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Ein Shitstorm, der gerechtfertigt war

Am Sonntagabend fegte wieder mal ein Shitstorm übers Land. Ein Autor der angesehenen österreichischen Qualitätszeitung die Presse hat anlässlisch des Familienschwerpunktes der Zeitung seine Ansichten zu Kindererziehung publik gemacht. Das war keine allzu gute Idee.

Denn: der Autor postuliert in seinem Text, dass Worte alleine nicht genug sind, wenn man seinem Kind Grenzen aufzeigen will. Nein, Worte und ein bisschen Gewalt wäre doch viel wirksamer. Mit Gewalt meint er zwar nicht die “gesunde Watsche”, aber doch über Knie legen und “leicht klopfen” und auch an den Ohren ziehen. Und dem Kind das auch androhen. Weitere Details erspare ich mir hier.

Armin Wolf, Anchor der ZIB2, und im Social Media Bereich Umtriebiger, hat einen Text dazu verfasst, wie er als Kind von deinen Eltern geschlagen wurde. Und, was das in ihm ausgelöst hat. Der Text ist wirklich gut und sehr berührend. Ich war froh darüber, denn es war sicher nicht leicht, diesen Text zu verfassen. Und habe dann an meine Kindheit gedacht.

Nein, ich wurde nie geschlagen. Ich bin zu einem Großteil bei meinen Großeltern aufgewachsen, die beide solche Erfahrungen gemacht hatten. Und zwar in der Schule. Mein Opa wurde regelmäßig mit dem Rohrstab gezüchtigt, da er ein “schlimmes Kind” war, wie das damals hieß. Er war wild und entdeckungsfreudig, viel alleine unterwegs, da seine verwitwte Mutter berufstätig war, und wurde öfters Mal von der Polizei nachhause gebracht. Nicht, dass er etwas arg schlimmes getan hätte. Nur solche Dinge, die “man nicht tut”. Beispielsweise ins Flussbett des Wienflusses zu klettern. Herumzustreichen. Und vielleicht mal eine “freche” Antwort zu geben. Es war eine sehr restriktive Gesellschaft. Meine Oma wurde nur einmal geschlagen, als sie länger krank war und etwas in der Schule nicht konnte, was eben in der Zeit gelehrt wurde. Ihr Vater ging damals sofort in die Schule und beschwerte sich darüber lautstark. Danach wurde sie nie wieder angerührt. Meine Oma klang stolz auf ihren Vater. Viele Eltern hätten das damals nicht gemacht.

Nun sind meine Großeltern natürlich schon gestorben. Aber so lange ist ihre Kindheit, in den 1920er, frühen 1930er Jahren auch wieder nicht her. Nicht einmal hundert Jahre. Heute kann man sich nicht vorstellen, dass in der Schule noch geschlagen wird. Es hätte sofort ganz klare Konsequenzen. Was in Familien passiert, bleibt naturgemäß eher im Dunkeln. Insofern ist dieser Presse-Text immerhin dazu gut, zu sehen, dass Gewalt gegen Kinder heute nicht einfach so hingenommen wird, sondern großen öffentlichen Unmut und Widerspruch erzeugt. Mir hat gut gefallen, was Doris Knecht im Kurier dazu geschrieben hat. Auch im Falter hat sie sich dann noch diesem Thema angenommen und eingestanden, dass auch sie die Nerven mal verloren hat (wie es fast allen Eltern mal passiert, wie sie schreibt: “außer den ganz perfekten und jenen mit superniedrigem Blutdruck”) und ihre Kinder einmal an den Haaren gezogen hat. Und wie leid ihr das getan hat. Und: dass sie sich dafür entschuldigt hat.

Und darum geht es auch. Es geht nicht darum, dass man als Elternteil fehlerlos ist oder sein kann. Aber dass man eben diese Fehler auch einsieht. Und sich dafür entschuldigt. Und solche Fehler nicht als Erziehungsmethode etabliert.

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