almis personal blog

the drugs do not work, neun

so, im alten jahr möchte ich in den endspurt gehen…

an einem sonnigen sonntag ende oktober kommen wir auf die station und eine schwester begrüßt uns mit den worten: "heute ist ein schöner tag!". wir können es kaum erwarten, adrian zu sehen. er ist extubiert! unser neonatologe hat ihm zugetraut, dass er es schafft. und er schafft es.

endlich. nun wird er mittels CPAP beim atmen unterstützt, was zwar furchterregend ausschaut – im vergleich zum schlauch in der nase vorher ist das eine art sauerstoffmaske ("come un astronauta" – wie ein astronaut) – aber wesentlich harmloser ist. natürlich schwankt sein zustand noch, die schwestern und pfleger müssen anfangs alle paar minuten die beatmungsintensität anpassen, aber wie eine ärztin sagte: "besser instabil mit cpap als stabil mit intubation". ist es schon zeit durchzuatmen und zu denken, dass das schlimmste vorbei ist? ich traue mich nicht.

in ein paar tagen kann man auf der intensivstation von absoluter euphorie (wenn man sich die erlaubt) in tiefste verzweiflung fallen. an einem freitagnachmittag anfang november empfiehlt uns unser neonatologe nachhause zu fahren. das hat nichts mit adrian zu tun, aber die ereignisse in seinem zimmer sind zu schlimm, zu schwer zu verkraften, wir sollten das nicht mitansehen. das medizinische personal ist natürlich daran gewöhnt, aber wir nicht. es ist einfach nur schrecklich, was an diesem tag passiert. 

am nächsten tag hat auch adrian einen rückfall. eine infektion. er ist neuerlich intubiert, weil das atmen wieder zu anstrengend war und bekommt antibiotika. freunde von uns sind gerade zu besuch und unterstützen uns sehr. lenken uns auch ab. wieder einmal brauchen wir eine strategie, um mit den jüngsten ereignissen umgehen zu können. eine schwierigkeit der gesamten zeit liegt darin, sich schnell auf veränderte bedingungen einzustellen. eigentlich bräuchte man viel mehr zeit, das alles zu verstehen und zu verarbeiten. man möchte sich einmal in ruhe hinsetzen und das alles "fassen". aber die zeit hat man nicht, es geht eben schlag auf schlag.

nach einem neuerlichen schlimmen sonntag komme ich montag ins krankenhaus. jedesmal sehe ich auf die uhr, wenn ich die eingangshalle betrete, als könnte die mir schon irgendwas über adrians zustand verraten. ich weiß, ich werde es sofort wissen, wenn ich unseren neonatologen sehe. der war am wochenende nicht im dienst. mein herz klopft ganz schnell und ich bin völlig aus der puste, als ich die station betrete. unser neonatologe schiebt gerade ein ultraschallgerät über den gang. er lacht. uff. adrian habe "ein bisschen geschichten" gemacht. alles schon wieder unter kontrolle. 


endlich selbst trinken, bozen november 2007

der neonatologe war immer ehrlich zu uns. vom ersten tag an. langsam habe ich bei ihm das gefühl, dass er sich keine großen sorgen mehr um adrian macht. wir brauchen "nur geduld" sagt er. die zu haben, haben wir gelernt.

gedanken zu den globes

jedes jahr bin ich im dezember vor bekanntgabe der golden globe nominierungen aufgeregt und diese aufregung lässt sich nur noch durch die oscarnominerungen im jänner toppen. wie in einem atemlosen wahn verschlinge ich die lange liste und brauche dann erstmal etwas zeit, alles zu sortieren. 

zuerst mal: the curious case of benjamin button wird anscheinend der endgültige durchbruch von david fincher. und zeit wirds auch. fincher ist nicht mein lieblingsregisseur, aber er ist der regisseur meines nach wie vor lieblingsfilmes fight club. abgesehen davon zeichnet er für seven, the game oder auch zodiac verantwortlich, wurde aber für noch keinen der "großen" preise nominiert. sein hauptdarsteller ist wie bei fight club brad pitt und ich nehme mal an, dass beide zu den oscar-fixstartern dieses jahr gehören werden.

im gegensatz zu fincher hat sam mendes gleich mit seinem debüt, american beauty, voll eingeschlagen. 1999 bedeutete das bester film, regie, drehbuch, männlicher hauptdarsteller und kamera. da stimmte einfach alles und das legte die latte sehr hoch. der nachfolger, road to perdition, war ambitioniert, gut gemacht und trotzdem etwas blutleer, was mendes nachher selbst eingestand. auch jarhead blieb hinter den erwartungen zurück. und nun besetzt mendes in revolutionary road seine frau kate winslet neben leonardo di caprio (richtig, das hatten wir schon mal, titanic) in einem beziehungsfilm dessen tagline spannender ist, als di caprios statement zum film ("winslet küsst jetzt besser"), nämlich: "how do you break free without breaking apart". 

weiters interessiert mich besonders: der neue woody allen – vicky cristina barcelona (mit penelope, scarlett und javier bardem). the reader (nochmal mit kate winslet und vom regisseur von the hours). in bruges (eine schwarze komodie mit colin farell; klingt irgendwie wie ein widerspruch in sich, ist es aber offenbar nicht).

was fällt noch auf: tom cruises nominierung für eine selbstironische (und zugegebenermaßen gelungene) rolle eines durchgeknallten produzenten in tropic thunder. heath ledger natürlich, der joker in the dark knight. gut so, zweifelhafter hype hin oder her. wie schon erwähnt zweimal kate winslet. und natürlich judi dench, in einem fernsehfilm. man kann sich kaum eine nominierungsliste ohne dame dench mehr vorstellen. angelina jolie ist wie lebensabschnittspartner pitt nominiert, interessiert mich immer noch nicht. original score clint eastwood? da muss ich mal googlen.

diesmal keine österreich-nominierung, dafür der baader meinhof komplex, den ich nicht gesehen habe. im tv bereich warte ich jetzt wirklich darauf, dass 30 rock mit alce baldwin und tina fey (alias sarah palin) endlich mal bei uns anläuft. und für die filme, tja, da müssen babysitter her.

auf dem weg zum kleinkind…

nachdem adrian nun auch korrigiert bald ein jahr alt wird und damit auch offiziell in kürze ein kleinkind ist, ein paar betrachtungen was die "praktische" seite des lebens mit baby betrifft. 

am erstaunlichsten finde ich, dass beinahe alles, was den umgang mit einem baby betrifft, höchst umstritten ist. stillen oder flasche, früher beikostbeginn oder nicht, familienbett oder gitterbett, tragen oder kinderwagen, wippe oder laufstall, schreien lassen oder nicht, usw. ich denke, es tritt eher der weltfrieden ein, als dass es irgendwann mal bei diesen oder ähnlichen fragestellungen einen breiten konsens geben wird. ich kann nur sagen, dass man so einiges, was man sich in der schwangerschaft vornimmt, später dann verwirft. nicht nur, weil sich durch eine frühgeburt generell sehr vieles anders gestaltet (beispielsweise dass adrian von anfang an nur alleine schlafen wollte). sondern auch, weil vieles mit dem charakter des babys zusammenhängt.

man wird sich in den ersten monaten mit baby irgendwann mal so fühlen als wäre man gerade die protagonistin in einem von hera linds an den haaren herbeigezogenen plots über gestresste mütter, die nichts auf die reihe kriegen. meinen hera-lind moment hatte ich nachdem adrian ca. zwei wochen zuhause war. wir hatten einen termin zur physiotherapie und noch fünf minuten zeit vor dem weggehen. es war februar, es regnete, wir hatten noch den überwachungsmonitor, an den adrian auch im kinderwagen angeschlossen werden sollte und mir fiel ein, dass ich noch kein wasser abgekocht hatte, um unterwegs ein fläschen machen zu können.

das ganze sah also so aus: wasser aufsetzen, fläschen einpacken, wechselklamotten für adrian zusammensuchen, schnell noch neue windeln. nebenbei die anleitung für den regenschutz beim kinderwagen lesen. adrian neue elektroden für den monitor aufkleben. anziehen. wasser vom herd nehmen. in die thermoskanne umfüllen. regenschutz völlig falsch befestigen. nochmal gebrauchsanweisung durchlesen. endlich kapieren. blick aus dem fenster. es hat aufgehört zu regnen. regenschutz wieder ins wagerl stopfen. adrian in den schneeanzug packen. die elektroden durch die knopfleiste des schneeanzugs zu fädeln. mir selbst schuhe anziehen. babytasche in den kinderwagen. mütze aufsetzen. mir selbst eine jacke anziehen. monitor aufdrehen. monitor hat kein signal. schneeanzug wieder aufmachen. mir jacke wieder ausziehen. herumfummelei an den elektroden. pieps. pieps. elektroden sitzen endlich richtig. schneeanzug wieder zumachen. mir jacke wieder anziehen. adrian in den kinderwagen. schmusetuch suchen und finden. handyläuten ignorieren. im laufschritt die wohnung verlassen. wir kamen übrigens pünktlich.

darüberhinaus: man wird sich zum affen machen. man wird singen und tanzen und blödsinn reden, um das baby abzulenken, zum schlafen oder zum lachen zu bringen. eine freundin meinte letztens zu mir, als sie mich singen hörte (obwohl ich es nicht kann), sie wird das bei ihrem kind mal nicht tun, das habe sie auch schon ihrem partner gesagt. und ich: "glaube mir, du wirst singen." darauf würde ich eine menge geld verwetten. ich erzähle adrian sogar witze von stermann und grissemann, um ihn zu erheitern. was ist die lieblingsband von elchen? richtig, bluuuuur. kommt immer super an.

blauer montag

wenn man an einem feiertag wie heute um sieben uhr früh aufwacht und den geräuschen draußen lauscht, hat man fast das gefühl, in einem science fiction-film szenario gelandet zu sein.

es ist ungewöhnlich ruhig auf den straßen und das, was man hört, klingt fremdartig und irgendwie unpassend. als gehörte es nicht hierher. 

soderberghs masterpiece

letzte woche habe ich auf arte wieder mal sex, lügen und videos gesehen. ich habe dazu schon mal gebloggt, erstaunlich knapp wie mir jetzt scheint. entweder ich habe jetzt, eineinhalb jahre, später mehr zu sagen oder ich "elaboriere" (kommt davon die bezeichnung labern?) mehr.

soderbergh hat das drehbuch zum film in zwei wochen geschrieben. das merkt man. und das ist ein kompliment. wäre ich drehbuchautor, fände ich es ungeheuer schwierig, den ton von menschen zu treffen, so zu schreiben, wie sich menschen tatsächlich unterhalten. wenn ich jetzt überlege, ich feile an so einem drehbuch viele monate oder sogar jahre, dann entfernt sich gefühlsmäßig dieser text immer mehr vom gesprochenen wort der protagonisten. es mag natürlich auch ausnahmen geben und jemand hat erst nach drei jahren die absolut frischesten und spontansten dialoge ausgearbeitet, aber generell glaube ich eben, dass das lange feilen, das kontinuierliche überarbeiten eines textes, eher einer gattung wie dem roman entspricht.

das hauptthema von sex, lügen und videos ist dann auch das gespräch, und zwar das wirkliche gespräch zweier menschen, das tiefergeht, das all das weglässt, worüber man eigentlich nicht zu sprechen braucht. den smalltalk und die platitüden. die fragen, die sich graham und ann gegenseitig stellen, bezeugen wirkliches interesse an ihrem gegenüber, die beiden wollen voneinander wissen, was den anderen ausmacht, wollen ihre weltsicht kennenlernen, ihre reaktion auf verschiedene situationen des lebens. die lügen im filmtitel finden zwischen ihnen nicht statt. wenn sie sich direkt etwas fragen, dann erfolgt eine ehrliche antwort, auch wenn diese manchmal nicht angenehm ist, peinlich ist oder entlarvend.

jemand anderen richtig kennenzulernen, ist das wissen um grundsatzeinstellungen wie auch das sammelsurium von kleinigkeiten. das ist das wissen um das tragen eines komischen rosa schianzugs anno dazumal oder einer eigenartige mütze, gekauft in irgendeinem usa-outletcenter. genauso wie die kenntnis von lieblingsfilmen, vom literaturgeschmack oder den kleinen angewohnheiten des täglichen lebens. wie heather nova in london rain singt: "and when somebody knows you well- there’s no comfort like that".

außerdem ist sex, lügen und videos sehr erotisch. auf einer rein sprachlichen ebene. es gibt keine bettszenen, nicht mal berührungen oder küsse zu sehen. alles läuft über die sprache, über die dialoge (ok, ich bin eine frau, ich mag sowas. harhar). graham und ann im gespräch. "do you fantasize?" "yes" "about who?" "i fantasize about you" "about me?" "yes…have you fantasized about me?" "i thought i made that clear before."