almis personal blog

RIP Queen

Die Queen ist tot.

Auf Twitter hab ich oft gelesen, es sei so wie bei Diana. Jeder würde für den Rest seines Lebens wissen, wo er grade gewesen ist, als er davon erfahren hat. Ich sehe da Unterschiede. Bei Diana war der Schock riesengroß. Wer konnte damit rechnen, dass eine 36-jährige, die damals vielleicht berühmestete Frau der Welt, ominpräsent in den Medien, einfach stirbt? Noch dazu bei so einem bizarren Unfall. Elisabeth war 96 Jahre alt und in der letzten Zeit nicht mehr so gut beisammen.

Abgesehen davon ist meine “Wo war ich?” Story bei Diana natürlich viel spektakulärer. Ich war 21 und mit meinem Freund auf Zakythos im Urlaub. Am Morgen des 31. August’ gab es ein Erdbeben und als wir beim Frühstück im Hotel saßen, schnappten wir Gesprächsfetzen vom Nebentisch auf, die die Worte Unfall, Prinzessin, tödlich beinhalteten. Im ersten Reflex dachte ich an den Fluch, der über Monaco zu liegen schien und damit an Caroline. Aber bald wurde klar, dass es sich um Diana handelte. Ich ging daraufhin zu Fuß zu einer Münztelefonzelle und rief meine Oma an, um Details nachzufragen. Damals hatte man ja noch keine Handys, nicht mal ein Internetcafe. Am Abend besuchten wir eine Taverne, davor stand ein gemütlich aussehender griechischer Wirt, starrte in den Tavernen-Fernseher, in dem natürlich Diana-Content gezeigt wurde, und ihm liefen ungelogen dicke Tränen über beide Wangen.

Bei der Queen war es so: Ich saß an meinem PC, arbeitete und dann las ich die Todesnachricht auf Twitter. Ich stand auf, ging ins Zimmer des Kindes, klärte ihn darüber auf und er sagte: “Nicht im ernst?!” Dann legte ich mich aufs Sofa und verfolgte drei Stunden öffentlich-rechtliche Leichenfledderei.

Die Dubarry

Ich habe mir in den letzten zweieinhalb Jahren das Fernsehen abgewöhnt, weil es für mich nur noch monothematisch, unreflektiert und geistlos war. Vielleicht hat sich das verbessert, ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass ich jetzt ein Interview mit Harald Schmidt gesehen habe, dass ich als Wohltat in puncto Witz, Klugheit und Schlagfertigkeit, sowie auch Selbstironie empfunden habe.

Schmidt spielt ja aktuell den König in der Wiener Volksoper im Stück Die Dubarry. Er sagt, den König spiele man eigentlich nicht selber, den spielen die anderen, weil wenn die sich nicht verbeugen, dann kann man gar nichts machen, dann kauft einem das Publikum den König nicht ab. Er kann persönlich Operetten einiges abgewinnen und meint, das sei ein Genre, das ja hervorragend in die jetzige Zeit passe.

Außerdem bestreitet er, wirklich singen zu können, er versuche es, zur Freude des Ensembles, dass sich jedesmal fragt: a) schafft er den Einsatz, b) in welcher Tonlage überrascht er uns heute und c) kommt in etwa der Text, den wir kennen. Das was er mache, so Schmidt, sei fast “betreutes Singen”, niemals sei ein Sänger so therapeutisch begleitet worden, auf der Bühne.

Zur aktuellen Winnetou Kontroverse – Stichtwort kulturelle Aneignung (schon jetzt für mich eines der Wörter des Jahres, not in a good way), sagt er, er würde natürlich auch in einem Winnetou Stück spielen, er sei damit groß geworden und lerne nun natürlich auch neue Perspektiven, findet aber die Aufregung darum recht spannend und meint zum Schluß ganz trocken: “Und es zeigt ja auch, dass wir zum Glück zur Zeit keine anderen Probleme haben. Deutschland ist ja auf der Straße, weil es wissen will: Was wird aus meinen Winnetou Büchern?”

Großartig.

Seinfeld Finale

Muss man einen SPOILERSPACE setzen, wenn das Serienfinale – nämlich von Seinfeld – schon 24 Jahre her ist? Na ja, also falls wer Seinfeld nicht kennt und sich durch 9 Staffeln (Netflix aktuell) durcharbeiten will, bitte nicht weiterlesen.

Das Seinfeld Finale ist – wie man so schön sagt – umstritten. Es war die viertmeist gesehene Sendung in den USA überhaupt, die Straßen waren leer und die Erwartungen waren riesig. Sogar in anderen Serien wurde auf dieser larger than life Happening angespielt; beispielsweise in einer Folge von Dharma und Greg mit dem Titel Much Ado During Nothing. Da beschließen die beiden nämlich, einmal outdoor Sex zu haben und zwar eben genau dann, wenn das Seinfeld Finale läuft, weil da eh niemand auf der Straße ist. Der Titel Much Ado During Nothing spielt einerseits auf das Shakespeare Stück an – das Much Ado About Nothing heißt – andererseits auf das Seinfeld-Konzept eben die Serie über “Nichts” zu sein und deshalb During, ich hoffe, man kann mir noch folgen.

Jedenfalls waren die Fans nicht besonders begeistert vom Finale. Ich selber hab es nach über 20 Jahren jetzt nochmal gesehen und bin auch irgendwie im Zwiespalt. Einerseits ist die Grundidee gut: Jerry bekommt den Anruf, dass seine (und George’) geplante Sitcom “Jerry” endlich von NBC gedreht wird. Aufgrund dessen beschließen die Freunde mit dem NBC Privatjet nach Paris zu fliegen und zu feiern. Allerdings stürzt das Flugzeug beinahe ab – es gibt ein paar fast-Geständnisse – und sie landen dann notfallmässig in Massachusetts.

Dort angekommen beobachten sie einen Autoraub und machen sich über den (übergewichtigen) Fahrer lustig anstatt zu helfen. Ein Polizist nimmt sie daraufhin fest und verweist auf ein neues “Guter Samariter” Gesetz. Das Gesetz in dieser Form wurde (fiktiv) wurde nach dem Tod von Prinzessin Diana beschlossen. Es besagt, dass weil die Journalisten damals nicht geholfen, sondern Fotos gemacht haben, es nun auch in den USA strafbar ist, wenn man jemanden in Not nicht hilft.

Das war der für mich beste Moment – weil einerseits so aktuell (damals halt), andererseits so absurd. Danach kommen die vier ins Gefängnis, es findet ein Prozess statt, im Zuge dessen alle möglichen Protagonisten aus den neun Staffeln auftauchen und erzählen, was ihnen von Jerry, George, Elaine und Kramer “angetan” wurde. Das ist schon irgendwie eine außergewöhnliche Idee, und die vier waren natürlich nicht immer zimperlich, andererseits hat ja jede Geschichte auch seine Vorgeschichte, seine zwei Seiten und so fies und gemein wie in die Finalfolge das suggeriert waren Jerry und Co tatsächlich nicht. Und es bleibt irgendwie ein bitterer Beigeschmack zurück, dass nun alle tatsächlich ein Jahr ins Gefängnis müssen – quasi für den Spaß, den sie dem Publikum in den neun Staffeln bereitet haben. Auch wenn Kramer das gar nicht so schlimm findet und plant “My Fair Lady” im Gefägnis aufzuführen.

Dass das Finale so ist wie es ist, ist auch dem Wunsch der Masterminds Jerry Seinfeld und Larry David geschuldet, eben kein sentimentales Ende zu kreieren; manche Fans hätten sich ja gewünscht, dass Jerry und Elaine endlich (wieder und für immer) ein Paar werden. Damit spielt das Drehbuch auch, denn als das Flugzeug fast abstürzt, wollen sich beide etwas gestehen, Elaine fängt an und sagt: “Jerry, I’ve always loved ..u..” In dem Moment wird der Absturz abgewendet. Als Jerry Elaine später fragt, was sie da im Flugzeug eigentlich sagen wollte, meint sie: “I’ve always loved … United Airlines.” Das ist irgendwie unbefriedigend. Zwar ein guter Einfall an sich, aber doch auch irgendwie schal.

Und so lässt sich das ganze Finale vielleicht auch zusammenfassen: eine vielversprechende Idee auf dem Papier, doch auch wenn die Seinfeld-Gang nicht für übertriebene Emotionen untereinander berühmt ist, die Fans hatten Emotionen für die Protagonisten. Sich darum zu kümmern und diesen Emotionen Rechnung zu tragen, einen versöhnlichen Abschied nach 9 Jahren von einer liebgewonnenen Serie zu gestalten, daran mangelt es dem handwerklich sonst gut gemachtem Finale.

Neues Leben, 21

Der August ist da oder wie mein Kind sagt: “Wahhh die Ferien sind so gut wie vorbei.”

Gilt man eigentlich als C erkrankt, wenn man seinen Test nicht auf diversen Social Media Kanälen postet? Anyway: mein Juli bestand auch darin, dass ich nun auch endlich C erwischt habe, es fiel bei mir auf einen Montag. Also am Montag war ich tatsächlich krank und lag im Bett. Am Dienstag hab ich schon wieder gearbeitet, einerseits, weil man als Selbstständige mit Deadlines gewissen Verpflichtungen unterworfen ist, andererseits weil es mir tatsächlich bereits wieder recht gut ging. Trotzdem hab ich mir gedacht, wenn ich schon in Quarantäne bin (damals als es noch die Quarntäne gab harhar), dann ruh ich mich auch aus und tu, was man so als “Kranke” macht. Also hab ich Seinfeld gebingt und bin jetzt tatsächlich fertig mit der Serie. Ich werde noch extra dazu bloggen.

Nach fünf Tagen hab ich mich freigetestet (bereits wieder komplett negativ), und hab dann erstmal einen langen Spaziergang gemacht, auf den ich mich eigentlich gefreut hatte. Leider war es auch einer dieser Tage, an denen ich viel weinen musste. Sie kommen so überfallsartig, ohne Vorwarnung und sie sind Scheiße. Also hab ich auf dem langen Spaziergang eigentlich pausenlos geheult, aber na gut, irgendwann beruhigt man sich dann auch wieder.

Ich habe mir – auch aus diesen Gründen – eine Schreibwoche im Garten gewünscht, alleine, wo ich möglichst viel von meinem Langtext weiterbringen will, diese Woche hat gestern Abend begonnen, zugegebenermaßen recht relaxt, mit dem ESC Songcheck zum Schlafengehen:

Neues Leben, 20

Jemand hat jetzt Six Feet Under auf Prime gekauft und bietet mir an, es anzusehen. Ich so: Ja genau, das wird mich aus meiner Trauer rausreißen harhar.

Ich habe Six Feet Under 2004/2005 gesehen. Es war eine sehr glückliche Zeit in meinem Leben. Dennoch war der Konsum von SFU wie als würde man Betonschuhe anziehen und dann in einen Pool steigen. Nicht falsch verstehen: Ich liebe Six Feet Under, es ist eine wahnsinnig gute Serie, wahrscheinlich die beste Drama-Serie, die ich bisher gesehen habe. Aber es ist keine Feel Good Serie, und zwar so richtig nicht, sie erschüttert einen in den eigenen Grundfesten. Bis heute könnte ich bei den letzten 10 Minuten des Finales durchheulen – und ich bin nicht der weinerliche Typ, was Filme/Serien betrifft. Durchheulen, weil es so schön und schmerzvoll gleichzeitig ist. Und die ganze Serie fordert einen so, es rüttelt einen so richtig durch, das schaffe ich nicht im Moment, da muss ich auf eine andere Lebensphase waretn.

Stattdessen sehe ich Seinfeld auf Netflix. Der Sohn kommt und fragt, ob ich “Galway Girls” (Ed Sheeren lässt grüßen) sehe. Nein, antworte ich, Gilmore Girls hab ich tatsächlich schon viermal gesamt gesehen, Seinfeld nur damals, als es eben neu lief. Die Serie über nichts (per definitionem) ist so schön schräg, aber auch etwas “dated”, weil ganz viele Folgen heute – mit der Technologie von 2022 – nicht mehr funktionieren würden. Hätte es damals schon Smartphones oder überhaupt Handys, Navigationsgeräte, das Web ganz generell gegeben, gut die Hälfte der Folgen hätten nicht gedreht werden können, weil es soviel um Verpassen, falsche Urhzeiten, nicht gefundene Autos, verlegte Tickets, gegenseitiges Verfehlen bei Treffpunkten geht. Außerdem kam gestern John F. Kennedy junior vor, der ja 1999 verstorben ist, damals war er noch nicht mal verheiratet. Aber gut, die Serie ist 30 Jahre alt. Der Sohn saß dann 20 Sekunden neben mir, Seinfeld machte einen Witz und der Sohn lacht und sagt: “Stimmt”. So dated ist die Serie also dann auch wieder nicht.

F1 Quali

Am Wochenende war ja wieder mal Formel 1.

Der Sohn so: “Handy weg, jetzt ist Qualifying.”

Ich so: “Ah so ja.”

Ich lege das Handy weg, lege mich auf Sofa und schließe die Augen

Sohn: “Was machst du jetzt?”

Ich: “Du hast ja gesagt es ist Quali – also schlafen.”

Fand wieder nur ich lustig.

Bester Dialog

Heute wurde der Bachmannpreis verliehen und zwar an Ana Marwan. Mir gefällt ihr Text sehr gut.

Den besten Dialog der diesjährigen TDDL lieferten Vea Kaiser und Philipp Tingler, die sich gegenseitig nicht besonders grün sind, zumindest in der Außenperspektive. Es ging dabei um den Text von Elias Hirschl.

Vea: Es wird nie gesagt, dass der Sprecher, die Sprecherin (des Textes, Anm.) eine Frau ist, das kann genauso ein Mann sein.

Tingler: Nicht wirklich.

Vea: Es gibt keinen Hinweis darauf, ich hab es extra nochmal gelesen.

Tingler: Sie ist auf Tinder.

Vea: Na und?

Tingler: Wenn sie ein Mann wäre, wäre sie auf grindr um Jonas zu finden und nicht auf Tinder.

Vea: Da kenn ich mich zuwenig aus

Tingler: Ja offenbar. Das ist der Hinweis.

Vea: (…) Das eine schließt das andere nicht aus, weil das ist ja die Welt von übermorgen, vielleicht sind dann übermorgen auch Männer auf Tinder.

Tingler: Es sind Männer auf Tinder – schon jetzt.

Vea: Männer, die Männer suchen.

Tingler: Aha.

Neues Leben, achtzehn

Die nächste Ablenkung für mich ist da und zwar in Form der Tage der deutschsprachigen Literatur, aka Ingeborg Bachmann Preis. Habe heute einiges verfolgt.

Den Anfang machte Hannes Stein, der Text gefiel mir nicht, aber er endete mit: “(…) nicht einmal ein Sterbenswort”. Was eventuell ein ganz toller versteckter Hinweis auf Ingeborg Bachmann selbst sein könnte, ihr Gedicht Ihr Worte endet sie nämlich genau so: “Kein Sterbenswort, ihr Worte!” Ich war etwas enttäuscht, dass in der Jury keiner darauf Bezug nahm. Bedeutet das, dass ich eine besonders schlaue Germanistin bin oder, dass ich etwas heillos überinterpretiere?

Sehr amüsant war der Text von Leon Engler Liste der Dinge, die nicht so sind, wie sie sein sollten. Alleine bei dem Titel schrillen natürlich alle Alarmglocken und Schilder mit “Vorsicht Popliteratur” tauchen vor dem geistigen Auge auf, dazu Namen wie Christian Kracht und Benjamin von Stuckrad Barre. Natürlich völlig zurecht. Das, was Engler da schreibt, ist Popliteratur in der Tradition der späten 90er.. Aber wie gesagt sehr unterhaltsam. Die Juroren diskutieren danach über den Text und sprechen über die Kant-Krise bei Kleist. Daraufhin komme ich mir gar nicht mehr wie eine schlaue Germanistin vor, denn in 15 Jahren Studium (alles in allem) habe ich niemals von der Kant Krise bei Kleist gehört. Aber der Begriff eignet sich ziemlich gut zum Angeben, finde ich.

Außerdem lese ich gerade viel Ratgeberliteratur und manches passt so gut auf meine Situation und meinen Charakter, zu meiner Lebensgeschichte, meinen Voraussetzungen, eben alles, was mich dahin geführt haben, wo ich jetzt eben bin, dass ich wirklich staunend davorsitze. Ich lese 70 Seiten eines Buches und es ist so als würde mir das Buch eine ganze Beziehung erklären. Es tut gut, alles besser zu verstehen was passiert ist und wie es passiert ist. Ihn, uns, aber vor allem mich selbst.