natürlich ist es fast unmöglich, den einen einzigen Film auszuwählen, wenn es doch soviele Filme gibt, die ich schätze, die mich faszinieren und begeistern.

Was einen guten Film für mich ausmacht, ist ein gewissen Maß an Schrägheit. Ich möchte von einem Film herausgefordert werden. Er muss etwas undurchsichtig sein, er sollte sich nicht auf die eine, einzige Weise interpretieren lassen, sondern Raum für die eigene Phantasie geben. Ich mag Filme, die es schaffen, Stimmungen zu vermitteln, die Bilder schaffen, die einem im Gedächtnis bleiben.

Achteinhalb

Das alles passt ziemlich gut auf Federico Fellins Film Achteinhalb. Ein Film, in dem Fellini den Regisseur Guido Anselmi (Marcello Mastoriani) in einer Schaffenskrise porträtiert. Das ganze ist sehr italienisch, voller Metaphern – Anselmi agiert wie ein Direktor in der Manege zu der “typischen” Zirkusmusik von Nino Rota – und Szenen, die andere Künstler als Zitate in ihre eigene Werke aufgenommen haben. Beispielsweise ist die Tanzszene aus Pulp Fiction eine klare Hommage an eine ähnliche Szene in 8 1/2. Und REMs Everybody hurts Video spielt ganz deutlich auf den Fellins Anfangssequenz an. Wenn man eine sehr gewagte These in den Raum stellen will, so erinnert Saraghinas Tanz in 8 1/2 an das Windowlicker Video der Apex Twins. Ich könnte noch eine Weile so weitermachen.

Besser als ich Achteinhalb beschreiben könnte, hat das allerdings Rogert Ebert hier schon getan. Und lieber Herr Rob Marshall: eine Art Remake namens Nine ist generell schon keine gute Idee, aber einem Kontrollfreak wie Daniel Day Lewis die Rolle zu geben, die zuvor Lebemann Mastorianni gespielt hat, ist eine Frechheit.

Wie auch immer: Achteinhalb it is.

Tag 1

Welchen Film hast du als Letztes gesehen?

Tja, trifft sich gut die Frage, denn gestern war ich im Kino. Wir haben Gone Girl gesehen.

Ich mag eigentlich alle Filme von David Fincher mit Abstufungen. Ich liebe Fight Club und ich mag The Game, Zodiac und The Girl with the dragoon tattoo. Ich schätze Sieben und The Social Network (wobei mir der Hype darum nicht ganz klar war, oder wie der Falter damals schrieb: “ein bisserl über Gebühr zum Königsdrama aufgebläht”. Aber vielleicht ist mir Facebook dafür zu egal. Ich muss keine glühende Brandrede dafür oder dagegen halten.

Gone Girl

Jedenfalls: gestern Gone Girl. Die Geschichte von Nick (Ben Affleck), der seine Frau Amy (Rosamunde Pike) am fünften Hochzeitstag als vermisst melden muss. Und wie das so ist bei verschwunden Menschen: zuerst sind diejenigen verdächig, die der vermissten Person am nächsten standen. In diesem Fall: Nick. Mehr verrrät der Trailer nicht und mehr will ich auch nicht verraten, denn der Film ist ausgesprochen komplex und offeriert dem Zuseher viele verschiedene Lesarten. Es ist jedenfalls ein Film, bei dem man das Kino verlässt und das Gehirn fängt erst richtig zu arbeiten an. Am liebsten hätte ich ihn gleich nochmal gesehen, um ihn besser zu verstehen.

Was man sagen kann: Affleck (den ich ja mehr als Regisseur schätze) ist gut, Pike ist fabelhaft und sicher ein future oscar nominee. Die Nebendarsteller liefern allesamt beeindruckende Leistungen ab, am gelungensten vielleicht die Kommisarin (Kim Dickens) plus ihrem Assistenten und Nicks Anwalt (Tyler Perry), der ein bisschen der comic relief der Story sein darf. Auch Neil Patrick Harris’ Auftreten ist sehr… speziell.

Ein Film, der trotz seiner Überlänge 2,5 Stunden niemals ermüdet. Ich denke, dass Gone Girl auf der Fincher Liste in die Filme kommen wird, die ich sehr mag.

31 Tage – 31 Filme

Ich habe mir mal wieder ein Blog-Stöckchen geschnappt, weil ich heute auf Twitter darauf aufmerksam wurde. Es heißt “31 Filme – 31 Tage” und stellt, man errät es, 31 Fragen zu Filmen. Sowas liebe ich ja. Ich werde mich also 31x mit Film beschäftigen können, wenn wohl auch nicht jeden Tag und durchgehend. Ich möchte aber alle Fragen beantworten.

Hier einmal die äußerst interessanten und teilweise sicher nicht ganz leicht zu beantwortenden Fragen:

Tag 1 – Welchen Film hast du als Letztes gesehen?
Tag 2 – Nenne deinen Lieblingsfilm.
Tag 3 – Nenne deinen Hassfilm.
Tag 4 – Welchen Film könntest du kein zweites Mal sehen?
Tag 5 – Welcher Film erinnert dich an jemanden?
Tag 6 – Welcher war der erste Film, den du im Kino gesehen hast?
Tag 7 – Welchen Film hast du am häufigsten gesehen?
Tag 8 – Nenne einen Film von deinem/r Lieblingsregisseur_in [wahlweise: Lieblingsschauspieler_in].
Tag 9 – Welcher ist der schlechteste Film deines/r Lieblingsregisseurs/in [wahlweise: Lieblingsschauspielers/in]?
Tag 10 – Nenne den lustigsten Film, den du kennst.
Tag 11 – Welchen Film würdest du deinen Kindern zeigen?
Tag 12 – Die/das 7. DVD/Blu-ray/Video in deinem Regal von rechts.
Tag 13 – Welcher Film landete zuletzt aus einem Spontankauf in deinem Regal?
Tag 14 – Welcher Film hat die schönste Musik?
Tag 15 – Welcher Film hat dich überzeugt, obwohl er aus einem von dir eher nicht bevorzugten Genre stammt?
Tag 16 – Welches Genre bevorzugst du zum Entspannen?
Tag 17 – In welchem Film kommt deine Lieblingsfigur vor?
Tag 18 – Welcher Film enthält deinen Lieblingsbösewicht?
Tag 19 – Welcher Film hat dich zuletzt stark beeindruckt?
Tag 20 – Welcher Film hat dich am meisten enttäuscht?
Tag 21 – Von welchem Film wurdest du zum ersten Mal so richtig gefesselt?
Tag 22 – Welcher Film enthält deine Lieblingsszene?
Tag 23 – Aus welchem Film stammt der beste Filmanfang oder das beste Filmende?
Tag 24 – Welcher ist der traurigste Film, den du je gesehen hast?
Tag 25 – Welcher Film ist die gelungenste Verfilmung einer literarischen Vorlage?
Tag 26 – Nenne deinen liebsten Filmklassiker.
Tag 27 – Welchen Film sollte deiner Meinung nach jeder gesehen haben?
Tag 28 – Welchen Film sollte man unbedingt im Kino gesehen haben?
Tag 29 – Welchen Film wolltest du schon immer sehen, bist aber bisher nie dazu gekommen?
Tag 30 – Welchen Film erwartest du in Zukunft am meisten?
Tag 31 – Welchen Film wirst du als Nächstes sehen?

Stay tuned!

Fight Club-esk

Gestern habe ich auf orf.on gelesen, dass wegen eines Zündschlossdefektes bei General Motors mindestens 23 Menschen gestorben sind.

Musste da gleich an Fight Club denken, wo der Erzähler als Rückrufkoordinator arbeitet und einer Dame, mit der er zufällig ins Gespräch kommt, die Vorgangsweise erklärt:

“Nehmen wir folgendes Szenario: Ein Wagen ist mit normaler Geschwindigkeit auf nasser Fahrbahn unterwegs und kommt ins Schleudern. Das Hinterachs-Differenzial blockiert, der Wagen fährt gegen einen Baum, alle Insassen verbrennen. Frage an dieser Stelle: Sollen wir eine Rückruf-Aktion starten? In diesem Fall ist es meine Aufgabe, ‘DIE FORMEL’ anzuwenden. ‘DIE FORMEL’ lautet: Man nehme die Menge der zugelassenen Fahrzeuge A, die anzunehmende Defektrate B und die durchschnittlichen Kosten einer außergerichtlichen Einigung C. A mal B mal C ergibt X. Ist X kleiner als die Kosten einer Rückrufaktion – wird keine durchgeführt.”

Frau: “Ereignen sich viele von diesen Unfällen?”

Erzähler: “Sie würden es nicht glauben!”

Frau:  “Bei welcher Autofirma sind sie beschäftigt?”

Erzähler: “Bei einer großen.”

Wish I was here

Diese Woche hab ich die Pressevorstellung von Wish I was here besucht, der zweiten Regiearbeit von Zach Braff. Seine erster Film Garden State (2004) ist ein echtes Indie-Juwel, ein magischer Film.

Warum hat es zehn Jahre gedauert, bis Braff seinen Zweitling gedreht hat? Wieso hat er ihn teilweise via Crowdfunding finanziert? Möchte er Crowdfunding bei seinem nächsten Werk wieder nutzen? Was hält er als Ex-TV Serienstar von den gerade aktuellen TV-Serien? Kann er sich eine Rückkehr ins Fernsehen vorstellen? Diese und ähnliche Fragen wurden ihm heute anlässlich eines Roundtables in Wien gestellt, wo ich für Uncut vor Ort war – darüber dann bald näheres.

Wish I was here wurde von den US-Kritikern gemischt rezipiert. Auch wenn ich manche Punkte nachvollziehen kann, ist für mich Wish I was here vor allem eines: ein wirklich schöner Film, der die deutliche Handschrift seines Erfinders trägt. Und was Braff tatsächlich ungeheuer gut kann: Stimmungen erzeugen. Unvergesslichen Szenen komponieren. Musik und (Bild)sprache zu einer harmonischen Einheit zu formen. Hier der Trailer:

Und: Braff ist ein sehr sympathischer Mensch, der face to face kaum anders rüberkommt als in seinen Werken. Die zwanzig Minuten Interview waren sehr ehrlich, witzig und entspannt. Und er hat auch mit allen Fotos gemacht (“Come into my arms!”).

Hab zum Mann gesagt, schade, dass Adrian noch zu klein ist, um mich jetzt richtig cool zu finden, weil ich Zach Braff getroffen habe. Harhar.

August Osage County

Wenn man sich informiert, bevor man einen Film sieht und sich genau das herauspickt, was es wert zu sein scheint, dann ist die Trefferquote an guten Filmen, die man so übers Jahr weg konsumiert, doch ziemlich hoch. Das letzte Filmjahr war qualitativ sogar ein sehr gutes, vielleicht überdurchschnittlich gutes, allerdings fehlte mir persönlich ein echter Wow-Film. Fast alles, was ich sah, war wie oben beschrieben, sehenswert, aber ein Film, bei dem man sich denkt, dass er für einen selbst gemacht wurde, das fehlte noch.

Bis letzte Woche. Da sah ich August Osage County und das war wohl mein Film des letzten Oscar-Jahres (noch vor 12 years a slave, vor Philomena, Blue Jasmine, Nebraska und weit vor American Hustle und Wolf of Wall Street).

August Osage County ist ein Film darüber, wie Familie funktioniert. Und wie sie nicht funktioniert. Diese Familie wird von der Mutter (Meryl Streep) dominiert, daran gibt es gar keinen Zweifel. Wohlwollend könnte man sagen, dass sie scharfzüngig wäre, man könnte es aber auch bösartig nennen. Violet schont weder ihre Kinder, noch ihren Mann, dessen Verschwinden ein Familientreffen provoziert. Ja, provoziert ist in diesem Zusammenhang das passende Verb. Denn ohne Grund trifft man sich nicht.

Und dann sind sie zusammen, Violet und ihre Töchter Barbara (Julia Roberts), Ivy (Julianne Nicholson) und Karen (Juliette Lewis) . Mitsamt dem Anhang. Und dem Bruder ihres Mannes plus dessen Anhang. Die Männer bleiben eher unauffällig (Chris Cooper in einer für ihn sehr untypischen Rolle, sympathisch!). Die Frauen sind es, die hier um die Meinungshoheit kämpfen. Und wie Streep und Roberts das tun, ist besonders sehenswert. Beide agieren höchst charismatisch, beide sind enorm komplexe Charaktere, beide wollen die Schlacht gewinnen. Sind Aussagen, die voller Gehässigkeit getroffen werden, nicht letztendlich manchmal doch wahrer als solche, die die Welt schönreden? Eine der vielen Fragen, die im Film aufgeworfen wird.

August Osage County ist ein Kammerspiel, eigentlich eine Adaption eines Theaterstücks. Dass man das kaum merkt, ist ein großes Verdienst des Regisseurs. Denn man kann sich die Handlung ohne die weiten der Osage Plains kaum vorstellen. Und man schwitzt fast selbst, wenn man den Film sieht – was im heurigen Sommer durchaus eine Leistung ist.

Hier der gelungene Trailer:

Nebraska

Am Beginn von Nebraska denkt man an Jim Jarmusch. Die endlosen, trostlosen Straßen in schwarz/weiß gefilmt, erinnern u.a. an Stranger than Paradise. Der Plot wiederum hat etwas von David Lynchs’ wahrscheinlich unverschachtelstem Film The Straight Story (Nomen est Omen).

Auch in Nebraska begegnen wir einem alten, starrsinnigen Mann (Bruce Dern), der es sich in den Kopf gesetzt hat, eine Reise in einen anderen Bundesstaat zu unternehmen. Während es bei Alvin Straight darum geht, einen alten Konflikt zu begraben, bildet sich Woody Grant ein, dass er eine Million Dollar gewonnen hat, und deshalb schleunigst nach Lincoln, Nebraska muss.

Natürlich weiß sowohl seine Frau (herrlich bärbeißig June Squibb), als auch sein Sohn David (Willl Forte), dass er einem Markteingschwindel aufgesessen ist. Aber David will die Gelegenheit ergreifen, seinem Vater näher zu kommen und bietet sich daher dennoch an, ihn zu fahren. Obwohl er sich also nicht mit einem kleinen Rasenmäher-Traktor fortbewegen muss, wie Alvin Straight, es also etwas problemloser verlaufen könnte, hat David alle Hände voll zu tun, den Senior unter Kontrolle zu behalten.

Nebraska_Poster

Kennt man Alexander Payne, so kennt man die Themen seiner Filme (Sideways, The Descendants, About Schmidt). Meistens geht es um Einsamkeit, lakonische Helden, Außenseiter, Geschichten, die mit einer gewissen Tragik verbunden sind. Aber im Gegensatz zu anderen Filmemacher, fehlt bei Payne die Schwere, die diese Stoffe auch vermitteln könnten. Paynes Filme sind auf ganz eigenwillige Art und Weise immer auch witzig und lebensbejahend, ohne deshalb die angesprochenen Probleme zu verniedlichen oder herunterzuspielen.

In Nebraska begegnet man vielen “Originalen”, die manchmal an Toni Spiras Sendereihe Alltagsgeschichten erinnern. Allerdings werden sie von Payne nicht der Lächerlichkeit preisgegeben und das rechne ich ihm hoch an, denn das würde seiner Geschichte einen bitteren Beigeschmack verleihen. Er schafft es, die richtige Balance zu halten und nicht Skurilles um der Skurillitäts Willen zu zeigen.

Nebraska ist gleichermaßen Road-Movie (auch das ist eine von Paynes Spezialitäten) wie eine Familiengeschichte, die seine Hauptfigur wenn schon nicht als Sympathieträger, so zumindest als Mensch porträtiert, den man hinter seiner starrsinnigen und unzugänglichen, oft auch schroffen Fassade doch am Ende auch irgendwie verstehen kann. Ein unaufgeregter und witziger Film, der wieder etwas mehr independent erscheint als Paynes letztes Werk.

The Black Album

VORSICHT KLEINER, NICHT PLOT-TECHNISCHER SPOILER ZU BOYHOOD

In Boyhood schenkt Ethan Hawke seinem zu dem Zeitpunkt schon pubertierendem Sohn Mason eine Compilation mit den Songs, die die Beatles in ihren Solokarrieren veröffentlich haben. Er nennt es, The Black Album. Und er hat lange darüber getüftelt, wie er die Songs arrangieren soll, damit sie quasi einen perfekten Sinn ergeben und über das Leben erzählen.

Er hat Band on the run vor My Sweet Lord gereiht, dahinter Jealous Guy und Photograph. Seine Erklärung dazu:

“Paul gives you the Dixie to party, George talks about God, John about love and pain and Ringo says enjoy it, while you have it.”

Treffend.