almis personal blog

Besser

Jetzt habe ich also Doris Knechts zweiten Roman gelesen, er nennt sich Besser. Sehr mutiger Titel, wenn man erahnen kann, was Rezensenten mit solchen Titel gerne kalauern (“Wäre er doch nur besser gelungen usw…”)

MINIMALE SPOILER MÖGLICH

Ich liebe Knechts Kolumnen, vor allem im Falter und natürlich ihre zu Büchern gepressten Kolumnensammlungen. Ihren hochgelobten Erstling Gruber geht kenne ich nicht, aus dem Grund, weil mich das Thema (Krebserkrankung) abschreckt und ich auch nach der Leseprobe am Kindle nicht so leicht hineingefunden haben, in den Stil. In Besser findet man dagegen relativ unmittel rein, weil die erste Szene eine ausführlich beschriebene Sexszene ist. Harhar.

Nein, es ist von der ersten Seite an eine vertraute Welt, in die Doris Knecht uns da führt, diese Welt kennen wir aus ihren Kolumnen. Es geht um ein gutsituiertes Paar im besten Alter aus Boboville (in Wien, oft 2. Bezirk), sie haben Kinder, sie haben intellektuelle Freunde, essen kroatische Ziegenwürste und Bregenzerwälder Bergkäse und trinken Rotwein (was Knechts Hauptfigur auch selbstironisch als “wie aus dem Bobo-Handbuch” bezeichnet). Einmal baut sie sogar eine Art Wissensquiz für ihr Publikum und die geneigte LeserIn errät vielleicht das Video, das Knechts Hauptfigur sich gerade ansieht (für mich wars einfach: Arcade Fire, Suburbs, oute ich mich damit als Bobo?). Übrigens ein toller Song, welche Relevanz er für den Plot hat, wird mir nicht ganz klar.

Und da haben wir auch m.E. schon den Pferdefuß des Textes. Das alles ist eine nette, oft witzige, meist auch sehr hellsichtige Beschreibung einer Gesellschaftsschicht, eines Menschenschlages, eines städtischen Biotops. Das liest sich amüsant und flüssig. Doch darüber vergisst Knecht ihre Hauptfigur Antonia Pollak, und wie man weiß, ist das Ziel eines Buches halt eben doch, die Hauptfigur in die schlimmstmögliche Situation ihres Lebens zu bringen und sie dann ordentlich strampeln zu lassen. Habe man das nicht vor, so las ich einmal, dann wäre es keine Romanform wert.

Antonia Pollak strampelt nicht, sie tänzelt vielleicht da und dort etwas nah an den Abgrund, aber einen wirklichen (innerlichen) Kampf erlebe ich als Leser hier nicht. Was sind die Schatten ihrer Vergangenheit, welche Dämonen bekämpft sie wirklich? Und wieso manifestiert sich ihr Vorleben so wenig in der Gegenwart? Ich fürchte, ein Buch, dass das Thema Drogensucht beinhaltet, kann man nur glaubhaft schreiben, wenn man selbst Erfahrungen in dieser Richtung oder sehr viel drüber recherchiert hat. Frau Pollak hat angeblich Bedrohliches erlebt, aber irgendwie floatet sie dafür zu relaxt mit, in dieser sie stetig umspülenden liberalen Strömung.

Doris Knecht kann schreiben. Sehr gut sogar. Einzelne (kurze) Kapitel von Besser sind sogar regelrecht poetisch geraten, dass man den Atem anhält. Zahlreiche Metaphern wunderschön. Ob die Form eines Romanes hier die passende ist und ob Antonia Pollak die faszinierende Hauptfigur ist, wie es uns hier weisgemacht werden soll? Das bezweifle ich eher.

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