almis personal blog

Veni Vidi Vici

Jetzt noch ein bisschen etwas zum Film Veni Vidi Vici.

In diesem Film geht es um die superreiche Familie Maynard. Viktoria, Amon und ihre drei – teils adoptierte und deshalb äh kulturell-diverse – Kinder, die auf einem Anwesen man muss schon sagen residieren – inklusive Infinity Pool im Wohnzimmer (!). Um seinen Reichtum noch weiter zu vermehren, geht Amon Bündnisse mit der Politik ein und in seiner Freizeit geht er zur Jagd. Doch er jagt keine Tiere…

Ich weiß bei dem Film eigentlich gar nicht, wo ich anfangen soll. Zunächst einmal: Er sieht nicht aus wie ein österreichischer Film und das ist positiv gemeint, er hat intensive Bilder und vermittelt interessante Stimmungen, eine Szene ziemlich am Ende hat mich sehr überrascht und den Film noch ein wenig gerettet. Auch die Schauspieler spielen gut. Aber ansonsten ist es ziemlich zum Haare raufen, was sich Regisseur und Drehbuchautor Daniel Hoesl hier einfallen hat lassen. Nach eigener Aussage beschäftigt er sich in einer gewissen Bessensheit mit reichen Menschen und das ist ja ok. Jeder hat irgendwelche Lebensthemen, an denen er sich abarbeitet. Aber wenn ich mich schon so eingehend mit einem Themenkreis auseinandersetze, wieso füge ich dem Narrativ nichts neues hinzu? Wieso bin ich maximal in die zweite Schicht unter der Oberfläche vorgedrungen?

Einen Erkenntnisgewinn gibt es bei Veni Vidi Vici nämlich nicht. Dass “böse” reiche Menschen zwar äußerlich nett auftreten und es aber fausdick hinter den Ohren haben, dass sie sich alles erlauben können, dass Reichtum oft mit Politik und Korruption verbunden ist, ja eh. Dass sie oft “davonkommen”, siehe das Ayn Rand Zitat, auch. Aber was weiter? Hoesl hat in einem Interview gesagt, er will die Menschen aufrütteln, dass sie sich wehren, so wie Michelle Obama in einer Rede gesagt hatte: “Do something!”. Ok, also wenn ein progressiver Regisseur eine Person, die die absoluten Elite der USA Gesellschaft repräsentiert zitiert, die mit einem ehemaligen US-Präsidenten verheiratet ist, und die ihrem Volk ausrichtet, dass es doch bitte irgendwas machen soll gegen Missstände in der Gesellschaft, dann weiß ich nicht, soll ich lachen oder weinen? Oder war das satirisch gemeint?

Wobei wir beim nächsten Problem sind. Satire. Sie hält einen auf Distanz, eigentlich zwangsläufig. Aber sie sollte zumindest irgendwie funktionieren. Die Figuren können sich schon komplett over the top verhalten, trotzdem sollte es in sich stimmig sein. Und das ist es in diesem Film, meines Erachtens, nicht. So komme ich den Protagonisten nicht nur nicht nahe, ich kann viele und gerade die folgenschwersten ihrer Handlungen nicht nachvollziehen. Und das nimmt dem Film irgendwie dann auch wieder die Schärfe, wenn ich mir denke, das ist eh alles mehr oder weniger Fantasy-Satire.

Außerdem ist Veni Vidi Vici voll von Zitaten und Anspielungen auf andere Filme. Die drei Kapitelstruktur Veni-Vidi-Vici erinnert stark an Triangle of Sadness, ein Film, der auch nicht gerade subtil war, aber dann doch etwas mehr um die Ecke gedacht hat. Ich habe hier auch etwas von A Clockwork Orange gesehen, von American Psycho, Parasite und Joker und der ORF Serie Tohuwabohu (nach eigener Aussage eine Lieblingsserie von Hoesl). Ehrlich gesagt musste ich auch an die Batman Verfilmungen von Christopher Nolan denken – der Butler heißt dort interessanterweise auch Alfred. Ich finde Zitate schon ganz reizvoll, wenn sie dosiert eingesetzt werden, aber wenn der Film überhaupt keinen eigenen Ton findet, dann sind sie eher kontraproduktiv.

Ich bin also mit sehr gemischten Gefühlen aus dem Kino gegangen, aber nachgedacht habe ich doch darüber. Das ist ja auch was.

Der Kinoherbst

Apropos Bücherherbst, im fm4 Filmpodcast wurden die kommenden Filme der nächsten Monate besprochen und es wurde aber auch festgestellt, dass es dieses Jahr keinen eindeutigen Frontrunner für die Oscars gibt. Letztes Jahr war ja Oppenheimer quasi schon der universelle Gewinner. Aber so gut ich Oppenheimer auch fand, es ist auch mal spannend, wenn alles etwas unklarer ist.

Pia Reiser meinte dann, weil das Oscarrennen noch so offen ist, könnte es sein, dass sogar der Film Conclave von Edward Berger mitmischen könnte. Ein Film über eine Papstwahl, laut Reiser “ungefähr das uninteressanteste, was es überhaupt gibt”, weil nur Kardinäle, fast keine Frauen, Schauplatz Vatikan. Die Hauptrolle spielt hier Ralph Fiennes und Pia Reiser weiter: “Der schöne Ralph Fiennes. Eine Verschwendung von diesem wunderschönen Mann, in einem ur schiachen Kardinalkutten-Dings.” Harhar.

Einige Filme, die mich interessieren, habe ich eh schon anlässlich Venedig erwähnt. Aber es kommt noch so viel mehr. Unter anderem wird die Besessenheit von Essen nun durch die Besessenheit von Architektur abgelöst. Nicht nur in The Brutalist ein Thema, sondern auch in Megalopolis von Francis Ford Coppola, der sehr polarisierende Kritiken hatte, was ja auch interessant ist. The Substance ist der Comeback-Film von Demi Moore, der zwar horrorlastig ist, aber generell auch sehr innovativ sein soll. Anora, der Film von Sean Baker über eine Sexarbeiterin hat dieses Jahr die goldene Palme erhalten. Emilia Perez ist ein Musical über einen mexikanischen transsexuellen Drogenbaron (sic!!). Und auch The Outrun, mit der tollen Saoirse Ronan als trockene Alkohlikerin werde ich mir ansehen.

Natürlich muss man auch Gladiator 2 erwähnen. Nur: Ich mochte Gladiator nicht, ich bin auch kein großer Ridley Scott Fan und Denzel Washington spricht in diesem Film angeblich einen auffälligen New Yorker Akzent. Das erinnert mich daran, wie über Mel Gibsons The Passion of the Christ vor 20 Jahren im Stadtmagazin City geschrieben wurde: “Alle sprechen Latein, eine tote Sprache, die leider von lebenden Akzenten entstellt wird.” Das war so super formuliert, dass ich es mir bis heute gemerkt habe.

Der Bücherherbst

Dieser September bringt einige sehr bemerkenswerte Buch-Neuerscheinungen mit sich (unbezahlte Werbung!).

Da wäre zunächst mal Mein drittes Leben von Daniela Krien. Krien kenne ich durch eine persönliche Empfehlung der Buchhändlerin von der Buchhandlung am Spitz. Ich habe einmal zwei Bücher bei ihr gekauft Once upon a time in Hollywood von Quentin Tarantino und Die Nachricht von Doris Knecht. Es war Coronazeit, wir hatten also Masken auf, sie sah nicht mal wirklich mein Gesicht, aber sie meinte, ich solle warten, sie könne mir da noch ein Buch empfehlen. Und sie holte dann Der Brand von Daniela Krien und meinte, das wäre eine Beziehungsgeschichte, die mir sicher gefallen würde. Ich habe das Buch dann gekauft und tatsächlich war es das beste der drei Bücher, was mich bis heute verblüfft (alle drei Bücher waren gut). Insofern bin ich sehr gespannt auf diesen neuen Roman, auch wenn es eher alles andere als feelgood sein wird, es geht um den tragischen Todesfall eines Kindes und wie die Protagonistin damit weiterlebt.

Ein Buch, das mich ebenfalls anspricht ist Das Glühen im Dunkeln von Musiker und Journalist Christian Fuchs. Der Untertitel sehr pathetisch – wie er gestern selber sagte – Wie Filme mir das Leben retteten. Ich kenne Christian Fuchs vom fm4 Filmpodcast, den ich irrsinnig gerne höre und die meisten Folgen auch gleich mehrfach, beim Spazierengehen. Zwar teile ich eher die filmischen Vorlieben von seiner Co-Moderatorin Pia Reiser – ihr Hassgenre: Sci-Fi Western harhar – während Fuchs gerne doch auch Horror und Splatter und Terrence Malick mag, einen Regisseur, mit dem ich überhaupt nichts anfangen kann. Aber ich höre Fuchs gern zu, bei seinen Erklärungen und deshalb werde ich mir diese Betrachtung des Medium Films an sich zwischen zwei Buchdeckeln nicht entgehen lassen.

Außerdem erscheint ein Buch einer Autorin, von der ich ein echtes Fangirl bin und bisher jeden Roman gelesen habe, nämlich Sally Rooney. Es geht bei der jungen Irin immer irgendwie um Künstler, um Leute, die schreiben, schauspielen, Musik machen und die über alles mögliche nachdenken, vor allem über sich selbst und die Unmöglichkeit ihrer Beziehungen. Oft geht es auch um Geldmangel und Klassenunterschiede. Es geht um Menschen, die oft latent verloren in der Welt sind, manchmal dabei auch depressiv. Wenn man sowas mag, die Beschäftigung mit dem, was im Inneren von Menschen passiert, was sie lieben, woran sie glauben, was ihnen Angst macht etcetera, dann ist man bei Sally Rooney immer richtig. Ihr neuer Roman heißt Intermezzo und es geht um zwei ungleiche Brüder, die gerade ihren Vater verloren haben, und sich so wieder miteinander auseinander setzen müssen und die – man ahnt es – generell in ihrem Leben gerade nicht weiterwissen. Auf diesen Roman freue ich mich ganz besonders.

Die Lehren von Venedig

Im Moment laufen die Filmfestspiele in Venedig, auf Uncut kann man schon einige Reviews lesen. Dieses Jahr ist es sehr spannend, weil – zumindest für mich – sehr viel interessantes am Programm steht.

Beispielsweise der neue Film von Pedro Almodovar, The Room next door mit Tilda Swinton und Julianne Moore, sein erster Film auf Englisch gedreht; und auch ein neues Werk von Luca Guadagnino – Queer, wo Daniel Craig einen Homosexuellen spielen darf und die Kamera, wie man liest, nicht sooft “wegschwenkt” wie bei Call me by your name. Außerdem der dritte Teil der Pablo Larrain leidende Frauen-Serie, diesmal Maria mit Angelina Jolie als Callas. Auch Joker 2 – Folie a deux mit Joaquin Phoenix und Lady Gaga hat in Venedig Premiere. Einen Film, den ich mir allerdings eher nicht anschauen werde, weil ich beim ersten Teil nur etwa 20 Minuten geschafft habe, weil er mir wirklich viel zu bitter war.

Vielversprechend finde ich The Brutalist mit Adrien Brody; die Lebensgeschichte eines ungarischen Architekten, der in die USA auswandert und dessen (real existierendes) Vorbild nebenbei mal eine Michelangelo Statue zerstört hat – ich weiß nicht, ob sich der Filmtitel darauf bezieht, ob das überhaupt vorkommt, oder auf die architektonische Richtung, eventuell auch beides. Und jetzt schreibe ich etwas, was bald alle schreiben werden: Das ist vielleicht der Film, der Brody seine zweite Oscarnominierung einbringt und seinem extrem eigenartigen Karriereverlauf eine unverhoffte Wendung geben könnte.

Denn, wir erinnern uns, mit The Pianist, einem soliden Roman Polanski Film, in dem Brody aber so unheimlich gut war, dass er damals mit 29 Jahren der jüngste Oscarpreisträger in der Kategorie männliche Hauptrolle wurde – neben ihm waren Jack Nicholson, Michael Caine, Daniel Day Lewis und Nicolas Cage nominiert, I mean! Ich war echt begeistert von ihm in dieser Rolle eines jüdischen Musikers – und sein Vorname hat mir auch sehr gut gefallen. Nach diesem großen Erfolg wurde es komisch, bzw. Brody suchte sich Projekte aus, die zumindest im nachhinein betrachtet zu viele red flags enthielten; er drehte mit Peter Jackson King Kong, der eher wenig erfolgreiche Film nach Jacksons Hauptwerken Herr der Ringe; und er drehte The Village mit M. Night Shyamalan, dem auch eher weniger erfolgreichen Film nach dem Kultfilm The Sixth Sense. Dann wirkte Brody quasi komplett out of character in weiteren eher obskuren Horror- und Sci Fi B-Movies mit, bevor er dann in den letzten Jahren auf gute, aber kleine Rollen in Wes Andersons Euvre abonniert war.

Was er 20 Jahre nicht gemacht hat, war das, was ihn ursprünglich berühmt gemacht hat und was mich begeistert hat: Eine große, ernsthafte, dramatische Rolle so komplett auszufüllen, dass es alle wegbläst. Zumindest erhoffe ich mir das jetzt auch. Und falls es so sein wird, dann denkt an meine Worte! harhar.

Pulp und Suede

Im Zuge der ganzen Oasis-Sache hab ich jetzt gelesen, dass Dougie Payne, der Bassist von Travis gesagt hat: “As far as I’m concerned, the Britpop wars were won by Suede and Pulp. They were the most interesting and adventurous people in the movement.”

Das entspricht auch meiner Meinung. Pulp hab ich sehr gern gehabt, weil sie so witzig und uneitel waren, weil Jarvis Cocker einfach immer von seinen Fehlern und seinem Scheitern erzählt hat und das fand ich als Teenagerin sehr tröstlich – siehe mein Sitzenbleiben. Außerdem haben sie mein eigentlich immer noch Lieblingslied geschrieben, nämlich Do you remember the first time?, veröffentlicht 1994 und irrsinnig gut gealtert. Natürlich geht Cocker auch bei diesem Thema recht selbstkritisch mit sich ins Gericht.

Und Suede haben einfach wunderschöne Musik gemacht, sehr eingängige Melodien und dazu aber recht verstörende Texte geschrieben, beispielsweise konnte man sich im Song Heroine nie sicher sein, ob eine Frau oder eine Droge besungen wird. Über ihr Herkunftsland singen sie im Song The Power sehr poetisch: “You belong to a world that’s gone, it’s the English disease” oder in We are the Pigs “Let the nuclear wind blow away my sins”. In Sleeping Pills heißt es: “Don’t take your sleeping pills, give me the time they kill.”

Beide Bands haben auch einen ähnlich Britpop-Schwanengesang erlebt. Pulp hat nach Alben wie Freaks, Different Class und This is Hardcore, dann eine Platte mit dem Titel We Love Life (2001) gemacht. Und Suede haben sich von Dog Man Star, Coming Up und Head Music zu A New Morning (2002) entwickelt. Plötzlich ging es nicht mehr um Ängste, Drogen, zerbrochene Herzen und Pornos, sondern um Wälder, Wiesen und Sonne. Das war so erschreckend unironisch normal, dass ich ganz entsetzt war. harhar. Aber irgendwie musste Britpop eben auch zu Grabe getragen werden.

Marcello Magnifico

Ich glaube, das Metrokino hat meinen Blog gelesen! Zwar gibt es keine Fellini Retrospektive im engeren Sinn, aber es gibt dafür Marcello Magnifico100 Jahre Mastroianni. Eine Filmschau von 9. September bis 16. Oktober, die im Nonstop-Kinoabo enthalten ist, anlässlich des 100. Geburtstags des italienischen Schauspielers am 28. September. Unbezahlte Werbung, ich bin wirklich so begeistert.

Diese Retrospektive beinhaltet auch drei Fellini Filme, nämlich 8 1/2 (Hurra!), La Dolce Vita und Ginger und Fred, ein wohl sehr melancholisches Fellini-Spätwerk mit Fellinis Ehefrau Giulietta Masina, das ich aber auch noch nicht gesehen habe. Außerdem die Trennungserzählung La Notte von Michelangelo Antonino, Divorzio All Italiana (Scheidung auf Italienisch), wohl auch eine Trennungserzählung, dann u.a. noch Lo Straniero von Visconti und eine filmische 194 Minuten (!) lange Autobiografie Mastroiannis, namens Mi Ricordo, Si, Io Mi Ricordo (wir erinnern uns harhar, das heißt: “Ich erinnere mich”). Über drei Stunden ist zwar echt lang, aber interessant wäre es sicher, der Film wurde von Mastroiannis langjähriger Lebensgefährtin gestaltet.

Mastroianni gehört ja zu den Menschen, die alle paar Jahre völlig anders aussahen finde ich, aber in der Phase, als er gerade 8 1/2 drehte, nicht mehr jung, mit dieser Nerdbrille und den grauen Haare, da finde ich ihn attraktiver als die allermeisten anderen “Schauspielstars”, die einem da so einfallen mögen, weil er da sowas geheimnisvolles, subversives an sich hatte. Und, was ich gar nicht wusste, er hält den Record für Oscarnominierungen als bester Schauspieler, der in einer Fremsprache spricht, nämlich drei.

Eras

Eigentlich wollte ich anlässlich der Taylor Swift Konzerte in Wien über meine persönliche Vergangenheit mit Swift schreiben.

Da wäre es darum gegangen, dass ich 2016/17 einen Modern (Dance) Kurs mit L. gemacht habe, wo der Altersdurchschnitt – wegen uns – bei circa 23 Jahren gelegen ist, harhar. Jedenfalls spielte unser Trainer Flo, ein lustiger Franzose, der mit uns Englisch sprach, immer recht nette Songs, die ich aber überhaupt nicht kannte. Ich hab mir dann ein paar Texte gemerkt und sagte nach der Stunde zu L. das eine sei Style von Taylor Swift, da meinte eine Kursteilnehmerin zu mir quasi, die Songs wären alle von Swift. Habe mich damals sehr ahnungslos gefühlt. Harhar. Für mich sind die Songs bis heute immer mit irgendwelchen Kommandos wie “and left and right and again” versehen.

Jetzt gab es ja am Samstag das Konzert von Swift zu sehen und nachdem mich im Garten die Gelsen überfallen haben, hab ich mich in mein Wohnzimmer gesetzt und hab mir gedacht, ich schau nebenbei das Konzert, bis ich irgendeinen Song wiedererkenne. Der Konzertfilm begann um 21.45 und um 23.10 kannte ich immer noch nichts.

Dann habe ich mir die Setlist angeschaut und festgestellt, dass der erste mir bekannte Song vom Album 1989 wäre und wohl erst nach Mitternacht am Programm stehen würde. Immerhin wusste ich dann warum die Tour Eras heißt, ich mein, wie viele Lieder hat diese Frau geschrieben bitte?

Jedenfalls das ist das, was ich zu Taylor Swift beizutragen habe. Ah ja und The Tortured Poets Department finde ich einen sehr guten Albumtitel.

Perseiden

Früher wusste mein Papa immer, wann die Perseiden zu sehen sind und wollte nach ihnen schauen, obwohl er sich sicher nichts gewünscht hat, zu viel Hokuspokus. Ich konnte damals keine Perseiden erkennen.

Später stand ich auf einem Feld in Kärnten und sah jede Menge Perseiden, hatte aber keine Wünsche.

Jahre danach sah ich wieder Perseiden und hab mir was gewünscht. Der Wunsch erfüllte sich nicht. Daraufhin schrieb ich: Ach Scheiß doch auf die Perseiden. Harhar.

Mittlerweile hab ich mich mit den Perseiden wieder versöhnt. Ich werde einfach in den Himmel schauen und an jemand besonderen denken und das ist vielleicht der tatsächliche Sinn. Zumindest fühlt es sich richtig an.

Amarcord, zwei

Wie schon erwähnt, ist Amarcord eine fiktionalisierte Version von Federico Fellins Kindheitserinnerungen in Rimini.

Ich dachte ja zuerst, der Titel hat was mit “amare” (lieben) zu tun, allerdings belehrt mich das Internet darüber, dass es von “ricordare” (erinnern) kommt. Im Dialekt heißt „a m’arcord” nämlich “ich erinnere mich” – im “herkömmlichen” Italienisch würde es “mi ricordo” heißen. Ich frag mich ja, wieso ich Italienisch gelernt habe, wenn überall dauernd irgendwelche unverständlichen Dialekte gesprochen werden harhar. Das gilt auch für den Film selbst, die Untertitel werden dringend gebraucht, wenn man nur leidlich Italienisch kann.

Amarcord beginnt am 19. März, sehr sympathisch, nämlich dem Festtag von San Giuseppe, dem heiligen Josef, an diesem Tag verabschiedet man im Ort den Winter. Und dieser Auftakt vermittelt auch die generelle Erzählperspektive, denn Amarcord beleuchtet nur recht lose das Leben einer Familie im Rimini der 1930er Jahre. Vielmehr ist es Stimmungsbild der ganzen Stadt und seiner Bewohner im Wechsel der Jahreszeiten, eine Beobachtung des Lebens an sich. Es passiert was halt so geschieht in einem Jahr, es gibt Hochzeiten und Begräbnisse, man besucht als Zuseher die örtliche Schule und den Frisiersalon ebenso wie eine bizarre Parade zu Ehren Mussolinis, sieht die Autos während Mile Miglia durch die Stadt rasen, ein Kreuzfahrschiff die Küste passieren und ist dabei, wenn der erste (seltene) Schnee fällt. Alles betrachtet durch den verträumt-surrealen Blick des Regisseurs.

Im Fellini Bullshit Bingo (aka die Markenzeichen des Regisseurs), kann man einiges ankreuzen. Es gibt die Dorfprostituierte am Strand, den blinden Musiker, den zahnlosen Aufschneider, die dralle Schönheit, das sagenumwobene Grand Hotel und diverse Zirkusversatzstücke (angemalte Gesichter, jemand jongliert). Die Musik kommt wie gewohnt von Nino Rota (der auch Der Pate vertont hat). Der Nebel, der an einem Herbsttag herrscht, wo man nicht einmal die Hand vor den Augen sieht, wirkt einerseits wunderbar mystisch und rätselhaft, andererseits kann es auch als Metapher gesehen werden, dass im Dorf manchmal niemand so ganz genau hinsehen will was eigentlich rundherum passiert. Die Welt spielt sich eigentlich nur an diesem einen Ort ab.

Besonders fasziniert hat mich die Episode, in der die zentrale Familie den behinderten Onkel, der in einer psychiatrischen Anstalt untergebracht ist, zu einem Ausflug “aufs Land” abholt. Ich habe mir gedacht, hm, so eine Klinik in den 1930er Jahren, aufkeimende faschistische Tendenzen, das kann übel sein, voller Unverständnis und möglicherweise Gewalt; tatsächlich wirkt der Onkel allerdings ganz zufrieden und guter Dinge. Die Familie picknickt und will dann einen Spaziergang machen; der Großvater wird damit beauftragt, auf den Onkel aufzupassen, trinkt aber mit einem Einheimischen das eine oder andere Gläschen und übersieht so, dass der Onkel auf einen hohen Baum klettert und sich weigert, wieder herunterzukommen. Alle Rettungsversuche werden mit dem Schleudern von Steinen beantwortet. Als schließlich ein paar Verantwortliche aus der Psychiatrie kommen, um den Onkel erfolgreich “einzufangen”, zieht der Arzt das Fazit: “Manchmal ist er normal, manchmal nicht – wie wir alle, nicht wahr?”

Genau diese zutiefst menschliche, humanistische Note bestimmt den ganzen Film. Es ist zwar oft laut, es wird geschimpft und geschrien, jedes Familienessen ist im Grunde eine sich aufschaukelnde Eskalation, aber gleichzeitig darf jeder so sein wie er will und wenn es darauf ankommt, dann hält man zusammen, dann hat man Verständnis. Das Ende ist melancholisch, der Jahreskreis beginnt von neuem, auch wenn sich einiges geändert hat, in diesem Jahr; das Leben in Rimini geht weiter, auch die Hoffnung auf alles, was die Menschen sich wünschen, darf weiterbestehen.

Amarcord, eins

Gestern habe ich im vollbesetzten Metro Kino im Rahmen von Kino wie noch nie Amarcord von Federico Fellini gesehen. Es wäre dann Zeit für eine Fellini-Retrospektive in Wien würde ich sagen, das Interesse ist definitiv da, Altersgruppe sehr divers! Jedenfalls fand ich den Film so rührend und genial, dass ich gleich darüber schreiben muss.

Ich bin mit Amarcord erstmals durch eine Kritik von Roger Ebert in Berührung gekommen, in der er eigentlich über 8 1/2 (wahrscheinlich mein liebster Lieblingsfilm überhaupt) geschrieben hat. Jedenfalls schildert Ebert da, dass viele Kritiker Fellini für seine früheren naturalistischen/neorealistischen Werke schätzen, die späteren Filme aber eher kritisch sehen. Ebert schreibt, super formuliert wie immer:

The precise observation in “La Strada” (1954) was the high point of his career, according to this view, and then he abandoned his neorealist roots. “La Dolce Vita” was bad enough, “8 1/2” (1963) was worse, and by the time he made “Juliet of the Spirits” (1965), he was completely off the rails. Then all is downhill, in a career that lasted until 1987, except for “Amarcord” (1974), with its memories of Fellini’s childhood; that one is so charming that you have to cave in and enjoy it, regardless of theory.

Robert Ebert in seiner Kritik zu 8 1/2

Ebert meint, genau das, was wir für Fellini-esk halten wird ja gerade durch die Filme ab La Strada wirklich etabliert und er hat natürlich recht. Das traumhaft-Surreale, das Skurille bis Groteske, ist ja das, was Fellini so unverwechselbar macht und seinen Stil geprägt hat. Ich finde Fellinis frühere Filme ehrlich gesagt eher deprimierend, oft sehr hart und bitter, das vermittelt (mir zumindest) sein späteres Werk nicht, das hat oft eine gewisse Leichtigkeit und Lebensfreude, wenn die Themen auch dort manchmal groß und nicht unproblematisch sind.

Jedenfalls bin ich in dieser Rezension erstmals auf Amarcord gestoßen, der letzte große Film, für den Fellini seinen vierten “Auslandsoscar” erhalten hat, so viele wie kein anderer nicht-englischsprachiger Regisseur.

Mehr dazu bald.