almis personal blog

Wenn jemand arbeitet, dann ist es nicht Rom…

Roger Ebert schreibt in seinen Great Movies, Band eins, über Fellinis Achteinhalb:

“The conventional wisdom ist that Federico Fellini went wrong when he abandoned realism for personal fantasy – that, starting with La dolce vita (1960) his work ran wild thorugh jungles of Freundian, Christian, sexual and autobiographical excess. (…)  La strada (1954) was the high point of his career, according to this view (…) La dolce vita was bad enough, 8 1/2 was worse and by the time he made Juliet of the spirits (1965) he was completly off the rails. This conventionell view is completely wrong. What we think of Felliniesque comes to full flower in La dolce vita and 8 1/2

Da stimme ich Ebert zu, wenn man aber bedenkt, dass wir gestern Fellinis Roma gesehen haben, ein Film aus dem Jahre 1972, kann man sich ungefähr vorstellen, was Fellinis Kritiker dazu gesagt hätten. Das ist natürlich kein Film im herkömmlichen Sinn. Es gibt keinen nennenswerten Plot und die Schauspieler sind kaum bekannt. Das ganze ist eher eine Collage, ein Mosaik, experimentelle Poesie, wenn man so will.

Fellinis Roma ist genau das: Fellinis Rom. In Film tritt der Regisseur als er selbst auf, in der Diskussion mit Passanten. Jeder möchte den Filmemacher von der eigenen Sicht auf die Stadt überzeugen: die einen konzentrieren sich auf ihr historisches Erbe, die anderen auf den Aufbruch zu neuen Zeiten. Fellini hört eine zeitlang zu, erzählt dann aber doch das, was er möchte.

Fellini porträtiert den täglichen Verkehrskollaps, der wohl schon damals an der Tagesordnung stand, in atmosphärisch dichten Momentaufnahmen. Er führt den Zuschauer in abgehalftere Varietes, wo gerade eine (neudeutsch ausgedrückt) Frehsman Night stattfindet, die ziemlich miserabel ist. Und Fellini bleibt mit der Kamera knallhart dran. Er führt uns in Nobelpuffs. Außerdem wird man Zeuge einer mehr als obskuren Modenschau, bei der ausschließlich Gewänder von Geistlichen vorgestellt werden. Der Zuseher darf beim Ubahn-Bau dabei sein und abends mit echten Römern im Künstlerviertel Trastevere essen.

Dieser Film ist komisch. Und schräg. Er ist derb, aber komischerweise nie so derb wie etwa manche österreichischen Filme. Mr. Almi und ich haben drüber gegrübelt, weshalb das so ist und eine Theorie war, dass die Frauen bei Fellini das Sagen haben. Sie haben immer die Oberhand, auch wenn sie Prostituierte sind. Dieser Film ist verwirrend und vielleicht verstörend, manchmal auch lakonisch, lang-weilig.

Sehr bemerkenswert: Roger Ebert gibt dem Film 4 Sterne, seine User 1 (in Worten: einen). Das nennt man dann vermutlich polarisierend.

La Strada

Seit La dolce vita weiß ich, dass der Ausdruck “Paparazzo” eigentlich der Name eines Fellini-Protagonisten ist. Eines Fotografen, der Prominenten auflauert und Fotos macht. Und seit ich gestern zum ersten Mal La strada gesehen haben, weiß ich nun, dass auch der Ausdruck “Zampano” eigentlich auf eine Filmfigur von Fellini zurückgeht.

Der große Zampano (eigentlich eine jämmerliche, kaputte Gestalt, dargestellt von Anthony Quinn) ist es nämlich, der die junge Gelsomina (Giulietta Masina) ihrer mittellosen Mutter abkauft, weil er eine Assistentin für seine Zirkusdarbietung braucht, er arbeitet als fahrender Künstler. Überall stellt er sie fortan auch als seine Ehefrau vor, eine Rolle, die sie gerne erfüllen möchte, sehnt sie sich doch nach Zuneignung und Geborgenheit. Doch daran hat Zampano kein Interesse, Frauen von der Straße erfüllen seine körperlichen Bedürfnisse und im Alltag demütigt er die naive und leicht zurückgebliebe Gelsomina, bis sie einen Emanzipationsversuch wagt…

In den 1950er und frühen 1960er wurde in zahlreichen Filmen die Welt bevorzugt so dargestellt, wie sie niemals war und auch niemals sein wird. Das gilt nicht für Fellinis Werke. Obwohl sie zuweilen recht surrealistisch sind, schimmert das Italien dieser Zeit durch, die menschlichen Ängste und Nöte, die Hoffnungslosigkeit. So hätte es zumindest gewesen sein können, das spürt man. Einige von Fellinis späteren Trademarks kommen in seinem ersten “fellini-esken” Film vor: das Zirkusleben, Schweben zwischen Erde und Himmel, Künstlerdasein, Überforderung mit dem Dasein.

La strada ist ein bitterer Film, mit einem hellen kleinen Punkt: seiner Hauptfigur, die allen Widrigkeiten zum Trotz versucht, ihre Lebensfreude zu bewahren und diese in den kleinen Dingen zu suchen. Es geht Fellini andererseits wohl auch nicht darum, seinen “großen Zampano” zu verurteilen, sondern vielleicht sogar zu zeigen, dass dieser – obwohl scheinbar arrogant, bestimmend und mächtig – auf seine Art und Weise viel verlorener und hilfloser ist als die dann doch sehr patente und lebenskluge Gelsomina.

Die prägnante Filmmusik stammt übrigens von Nino Rota, der nicht nur zahlreiche andere Fellini-Werke vertont hat, sondern auch die Musik zu Der Pate geschrieben hat.

Happy new year

Ich wünsche meinen Lesern alles Gute für das Jahr 2013

P.S. Persönlich frage ich mich, ob Silvester in Ottakring, wo wir gestern gefeiert haben, oder in Favoriten, wo wir leben, “oarger” ist. Ich bin da wirklich nicht ganz entschlossen. Wir hatten gestern auf einer Dachterasse einen tollen Blick über den halben 16. Bezirk, zurück daheim lag aber wieder knöchelhoch verwendetes “Sprengmaterial” herum.

Anyway: es war eine tolle Party und Adrian hat sein erstes Silvesterfeuerwerk miterlebt, nachdem er vergangenes Jahr um 23.40 eingeschlafen ist.

Das war Nullzwoelf

1. Wie war Dein Jahr auf einer Skala von 1-10

Mindestens acht. Es war ein ziemlich gutes Jahr mit gottseidank wenigen schlechten Nachrichten. Die Highlights waren unsere Urlaube in der Toskana und Kärnten und der Sommer im Garten. Außerdem wurde Adrian getauft. Und ich wurde (offiziell) Kleingartenbesitzerin. Spießertraum, but I love it.

2. Zugenommen oder abgenommen

Zuerst ab, dann wieder zu und jetzt wieder ab. De facto: gleich

3. Haare länger oder kürzer

Gleichgeblieben

4. Kurz- oder weitsichtiger?

Ebenfalls gleichgeblieben

5. Mehr Kohle oder weniger

Mehr. Aber auch mehr Ausgaben an die Sozialversichungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (harhar)

6. Besserer Job oder schlechterer?

Ich habe mich selbstständig gemacht und bin sehr zufrieden damit.

7. Mehr ausgegeben oder weniger?

Etwas mehr.

8. Dieses Jahr etwas gewonnen und wenn ja, was?

Die komplette erste Braunschlag-Staffel. Leider fand ich sie furchtbar.

9. Mehr bewegt oder weniger

Mehr.

10. Anzahl der Erkrankungen im Jahr?

Ca. zwei Stunden Magen-Darm Grippe und einen halben Tag mal Fieber. Nachdem Krankheit als Mama fast umöglich ist, werde ich auch deutlich seltener krank. Das ist sicher so ein psychologisches Ding.

11. Davon die Schlimmste?

Das Schlimmste in dem Bereich war meine Fast-Ohnmacht auf dem Zahnarztstuhl, bei einer Wurzelbehandlung ohne Spitze. Aber selbst schuld.

12. Der hirnrissigste Plan?

Das Kind zum Einkauf bei Müller mitzunehmen.

13. Die gefährlichste Unternehmung?

Drei Wochen Strohwitwenschaft. Hat aber letztlich gut geklappt.

14. Die teuerste Anschaffung

Gebrauchtes Zweitauto, weil Firmenwagen Erstauto wurde.

15. Das leckerste Essen

Nachdem ich sehr gerne esse, ist das ziemlich schwer auf ein Gericht zu reduzieren. Aber von einem Freund gebackene Pizza im hauseigenen Pizzaofen in der Toskana ist schon was besonderes.

16. Das beeindruckendste Buch?

The sense of an ending von Julian Barnes.

17. Der ergreifendste Film?

Hab viel zuwenig gesehen. Ergreifend im Sinne von emotional packend war:


18. Die beste CD?

Battle Born von den Killers. Bestes Riff des Jahres in Flesh and Bone zu finden.

19. Das schönste Konzert

Keines besucht.

20. Die meiste Zeit verbracht mit?

Meinem Sohn.

21. Die schönste Zeit verbracht mit?

Meinen zwei Männern.

22. Zum ersten Mal getan?

Richtig gekocht. Und zwar viel.

23. Nach langer Zeit wieder getan?

Auto gefahren, Rad gefahren

24. Dinge, auf die ich hätte verzichten können?

Den Sieg von Spanien über Italien bei der Fußball Europameisterschaft.

25. Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugt habe?

Mich selbst davon, wieder autozufahren. Und das war wirklich hart, bin fast gescheitert.

26. Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe?

27. Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat?

Mein Kindle. Ich lese wieder jeden Abend, seitdem ich ihn habe.

28. Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?

“Mama, ich hab dich so lieb, das kannst du dir gar nicht vorstellen.” (*schmelz*)

29. Den schönsten Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?

Ich glaub, das müssen andere beurteilen.

30. Dein Wort des Jahres?

Keine Ahnung. Die meisten Wörter, die inflationär verwendet werden, werden keine Lieblingswörter.

31. Dein Unwort des Jahres?

Weltuntergang. Viel Lärm um nichts.

32. Deine Lieblingsblogs

Miss Xoxolats Schokoladenseiten. Und nicht nur meiner (grins). Ebenfalls sehr gerne lese ich Irene in Irland. Irland Content und vieles mehr.

Wer diesen Fragebogen auch mal ausfüllen will, bitte, bedient Euch. Hab ihn selbst von Miss Xoxolat klauen dürfen.

Xmas Review

Heuer passierte etwas lustiges mit meinen Weihnachtsgeschenken. Ich habe von einer Freundin einen ganzen Sack an Geschenken für Adrian, uns gemeinsam und für meinen Geburtstag (sooft sehen wir uns ja leider nicht, da sie im Ausland lebt) bekommen und im Trubel des Weihnachtsabends versehentlich gleich alles ausgepackt. Fand es sehr witzig, dass ich einerseits ein Dessertkochbuch geschenkt bekommen habe (danke, bei Desserts bin ich wirklich noch blutiger Anfänger), andererseits eine Bollywood-Workout DVD.

Tja, dann wurde ich per Mail aufgeklärt, dass die DVD eigentlich das Geburtstagsgeschenk gewesen wäre. Deshalb gelobe ich hiermit, bis März ausschließlich Dessert zuzubereiten und kein einziges Workout zu machen. Harhar.

Den Christbaum haben wir übrigens heuer bereits am 23. besorgt; da hat es in Wien stark geregnet, so musste der triefende Baum dann erstmal in die Badewanne. Am Vormittag des 24. wurde er von Adrian und seinem Onkel geschmückt. Später ging Adrian mit ihm und den Großeltern erstmals in die Kindermette, was ihn sehr beeindruckte. Glücklicherweise herrschte in Wien dichter Nebel, sodass es zumindest nicht 18 Grad plus hatte, wie andererorts, sondern doch etwas winterliche Stimmung aufkam.

Wir hatten einen sehr schönen heiligen Abend. Es gab u.a. Gelenksbusse und Thomas-Brio Züge und einen Dublin Christmas Cracker, der sehr laut krachte. Mr. Almi bekam das Poster zu einem unserer Lieblingsfilme (8 1/2) sowie eine kleine Fellini-Filmcollection. Ich eine Kette und das Lektorat für meinen Roman. Dann tranken wir noch Tee und saßen zusammen. Die zwei nachfolgenden Feiertage wurde dann beim anderen Teil der Familie gegessen, getratscht und beschenkt.

Adventfreude

Ich habe lange überlegt, ob ich hier in meinem Blog quasi mir selbst ein Forum für eitle Nabelschau bieten will, aber zum einen ist Weihnachten und da darf ich mir auch was schenken. Und zum anderen: ich hab mich einfach sehr über den Eintrag einer guten Freundin gefreut, die sich dieser Tage den HeldInnen des Alltags in ihrem Leben widmet. Eine davon bin überraschenderweise ich.

Und weil ich das wirklich nett finde und mich auch geehrt fühle (denn tatsächlich bin ich nicht gerade der Mensch mit dem größtmöglichen Selbstvertrauen), hier der Link zum nachlesen. Auch für mich selbst, wenn ich mal wieder an mir zweifle.

Ihr Blog Stories and Memories ist übrigens schon einige Zeit in meiner Blogroll zu finden.

Best of böse 012

Wie jedes Jahr erfreut uns die Wochenzeitung Falter mit ihrer best-of-böse Liste. Best of Böse sind Prominente, die in Österreich in den vergangenen zwölf Monaten irgendwie genervt haben, um es mal salopp auszudrücken und natürlich auch solche, die der Nation gröberen Schaden zugefügt haben.

Wie zu erwarten führt der Austro-kanadische Unternehmer Frank Stronch die Liste an, der mit seinem Vorhaben, eine neue Partei in Österreich zu gründen, in der zweiten Jahreshälfte praktisch permanent in den Medien aufgetaucht ist. Legendär sind seine TV Interviews, im Rahmen derer er eigentlich nichts gefragt werden, sondern ausschließlich Monologe halten möchte, was sein Gegenüber natürlich verhindern möchte und was dem TV-Ereignis an sich oft etwas Dadaistisches gibt. Seine Kandidaten (oft Abgeordnete anderer Parteien) für das Team Stronach kennt er nicht namentlich, die Redaktion meint aber, er wäre sehr begabt im “olympischen Fünfkauf”. Der Falter schreibt über ihn:  “Wissenschaftler sind für ihn Volltrotteln, Journalisten Rotzbuben, Politiker Regalware.” Auf Platz 2 folgt “Agent 0,07 Ernst Stasser”, auf Platz 3 Mensdorff- Pouilly. Beide übrigens Lobbyisten.

Relativ weit vorne tummelt sich auch Stratos-Springer Felix Baumgartner (4. Platz), sowie Sido (8. Platz). Interessant wie der Falter Vizekanzler Spindelegger als “Schlaftablette aus der Hinterbrühl” charakterisiert, der Freund und Feind mit “inhaltslosen Geschwurbel sediert”. Österreich-Chefredakteur Wolfgang Fellner wird treffend als “Mundwinkelexzentriker” bezeichnet. Zu Neu-Operndirektor Wolfgang Meyer meint die Redaktion, dass er angenehmere Umgangsformen als sein Vorgänger hätte, inhaltlich aber wie ein Museumsdirektor aufträte “Zeitgenössische Musik ist in der Staatsoper nur dann zu hören, wenn im Parkett ein Handy klingelt”. Das Problem der Song-Contest Starter Trackshittaz (“Woki mit dem Popo”) wiederum sieht der Falter darin begründet, dass ihre Zielgruppe – Kinder in der analen Phase – nicht mitvoten konnten.

Ein Highlight ist auch der 100. und letzte Platz: Stefan Petzner. Der Falter: “Der Mode-Rebell und Ex-Lebensmensch von Jörg Haider hat mehrere Institute durch Dauerabusus nachhaltig beschädigt: das Solarium. Die Bräunungscreme. Das SMS. Den Tweet. Den parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Das ZIB2-Interview.”

Wie jedes Jahr eine echte Pflichtlektüre.